Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Ziel und Verantwortung der Träger öffentlicher Gewalt
(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu
verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine
selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.
(1a) Träger öffentlicher Gewalt im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Dienststellen und sonstige Einrichtungen der Bundesverwaltung einschließlich der bundesunmittelbaren
Körperschaften, bundesunmittelbaren Anstalten und bundesunmittelbaren Stiftungen des öffentlichen
Rechts,
2. Beliehene, die unter der Aufsicht des Bundes stehen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben
wahrnehmen, und
3. sonstige Bundesorgane, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.
(2) Die Träger der öffentlichen Gewalt sollen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs die in Absatz
1 genannten Ziele aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten. Das Gleiche gilt für
Landesverwaltungen, einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des
öffentlichen Rechts, soweit sie Bundesrecht ausführen.
(3) Die Träger öffentlicher Gewalt sollen darauf hinwirken, dass Einrichtungen, Vereinigungen und juristische
Personen des Privatrechts, an denen die Träger öffentlicher Gewalt unmittelbar oder mittelbar ganz oder
überwiegend beteiligt sind, die Ziele dieses Gesetzes in angemessener Weise berücksichtigen. Gewähren Träger
öffentlicher Gewalt Zuwendungen nach § 23 der Bundeshaushaltsordnung als institutionelle Förderungen, so
sollen sie durch Nebenbestimmung zum Zuwendungsbescheid oder vertragliche Vereinbarung sicherstellen, dass
die institutionellen Zuwendungsempfängerinnen und -empfänger die Grundzüge dieses Gesetzes anwenden.
Aus der Nebenbestimmung zum Zuwendungsbescheid oder der vertraglichen Vereinbarung muss hervorgehen,
welche Vorschriften anzuwenden sind. Die Sätze 2 und 3 gelten auch für den Fall, dass Stellen außerhalb der
Bundesverwaltung mit Bundesmitteln im Wege der Zuweisung institutionell gefördert werden. Weitergehende
Vorschriften bleiben von den Sätzen 1 bis 4 unberührt.
(4) Die Auslandsvertretungen des Bundes berücksichtigen die Ziele dieses Gesetzes im Rahmen der
Wahrnehmung ihrer Aufgaben.
§ 2 Frauen mit Behinderungen; Benachteiligung wegen mehrerer Gründe
(1) Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und zur Vermeidung von
Benachteiligungen von Frauen mit Behinderungen wegen mehrerer Gründe sind die besonderen Belange von
Frauen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind
besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen mit
Behinderungen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig.
(2) Unabhängig von Absatz 1 sind die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen, die von
Benachteiligungen wegen einer Behinderung und wenigstens eines weiteren in § 1 des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes genannten Grundes betroffen sein können, zu berücksichtigen.
§ 3 Menschen mit Behinderungen
Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die langfristige körperliche,
seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungsund umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als
langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert.
§ 4 Barrierefreiheit
Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme
der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen
sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen
Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar
sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.
§ 5 Zielvereinbarungen
(1) Soweit nicht besondere gesetzliche oder verordnungsrechtliche Vorschriften entgegenstehen, sollen zur
Herstellung der Barrierefreiheit Zielvereinbarungen zwischen Verbänden, die nach § 15 Absatz 3 anerkannt sind,
und Unternehmen oder Unternehmensverbänden der verschiedenen Wirtschaftsbranchen für ihren jeweiligen
sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich getroffen werden. Die anerkannten Verbände
können die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen.
(2) Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit enthalten insbesondere
1. die Bestimmung der Vereinbarungspartner und sonstige Regelungen zum Geltungsbereich und zur
Geltungsdauer,
2. die Festlegung von Mindestbedingungen darüber, wie gestaltete Lebensbereiche im Sinne von § 4 künftig
zu verändern sind, um dem Anspruch von Menschen mit Behinderungen auf Auffindbarkeit, Zugang und
Nutzung zu genügen,
3. den Zeitpunkt oder einen Zeitplan zur Erfüllung der festgelegten Mindestbedingungen.
Sie können ferner eine Vertragsstrafenabrede für den Fall der Nichterfüllung oder des Verzugs enthalten.
(3) Ein Verband nach Absatz 1, der die Aufnahme von Verhandlungen verlangt, hat dies gegenüber dem
Zielvereinbarungsregister (Absatz 5) unter Benennung von Verhandlungsparteien und Verhandlungsgegenstand
anzuzeigen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt diese Anzeige auf seiner Internetseite bekannt.
Innerhalb von vier Wochen nach der Bekanntgabe haben andere Verbände im Sinne des Absatzes 1 das Recht,
den Verhandlungen durch Erklärung gegenüber den bisherigen Verhandlungsparteien beizutreten. Nachdem die
beteiligten Verbände von Menschen mit Behinderungen eine gemeinsame Verhandlungskommission gebildet
haben oder feststeht, dass nur ein Verband verhandelt, sind die Verhandlungen innerhalb von vier Wochen
aufzunehmen.
