§ 1 Fördergrundsatz
(1) An staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen in Deutschland, mit Ausnahme der Hochschulen
in Trägerschaft des Bundes, werden zur Förderung begabter Studierender, die hervorragende Leistungen in
Studium oder Beruf erwarten lassen oder bereits erbracht haben, nach Maßgabe dieses Gesetzes Stipendien
vergeben.
(2) Nicht förderfähig sind Studierende, die eine Verwaltungsfachhochschule besuchen, sofern sie als Beschäftigte
im öffentlichen Dienst Anwärterbezüge oder ähnliche Leistungen aus öffentlichen Mitteln erhalten.
(3) Die Befugnis der Länder, begabte Studierende auf Grund von Landesrecht zu fördern, sowie besondere
Förderungsmaßnahmen für bestimmte Fachgebiete oder Personengruppen bleiben unberührt. Die von der
Bundesregierung finanzierte Förderung begabter Studierender durch die Begabtenförderungswerke, durch den
Deutschen Akademischen Austauschdienst und durch die Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung bleibt
unberührt.
§ 2 Bewerbung, Auswahl und regelmäßige Eignungs- und Leistungsprüfung
(1) Die Stipendien werden nach Durchführung eines Auswahlverfahrens durch die Hochschulen auf Antrag des
Bewerbers vergeben, wenn die Hochschule ein entsprechendes Auswahlverfahren ausgeschrieben hat. Bewerben
kann sich, wer
1. die für das Studium erforderlichen Zugangsvoraussetzungen erfüllt und
2. vor der Aufnahme des Studiums an der jeweiligen Hochschule steht oder bereits dort immatrikuliert ist.
(2) Die Durchführung des Auswahlverfahrens liegt in der Verantwortung der Hochschulen. Die Verfahren sind so
zu gestalten, dass
1. die Einhaltung der Auswahlkriterien für die Bewerber und Bewerberinnen nachvollziehbar ist,
2. sie unabhängig von den in § 1 Absatz 3 Satz 2 genannten Einrichtungen durchgeführt werden und
3. eine Einflussnahme der privaten Mittelgeber auf die Auswahl der zu fördernden Studierenden
ausgeschlossen ist. Die Hochschulen können Vertreter der privaten Mittelgeber mit beratender Funktion in
Auswahlgremien berufen.
(3) Die Hochschulen prüfen regelmäßig, ob Begabung und Leistung des Stipendiaten oder der Stipendiatin eine
Fortgewähr des Stipendiums rechtfertigen.
(4) Nach Landesrecht staatlich anerkannte Hochschulen werden mit den Aufgaben der Auswahl und
Stipendienvergabe nach diesem Gesetz beliehen. Die Beliehene untersteht der Aufsicht der zuständigen
obersten Landesbehörde. Die Beleihung endet mit dem Verlust der staatlichen Anerkennung.
§ 3 Auswahlkriterien
Die Stipendien werden nach Begabung und Leistung vergeben. Neben den bisher erbrachten Leistungen
und dem bisherigen persönlichen Werdegang sollen auch gesellschaftliches Engagement, die Bereitschaft,
Verantwortung zu übernehmen oder besondere soziale, familiäre oder persönliche Umstände berücksichtigt
werden, die sich beispielsweise aus der familiären Herkunft oder einem Migrationshintergrund ergeben.
§ 4 Ausschluss von Doppelförderung
(1) Ein Stipendium nach diesem Gesetz wird nicht vergeben, wenn der oder die Studierende eine begabungsund leistungsabhängige materielle Förderung durch eine der in § 1 Absatz 3 genannten Maßnahmen oder
Einrichtungen oder durch eine sonstige inländische oder ausländische Einrichtung erhält. Dies gilt nicht, wenn die
Summe dieser Förderung je Semester, für das die Förderung bewilligt wurde, einen Monatsdurchschnitt von 30
Euro unterschreitet.
(2) Um Doppelförderungen zu vermeiden, führt das Bundesministerium für Bildung und Forschung Stichproben
durch. Zu diesem Zweck kann das Bundesministerium für Bildung und Forschung bei den Hochschulen Name,
Vorname, Geburtsdatum, Adresse und Hochschulort der Personen erheben, die ein Stipendium nach diesem
Gesetz erhalten; es kann diese Daten speichern und mit den Daten der in § 1 Absatz 3 Satz 2 genannten und
sonstigen in- und ausländischen Einrichtungen abgleichen. Die Hochschulen sind zur Übermittlung der Daten
verpflichtet. Die erhobenen Daten sind nach der Durchführung der Stichprobe zu vernichten.
§ 5 Umfang der Förderung
(1) Die Höhe des Stipendiums beträgt monatlich 300 Euro. Ein höheres Stipendium kann vergeben werden, wenn
der nach § 11 Absatz 2 eingeworbene Anteil an privaten Mitteln höher als 150 Euro ist.
