1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Gegenstand
1 Der Bund kann Zwangsmassnahmen erlassen, um Sanktionen durchzusetzen, die
von der Organisation der Vereinten Nationen, der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa oder von den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz
beschlossen worden sind und die der Einhaltung des Völkerrechts, namentlich der
Respektierung der Menschenrechte, dienen.
2 Vorbehalten bleiben Massnahmen des Bundesrates zur Wahrung der Interessen des
Landes nach Artikel 184 Absatz 3 der Bundesverfassung.
3 Zwangsmassnahmen können namentlich:
a. den Waren-, Dienstleistungs-, Zahlungs-, Kapital- und Personenverkehr sowie den wissenschaftlichen, technologischen und kulturellen Austausch unmittelbar oder mittelbar beschränken;
b. Verbote, Bewilligungs- und Meldepflichten sowie andere Einschränkungen
von Rechten umfassen.
Art. 2 Zuständigkeit
1 Für den Erlass der Zwangsmassnahmen ist der Bundesrat zuständig. Er kann zur
Unterstützung humanitärer Aktivitäten oder zur Wahrung schweizerischer Interessen
Ausnahmen festlegen.
2 Insbesondere für die Lieferung von Lebensmitteln, Medikamenten und therapeutischen Mitteln, die humanitären Zwecken dienen, kann der Bundesrat Ausnahmen
nach Absatz 1 festlegen.
3 Die Zwangsmassnahmen werden in Form von Verordnungen erlassen.
AS 2002 3673
1 SR 101
2 BBl 2001 1433
2. Abschnitt: Kontrolle
Art. 3 Auskunftspflicht
Wer von Massnahmen nach diesem Gesetz unmittelbar oder mittelbar betroffen ist,
muss den vom Bundesrat bezeichneten Kontrollorganen die Auskünfte erteilen und
die Unterlagen einreichen, die für eine umfassende Beurteilung oder Kontrolle
erforderlich sind.
Art. 4 Befugnisse der Kontrollorgane
1 Die Kontrollorgane sind befugt, die Geschäftsräume der auskunftspflichtigen
Personen während der üblichen Arbeitszeit ohne Voranmeldung zu betreten und zu
besichtigen sowie die einschlägigen Unterlagen einzusehen. Sie stellen belastendes
Material sicher.
2 Sie können die Polizei der Kantone und Gemeinden sowie die Untersuchungsorgane des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit beiziehen. 3
3 Die Kontrollorgane sowie die beigezogenen Behörden sind zur Wahrung des
Amtsgeheimnisses verpflichtet und treffen in ihrem Bereich die Vorsichtsmassnahmen, die zur Verhinderung von Wirtschaftsspionage erforderlich sind.
3. Abschnitt: Datenschutz und Zusammenarbeit von Behörden
Art. 5 Datenbearbeitung
1 Die zuständigen Behörden des Bundes dürfen Personendaten bearbeiten, soweit
dies für den Vollzug dieses Gesetzes und der Verordnungen nach Artikel 2 Absatz 3
erforderlich ist.
2 Besonders schützenswerte Personendaten dürfen sie nur bearbeiten, wenn diese
verwaltungs- oder strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen betreffen. Andere
besonders schützenswerte Personendaten dürfen nur bearbeitet werden, wenn dies
zur Behandlung des Einzelfalles unentbehrlich ist.
Art. 6 Amtshilfe in der Schweiz
Die zuständigen Behörden des Bundes sowie die Polizeiorgane der Kantone und
Gemeinden können einander und den jeweiligen Aufsichtsbehörden Daten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, bekannt geben, soweit dies
für den Vollzug dieses Gesetzes und der Verordnungen nach Artikel 2 Absatz 3
erforderlich ist.
3 Fassung gemäss Ziff. I 39 der V vom 12. Juni 2020 über die Anpassung von Gesetzen
infolge der Änderung der Bezeichnung der Eidgenössischen Zollverwaltung im Rahmen
von deren Weiterentwicklung, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2020 2743).