(4) Ein Anspruch auf Verhandlungen nach Absatz 1 Satz 2 besteht nicht,
1. während laufender Verhandlungen im Sinne des Absatzes 3 für die nicht beigetretenen Verbände
behinderter Menschen,
2. in Bezug auf diejenigen Unternehmen, die ankündigen, einer Zielvereinbarung beizutreten, über die von
einem Unternehmensverband Verhandlungen geführt werden,
3. für den Geltungsbereich und die Geltungsdauer einer zustande gekommenen Zielvereinbarung,
4. in Bezug auf diejenigen Unternehmen, die einer zustande gekommenen Zielvereinbarung unter
einschränkungsloser Übernahme aller Rechte und Pflichten beigetreten sind.
(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt ein Zielvereinbarungsregister, in das der Abschluss, die
Änderung und die Aufhebung von Zielvereinbarungen nach den Absätzen 1 und 2 eingetragen werden. Der die
Zielvereinbarung abschließende Verband behinderter Menschen ist verpflichtet, innerhalb eines Monats nach
Abschluss einer Zielvereinbarung dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales diese als beglaubigte Abschrift
und in informationstechnisch erfassbarer Form zu übersenden sowie eine Änderung oder Aufhebung innerhalb
eines Monats mitzuteilen.
§ 6 Gebärdensprache und Kommunikation von Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen
(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.
(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.
(3) Menschen mit Hörbehinderungen (gehörlose, ertaubte und schwerhörige Menschen) und Menschen
mit Sprachbehinderungen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche
Gebärdensprache, lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.
Abschnitt 2
Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
§ 7 Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt
(1) Ein Träger öffentlicher Gewalt darf Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligen. Eine Benachteiligung
liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt
werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der
Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. Eine Benachteiligung liegt auch bei einer
Belästigung im Sinne des § 3 Absatz 3 und 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes in der jeweils
geltenden Fassung vor, mit der Maßgabe, dass § 3 Absatz 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes nicht
auf den Anwendungsbereich des § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes
begrenzt ist. Bei einem Verstoß gegen eine Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit wird das Vorliegen
einer Benachteiligung widerleglich vermutet.
(2) Die Versagung angemessener Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen ist eine Benachteiligung im
Sinne dieses Gesetzes. Angemessene Vorkehrungen sind Maßnahmen, die im Einzelfall geeignet und erforderlich
sind, um zu gewährleisten, dass ein Mensch mit Behinderung gleichberechtigt mit anderen alle Rechte genießen
und ausüben kann, und sie die Träger öffentlicher Gewalt nicht unverhältnismäßig oder unbillig belasten.
(3) In Bereichen bestehender Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne
Behinderungen sind besondere Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligungen zulässig.
Bei der Anwendung von Gesetzen zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und
Männern ist den besonderen Belangen von Frauen mit Behinderungen Rechnung zu tragen.
(4) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen
Rechtsvorschriften, insbesondere im Neunten Buch Sozialgesetzbuch, bleiben unberührt.
§ 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr
(1) Zivile Neu-, Um- und Erweiterungsbauten im Eigentum des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sollen entsprechend den allgemein
anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. Von diesen Anforderungen kann abgewichen
werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maße die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt
werden. Die landesrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Bauordnungen, bleiben unberührt.
(2) Der Bund einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen
Rechts soll anlässlich der Durchführung von investiven Baumaßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 bauliche
Barrieren in den nicht von diesen Baumaßnahmen unmittelbar betroffenen Gebäudeteilen, soweit sie dem
Publikumsverkehr dienen, feststellen und unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten abbauen, sofern
der Abbau nicht eine unangemessene wirtschaftliche Belastung darstellt.
(3) Alle obersten Bundesbehörden und Verfassungsorgane erstellen über die von ihnen genutzten Gebäude,
die im Eigentum des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen
des öffentlichen Rechts stehen, bis zum 30. Juni 2021 Berichte über den Stand der Barrierefreiheit dieser
Bestandsgebäude und sollen verbindliche und überprüfbare Maßnahmen- und Zeitpläne zum weiteren Abbau von
Barrieren erarbeiten.
(4) Der Bund einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen
Rechts ist verpflichtet, die Barrierefreiheit bei Anmietungen der von ihm genutzten Bauten zu berücksichtigen.
Künftig sollen nur barrierefreie Bauten oder Bauten, in denen die baulichen Barrieren unter Berücksichtigung
der baulichen Gegebenheiten abgebaut werden können, angemietet werden, soweit die Anmietung nicht eine
unangemessene wirtschaftliche Belastung zur Folge hätte.
(5) Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche
Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personenverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen
Rechtsvorschriften des Bundes barrierefrei zu gestalten. Weitergehende landesrechtliche Vorschriften bleiben
unberührt.
§ 9 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen
(1) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben nach Maßgabe der
Rechtsverordnung nach Absatz 2 das Recht, mit Trägern öffentlicher Gewalt zur Wahrnehmung eigener Rechte
im Verwaltungsverfahren in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über
andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Auf Wunsch der Berechtigten stellen die Träger
öffentlicher Gewalt die geeigneten Kommunikationshilfen im Sinne des Satzes 1 kostenfrei zur Verfügung oder
tragen die hierfür notwendigen Aufwendungen.
(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung
des Bundesrates bedarf,
1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung von geeigneten Kommunikationshilfen,
2. Art und Weise der Bereitstellung von geeigneten Kommunikationshilfen,
3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für
den Einsatz geeigneter Kommunikationshilfen und
4. die geeigneten Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 1.
§ 10 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken
(1) Träger öffentlicher Gewalt haben bei der Gestaltung von Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlichrechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen. Blinde und
sehbehinderte Menschen können zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren nach Maßgabe der
Rechtsverordnung nach Absatz 2 insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge
und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden.