(2) Das Stipendium darf weder von einer Gegenleistung für den privaten Mittelgeber noch von einer
Arbeitnehmertätigkeit oder einer Absichtserklärung hinsichtlich einer späteren Arbeitnehmertätigkeit abhängig
gemacht werden.
(3) Das Stipendium bleibt vorbehaltlich des Satzes 2 bis zur Höhe von 300 Euro als Einkommen bei
Sozialleistungen unberücksichtigt. § 14 des Wohngeldgesetzes und § 21 des Wohnraumförderungsgesetzes sowie
entsprechende landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
§ 6 Bewilligung und Förderungsdauer
(1) Die Entscheidung über den Antrag erfolgt schriftlich oder elektronisch. Die Bewilligung eines Stipendiums
umfasst die Entscheidung über den Bewilligungszeitraum, die Höhe des Stipendiums sowie die Förderungsdauer.
Der Bewilligungszeitraum soll mindestens zwei Semester betragen. Die Förderungshöchstdauer richtet sich nach
der Regelstudienzeit im jeweiligen Studiengang.
(2) Das Stipendium kann ab dem ersten Hochschulsemester vergeben werden. Innerhalb der Förderungsdauer
soll der Bewilligungszeitraum von Amts wegen verlängert werden. Die Bewilligung kann nur erteilt oder
verlängert werden, wenn für den Bewilligungszeitraum Mittel nach § 11 Absatz 2 zur Verfügung stehen.
(3) Die Auszahlung setzt voraus, dass der Stipendiat oder die Stipendiatin an der Hochschule immatrikuliert ist,
die das Stipendium vergibt. Wechselt der Stipendiat oder die Stipendiatin während des Bewilligungszeitraums
die Hochschule, wird das Stipendium entsprechend der bisherigen Bewilligung ein Semester lang fortgezahlt.
Maßgeblich ist die Semesterdauer an der Hochschule, die das Stipendium vergeben hat. Die Bewerbung um ein
erneutes Stipendium an der neuen Hochschule ist möglich.
(4) Das Stipendium wird auch während der vorlesungsfreien Zeit und, abweichend von Absatz 3, während eines
fachrichtungsbezogenen Auslandsaufenthalts gezahlt.
§ 7 Verlängerung der Förderungshöchstdauer; Beurlaubung
(1) Verlängert sich die Studiendauer aus schwerwiegenden Gründen, wie zum Beispiel einer Behinderung,
einer Schwangerschaft, der Pflege und Erziehung eines Kindes oder eines fachrichtungsbezogenen
Auslandsaufenthalts, so kann die Förderungshöchstdauer auf Antrag verlängert werden.
(2) Während der Zeit einer Beurlaubung vom Studium wird das Stipendium nicht gezahlt. Bei Wiederaufnahme
des Studiums im Anschluss an die Beurlaubung wird der Bewilligungszeitraum des Stipendiums auf Anzeige des
Stipendiaten oder der Stipendiatin angepasst.
§ 8 Beendigung
Das Stipendium endet mit Ablauf des Monats, in dem der Stipendiat oder die Stipendiatin
1. die Hochschulausbildung erfolgreich beendet hat; dies ist der Fall, wenn das Gesamtergebnis des
erfolgreich abgeschlossenen Ausbildungsabschnitts dem Stipendiaten oder der Stipendiatin bekannt
gegeben wird, spätestens jedoch mit Ablauf des zweiten Monats nach dem Monat, in dem der letzte
Prüfungsteil abgelegt wurde,
2. das Studium abgebrochen hat,
3. die Fachrichtung gewechselt hat oder
4. exmatrikuliert wird.
Wechselt der Stipendiat oder die Stipendiatin während des Bewilligungszeitraums die Hochschule, endet das
Stipendium mit Ablauf des Semesters, für welches das Stipendium nach § 6 Absatz 3 oder 4 fortgezahlt wird.
§ 9 Widerruf
Die Bewilligung des Stipendiums soll mit mindestens sechswöchiger Frist zum Ende eines Kalendermonats
widerrufen werden, wenn der Stipendiat oder die Stipendiatin der Pflicht nach § 10 Absatz 2 und 3 nicht
nachgekommen ist oder entgegen § 4 Absatz 2 eine weitere Förderung erhält oder die Hochschule bei der
Prüfung feststellt, dass die Eignungs- und Leistungsvoraussetzungen für das Stipendium nicht mehr fortbestehen.
Ein rückwirkender Widerruf der Bewilligung ist insbesondere im Fall der Doppelförderung möglich.
§ 10 Mitwirkungspflichten
(1) Die Bewerberinnen und Bewerber haben die für das Auswahlverfahren notwendigen Mitwirkungspflichten zu
erfüllen, insbesondere die zur Prüfung der Eignungs- und Leistungsvoraussetzungen erforderlichen Auskünfte zu
erteilen und Nachweise zu erbringen.
(2) Die Stipendiaten und Stipendiatinnen haben alle Änderungen in den Verhältnissen, die für die Bewilligung des
Stipendiums erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen.