Art. 7 Amts- und Rechtshilfe zwischen schweizerischen und
ausländischen Behörden
1 Die für den Vollzug, die Kontrolle, die Deliktsverhütung oder die Strafverfolgung
zuständigen Behörden des Bundes können mit den zuständigen ausländischen Behörden sowie mit internationalen Organisationen oder Gremien zusammenarbeiten
und die Erhebungen koordinieren, soweit:
a. dies zum Vollzug dieses Gesetzes und der Verordnungen nach Artikel 2 Absatz 3, entsprechender ausländischer Vorschriften oder solcher von internationalen Organisationen erforderlich ist; und
b. die ausländischen Behörden, internationalen Organisationen oder Gremien
an das Amtsgeheimnis oder an eine entsprechende Verschwiegenheitspflicht
gebunden sind und in ihrem Bereich den Schutz vor Wirtschaftsspionage garantieren.
2 Sie können ausländische Behörden und internationale Organisationen oder Gremien namentlich um Herausgabe der erforderlichen Daten ersuchen. Zu deren Erlangung können sie ihnen Daten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, bekannt geben, namentlich über:
a. Beschaffenheit, Menge, Bestimmungs- und Verwendungsort, Verwendungszweck sowie Empfängerinnen und Empfänger von Gütern;
b. Personen, die an der Herstellung, Lieferung oder Vermittlung von Gütern
beteiligt sind;
c. die finanzielle Abwicklung des Geschäfts;
d. gesperrte Konten und Vermögenswerte.
3 Die Bundesbehörden können die Daten nach Absatz 2 von sich aus oder auf Ersuchen des ausländischen Staates bekannt geben, wenn der betreffende Staat:
a. Gegenrecht hält und die internationalen Sanktionen ebenfalls umsetzt;
b. zusichert, dass die Daten nur für Zwecke nach diesem Gesetz bearbeitet
werden; und
c. zusichert, dass die Daten nur dann in einem Strafverfahren verwendet werden, wenn die Rechtshilfe in Strafsachen nicht wegen der Art der Tat ausgeschlossen wäre.
4 Die betroffene Verwaltungseinheit des Bundes entscheidet im Einvernehmen mit
dem für Rechtshilfe zuständigen Bundesamt 4, ob die Voraussetzungen für die Verwendung von Daten in einem Strafverfahren nach Absatz 3 Buchstabe c erfüllt sind.
5 Die Bundesbehörden können die Daten unter den Voraussetzungen von Absatz 3
auch internationalen Organisationen oder Gremien bekannt geben; sie können dabei
auf das Erfordernis des Gegenrechts verzichten.
6 In Fällen von Verstössen gegen dieses Gesetz kann den ausländischen Behörden,
internationalen Organisationen oder Gremien nach Absatz 1 Rechtshilfe geleistet
werden. Solche Verstösse gelten nicht als währungs-, handels- oder wirtschaftspolitische Delikte im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 des Rechtshilfegesetzes vom
20. März 1981 5; dessen Verfahrensbestimmungen bleiben anwendbar.
5 SR 351.1
6 Ab 1. Jan. 2007 sind die angedrohten Strafen und die Verjährungsfristen in Anwendung
von Art. 333 Abs. 2–6 des Strafgesetzbuches (SR 311.0) in der Fassung des BG vom
13. Dez. 2002 (AS 2006 3459) zu interpretieren beziehungsweise umzurechnen.
4. Abschnitt: Rechtsschutz
Art. 8
Das Verfahren für Beschwerden gegen Verfügungen nach diesem Gesetz richtet sich
nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
5. Abschnitt: Strafbestimmungen und Massnahmen 6
Art. 9 Vergehen
1 Wer vorsätzlich gegen Vorschriften von Verordnungen nach Artikel 2 Absatz 3
verstösst, deren Verletzung für strafbar erklärt wird, wird mit Gefängnis bis zu
einem Jahr oder mit Busse bis zu 500 000 Franken bestraft.
2 In schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis bis zu fünf Jahren. Mit der Freiheitsstrafe kann eine Busse bis zu 1 Million Franken verbunden werden.
3 Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist die Strafe Gefängnis bis zu drei Monaten
oder Busse bis zu 100 000 Franken.