(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, bei welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 genannten
Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.
§ 11 Verständlichkeit und Leichte Sprache
(1) Träger öffentlicher Gewalt sollen mit Menschen mit geistigen Behinderungen und Menschen mit seelischen
Behinderungen in einfacher und verständlicher Sprache kommunizieren. Auf Verlangen sollen sie ihnen
insbesondere Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in einfacher und
verständlicher Weise erläutern.
(2) Ist die Erläuterung nach Absatz 1 nicht ausreichend, sollen Träger öffentlicher Gewalt auf Verlangen
Menschen mit geistigen Behinderungen und Menschen mit seelischen Behinderungen Bescheide,
Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in Leichter Sprache erläutern.
(3) Kosten für Erläuterungen im notwendigen Umfang nach Absatz 1 oder 2 sind von dem zuständigen Träger
öffentlicher Gewalt zu tragen. Der notwendige Umfang bestimmt sich nach dem individuellen Bedarf der
Berechtigten.
(4) Träger öffentlicher Gewalt sollen Informationen vermehrt in Leichter Sprache bereitstellen. Die
Bundesregierung wirkt darauf hin, dass die Träger öffentlicher Gewalt die Leichte Sprache stärker einsetzen und
ihre Kompetenzen für das Verfassen von Texten in Leichter Sprache auf- und ausgebaut werden.
Abschnitt 2a
Barrierefreie Informationstechnik öffentlicher Stellen des Bundes
§ 12 Öffentliche Stellen des Bundes
Öffentliche Stellen des Bundes sind
1. die Träger öffentlicher Gewalt,
2. sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die als juristische Personen des öffentlichen oder des
privaten Rechts zu dem besonderen Zweck gegründet worden sind, im Allgemeininteresse liegende
Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn sie
a) überwiegend vom Bund finanziert werden,
b) hinsichtlich ihrer Leitung oder Aufsicht dem Bund unterstehen oder
c) ein Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan haben, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die
durch den Bund ernannt worden sind, und
3. Vereinigungen, an denen mindestens eine öffentliche Stelle nach Nummer 1 oder Nummer 2 beteiligt ist,
wenn
a) die Vereinigung überwiegend vom Bund finanziert wird,
b) die Vereinigung über den Bereich eines Landes hinaus tätig wird,
c) dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile an der Vereinigung gehört oder
d) dem Bund die absolute Mehrheit der Stimmen an der Vereinigung zusteht.
Eine überwiegende Finanzierung durch den Bund wird angenommen, wenn er mehr als 50 Prozent der
Gesamtheit der Mittel aufbringt.
§ 12a Barrierefreie Informationstechnik
(1) Öffentliche Stellen des Bundes gestalten ihre Websites und mobilen Anwendungen, einschließlich der
für die Beschäftigten bestimmten Angebote im Intranet, barrierefrei. Schrittweise, spätestens bis zum 23.
Juni 2021, gestalten sie ihre elektronisch unterstützten Verwaltungsabläufe, einschließlich ihrer Verfahren
zur elektronischen Vorgangsbearbeitung und elektronischen Aktenführung, barrierefrei. Die grafischen
Programmoberflächen sind von der barrierefreien Gestaltung umfasst.
(2) Die barrierefreie Gestaltung erfolgt nach Maßgabe der aufgrund des § 12d zu erlassenden Verordnung. Soweit
diese Verordnung keine Vorgaben enthält, erfolgt die barrierefreie Gestaltung nach den anerkannten Regeln der
Technik.
(3) Insbesondere bei Neuanschaffungen, Erweiterungen und Überarbeitungen ist die barrierefreie Gestaltung
bereits bei der Planung, Entwicklung, Ausschreibung und Beschaffung zu berücksichtigen.
(4) Unberührt bleiben die Regelungen zur behinderungsgerechten Einrichtung und Unterhaltung der
Arbeitsstätten zugunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im
Neunten Buch Sozialgesetzbuch.
(5) Die Pflichten aus Abschnitt 2a gelten nicht für Websites und mobile Anwendungen jener öffentlichen Stellen
des Bundes nach § 12 Satz 1 Nummer 2 und 3, die keine für die Öffentlichkeit wesentlichen Dienstleistungenoder speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichtete oder für diese konzipierte
Dienstleistungen anbieten.
(6) Von der barrierefreien Gestaltung können öffentliche Stellen des Bundes ausnahmsweise absehen, soweit sie
durch eine barrierefreie Gestaltung unverhältnismäßig belastet würden.
(7) Der Bund wirkt darauf hin, dass gewerbsmäßige Anbieter von Websites sowie von grafischen
Programmoberflächen und mobilen Anwendungen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden,
aufgrund von Zielvereinbarungen nach § 5 Absatz 2 ihre Produkte so gestalten, dass sie barrierefrei genutzt
werden können.
(8) Angebote öffentlicher Stellen im Internet, die auf Websites Dritter veröffentlicht werden, sind soweit möglich
barrierefrei zu gestalten.
§ 12b Erklärung zur Barrierefreiheit
(1) Die öffentlichen Stellen des Bundes veröffentlichen eine Erklärung zur Barrierefreiheit ihrer Websites oder
mobilen Anwendungen.