(3) Die Stipendiatinnen und Stipendiaten haben während des Förderzeitraums die von der Hochschule
festzulegenden Eignungs- und Leistungsnachweise vorzulegen.
§ 11 Aufbringung der Mittel
(1) Die Stipendien werden aus von den Hochschulen eingeworbenen privaten Mitteln und aus öffentlichen Mitteln
finanziert.
(2) Haben die Hochschulen von den privaten Mittelgebern pro Stipendium einen Betrag von mindestens 150 Euro
monatlich eingeworben, wird dieser vom Bund pro Stipendium um einen Betrag von 150 Euro aufgestockt. Der
Bund trägt sonstige Zweckausgaben der Hochschulen pauschal in Höhe von 7 Prozent der privaten Mittel, die zur
Erreichung der jeweiligen Höchstgrenze nach § 11 Absatz 4 Satz 2 je Hochschule höchstens eingeworben werden
können.
(3) Die privaten Mittelgeber können für die von ihnen anteilig finanzierten Stipendien eine Zweckbindung für
bestimmte Fachrichtungen oder Studiengänge festlegen. Die aufstockenden öffentlichen Mittel folgen dieser
privaten Zweckbindung. Bis zu zwei Drittel der von den Hochschulen pro Kalenderjahr neu bewilligten Stipendien
können solche sein, die die privaten Mittelgeber mit einer Zweckbindung versehen haben.
(4) Ein Stipendium nach diesem Gesetz können höchstens 8 Prozent der Studierenden einer Hochschule erhalten.
Die Erreichung dieser Höchstgrenze erfolgt schrittweise.
§ 12 Beirat
(1) Das Bundesministerium für Bildung und Forschung richtet einen Beirat ein. Dieser berät das
Bundesministerium durch Stellungnahmen bei der Anwendung dieses Gesetzes und Prüfung der
Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelung der Stipendien.
(2) Das Bundesministerium für Bildung und Forschung beruft Vertreter der an der Ausführung des Gesetzes
beteiligten Landesbehörden, des deutschen Studentenwerkes e. V., der Hochschulen, der Studierenden, der
privaten Mittelgeber und der Wissenschaft, der Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmer für jeweils vier Jahre in den
Beirat.
§ 13 Statistik
(1) Über die Förderung nach diesem Gesetz wird eine Bundesstatistik geführt.
(2) Die Statistik erfasst jährlich für das vorausgegangene Kalenderjahr für jeden Stipendiaten und jede
Stipendiatin folgende Erhebungsmerkmale:
1. von dem Stipendiaten oder der Stipendiatin: Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Art des angestrebten
Abschlusses, Ausbildungsstätte nach Art und rechtlicher Stellung, Studienfachrichtung, Semesterzahl,
Fachsemesterzahl, Zahl der Fördermonate, Bezug von Leistungen nach dem BAföG,
2. von dem privaten Mittelgeber: Rechtsform, Angaben zur Bindung der bereitgestellten Mittel für bestimmte
Studiengänge, Gesamtsumme der bereitgestellten Mittel.
(3) Hilfsmerkmale sind Name und Anschrift der die Stipendien vergebenden Stelle.
(4) Für die Durchführung der Statistik besteht Auskunftspflicht. Auskunftspflichtig sind die Hochschulen.
§ 14 Verordnungsermächtigung
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Vorschriften
zu erlassen über
1. Einzelheiten zu den Bewerbungs- und Auswahlverfahren und zu den Maßnahmen der Eignungs- und
Leistungsüberprüfung nach § 2,
2. Einzelheiten zu den Auswahlkriterien nach § 3,
3. Einzelheiten zur Durchführung des Datenabgleichs nach § 4 Absatz 2,
4. die Zahlweise,
5. Einzelheiten zum Bewilligungszeitraum, zur Förderungsdauer und zur Förderungshöchstdauer nach § 6,
6. Einzelheiten zu den Mitwirkungspflichten nach § 10,
7. Einzelheiten zur Aufbringung der Mittel,
8. Einzelheiten zu den Aufgaben und zur Zusammensetzung eines Beirats nach § 12,
9. die Bereitstellung von zentraler Information und Beratung,
10. Einzelheiten zu den Erhebungsmerkmalen und zum Meldeverfahren für die Statistik nach § 13.
(2) Das Bundesministerium für Bildung und Forschung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem
Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten zur Erreichung der
Höchstgrenze nach § 11 Absatz 4 in einer Rechtsverordnung festzulegen.
§ 15 Evaluation
Auf der Grundlage der Statistik nach § 13 prüft die Bundesregierung nach Ablauf von vier Jahren, ob an allen
Hochschulstandorten ausreichend private Mittel eingeworben werden können oder ob Ausgleichsmaßnahmen zu
ergreifen sind. Über das Ergebnis ist dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zu berichten.
§ 16 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. August 2010 in Kraft.