Art. 10 Übertretungen
1 Mit Haft oder mit Busse bis zu 100 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:
a. die Auskünfte, die Herausgabe von Unterlagen oder den Zutritt zu Geschäftsräumen nach den Artikeln 3 und 4 Absatz 1 verweigert oder in diesem Zusammenhang falsche oder irreführende Angaben macht;
b. auf andere Weise gegen dieses Gesetz oder gegen Vorschriften von Verordnungen nach Artikel 2 Absatz 3, deren Übertretung für strafbar erklärt wird,
oder gegen eine unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels erlassene
Verfügung verstösst, ohne dass ein strafbares Verhalten nach einem andern
Straftatbestand vorliegt.
2 Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.
3 Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist die Strafe Busse bis zu 40 000 Franken.
4 Die Strafverfolgung verjährt in fünf Jahren. Die Verjährung kann durch Unterbrechung nicht um mehr als die Hälfte hinausgeschoben werden.
Art. 11 Zusammentreffen mehrerer Strafbestimmungen
1 Erfüllt ein Verstoss gegen dieses Gesetz zugleich den Tatbestand eines Verstosses
gegen das Kriegsmaterialgesetz vom 13. Dezember 1996 7, das Güterkontrollgesetz
vom 13. Dezember 1996 8 oder das Atomgesetz vom 23. Dezember 1959 9, so gelten
ausschliesslich die Strafbestimmungen desjenigen Gesetzes, welche die schwerste
Strafe vorsehen.
2 Erfüllt ein Verstoss gegen dieses Gesetz zugleich den Tatbestand eines Bannbruchs
nach Artikel 76 des Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925 10, so sind ausschliesslich
dessen Strafbestimmungen anwendbar; Absatz 1 bleibt vorbehalten.
Art. 12 Verstösse in Geschäftsbetrieben
Auf Verstösse in Geschäftsbetrieben ist Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 22. März
1974 11 über das Verwaltungsstrafrecht anwendbar.
Art. 13 Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten
1 Die einer Zwangsmassnahme unterliegenden Gegenstände und Vermögenswerte
werden ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person eingezogen,
wenn die rechtmässige weitere Verwendung nicht gewährleistet ist.
2 Die eingezogenen Gegenstände und Vermögenswerte sowie ein allfälliger Verwertungserlös verfallen unter Vorbehalt des Bundesgesetzes vom 19. März 2004 12 über
die Teilung eingezogener Vermögenswerte dem Bund. 13
Art. 14 Gerichtsbarkeit
1 Das Bundesgesetz vom 22. März 1974 14 über das Verwaltungsstrafrecht ist anwendbar
2 Finden die Strafbestimmungen dieses Gesetzes Anwendung, so kann die Bundesanwaltschaft auf Ersuchen der betroffenen Verwaltungseinheit ein Ermittlungsverfahren eröffnen, wenn die besondere Bedeutung der Straftat dies rechtfertigt. Die
Eröffnung des Ermittlungsverfahrens durch die Bundesanwaltschaft begründet
Bundesgerichtsbarkeit.
7 SR 514.51
8 SR 946.202
9 SR 732.0
10 SR 631.0
11 SR 313.0
12 SR 312.4
13 Fassung gemäss Anhang Ziff. 7 des BG vom 19. März 2004 über die Teilung
eingezogener Vermögenswerte, in Kraft seit 1. Aug. 2004 (AS 2004 3503).
14 SR 313.0
6. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 15 Berichterstattung
Der Bundesrat orientiert die Bundesversammlung über die Anwendung dieses Gesetzes in seinen Berichten zur Aussenwirtschaftspolitik.
Art. 16 Nachführung von Verordnungsanhängen
Das zuständige Departement 15 kann die Anhänge von Verordnungen nach Artikel 2
Absatz 3 nachführen.
Art. 17 Änderung bisherigen Rechts
Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert:
... 16
Art. 18 Referendum und Inkrafttreten
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 2003 17
15 Zurzeit das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung.
16 Die Änd. können unter AS 2002 3673 konsultiert werden.
17 BRB vom 30. Okt. 2002
4 Zurzeit Bundesamt für Justiz