(2) Die Erklärung zur Barrierefreiheit enthält
1. für den Fall, dass ausnahmsweise keine vollständige barrierefreie Gestaltung erfolgt ist,
a) die Benennung der Teile des Inhalts, die nicht vollständig barrierefrei gestaltet sind,
b) die Gründe für die nicht barrierefreie Gestaltung sowie
c) gegebenenfalls einen Hinweis auf barrierefrei gestaltete Alternativen,
2. eine unmittelbar zugängliche barrierefrei gestaltete Möglichkeit, elektronisch Kontakt aufzunehmen,
um noch bestehende Barrieren mitzuteilen und um Informationen zur Umsetzung der Barrierefreiheit zu
erfragen,
3. einen Hinweis auf das Schlichtungsverfahren nach § 16, der
a) die Möglichkeit, ein solches Schlichtungsverfahren durchzuführen, erläutert und
b) die Verlinkung zur Schlichtungsstelle enthält.
(3) Zu veröffentlichen ist die Erklärung zur Barrierefreiheit
1. auf Websites öffentlicher Stellen des Bundes, die nicht vor dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden:
ab dem 23. September 2019,
2. auf Websites öffentlicher Stellen des Bundes, die nicht unter Nummer 1 fallen: ab dem 23. September 2020,
3. auf mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen des Bundes: ab dem 23. Juni 2021.
(4) Die öffentliche Stelle des Bundes antwortet auf Mitteilungen oder Anfragen, die ihr aufgrund der Erklärung zur
Barrierefreiheit übermittelt werden, spätestens innerhalb eines Monats.
§ 12c Berichterstattung über den Stand der Barrierefreiheit
(1) Die obersten Bundesbehörden erstatten alle drei Jahre, erstmals zum 30. Juni 2021, der Überwachungsstelle
des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (§ 13 Absatz 3) Bericht über den Stand der
Barrierefreiheit
1. der Websites und mobilen Anwendungen, einschließlich der Intranetangebote, der obersten
Bundesbehörden,
2. der elektronisch unterstützten Verwaltungsabläufe.
Sie erstellen verbindliche und überprüfbare Maßnahmen- und Zeitpläne zum weiteren Abbau von Barrieren ihrer
Informationstechnik.
(2) Die Länder erstatten alle drei Jahre, erstmals zum 30. Juni 2021, der Überwachungsstelle des Bundes für
Barrierefreiheit von Informationstechnik (§ 13 Absatz 3) Bericht über den Stand der Barrierefreiheit
1. der Websites der öffentlichen Stellen der Länder und
Ein Service des Bundesministeriums der Justiz sowie des B
2. der mobilen Anwendungen der öffentlichen Stellen der Länder.
Zu berichten ist insbesondere über die Ergebnisse ihrer Überwachung nach Artikel 8 Absatz 1 bis 3 der Richtlinie
(EU) 2016/2102. Art und Form des Berichts richten sich nach den Anforderungen, die auf der Grundlage des
Artikels 8 Absatz 6 der Richtlinie (EU) 2016/2102 festgelegt werden.
§ 12d Verordnungsermächtigung
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt durch Rechtsverordnung, die nicht der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, Bestimmungen zu erlassen über
1. diejenigen Websites und mobilen Anwendungen sowie Inhalte von Websites und mobilen Anwendungen, auf
die sich der Geltungsbereich der Verordnung bezieht,
2. die technischen Standards, die öffentliche Stellen des Bundes bei der barrierefreien Gestaltung anzuwenden
haben, und den Zeitpunkt, ab dem diese Standards anzuwenden sind,
3. die Bereiche und Arten amtlicher Informationen, die barrierefrei zu gestalten sind,
4. die konkreten Anforderungen der Erklärung zur Barrierefreiheit,
5. die konkreten Anforderungen der Berichterstattung über den Stand der Barrierefreiheit und
6. die Einzelheiten des Überwachungsverfahrens nach § 13 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1.
Abschnitt 2b
Assistenzhunde
§ 12e Menschen mit Behinderungen in Begleitung durch Assistenzhunde
(1) Träger öffentlicher Gewalt sowie Eigentümer, Besitzer und Betreiber von beweglichen oder unbeweglichen
Anlagen und Einrichtungen dürfen Menschen mit Behinderungen in Begleitung durch ihren Assistenzhund den
Zutritt zu ihren typischerweise für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglichen Anlagen
und Einrichtungen nicht wegen der Begleitung durch ihren Assistenzhund verweigern, soweit nicht der Zutritt mit
Assistenzhund eine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen würde. Weitergehende Rechte von
Menschen mit Behinderungen bleiben unberührt.
(2) Eine nach Absatz 1 unberechtigte Verweigerung durch Träger öffentlicher Gewalt gilt als Benachteiligung im
Sinne von § 7 Absatz 1.
(3) Ein Assistenzhund ist ein unter Beachtung des Tierschutzes und des individuellen Bedarfs eines Menschen mit
Behinderungen speziell ausgebildeter Hund, der aufgrund seiner Fähigkeiten und erlernten Assistenzleistungen
dazu bestimmt ist, diesem Menschen die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen,
zu erleichtern oder behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen. Dies ist der Fall, wenn der Assistenzhund
1. zusammen mit einem Menschen mit Behinderungen als Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft im Sinne des
§ 12g zertifiziert ist oder
2. von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung, einem Träger nach § 6 des Neunten Buches
Sozialgesetzbuch, einem Beihilfeträger, einem Träger der Heilfürsorge oder einem privaten
Versicherungsunternehmen als Hilfsmittel zur Teilhabe oder zum Behinderungsausgleich anerkannt ist oder
3. im Ausland als Assistenzhund anerkannt ist und dessen Ausbildung den Anforderungen des § 12f Satz 2
entspricht oder
4. zusammen mit einem Menschen mit Behinderungen als Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft vor dem 1.
Juli 2023
a) in einer den Anforderungen des § 12f Satz 2 entsprechenden Weise ausgebildet und entsprechend §
12g Satz 2 erfolgreich geprüft wurde oder
b) sich in einer den Anforderungen des § 12f Satz 2 entsprechenden Ausbildung befunden hat und
innerhalb von zwölf Monaten nach dem 1. Juli 2023 diese Ausbildung beendet und mit einer § 12g Satz
2 entsprechenden Prüfung erfolgreich abgeschlossen hat.
(4) Ein Assistenzhund ist als solcher zu kennzeichnen.
(5) Für den Assistenzhund ist eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch ihn verursachten
Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten.
(6) Für Blindenführhunde und andere Assistenzhunde, die als Hilfsmittel im Sinne des § 33 des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch gewährt werden, finden die §§ 12f bis 12k und die Vorgaben einer Rechtsverordnung nach § 12l
Nummer 1, 2 und 4 bis 6 dieses Gesetzes keine Anwendung.
§ 12f Ausbildung von Assistenzhunden
Assistenzhund und die Gemeinschaft von Mensch und Tier (Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft) bedürfen
einer geeigneten Ausbildung durch eine oder begleitet von einer Ausbildungsstätte für Assistenzhunde (§ 12i).
Gegenstand der Ausbildung sind insbesondere die Schulung des Sozial- und Umweltverhaltens sowie des
Gehorsams des Hundes, grundlegende und spezifische Hilfeleistungen des Hundes, das langfristige Funktionieren
der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft sowie die Vermittlung der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten
an den Halter, insbesondere im Hinblick auf die artgerechte Haltung des Assistenzhundes. Aufgabe der
Ausbildungsstätte ist dabei nicht nur das Bereitstellen eines Assistenzhundes, sondern nach Abschluss der
Ausbildung bei Bedarf auch die nachhaltige Unterstützung des Assistenzhundehalters.
§ 12g Prüfung von Assistenzhunden und der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
Der Abschluss der Ausbildung des Hundes und der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft nach § 12f erfolgt durch
eine Prüfung. Die Prüfung dient dazu, die Eignung als Assistenzhund und die Zusammenarbeit der MenschAssistenzhund-Gemeinschaft nachzuweisen. Die bestandene Prüfung ist durch ein Zertifikat eines Prüfers im
Sinne von § 12j Absatz 2 zu bescheinigen.
§ 12h Haltung von Assistenzhunden
(1) Der Halter eines Assistenzhundes ist zur artgerechten Haltung des Assistenzhundes verpflichtet. Die
Anforderungen des Tierschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206,
1313), das zuletzt durch Artikel 280 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist,
in der jeweils geltenden Fassung sowie der Tierschutz-Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 (BGBl. I S. 838), die
zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 12. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4145) geändert worden ist, in der
jeweils geltenden Fassung, bleiben unberührt.
(2) Soweit aufgrund der Art der Behinderung oder des Alters des Menschen mit Behinderungen die artgerechte
Haltung des Assistenzhundes in der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft nicht sichergestellt ist, ist die
Versorgung des Assistenzhundes durch eine weitere Bezugsperson sicherzustellen. In diesem Fall gilt diese
Bezugsperson als Halter des Assistenzhundes.
§ 12i Zulassung einer Ausbildungsstätte für Assistenzhunde
Eine Ausbildungsstätte, die Assistenzhunde nach § 12f ausbildet, bedarf der Zulassung durch eine fachliche
Stelle. Die Zulassung ist jährlich durch die fachliche Stelle zu überprüfen. Eine Ausbildungsstätte für
Assistenzhunde ist auf Antrag zuzulassen, wenn sie
1. über eine Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 Buchstabe f des Tierschutzgesetzes verfügt oder,
soweit eine solche Erlaubnis nicht erforderlich ist, wenn die verantwortliche Person der Ausbildungsstätte
die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt,
2. über die erforderliche Sachkunde verfügt, die eine erfolgreiche Ausbildung von Assistenzhunden sowie der
Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft erwarten lässt, und
3. die Anforderungen der Verordnung gemäß § 12l erfüllt und ein System zur Qualitätssicherung anwendet.
Der Antrag muss alle Angaben und Nachweise erhalten, die erforderlich sind, um das Vorliegen der
Voraussetzungen nach Satz 2 festzustellen. Das Zulassungsverfahren folgt dem Verfahren nach DIN EN ISO/
IEC 17065:20131
. Die Zulassung einer Ausbildungsstätte ist jeweils auf längstens fünf Jahre zu befristen.
Die fachliche Stelle bescheinigt die Kompetenz und Leistungsfähigkeit der Ausbildungsstätte durch ein
Zulassungszertifikat.
1Amtlicher Hinweis: Die bezeichnete technische Norm ist zu beziehen bei der Beuth Verlag GmbH, 10772
Berlin und in der Deutschen Nationalbibliothek archivmäßig gesichert, niedergelegt und einsehbar.
(1) Als fachliche Stelle dürfen nur Zertifizierungsstellen für Produkte, Prozesse und Dienstleistungen nach DIN
EN ISO/IEC 17065:2013 tätig werden, die von einer nationalen Akkreditierungsstelle im Sinne der Verordnung
(EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für
die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur
Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30), die durch die
Verordnung (EU) 2019/1020 (ABl. L 169 vom 25.6.2019, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden
Fassung akkreditiert worden sind. Die Akkreditierung ist jeweils auf längstens fünf Jahre zu befristen. Das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales übt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes die Aufsicht über die
nationale Akkreditierungsstelle aus.
(2) Als Prüfer dürfen nur Stellen, die Personen zertifizieren, nach DIN EN ISO/IEC 17024:20122
tätig werden,
die von einer nationalen Akkreditierungsstelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 in der jeweils
geltenden Fassung akkreditiert worden sind. Die Akkreditierung ist jeweils auf längstens fünf Jahre zu befristen.
Ist der Prüfer zugleich als Ausbildungsstätte im Sinne von § 12i tätig, kann die Akkreditierung erteilt werden,
wenn die Unabhängigkeitsanforderungen durch interne organisatorische Trennung und die Anforderungen
gemäß Nummer 5.2.3 der DIN EN ISO/IEC 17024:20122
erfüllt werden. Die näheren Anforderungen an das
Akkreditierungsverfahren ergeben sich aus der Verordnung gemäß § 12l.
2 Amtlicher Hinweis: Die in § 12j Absatz 2 bezeichneten technischen Normen sind zu beziehen bei der Beuth
Verlag GmbH, 10772 Berlin und in der Deutschen Nationalbibliothek archivmäßig gesichert, niedergelegt und
einsehbar.
§ 12k Studie zur Untersuchung
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersucht die Umsetzung und die Auswirkungen der §§
12e bis 12l in den Jahren 2021 bis 2024. Im Rahmen dieser Studie können Ausgaben wie beispielsweise die
Anschaffungs-, Ausbildungs- und Haltungskosten der in die Studie einbezogenen Mensch-AssistenzhundGemeinschaften getragen werden.
§ 12l Verordnungsermächtigung
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium
für Ernährung und Landwirtschaft durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
Folgendes zu regeln:
1. Näheres über die erforderliche Beschaffenheit des Assistenzhundes, insbesondere Wesensmerkmale,
Alter und Gesundheit des auszubildenden Hundes sowie über die vom Assistenzhund zu erbringenden
Unterstützungsleistungen,
2. Näheres über die Anerkennung von am 1. Juli 2023 in Ausbildung befindlichen oder bereits ausgebildeten
Assistenzhunden sowie von im Ausland anerkannten Assistenzhunden einschließlich des Verfahrens,
3. Näheres über die erforderliche Kennzeichnung des Assistenzhundes sowie zum Umfang des notwendigen
Versicherungsschutzes,
4. Näheres über den Inhalt der Ausbildung nach § 12f und der Prüfung nach § 12g sowie über die Zulassung
als Prüfer jeweils einschließlich des Verfahrens sowie des zu erteilenden Zertifikats,
5. Näheres über die Voraussetzungen für die Akkreditierung als fachliche Stelle einschließlich des Verfahrens,
6. nähere Voraussetzungen für die Zulassung als Ausbildungsstätte für Assistenzhunde einschließlich des
Verfahrens.
Abschnitt 3
Bundesfachstelle für Barrierefreiheit
§ 13 Bundesfachstelle für Barrierefreiheit
(1) Bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See wird eine Bundesfachstelle für Barrierefreiheit
errichtet.
(2) Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit ist zentrale Anlaufstelle zu Fragen der Barrierefreiheit für die Träger
öffentlicher Gewalt. Sie berät darüber hinaus auch die übrigen öffentlichen Stellen des Bundes, Wirtschaft,
Verbände und Zivilgesellschaft auf Anfrage. Ihre Aufgaben sind:
1. zentrale Anlaufstelle und Erstberatung,
2. Bereitstellung, Bündelung und Weiterentwicklung von unterstützenden Informationen zur Herstellung von
Barrierefreiheit,
3. Unterstützung der Beteiligten bei Zielvereinbarungen nach § 5 im Rahmen der verfügbaren finanziellen und
personellen Kapazitäten,
4. Aufbau eines Netzwerks,
5. Begleitung von Forschungsvorhaben zur Verbesserung der Datenlage und zur Herstellung von
Barrierefreiheit und
6. Bewusstseinsbildung durch Öffentlichkeitsarbeit.
Ein Expertenkreis, dem mehrheitlich Vertreterinnen und Vertreter der Verbände von Menschen mit
Behinderungen angehören, berät die Fachstelle.
(3) Bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit wird eine Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von
Informationstechnik eingerichtet. Ihre Aufgaben sind,
1. periodisch zu überwachen, ob und inwiefern Websites und mobile Anwendungen öffentlicher Stellen des
Bundes den Anforderungen an die Barrierefreiheit genügen,
2. die öffentlichen Stellen anlässlich der Prüfergebnisse zu beraten,
3. die Berichte der obersten Bundesbehörden und der Länder auszuwerten,
4. den Bericht der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission nach Artikel 8 Absatz 4 bis 6 der Richtlinie
(EU) 2016/2102 vorzubereiten und
5. als sachverständige Stelle die Schlichtungsstelle nach § 16 zu unterstützen.
(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt die Fachaufsicht über die Durchführung der in den
Absätzen 2 und 3 genannten Aufgaben.
Abschnitt 4
Rechtsbehelfe
§ 14 Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Verfahren
Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten aus § 7 Absatz 1, § 8 Absatz 1, § 9 Absatz 1, § 10
Absatz 1 Satz 2 oder § 12a, soweit die Verpflichtung von Trägern öffentlicher Gewalt zur barrierefreien
Gestaltung von Websites und mobilen Anwendungen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, betroffen ist,
verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände nach § 15 Absatz 3, die nicht selbst
am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen; Gleiches gilt bei Verstößen gegen Vorschriften des
Bundesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 4 oder auf Verwendung von
Gebärden oder anderen Kommunikationshilfen im Sinne des § 6 Absatz 3 vorsehen. In diesen Fällen müssen alle
Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderung selbst
vorliegen.
§ 15 Verbandsklagerecht
(1) Ein nach Absatz 3 anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe
der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben auf Feststellung eines Verstoßes
gegen
1. das Benachteiligungsverbot für Träger der öffentlichen Gewalt nach § 7 Absatz 1 und die Verpflichtung des
Bundes zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 8 Absatz 1, § 9 Absatz 1 und § 10 Absatz 1 Satz 2 sowie in
§ 12a, soweit die Verpflichtung von Trägern öffentlicher Gewalt zur barrierefreien Gestaltung von Websites
und mobilen Anwendungen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, betroffen ist,
2. die Vorschriften des Bundesrechts zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 46 Abs. 1 Satz 3 und 4 der
Bundeswahlordnung, § 39 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Europawahlordnung, § 43 Abs. 2 Satz 2 der Wahlordnung
für die Sozialversicherung, § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 4 Abs. 1 Nr. 2a des
Gaststättengesetzes, § 3 Nr. 1 Buchstabe d des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, § 3 Abs. 1
Satz 2 und § 8 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes, § 8 Abs. 3 Satz 3 und 4 sowie § 13 Abs. 2a des
Personenbeförderungsgesetzes, § 2 Abs. 3 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, § 3 Abs. 5 Satz 1 der
Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung, §§ 19d und 20b des Luftverkehrsgesetzes oder
3. die Vorschriften des Bundesrechts zur Verwendung von Gebärdensprache oder anderer geeigneter
Kommunikationshilfen in § 17 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 82 des Neunten Buches
Sozialgesetzbuch und § 19 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder
sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.
(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme oder das Unterlassen in seinem
satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein Mensch mit Behinderung selbst seine Rechte
durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach
Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme oder dem
Unterlassen um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl
gleich gelagerter Fälle vorliegt. Für Klagen nach Absatz 1 Satz 1 gelten die Vorschriften des 8. Abschnitts der
Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass es eines Vorverfahrens auch dann bedarf,
wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Bundes- oder einer obersten Landesbehörde erlassen
worden ist; Gleiches gilt bei einem Unterlassen. Vor der Erhebung einer Klage nach Absatz 1 gegen einen
Träger öffentlicher Gewalt hat der nach Absatz 3 anerkannte Verband ein Schlichtungsverfahren nach § 16
durchzuführen. Diese Klage ist nur zulässig, wenn keine gütliche Einigung im Schlichtungsverfahren erzielt
werden konnte und dies nach § 16 Absatz 7 bescheinigt worden ist. Das Schlichtungsverfahren ersetzt ein vor
der Klageerhebung durchzuführendes Vorverfahren.
(3) Auf Vorschlag der Mitglieder des Beirates für die Teilhabe behinderter Menschen, die nach § 86 Abs.
2 Satz 2, 1., 3. oder 12. Aufzählungspunkt des Neunten Buches Sozialgesetzbuch berufen sind, kann das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Anerkennung erteilen. Es soll die Anerkennung erteilen, wenn der
vorgeschlagene Verband
1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange von Menschen mit Behinderungen
fördert,
2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder oder Mitgliedsverbände dazu berufen ist, Interessen von
Menschen mit Behinderungen auf Bundesebene zu vertreten,
3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der
Nummer 1 tätig gewesen ist,
4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang seiner bisherigen
Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereines zu berücksichtigen und
5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der
Körperschaftsteuer befreit ist.
§ 16 Schlichtungsstelle und -verfahren; Verordnungsermächtigung
(1) Bei der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen nach
Abschnitt 5 wird eine Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten nach den Absätzen
2 und 3 eingerichtet. Sie wird mit neutralen schlichtenden Personen besetzt und hat eine Geschäftsstelle. Das
Verfahren der Schlichtungsstelle muss insbesondere gewährleisten, dass
1. die Schlichtungsstelle unabhängig ist und unparteiisch handelt,
2. die Verfahrensregeln für Interessierte zugänglich sind,
3. die Beteiligten des Schlichtungsverfahrens rechtliches Gehör erhalten, insbesondere Tatsachen und
Bewertungen vorbringen können,
4. die schlichtenden Personen und die weiteren in der Schlichtungsstelle Beschäftigten die Vertraulichkeit der
Informationen gewährleisten, von denen sie im Schlichtungsverfahren Kenntnis erhalten und
5. eine barrierefreie Kommunikation mit der Schlichtungsstelle möglich ist.
(2) Wer der Ansicht ist, in einem Recht nach diesem Gesetz durch öffentliche Stellen des Bundes oder
Eigentümer, Besitzer und Betreiber von beweglichen oder unbeweglichen Anlagen und Einrichtungen
verletzt worden zu sein, kann bei der Schlichtungsstelle nach Absatz 1 einen Antrag auf Einleitung eines
Schlichtungsverfahrens stellen. Kommt wegen der behaupteten Rechtsverletzung auch die Einlegung
eines fristgebundenen Rechtsbehelfs in Betracht, beginnt die Rechtsbehelfsfrist erst mit Beendigung des
Schlichtungsverfahrens nach Absatz 7. In den Fällen des Satzes 2 ist der Schlichtungsantrag innerhalb der
Rechtsbehelfsfrist zu stellen. Ist wegen der behaupteten Rechtsverletzung bereits ein Rechtsbehelf anhängig,
wird dieses Verfahren bis zur Beendigung des Schlichtungsverfahrens nach Absatz 7 unterbrochen.
(3) Ein nach § 15 Absatz 3 anerkannter Verband kann bei der Schlichtungsstelle nach Absatz 1 einen Antrag auf
Einleitung eines Schlichtungsverfahrens stellen, wenn er einen Verstoß eines Trägers öffentlicher Gewalt
1. gegen das Benachteiligungsverbot oder die Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit nach § 15
Absatz 1 Satz 1 Nummer 1,
2. gegen die Vorschriften des Bundesrechts zur Herstellung der Barrierefreiheit nach § 15 Absatz 1 Satz 1
Nummer 2 oder
3. gegen die Vorschriften des Bundesrechts zur Verwendung von Gebärdensprache oder anderer geeigneter
Kommunikationshilfen nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
behauptet.
(4) Der Antrag nach den Absätzen 2 und 3 kann in Textform oder zur Niederschrift bei der Schlichtungsstelle
gestellt werden. Diese übermittelt zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens eine Abschrift des
Schlichtungsantrags an die öffentliche Stelle oder den Eigentümer, Besitzer oder Betreiber von beweglichen oder
unbeweglichen Anlagen oder Einrichtungen.
(5) Die schlichtende Person wirkt in jeder Phase des Verfahrens auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hin. Sie
kann einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten. Der Schlichtungsvorschlag soll am geltenden Recht ausgerichtet
sein. Die schlichtende Person kann den Einsatz von Mediation anbieten.
(6) Das Schlichtungsverfahren ist für die Beteiligten unentgeltlich.
(7) Das Schlichtungsverfahren endet mit der Einigung der Beteiligten, der Rücknahme des Schlichtungsantrags
oder der Feststellung, dass keine Einigung möglich ist. Wenn keine Einigung möglich ist, endet das
Schlichtungsverfahren mit der Zustellung der Bestätigung der Schlichtungsstelle an die Antragstellerin oder den
Antragsteller, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte.
(8) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht
der Zustimmung des Bundesrates bedarf, das Nähere über die Geschäftsstelle, die Besetzung und das
Verfahren der Schlichtungsstelle nach den Absätzen 1, 4, 5 und 7 zu regeln sowie weitere Vorschriften über die
Kosten des Verfahrens und die Entschädigung zu erlassen. Die Rechtsverordnung regelt auch das Nähere zu
Tätigkeitsberichten der Schlichtungsstelle.
Abschnitt 5
Beauftragte oder Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen
mit Behinderungen
§ 17 Amt der oder des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen
(1) Die Bundesregierung bestellt eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange von Menschen mit
Behinderungen.
(2) Der beauftragten Person ist die für die Erfüllung ihrer Aufgabe notwendige Personal- und Sachausstattung zur
Verfügung zu stellen.
(3) Das Amt endet, außer im Fall der Entlassung, mit dem Zusammentreten eines neuen Bundestages.
§ 18 Aufgabe und Befugnisse
(1) Aufgabe der beauftragten Person ist es, darauf hinzuwirken, dass die Verantwortung des Bundes, für
gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu sorgen, in allen Bereichen
des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird. Sie setzt sich bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe dafür ein,
dass unterschiedliche Lebensbedingungen von Frauen mit Behinderungen und Männern mit Behinderungen
berücksichtigt und geschlechtsspezifische Benachteiligungen beseitigt werden.
(2) Zur Wahrnehmung der Aufgabe nach Absatz 1 beteiligen die Bundesministerien die beauftragte Person
bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Fragen der Integration von
Menschen mit Behinderungen behandeln oder berühren.
(3) Alle Bundesbehörden und sonstigen öffentlichen Stellen im Bereich des Bundes sind verpflichtet, die
beauftragte Person bei der Erfüllung der Aufgabe zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte
zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben
unberührt.
Abschnitt 6
Förderung der Partizipation
§ 19 Förderung der Partizipation
Der Bund fördert im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel Maßnahmen von Organisationen, die
die Voraussetzungen des § 15 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 5 erfüllen, zur Stärkung der Teilhabe von Menschen
mit Behinderungen an der Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten.