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vom 30. März 1911 (Stand am 1. Januar 2025)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen

Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen

Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag

Art. 1

1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegensei- tige Willensäusserung der Parteien erforderlich.

2 Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.

Art. 2

1 Haben sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt, so wird vermutet, dass der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlich- keit des Vertrages nicht hindern solle.

2 Kommt über die vorbehaltenen Nebenpunkte eine Vereinbarung nicht zustande, so hat der Richter über diese nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden.

3 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Form der Verträge.

Art. 3

1 Wer einem andern den Antrag zum Abschlusse eines Vertrages stellt und für die Annahme eine Frist setzt, bleibt bis zu deren Ablauf an den Antrag gebunden.

2 Er wird wieder frei, wenn eine Annahmeerklärung nicht vor Ablauf dieser Frist bei ihm eingetroffen ist.

Art. 4

1 Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.

2 Wenn die Vertragschliessenden oder ihre Bevollmächtigten sich per- sönlich des Telefons bedienen, so gilt der Vertrag als unter Anwesenden abgeschlossen.

Art. 5

1 Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, wo er den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsmässigen und rechtzeiti- gen Absendung erwarten darf.

2 Er darf dabei voraussetzen, dass sein Antrag rechtzeitig angekommen sei.

3 Trifft die rechtzeitig abgesandte Annahmeerklärung erst nach jenem Zeitpunkte bei dem Antragsteller ein, so ist dieser, wenn er nicht gebun- den sein will, verpflichtet, ohne Verzug hievon Anzeige zu machen.

Art. 6

Ist wegen der besonderen Natur des Geschäftes oder nach den Umstän- den eine ausdrückliche Annahme nicht zu erwarten, so gilt der Vertrag als abgeschlossen, wenn der Antrag nicht binnen angemessener Frist ab- gelehnt wird.

Art. 6a

1 Die Zusendung einer unbestellten Sache ist kein Antrag.

2 Der Empfänger ist nicht verpflichtet, die Sache zurückzusenden oder aufzubewahren.

3 Ist eine unbestellte Sache offensichtlich irrtümlich zugesandt worden, so muss der Empfänger den Absender benachrichtigen.

Art. 7

1 Der Antragsteller wird nicht gebunden, wenn er dem Antrage eine die Behaftung ablehnende Erklärung beifügt, oder wenn ein solcher Vorbe- halt sich aus der Natur des Geschäftes oder aus den Umständen ergibt.

2 Die Versendung von Tarifen, Preislisten u. dgl. bedeutet an sich kei- nen Antrag.

3 Dagegen gilt die Auslage von Waren mit Angabe des Preises in der Regel als Antrag.

Art. 8

1 Wer durch Preisausschreiben oder Auslobung für eine Leistung eine Belohnung aussetzt, hat diese seiner Auskündung gemäss zu entrichten.

2 Tritt er zurück, bevor die Leistung erfolgt ist, so hat er denjenigen, die auf Grund der Auskündung in guten Treuen Aufwendungen gemacht haben, hierfür bis höchstens zum Betrag der ausgesetzten Belohnung Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihnen die Leistung doch nicht gelungen wäre.

Art. 9

1 Trifft der Widerruf bei dem anderen Teile vor oder mit dem Antrage ein, oder wird er bei späterem Eintreffen dem andern zur Kenntnis ge- bracht, bevor dieser vom Antrag Kenntnis genommen hat, so ist der An- trag als nicht geschehen zu betrachten.

2 Dasselbe gilt für den Widerruf der Annahme.

Art. 10

1 Ist ein Vertrag unter Abwesenden zustande gekommen, so beginnen seine Wirkungen mit dem Zeitpunkte, wo die Erklärung der Annahme zur Absendung abgegeben wurde.

2 Wenn eine ausdrückliche Annahme nicht erforderlich ist, so beginnen die Wirkungen des Vertrages mit dem Empfange des Antrages.

Art. 11

1 Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt.

2 Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab.

Art. 12

Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von er- gänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Wider- spruche stehen.

Art. 13

1 Ein Vertrag, für den die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben ist, muss die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn ver- pflichtet werden sollen.

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Art. 14

1 Die Unterschrift ist eigenhändig zu schreiben.

2 Eine Nachbildung der eigenhändigen Schrift auf mechanischem Wege wird nur da als genügend anerkannt, wo deren Gebrauch im Verkehr üblich ist, insbesondere wo es sich um die Unterschrift auf Wertpapie- ren handelt, die in grosser Zahl ausgegeben werden. Der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt ist die mit einem qua- lifizierten Zeitstempel verbundene qualifizierte elektronische Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 2016

4 über die elektronische Sig- natur. Abweichende gesetzliche oder vertragliche Regelungen bleiben vorbehalten.

3 Für den Blinden ist die Unterschrift nur dann verbindlich, wenn sie beglaubigt ist, oder wenn nachgewiesen wird, dass er zur Zeit der Un- terzeichnung den Inhalt der Urkunde gekannt hat.

Art. 15

Kann eine Person nicht unterschreiben, so ist es, mit Vorbehalt der Best- immungen über den Wechsel, gestattet, die Unterschrift durch ein be- glaubigtes Handzeichen zu ersetzen oder durch eine öffentliche Beur- kundung ersetzen zu lassen.

Art. 16

1 Ist für einen Vertrag, der vom Gesetze an keine Form gebunden ist, die Anwendung einer solchen vorbehalten worden, so wird vermutet, dass die Parteien vor Erfüllung der Form nicht verpflichtet sein wollen.

2 Geht eine solche Abrede auf schriftliche Form ohne nähere Bezeich- nung, so gelten für deren Erfüllung die Erfordernisse der gesetzlich vor- geschriebenen Schriftlichkeit.

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Art. 17

Ein Schuldbekenntnis ist gültig auch ohne die Angabe eines Verpflich- tungsgrundes.

Art. 18

1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Be- zeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.

2 Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.

Art. 19

1 Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden.

2 Von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen sind nur zulässig, wo das Gesetz nicht eine unabänderliche Vorschrift auf- stellt oder die Abweichung nicht einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung, gegen die guten Sitten oder gegen das Recht der Persönlich- keit in sich schliesst.

Art. 20

1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.

2 Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichti- gen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.

Art. 21

1 Wird ein offenbares Missverhältnis zwischen der Leistung und der Ge- genleistung durch einen Vertrag begründet, dessen Abschluss von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des andern herbeigeführt worden ist, so kann der Verletzte innerhalb Jahresfrist erklären, dass er den Vertrag nicht halte, und das schon Geleistete zurückverlangen.

2 Die Jahresfrist beginnt mit dem Abschluss des Vertrages.

Art. 22

1 Durch Vertrag kann die Verpflichtung zum Abschluss eines künftigen Vertrages begründet werden.

2 Wo das Gesetz zum Schutze der Vertragschliessenden für die Gültig- keit des künftigen Vertrages eine Form vorschreibt, gilt diese auch für den Vorvertrag.

Art. 23

Der Vertrag ist für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat.

Art. 24

1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher: 1. wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als den- jenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat; 2. wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat; 3. wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Um- fange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war; 4. wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.

2 Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Ver- tragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.

3 Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.

Art. 25

1 Die Berufung auf Irrtum ist unstatthaft, wenn sie Treu und Glauben widerspricht.

2 Insbesondere muss der Irrende den Vertrag gelten lassen, wie er ihn verstanden hat, sobald der andere sich hierzu bereit erklärt.

Art. 26

1 Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens ver- pflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.

2 Wo es der Billigkeit entspricht, kann der Richter auf Ersatz weiteren Schadens erkennen.

Art. 27

Wird beim Vertragsabschluss Antrag oder Annahme durch einen Boten oder auf andere Weise unrichtig übermittelt, so finden die Vorschriften über den Irrtum entsprechende Anwendung.

Art. 28

1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein we- sentlicher war.

2 Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sol- len.

Art. 29

1 Ist ein Vertragschliessender von dem anderen oder von einem Dritten widerrechtlich durch Erregung gegründeter Furcht zur Eingehung eines Vertrages bestimmt worden, so ist der Vertrag für den Bedrohten unver- bindlich.

2 Ist die Drohung von einem Dritten ausgegangen, so hat, wo es der Bil- ligkeit entspricht, der Bedrohte, der den Vertrag nicht halten will, dem anderen, wenn dieser die Drohung weder gekannt hat noch hätte kennen sollen, Entschädigung zu leisten.

Art. 30

1 Die Furcht ist für denjenigen eine gegründete, der nach den Umstän- den annehmen muss, dass er oder eine ihm nahe verbundene Person an Leib und Leben, Ehre oder Vermögen mit einer nahen und erheblichen Gefahr bedroht sei.

2 Die Furcht vor der Geltendmachung eines Rechtes wird nur dann berücksichtigt, wenn die Notlage des Bedrohten benutzt worden ist, um ihm die Einräumung übermässiger Vorteile abzunötigen.

Art. 31

1 Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil bin- nen Jahresfrist weder dem anderen eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurückfordert, so gilt der Ver- trag als genehmigt.

2 Die Frist beginnt in den Fällen des Irrtums und der Täuschung mit der Entdeckung, in den Fällen der Furcht mit deren Beseitigung.

3 Die Genehmigung eines wegen Täuschung oder Furcht unverbindli- chen Vertrages schliesst den Anspruch auf Schadenersatz nicht ohne weiteres aus.

Art. 32

1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in des- sen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.

2 Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berech- tigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Ver- tretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse.

3 Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen.

Art. 33

1 Soweit die Ermächtigung, im Namen eines andern Rechtshandlungen vorzunehmen, aus Verhältnissen des öffentlichen Rechtes hervorgeht, ist sie nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes des Bundes und der Kantone zu beurteilen.

2 Ist die Ermächtigung durch Rechtsgeschäft eingeräumt, so beurteilt sich ihr Umfang nach dessen Inhalt.

3 Wird die Ermächtigung vom Vollmachtgeber einem Dritten mitgeteilt, so beurteilt sich ihr Umfang diesem gegenüber nach Massgabe der er- folgten Kundgebung.

Art. 34

1 Eine durch Rechtsgeschäft erteilte Ermächtigung kann vom Voll- machtgeber jederzeit beschränkt oder widerrufen werden, unbeschadet der Rechte, die sich aus einem unter den Beteiligten bestehenden ande- ren Rechtsverhältnis, wie Einzelarbeitsvertrag, Gesellschaftsvertrag, Auftrag, ergeben können.

2 Ein vom Vollmachtgeber zum voraus erklärter Verzicht auf dieses Recht ist ungültig.

3 Hat der Vertretene die Vollmacht ausdrücklich oder tatsächlich kund- gegeben, so kann er deren gänzlichen oder teilweisen Widerruf gutgläu- bigen Dritten nur dann entgegensetzen, wenn er ihnen auch diesen Wi- derruf mitgeteilt hat.

Art. 35

1 Die durch Rechtsgeschäft erteilte Ermächtigung erlischt, sofern nicht das Gegenteil bestimmt ist oder aus der Natur des Geschäfts hervorgeht, mit dem Verlust der entsprechenden Handlungsfähigkeit, dem Konkurs, dem Tod oder der Verschollenerklärung des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten.

2 Die nämliche Wirkung hat die Auflösung einer juristischen Person oder einer in das Handelsregister eingetragenen Gesellschaft.

3 Die gegenseitigen persönlichen Ansprüche werden hievon nicht be- rührt.

Art. 36

1 Ist dem Bevollmächtigten eine Vollmachtsurkunde ausgestellt word- en, so ist er nach dem Erlöschen der Vollmacht zur Rückgabe oder ge- richtlichen Hinterlegung der Urkunde verpflichtet.

2 Wird er von dem Vollmachtgeber oder seinen Rechtsnachfolgern hierzu nicht angehalten, so sind diese den gutgläubigen Dritten für den Schaden verantwortlich.

Art. 37

1 Solange das Erlöschen der Vollmacht dem Bevollmächtigten nicht be- kannt geworden ist, berechtigt und verpflichtet er den Vollmachtgeber oder dessen Rechtsnachfolger, wie wenn die Vollmacht noch bestehen würde.

2 Ausgenommen sind die Fälle, in denen der Dritte vom Erlöschen der Vollmacht Kenntnis hatte.

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Art. 38

1 Hat jemand, ohne dazu ermächtigt zu sein, als Stellvertreter einen Ver- trag abgeschlossen, so wird der Vertretene nur dann Gläubiger oder Schuldner, wenn er den Vertrag genehmigt.

2 Der andere ist berechtigt, von dem Vertretenen innerhalb einer ange- messenen Frist eine Erklärung über die Genehmigung zu verlangen und ist nicht mehr gebunden, wenn der Vertretene nicht binnen dieser Frist die Genehmigung erklärt.

Art. 39

1 Wird die Genehmigung ausdrücklich oder stillschweigend abgelehnt, so kann derjenige, der als Stellvertreter gehandelt hat, auf Ersatz des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens belangt werden, sofern er nicht nachweist, dass der andere den Mangel der Vollmacht kannte oder hätte kennen sollen.

2 Bei Verschulden des Vertreters kann der Richter, wo es der Billigkeit entspricht, auf Ersatz weitern Schadens erkennen.

3 In allen Fällen bleibt die Forderung aus ungerechtfertigter Bereiche- rung vorbehalten.

Art. 40

In Bezug auf die Vollmacht der Vertreter und Organe von Gesellschaf- ten, der Prokuristen und anderer Handlungsbevollmächtigter bleiben die besonderen Vorschriften vorbehalten.

Art. 40a

1 Die nachfolgenden Bestimmungen sind auf Verträge über bewegliche Sachen und Dienstleistungen, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Kunden bestimmt sind, anwendbar, wenn: a. der Anbieter der Güter oder Dienstleistungen im Rahmen einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gehandelt hat und b. die Leistung des Kunden 100 Franken übersteigt.

2 Die Bestimmungen gelten nicht für Rechtsgeschäfte, die im Rahmen von bestehenden Finanzdienstleistungsverträgen gemäss Finanzdienst- leistungsgesetz vom 15. Juni 2018

9 durch Finanzinstitute und Banken abgeschlossen werden.

10 Für Versicherungsverträge gelten die Bestimmungen des Versiche- rungsvertragsgesetzes vom 2. April 1908

3 Bei wesentlicher Veränderung der Kaufkraft des Geldes passt der Bun- desrat den in Absatz 1 Buchstabe b genannten Betrag entsprechend an.

Art. 40b

13 Der Kunde kann seinen Antrag zum Vertragsabschluss oder seine An- nahmeerklärung widerrufen, wenn ihm das Angebot gemacht wurde: a.

14 an seinem Arbeitsplatz, in Wohnräumen oder in deren unmittel- baren Umgebung; b. in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf öffentlichen Strassen und Plätzen; c. an einer Werbeveranstaltung, die mit einer Ausflugsfahrt oder einem ähnlichen Anlass verbunden war; d.

15 am Telefon oder über vergleichbare Mittel der gleichzeitigen mündlichen Telekommunikation.

Art. 40c

16 Der Kunde hat kein Widerrufsrecht, wenn er: a. die Vertragsverhandlungen ausdrücklich gewünscht hat; b. seine Erklärung an einem Markt- oder Messestand abgegeben hat.

Art. 40d

1 Der Anbieter muss den Kunden schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, über das Widerrufsrecht sowie über Form und Frist des Widerrufs unterrichten und ihm seine Adresse bekannt geben.

2 Diese Angaben müssen datiert sein und die Identifizierung des Ver- trags ermöglichen.

3 Sie sind dem Kunden so zu übermitteln, dass er sie kennt, wenn er den Vertrag beantragt oder annimmt.

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Art. 40e

1 Der Widerruf ist an keine Form gebunden. Der Nachweis des fristge- mässen Widerrufs obliegt dem Kunden.

2 Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und beginnt, sobald der Kunde:

22 a. den Vertrag beantragt oder angenommen hat; und b. von den Angaben nach Artikel 40d Kenntnis erhalten hat.

3 Der Beweis des Zeitpunkts, in dem der Kunde von den Angaben nach Artikel 40d Kenntnis erhalten hat, obliegt dem Anbieter.

4 Die Frist ist eingehalten, wenn der Kunde am letzten Tag der Wider- rufsfrist dem Anbieter seinen Widerruf mitteilt oder seine Widerrufser- klärung der Post übergibt.

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Art. 40f

1 Hat der Kunde widerrufen, so müssen die Parteien bereits empfangene Leistungen zurückerstatten.

2 Hat der Kunde eine Sache bereits gebraucht, so schuldet er dem An- bieter einen angemessenen Mietzins.

3 Hat der Anbieter eine Dienstleistung erbracht, so muss ihm der Kunde Auslagen und Verwendungen nach den Bestimmungen über den Auf- trag (Art. 402) ersetzen.

4 Der Kunde schuldet dem Anbieter keine weitere Entschädigung.

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Art. 40g

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Zweiter Abschnitt:

Die Entstehung durch unerlaubte Handlungen

Art. 41

1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.

2 Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.

Art. 42

1 Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.

2 Der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen.

3 Bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, können die Heilungskosten auch dann angemessen als Schaden geltend gemacht werden, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen.

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Art. 43

1 Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Ver- schuldens zu würdigen hat. Im Falle der Verletzung oder Tötung eines Tieres, das im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten wird, kann er dem Affektionswert, den dieses für seinen Halter oder dessen Angehörige hatte, angemessen Rechnung tragen.

2 Wird Schadenersatz in Gestalt einer Rente zugesprochen, so ist der Schuldner gleichzeitig zur Sicherheitsleistung anzuhalten.

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Art. 44

1 Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden.

2 Würde ein Ersatzpflichtiger, der den Schaden weder absichtlich noch grobfahrlässig verursacht hat, durch Leistung des Ersatzes in eine Not- lage versetzt, so kann der Richter auch aus diesem Grunde die Ersatz- pflicht ermässigen.

Art. 45

1 Im Falle der Tötung eines Menschen sind die entstandenen Kosten, insbesondere diejenigen der Bestattung, zu ersetzen.

2 Ist der Tod nicht sofort eingetreten, so muss namentlich auch für die Kosten der versuchten Heilung und für die Nachteile der Arbeitsunfä- higkeit Ersatz geleistet werden.

3 Haben andere Personen durch die Tötung ihren Versorger verloren, so ist auch für diesen Schaden Ersatz zu leisten.

Art. 46

1 Körperverletzung gibt dem Verletzten Anspruch auf Ersatz der Kos- ten, sowie auf Entschädigung für die Nachteile gänzlicher oder teilwei- ser Arbeitsunfähigkeit, unter Berücksichtigung der Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens.

2 Sind im Zeitpunkte der Urteilsfällung die Folgen der Verletzung nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, so kann der Richter bis auf zwei Jahre, vom Tage des Urteils an gerechnet, dessen Abänderung vor- behalten.

Art. 47

Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter un- ter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den An- gehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.

Art. 48

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Art. 49

1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat An- spruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wieder- gutgemacht worden ist.

2 Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine an- dere Art der Genugtuung erkennen.

Art. 50

1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstif- ter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.

2 Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.

3 Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Scha- den verursacht hat.

Art. 51

1 Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.

2 Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derje- nige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.

Art. 52

1 Wer in berechtigter Notwehr einen Angriff abwehrt, hat den Schaden, den er dabei dem Angreifer in seiner Person oder in seinem Vermögen zufügt, nicht zu ersetzen.

2 Wer in fremdes Vermögen eingreift, um drohenden Schaden oder Ge- fahr von sich oder einem andern abzuwenden, hat nach Ermessen des Richters Schadenersatz zu leisten.

3 Wer zum Zwecke der Sicherung eines berechtigten Anspruches sich selbst Schutz verschafft, ist dann nicht ersatzpflichtig, wenn nach den gegebenen Umständen amtliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt und nur

29 durch Selbsthilfe eine Vereitelung des Anspruches oder eine wesentli- che Erschwerung seiner Geltendmachung verhindert werden konnte.

Art. 53

1 Bei der Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld, Urteilsfähigkeit oder Urteilsunfähigkeit ist der Richter an die Bestimmungen über strafrecht- liche Zurechnungsfähigkeit oder an eine Freisprechung durch das Straf- gericht nicht gebunden.

2 Ebenso ist das strafgerichtliche Erkenntnis mit Bezug auf die Beurtei- lung der Schuld und die Bestimmung des Schadens für den Zivilrichter nicht verbindlich.

Art. 54

1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.

2 Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.

Art. 55

1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder ge- schäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.

2 Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.

Art. 56

1 Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.

2 Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff, wenn das Tier von einem andern oder durch das Tier eines andern gereizt worden ist.

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Art. 57

1 Der Besitzer eines Grundstückes ist berechtigt, Dritten angehörige Tiere, die auf dem Grundstücke Schaden anrichten, zur Sicherung seiner Ersatzforderung einzufangen und in seinen Gewahrsam zu nehmen und, wo die Umstände es rechtfertigen, sogar zu töten.

2 Er ist jedoch verpflichtet, ohne Verzug dem Eigentümer davon Kennt- nis zu geben und, sofern ihm dieser nicht bekannt ist, zu dessen Ermitt- lung das Nötige vorzukehren.

Art. 58

1 Der Eigentümer eines Gebäudes oder eines andern Werkes hat den Schaden zu ersetzen, den diese infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Unterhaltung verursachen.

2 Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff auf andere, die ihm hierfür ver- antwortlich sind.

Art. 59

1 Wer von dem Gebäude oder Werke eines andern mit Schaden bedroht ist, kann von dem Eigentümer verlangen, dass er die erforderlichen Massregeln zur Abwendung der Gefahr treffe.

2 Vorbehalten bleiben die Anordnungen der Polizei zum Schutze von Personen und Eigentum.

Art. 59a

1 Der Inhaber eines kryptografischen Schlüssels, der zur Erzeugung elektronischer Signaturen oder Siegel eingesetzt wird, haftet Drittperso- nen für Schäden, die diese erleiden, weil sie sich auf ein gültiges gere- geltes Zertifikat einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiens- ten im Sinne des Bundesgesetzes vom 18. März 2016

33 über die elektronische Signatur verlassen haben.

2 Die Haftung entfällt, wenn der Inhaber glaubhaft darlegen kann, dass er die nach den Umständen notwendigen und zumutbaren Sicherheits- vorkehrungen getroffen hat, um den Missbrauch des kryptografischen Schlüssels zu verhindern.

3 Der Bundesrat umschreibt die Sicherheitsvorkehrungen im Sinne von Absatz 2.

Art. 60

1 Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschä- digte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder auf- hörte.

35 Bei Tötung eines Menschen oder bei Körperverletzung verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung mit Ablauf von drei Jah- ren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, je- denfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.

2 Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadener- satz oder Genugtuung ungeachtet der vorstehenden Absätze frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese in- folge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Ur- teils.

3 Ist durch die unerlaubte Handlung gegen den Verletzten eine Forde- rung begründet worden, so kann dieser die Erfüllung auch dann verwei- gern, wenn sein Anspruch aus der unerlaubten Handlung verjährt ist.

Art. 61

1 Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursa- chen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die

38 Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen.

2 Für gewerbliche Verrichtungen von öffentlichen Beamten oder Ange- stellten können jedoch die Bestimmungen dieses Abschnittes durch kan- tonale Gesetze nicht geändert werden.

Dritter Abschnitt:

Die Entstehung aus ungerechtfertigter Bereicherung

Art. 62

1 Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern be- reichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten.

2 Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nach- träglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat.

Art. 63

1 Wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, kann das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat.

2 Ausgeschlossen ist die Rückforderung, wenn die Zahlung für eine ver- jährte Schuld oder in Erfüllung einer sittlichen Pflicht geleistet wurde.

3 Vorbehalten bleibt die Rückforderung einer bezahlten Nichtschuld nach Schuldbetreibungs- und Konkursrecht.

Art. 64

Die Rückerstattung kann insoweit nicht gefordert werden, als der Emp- fänger nachweisbar zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist, es sei denn, dass er sich der Bereicherung entäusserte und hierbei nicht in gutem Glauben war oder doch mit der Rückerstattung rechnen musste.

Art. 65

1 Der Empfänger hat Anspruch auf Ersatz der notwendigen und nützli- chen Verwendungen, für letztere jedoch, wenn er beim Empfange nicht in gutem Glauben war, nur bis zum Betrage des zur Zeit der Rückerstat- tung noch vorhandenen Mehrwertes.

2 Für andere Verwendungen kann er keinen Ersatz verlangen, darf aber, wenn ihm ein solcher nicht angeboten wird, vor der Rückgabe der Sache, was er verwendet hat, wieder wegnehmen, soweit dies ohne Beschädigung der Sache selbst geschehen kann.

Art. 66

Was in der Absicht, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg her- beizuführen, gegeben worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.

Art. 67

1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nach- dem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des An- spruchs.

2 Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereiche- rungsanspruch verjährt ist.

Zweiter Titel: Die Wirkung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Erfüllung der Obligationen

Art. 68

Der Schuldner ist nur dann verpflichtet, persönlich zu erfüllen, wenn es bei der Leistung auf seine Persönlichkeit ankommt.

Art. 69

1 Der Gläubiger braucht eine Teilzahlung nicht anzunehmen, wenn die gesamte Schuld feststeht und fällig ist.

2 Will der Gläubiger eine Teilzahlung annehmen, so kann der Schuldner die Zahlung des von ihm anerkannten Teiles der Schuld nicht verwei- gern.

Art. 70

1 Ist eine unteilbare Leistung an mehrere Gläubiger zu entrichten, so hat der Schuldner an alle gemeinsam zu leisten, und jeder Gläubiger kann die Leistung an alle gemeinsam fordern.

2 Ist eine unteilbare Leistung von mehreren Schuldnern zu entrichten, so ist jeder Schuldner zu der ganzen Leistung verpflichtet.

3 Sofern sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt, kann als- dann der Schuldner, der den Gläubiger befriedigt hat, von den übrigen Schuldnern verhältnismässigen Ersatz verlangen, und es gehen, soweit

39 ihm ein solcher Anspruch zusteht, die Rechte des befriedigten Gläubi- gers auf ihn über.

Art. 71

1 Ist die geschuldete Sache nur der Gattung nach bestimmt, so steht dem Schuldner die Auswahl zu, insofern sich aus dem Rechtsverhältnis nicht etwas anderes ergibt.

2 Er darf jedoch nicht eine Sache unter mittlerer Qualität anbieten.

Art. 72

Ist die Schuldpflicht in der Weise auf mehrere Leistungen gerichtet, dass nur die eine oder die andere erfolgen soll, so steht die Wahl dem Schuld- ner zu, insofern sich aus dem Rechtsverhältnis nicht etwas anderes ergibt.

Art. 73

1 Geht die Schuldpflicht auf Zahlung von Zinsen und ist deren Höhe weder durch Vertrag noch durch Gesetz oder Übung bestimmt, so sind Zinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen.

2 Dem öffentlichen Rechte bleibt es vorbehalten, Bestimmungen gegen Missbräuche im Zinswesen aufzustellen.

Art. 74

1 Der Ort der Erfüllung wird durch den ausdrücklichen oder aus den Umständen zu schliessenden Willen der Parteien bestimmt.

2 Wo nichts anderes bestimmt ist, gelten folgende Grundsätze: 1. Geldschulden sind an dem Orte zu zahlen, wo der Gläubiger zur Zeit der Erfüllung seinen Wohnsitz hat; 2. wird eine bestimmte Sache geschuldet, so ist diese da zu über- geben, wo sie sich zur Zeit des Vertragsabschlusses befand; 3. andere Verbindlichkeiten sind an dem Orte zu erfüllen, wo der Schuldner zur Zeit ihrer Entstehung seinen Wohnsitz hatte.

3 Wenn der Gläubiger seinen Wohnsitz, an dem er die Erfüllung fordern kann, nach der Entstehung der Schuld ändert und dem Schuldner daraus eine erhebliche Belästigung erwächst, so ist dieser berechtigt, an dem ursprünglichen Wohnsitze zu erfüllen.

Art. 75

Ist die Zeit der Erfüllung weder durch Vertrag noch durch die Natur des Rechtsverhältnisses bestimmt, so kann die Erfüllung sogleich geleistet und gefordert werden.

Art. 76

1 Ist die Zeit auf Anfang oder Ende eines Monates festgesetzt, so ist da- runter der erste oder der letzte Tag des Monates zu verstehen.

2 Ist die Zeit auf die Mitte eines Monates festgesetzt, so gilt der fünf- zehnte dieses Monates.

Art. 77

1 Soll die Erfüllung einer Verbindlichkeit oder eine andere Rechtshand- lung mit dem Ablaufe einer bestimmten Frist nach Abschluss des Ver- trages erfolgen, so fällt ihr Zeitpunkt: 1. wenn die Frist nach Tagen bestimmt ist, auf den letzten Tag der Frist, wobei der Tag, an dem der Vertrag geschlossen wurde, nicht mitgerechnet und, wenn die Frist auf acht oder 15 Tage lautet, nicht die Zeit von einer oder zwei Wochen verstanden wird, sondern volle acht oder 15 Tage; 2. wenn die Frist nach Wochen bestimmt ist, auf denjenigen Tag der letzten Woche, der durch seinen Namen dem Tage des Ver- tragsabschlusses entspricht; 3. wenn die Frist nach Monaten oder einem mehrere Monate um- fassenden Zeitraume (Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr) bestimmt ist, auf denjenigen Tag des letzten Monates, der durch seine Zahl dem Tage des Vertragsabschlusses entspricht, und, wenn dieser Tag in dem letzten Monate fehlt, auf den letzten Tag die- ses Monates. Der Ausdruck «halber Monat» wird einem Zeitraume von 15 Tagen gleichgeachtet, die, wenn eine Frist auf einen oder mehrere Monate und einen halben Monat lautet, zuletzt zu zählen sind.

2 In gleicher Weise wird die Frist auch dann berechnet, wenn sie nicht von dem Tage des Vertragsabschlusses, sondern von einem andern Zeit- punkte an zu laufen hat.

3 Soll die Erfüllung innerhalb einer bestimmten Frist geschehen, so muss sie vor deren Ablauf erfolgen.

Art. 78

1 Fällt der Zeitpunkt der Erfüllung oder der letzte Tag einer Frist auf einen Sonntag oder auf einen andern am Erfüllungsorte staatlich aner- kannten Feiertag

40 , so gilt als Erfüllungstag oder als letzter Tag der Frist der nächstfolgende Werktag.

2 Abweichende Vereinbarungen bleiben vorbehalten.

Art. 79

Die Erfüllung muss an dem festgesetzten Tage während der gewöhnli- chen Geschäftszeit vollzogen und angenommen werden.

Art. 80

Ist die vertragsmässige Frist verlängert worden, so beginnt die neue Frist, sofern sich aus dem Vertrage nicht etwas anderes ergibt, am ersten Tage nach Ablauf der alten Frist.

Art. 81

1 Sofern sich nicht aus dem Inhalt oder der Natur des Vertrages oder aus den Umständen eine andere Willensmeinung der Parteien ergibt, kann der Schuldner schon vor dem Verfalltage erfüllen.

2 Er ist jedoch nicht berechtigt, einen Diskonto abzuziehen, es sei denn, dass Übereinkunft oder Übung einen solchen gestatten.

Art. 82

Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat.

Art. 83

1 Ist bei einem zweiseitigen Vertrag der eine Teil zahlungsunfähig ge- worden, wie namentlich, wenn er in Konkurs geraten oder fruchtlos ge- pfändet ist, und wird durch diese Verschlechterung der Vermögenslage der Anspruch des andern gefährdet, so kann dieser seine Leistung so lange zurückhalten, bis ihm die Gegenleistung sichergestellt wird.

2 Wird er innerhalb einer angemessenen Frist auf sein Begehren nicht sichergestellt, so kann er vom Vertrage zurücktreten.

40

Art. 84

1 Geldschulden sind in gesetzlichen Zahlungsmitteln der geschuldeten Währung zu bezahlen.

2 Lautet die Schuld auf eine Währung, die am Zahlungsort nicht Lan- deswährung ist, so kann die geschuldete Summe nach ihrem Wert zur Verfallzeit dennoch in Landeswährung bezahlt werden, sofern nicht durch den Gebrauch des Wortes «effektiv» oder eines ähnlichen Zusat- zes die wortgetreue Erfüllung des Vertrags ausbedungen ist.

Art. 85

1 Der Schuldner kann eine Teilzahlung nur insoweit auf das Kapital an- rechnen, als er nicht mit Zinsen oder Kosten im Rückstande ist.

2 Sind dem Gläubiger für einen Teil seiner Forderung Bürgen gestellt, oder Pfänder oder andere Sicherheiten gegeben worden, so ist der Schuldner nicht berechtigt, eine Teilzahlung auf den gesicherten oder besser gesicherten Teil der Forderung anzurechnen.

Art. 86

1 Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu be- zahlen, so ist er berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will.

2 Mangelt eine solche Erklärung, so wird die Zahlung auf diejenige Schuld angerechnet, die der Gläubiger in seiner Quittung bezeichnet, vorausgesetzt, dass der Schuldner nicht sofort Widerspruch erhebt.

Art. 87

1 Liegt weder eine gültige Erklärung über die Tilgung noch eine Be- zeichnung in der Quittung vor, so ist die Zahlung auf die fällige Schuld anzurechnen, unter mehreren fälligen auf diejenige Schuld, für die der Schuldner zuerst betrieben worden ist, und hat keine Betreibung statt- gefunden, auf die früher verfallene.

2 Sind sie gleichzeitig verfallen, so findet eine verhältnismässige An- rechnung statt.

3 Ist keine der mehreren Schulden verfallen, so wird die Zahlung auf die Schuld angerechnet, die dem Gläubiger am wenigsten Sicherheit dar- bietet.

41

Art. 88

1 Der Schuldner, der eine Zahlung leistet, ist berechtigt, eine Quittung und, falls die Schuld vollständig getilgt wird, auch die Rückgabe des Schuldscheines oder dessen Entkräftung zu fordern.

2 Ist die Zahlung keine vollständige oder sind in dem Schuldscheine auch andere Rechte des Gläubigers beurkundet, so kann der Schuldner ausser der Quittung nur die Vormerkung auf dem Schuldscheine verlan- gen.

Art. 89

1 Werden Zinse oder andere periodische Leistungen geschuldet, so be- gründet die für eine spätere Leistung ohne Vorbehalt ausgestellte Quit- tung die Vermutung, es seien die früher fällig gewordenen Leistungen entrichtet.

2 Ist eine Quittung für die Kapitalschuld ausgestellt, so wird vermutet, dass auch die Zinse bezahlt seien.

3 Die Rückgabe des Schuldscheines an den Schuldner begründet die Vermutung, dass die Schuld getilgt sei.

Art. 90

1 Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekom- men, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.

2 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Kraftloserklärung von Wertpapieren.

Art. 91

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die Annahme der gehörig an- gebotenen Leistung oder die Vornahme der ihm obliegenden Vorberei- tungshandlungen, ohne die der Schuldner zu erfüllen nicht imstande ist, ungerechtfertigterweise verweigert.

Art. 92

1 Wenn der Gläubiger sich im Verzuge befindet, so ist der Schuldner berechtigt, die geschuldete Sache auf Gefahr und Kosten des Gläubigers zu hinterlegen und sich dadurch von seiner Verbindlichkeit zu befreien.

2 Den Ort der Hinterlegung hat der Richter zu bestimmen, jedoch kön- nen Waren auch ohne richterliche Bestimmung in einem Lagerhause hinterlegt werden.

42

Art. 93

1 Ist nach der Beschaffenheit der Sache oder nach der Art des Geschäfts- betriebes eine Hinterlegung nicht tunlich, oder ist die Sache dem Ver- derben ausgesetzt, oder erheischt sie Unterhaltungs- oder erhebliche Aufbewahrungskosten, so kann der Schuldner nach vorgängiger Andro- hung mit Bewilligung des Richters die Sache öffentlich verkaufen las- sen und den Erlös hinterlegen.

2 Hat die Sache einen Börsen- oder Marktpreis oder ist sie im Verhältnis zu den Kosten von geringem Werte, so braucht der Verkauf kein öffent- licher zu sein und kann vom Richter auch ohne vorgängige Androhung gestattet werden.

Art. 94

1 Der Schuldner ist so lange berechtigt, die hinterlegte Sache wieder zurückzunehmen, als der Gläubiger deren Annahme noch nicht erklärt hat oder als nicht infolge der Hinterlegung ein Pfandrecht aufgehoben worden ist.

2 Mit dem Zeitpunkte der Rücknahme tritt die Forderung mit allen Nebenrechten wieder in Kraft.

Art. 95

Handelt es sich um die Verpflichtung zu einer andern als einer Sachleis- tung, so kann der Schuldner beim Verzug des Gläubigers nach den Best- immungen über den Verzug des Schuldners vom Vertrage zurücktreten.

Art. 96

Kann die Erfüllung der schuldigen Leistung aus einem andern in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder infolge einer unverschul- deten Ungewissheit über die Person des Gläubigers weder an diesen noch an einen Vertreter geschehen, so ist der Schuldner zur Hinterle- gung oder zum Rücktritt berechtigt, wie beim Verzug des Gläubigers.

42

Zweiter Abschnitt: Die Folgen der Nichterfüllung

Art. 97

1 Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht ge- hörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.

2 Für die Vollstreckung gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 11. April 1889

43 über Schuldbetreibung und Konkurs sowie der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008

44 (ZPO).

45

Art. 98

1 Ist der Schuldner zu einem Tun verpflichtet, so kann sich der Gläubi- ger, unter Vorbehalt seiner Ansprüche auf Schadenersatz, ermächtigen lassen, die Leistung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen.

2 Ist der Schuldner verpflichtet, etwas nicht zu tun, so hat er schon bei blossem Zuwiderhandeln den Schaden zu ersetzen.

3 Überdies kann der Gläubiger die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes verlangen und sich ermächtigen lassen, diesen auf Kosten des Schuldners zu beseitigen.

Art. 99

1 Der Schuldner haftet im Allgemeinen für jedes Verschulden.

2 Das Mass der Haftung richtet sich nach der besonderen Natur des Ge- schäftes und wird insbesondere milder beurteilt, wenn das Geschäft für den Schuldner keinerlei Vorteil bezweckt.

3 Im übrigen finden die Bestimmungen über das Mass der Haftung bei unerlaubten Handlungen auf das vertragswidrige Verhalten entspre- chende Anwendung.

Art. 100

1 Eine zum voraus getroffene Verabredung, wonach die Haftung für rechtswidrige Absicht oder grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen sein würde, ist nichtig.

2 Auch ein zum voraus erklärter Verzicht auf Haftung für leichtes Ver- schulden kann nach Ermessen des Richters als nichtig betrachtet wer-

45 den, wenn der Verzichtende zur Zeit seiner Erklärung im Dienst des an- deren Teiles stand, oder wenn die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes folgt.

3 Vorbehalten bleiben die besonderen Vorschriften über den Versiche- rungsvertrag.

Art. 101

1 Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rech- tes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugterweise, durch eine Hilfsperson, wie Hausgenossen oder Arbeitnehmer vornehmen lässt, hat dem andern den Schaden zu ersetzen, den die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.

2 Diese Haftung kann durch eine zum voraus getroffene Verabredung beschränkt oder aufgehoben werden.

3 Steht aber der Verzichtende im Dienst des andern oder folgt die Ver- antwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes, so darf die Haftung höchstens für leichtes Verschulden weg- bedungen werden.

Art. 102

1 Ist eine Verbindlichkeit fällig, so wird der Schuldner durch Mahnung des Gläubigers in Verzug gesetzt.

2 Wurde für die Erfüllung ein bestimmter Verfalltag verabredet, oder ergibt sich ein solcher infolge einer vorbehaltenen und gehörig vorge- nommenen Kündigung, so kommt der Schuldner schon mit Ablauf die- ses Tages in Verzug.

Art. 103

1 Befindet sich der Schuldner im Verzuge, so hat er Schadenersatz we- gen verspäteter Erfüllung zu leisten und haftet auch für den Zufall.

2 Er kann sich von dieser Haftung durch den Nachweis befreien, dass der Verzug ohne jedes Verschulden von seiner Seite eingetreten ist oder dass der Zufall auch bei rechtzeitiger Erfüllung den Gegenstand der Leistung zum Nachteile des Gläubigers betroffen hätte.

Art. 104

1 Ist der Schuldner mit der Zahlung einer Geldschuld in Verzug, so hat er Verzugszinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen, selbst wenn die vertragsmässigen Zinse weniger betragen.

2 Sind durch Vertrag höhere Zinse als fünf vom Hundert, sei es direkt, sei es durch Verabredung einer periodischen Bankprovision, ausbedun- gen worden, so können sie auch während des Verzuges gefordert wer- den.

3 Unter Kaufleuten können für die Zeit, wo der übliche Bankdiskonto am Zahlungsorte fünf vom Hundert übersteigt, die Verzugszinse zu die- sem höheren Zinsfusse berechnet werden.

Art. 105

1 Ein Schuldner, der mit der Zahlung von Zinsen oder mit der Entrich- tung von Renten oder mit der Zahlung einer geschenkten Summe im Verzuge ist, hat erst vom Tage der Anhebung der Betreibung oder der gerichtlichen Klage an Verzugszinse zu bezahlen.

2 Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nach den Grundsätzen über Konventionalstrafe zu beurteilen.

3 Von Verzugszinsen dürfen keine Verzugszinse berechnet werden.

Art. 106

1 Hat der Gläubiger einen grösseren Schaden erlitten, als ihm durch die Verzugszinse vergütet wird, so ist der Schuldner zum Ersatze auch die- ses Schadens verpflichtet, wenn er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.

2 Lässt sich dieser grössere Schaden zum voraus abschätzen, so kann der Richter den Ersatz schon im Urteil über den Hauptanspruch festset- zen.

Art. 107

1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge be- findet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.

2 Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläu- biger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zu- rücktreten.

Art. 108

Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erfor- derlich: 1. wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde; 2. wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist; 3. wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.

Art. 109

1 Wer vom Vertrage zurücktritt, kann die versprochene Gegenleistung verweigern und das Geleistete zurückfordern.

2 Überdies hat er Anspruch auf Ersatz des aus dem Dahinfallen des Ver- trages erwachsenen Schadens, sofern der Schuldner nicht nachweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.

Dritter Abschnitt: Beziehungen zu dritten Personen

Art. 110

Soweit ein Dritter den Gläubiger befriedigt, gehen dessen Rechte von Gesetzes wegen auf ihn über: 1. wenn er eine für eine fremde Schuld verpfändete Sache einlöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht; 2. wenn der Schuldner dem Gläubiger anzeigt, dass der Zahlende an die Stelle des Gläubigers treten soll.

Art. 111

Wer einem andern die Leistung eines Dritten verspricht, ist, wenn sie nicht erfolgt, zum Ersatze des hieraus entstandenen Schadens verpflich- tet.

Art. 112

1 Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an ei- nen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde.

2 Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht.

3 In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbin- den, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Ge- brauch machen zu wollen.

Art. 113

Wenn ein Dienstherr gegen die Folgen der gesetzlichen Haftpflicht ver- sichert war und der Dienstpflichtige nicht weniger als die Hälfte an die Prämien geleistet hat, so steht der Anspruch aus der Versicherung aus- schliesslich dem Dienstpflichtigen zu.

Dritter Titel: Das Erlöschen der Obligationen

Art. 114

1 Geht eine Forderung infolge ihrer Erfüllung oder auf andere Weise unter, so erlöschen alle ihre Nebenrechte, wie namentlich die Bürg- schaften und Pfandrechte.

2 Bereits erlaufene Zinse können nur dann nachgefordert werden, wenn diese Befugnis des Gläubigers verabredet oder den Umständen zu ent- nehmen ist.

3 Vorbehalten bleiben die besonderen Vorschriften über das Grund- pfandrecht, die Wertpapiere und den Nachlassvertrag.

Art. 115

Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.

Art. 116

1 Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.

2 Insbesondere bewirkt die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit mit Rücksicht auf eine bestehende Schuld oder die Ausstellung eines neuen Schuld- oder Bürgschaftsscheines, wenn es nicht anders vereinbart wird, keine Neuerung der bisherigen Schuld.

Art. 117

1 Die Einsetzung der einzelnen Posten in einen Kontokorrent hat keine Neuerung zur Folge.

2 Eine Neuerung ist jedoch anzunehmen, wenn der Saldo gezogen und anerkannt wird.

3 Bestehen für einen einzelnen Posten besondere Sicherheiten, so wer- den sie, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung, durch die Ziehung und Anerkennung des Saldos nicht aufgehoben.

Art. 118

1 Wenn die Eigenschaften des Gläubigers und des Schuldners in einer Person zusammentreffen, so gilt die Forderung als durch Vereinigung erloschen.

2 Wird die Vereinigung rückgängig, so lebt die Forderung wieder auf.

3 Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften über das Grundpfand- recht und die Wertpapiere.

Art. 119

1 Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erlo- schen.

2 Bei zweiseitigen Verträgen haftet der hienach freigewordene Schuld- ner für die bereits empfangene Gegenleistung aus ungerechtfertigter Be- reicherung und verliert die noch nicht erfüllte Gegenforderung.

3 Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Gefahr nach Gesetzesvor- schrift oder nach dem Inhalt des Vertrages vor der Erfüllung auf den Gläubiger übergeht.

Art. 120

1 Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.

2 Der Schuldner kann die Verrechnung geltend machen, auch wenn seine Gegenforderung bestritten wird.

3 Eine verjährte Forderung kann zur Verrechnung gebracht werden, wenn sie zurzeit, wo sie mit der andern Forderung verrechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.

Art. 121

Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, soweit dem Hauptschuldner das Recht der Verrechnung zusteht.

Art. 122

Wer sich zugunsten eines Dritten verpflichtet hat, kann diese Schuld nicht mit Forderungen, die ihm gegen den andern zustehen, verrechnen.

Art. 123

1 Im Konkurse des Schuldners können die Gläubiger ihre Forderungen, auch wenn sie nicht fällig sind, mit Forderungen, die dem Gemein- schuldner ihnen gegenüber zustehen, verrechnen.

2 Die Ausschliessung oder Anfechtung der Verrechnung im Konkurse des Schuldners steht unter den Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts.

Art. 124

1 Eine Verrechnung tritt nur insofern ein, als der Schuldner dem Gläu- biger zu erkennen gibt, dass er von seinem Rechte der Verrechnung Ge- brauch machen wolle.

2 Ist dies geschehen, so wird angenommen, Forderung und Gegenforde- rung seien, soweit sie sich ausgleichen, schon im Zeitpunkte getilgt wor- den, in dem sie zur Verrechnung geeignet einander gegenüberstanden.

3 Vorbehalten bleiben die besonderen Übungen des kaufmännischen Kontokorrentverkehres.

Art. 125

Wider den Willen des Gläubigers können durch Verrechnung nicht ge- tilgt werden: 1. Verpflichtungen zur Rückgabe oder zum Ersatze hinterlegter, widerrechtlich entzogener oder böswillig vorenthaltener Sa- chen; 2. Verpflichtungen, deren besondere Natur die tatsächliche Erfül- lung an den Gläubiger verlangt, wie Unterhaltsansprüche und Lohnguthaben, die zum Unterhalt des Gläubigers und seiner Fa- milie unbedingt erforderlich sind; 3. Verpflichtungen gegen das Gemeinwesen aus öffentlichem Rechte.

Art. 126

Auf die Verrechnung kann der Schuldner zum voraus Verzicht leisten.

Art. 127

Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt.

Art. 128

Mit Ablauf von fünf Jahren verjähren die Forderungen: 1. für Miet-, Pacht- und Kapitalzinse sowie für andere periodische Leistungen; 2. aus Lieferung von Lebensmitteln, für Beköstigung und für Wirtsschulden; 3.

47 aus Handwerksarbeit, Kleinverkauf von Waren, ärztlicher Be- sorgung, Berufsarbeiten von Anwälten, Rechtsagenten, Proku- ratoren und Notaren sowie aus dem Arbeitsverhältnis von Ar- beitnehmern.

Art. 128a

48 Forderungen auf Schadenersatz oder Genugtuung aus vertragswidriger Körperverletzung oder Tötung eines Menschen verjähren mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.

Art. 129

Die in diesem Titel aufgestellten Verjährungsfristen können durch Ver- fügung der Beteiligten nicht abgeändert werden.

Art. 130

1 Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung.

2 Ist eine Forderung auf Kündigung gestellt, so beginnt die Verjährung mit dem Tag, auf den die Kündigung zulässig ist.

Art. 131

1 Bei Leibrenten und ähnlichen periodischen Leistungen beginnt die Verjährung für das Forderungsrecht im Ganzen mit dem Zeitpunkte, in dem die erste rückständige Leistung fällig war.

2 Ist das Forderungsrecht im Ganzen verjährt, so sind es auch die ein- zelnen Leistungen.

Art. 132

1 Bei der Berechnung der Frist ist der Tag, von dem an die Verjährung läuft, nicht mitzurechnen und die Verjährung erst dann als beendigt zu betrachten, wenn der letzte Tag unbenützt verstrichen ist.

2 Im Übrigen gelten die Vorschriften für die Fristberechnungen bei der Erfüllung auch für die Verjährung.

Art. 133

Mit dem Hauptanspruche verjähren die aus ihm entspringenden Zinse und andere Nebenansprüche.

Art. 134

1 Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: 1.

49 für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährig- keit der Kinder; 2.

50 für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorge- beauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist; 3. für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe;

51 für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Part- nern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft; 4.

52 für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses; 5. solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zu- steht; 6.

53 solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann;

53 7.

54 für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars; 8.

55 während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediati- onsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren.

2 Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang.

3 Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetrei- bungs- und Konkursrechtes.

Art. 135

Die Verjährung wird unterbrochen: 1. durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung; 2.

56 durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs.

Art. 136

1 Die Unterbrechung der Verjährung gegen einen Solidarschuldner oder den Mitschuldner einer unteilbaren Leistung wirkt auch gegen die übri- gen Mitschuldner, sofern sie auf einer Handlung des Gläubigers beruht.

2 Ist die Verjährung gegen den Hauptschuldner unterbrochen, so ist sie es auch gegen den Bürgen, sofern die Unterbrechung auf einer Hand- lung des Gläubigers beruht.

3 Dagegen wirkt die gegen den Bürgen eingetretene Unterbrechung nicht gegen den Hauptschuldner.

4 Die Unterbrechung gegenüber dem Versicherer wirkt auch gegenüber dem Schuldner und umgekehrt, sofern ein direktes Forderungsrecht ge- gen den Versicherer besteht.

57

Art. 137

1 Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem.

2 Wird die Forderung durch Ausstellung einer Urkunde anerkannt oder durch Urteil des Richters festgestellt, so ist die neue Verjährungsfrist stets die zehnjährige.

Art. 138

1 Wird die Verjährung durch Schlichtungsgesuch, Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt die Verjährung von Neuem zu laufen, wenn der Rechtsstreit vor der befassten Instanz abgeschlossen ist.

2 Erfolgt die Unterbrechung durch Schuldbetreibung, so beginnt mit je- dem Betreibungsakt die Verjährung von neuem.

3 Geschieht die Unterbrechung durch Eingabe im Konkurse, so beginnt die neue Verjährung mit dem Zeitpunkte, in dem die Forderung nach dem Konkursrechte wieder geltend gemacht werden kann.

Art. 139

59 Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt.

Art. 140

Durch das Bestehen eines Fahrnispfandrechtes wird die Verjährung ei- ner Forderung nicht ausgeschlossen, ihr Eintritt verhindert jedoch den Gläubiger nicht an der Geltendmachung des Pfandrechtes.

Art. 141

1 Der Schuldner kann ab Beginn der Verjährung jeweils für höchstens zehn Jahre auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten.

61 Der Verzicht muss in schriftlicher Form erfolgen. In allgemeinen Geschäftsbedingungen kann lediglich der Verwender auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten.

2 Der Verzicht eines Solidarschuldners kann den übrigen Solidarschuld- nern nicht entgegengehalten werden.

3 Dasselbe gilt unter mehreren Schuldnern einer unteilbaren Leistung und für den Bürgen beim Verzicht des Hauptschuldners.

4 Der Verzicht durch den Schuldner kann dem Versicherer entgegenge- halten werden und umgekehrt, sofern ein direktes Forderungsrecht ge- genüber dem Versicherer besteht.

63

Art. 142

Der Richter darf die Verjährung nicht von Amtes wegen berücksichti- gen.

Vierter Titel: Besondere Verhältnisse bei Obligationen Erster Abschnitt: Die Solidarität

Art. 143

1 Solidarität unter mehreren Schuldnern entsteht, wenn sie erklären, dass dem Gläubiger gegenüber jeder einzeln für die Erfüllung der gan- zen Schuld haften wolle.

2 Ohne solche Willenserklärung entsteht Solidarität nur in den vom Ge- setze bestimmten Fällen.

Art. 144

1 Der Gläubiger kann nach seiner Wahl von allen Solidarschuldnern je nur einen Teil oder das Ganze fordern.

2 Sämtliche Schuldner bleiben so lange verpflichtet, bis die ganze For- derung getilgt ist.

Art. 145

1 Ein Solidarschuldner kann dem Gläubiger nur solche Einreden entge- gensetzen, die entweder aus seinem persönlichen Verhältnisse zum Gläubiger oder aus dem gemeinsamen Entstehungsgrunde oder Inhalte der solidarischen Verbindlichkeit hervorgehen.

2 Jeder Solidarschuldner wird den andern gegenüber verantwortlich, wenn er diejenigen Einreden nicht geltend macht, die allen gemeinsam zustehen.

63

Art. 146

Ein Solidarschuldner kann, soweit es nicht anders bestimmt ist, durch seine persönliche Handlung die Lage der andern nicht erschweren.

Art. 147

1 Soweit ein Solidarschuldner durch Zahlung oder Verrechnung den Gläubiger befriedigt hat, sind auch die übrigen befreit.

2 Wird ein Solidarschuldner ohne Befriedigung des Gläubigers befreit, so wirkt die Befreiung zugunsten der andern nur so weit, als die Um- stände oder die Natur der Verbindlichkeit es rechtfertigen.

Art. 148

1 Sofern sich aus dem Rechtsverhältnisse unter den Solidarschuldnern nicht etwas anderes ergibt, hat von der an den Gläubiger geleisteten Zahlung ein jeder einen gleichen Teil zu übernehmen.

2 Bezahlt ein Solidarschuldner mehr als seinen Teil, so hat er für den Mehrbetrag Rückgriff auf seine Mitschuldner.

3 Was von einem Mitschuldner nicht erhältlich ist, haben die übrigen gleichmässig zu tragen.

Art. 149

1 Auf den rückgriffsberechtigten Solidarschuldner gehen in demselben Masse, als er den Gläubiger befriedigt hat, dessen Rechte über.

2 Der Gläubiger ist dafür verantwortlich, dass er die rechtliche Lage des einen Solidarschuldners nicht zum Schaden der übrigen besser stelle.

Art. 150

1 Solidarität unter mehreren Gläubigern entsteht, wenn der Schuldner erklärt, jeden einzelnen auf die ganze Forderung berechtigen zu wollen sowie in den vom Gesetze bestimmten Fällen.

2 Die Leistung an einen der Solidargläubiger befreit den Schuldner ge- genüber allen.

3 Der Schuldner hat die Wahl, an welchen Solidargläubiger er bezahlen will, solange er nicht von einem rechtlich belangt worden ist.

Zweiter Abschnitt: Die Bedingungen

Art. 151

1 Ein Vertrag, dessen Verbindlichkeit vom Eintritte einer ungewissen Tatsache abhängig gemacht wird, ist als bedingt anzusehen.

2 Für den Beginn der Wirkungen ist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Bedingung in Erfüllung geht, sofern nicht auf eine andere Absicht der Parteien geschlossen werden muss.

Art. 152

1 Der bedingt Verpflichtete darf, solange die Bedingung schwebt, nichts vornehmen, was die gehörige Erfüllung seiner Verbindlichkeit hindern könnte.

2 Der bedingt Berechtigte ist befugt, bei Gefährdung seiner Rechte die- selben Sicherungsmassregeln zu verlangen, wie wenn seine Forderung eine unbedingte wäre.

3 Verfügungen während der Schwebezeit sind, wenn die Bedingung ein- tritt, insoweit hinfällig, als sie deren Wirkung beeinträchtigen.

Art. 153

1 Ist die versprochene Sache dem Gläubiger vor Eintritt der Bedingung übergeben worden, so kann er, wenn die Bedingung erfüllt wird, den inzwischen bezogenen Nutzen behalten.

2 Wenn die Bedingung nicht eintritt, so hat er das Bezogene herauszu- geben.

Art. 154

1 Ein Vertrag, dessen Auflösung vom Eintritte einer Bedingung abhän- gig gemacht worden ist, verliert seine Wirksamkeit mit dem Zeitpunkte, wo die Bedingung in Erfüllung geht.

2 Eine Rückwirkung findet in der Regel nicht statt.

Art. 155

Ist die Bedingung auf eine Handlung eines der Vertragschliessenden ge- stellt, bei der es auf dessen Persönlichkeit nicht ankommt, so kann sie auch von seinen Erben erfüllt werden.

Art. 156

Eine Bedingung gilt als erfüllt, wenn ihr Eintritt von dem einen Teile wider Treu und Glauben verhindert worden ist.

Art. 157

Wird eine Bedingung in der Absicht beigefügt, eine widerrechtliche oder unsittliche Handlung oder Unterlassung zu befördern, so ist der be- dingte Anspruch nichtig.

Dritter Abschnitt:

Haft- und Reugeld. Lohnabzüge. Konventionalstrafe

Art. 158

1 Das beim Vertragsabschlusse gegebene An- oder Draufgeld gilt als Haft-, nicht als Reugeld.

2 Wo nicht Vertrag oder Ortsgebrauch etwas anderes bestimmen, ver- bleibt das Haftgeld dem Empfänger ohne Abzug von seinem Anspruche.

3 Ist ein Reugeld verabredet worden, so kann der Geber gegen Zurück- lassung des bezahlten und der Empfänger gegen Erstattung des doppel- ten Betrages von dem Vertrage zurücktreten.

Art. 159

64

Art. 160

1 Wenn für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht richtigen Erfül- lung eines Vertrages eine Konventionalstrafe versprochen ist, so ist der Gläubiger mangels anderer Abrede nur berechtigt, entweder die Erfül- lung oder die Strafe zu fordern.

2 Wurde die Strafe für Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Er- füllungsortes versprochen, so kann sie nebst der Erfüllung des Vertrages gefordert werden, solange der Gläubiger nicht ausdrücklich Verzicht leistet oder die Erfüllung vorbehaltlos annimmt.

3 Dem Schuldner bleibt der Nachweis vorbehalten, dass ihm gegen Er- legung der Strafe der Rücktritt freistehen sollte.

Art. 161

1 Die Konventionalstrafe ist verfallen, auch wenn dem Gläubiger kein Schaden erwachsen ist.

2 Übersteigt der erlittene Schaden den Betrag der Strafe, so kann der Gläubiger den Mehrbetrag nur so weit einfordern, als er ein Verschul- den nachweist.

64

Art. 162

1 Die Abrede, dass Teilzahlungen im Falle des Rücktrittes dem Gläubi- ger verbleiben sollen, ist nach den Vorschriften über die Konventional- strafe zu beurteilen.

65

Art. 163

1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe be- stimmt werden.

2 Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist.

3 Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen.

Fünfter Titel:

Die Abtretung von Forderungen und die Schuldübernahme

Art. 164

1 Der Gläubiger kann eine ihm zustehende Forderung ohne Einwilli- gung des Schuldners an einen andern abtreten, soweit nicht Gesetz, Ver- einbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen.

2 Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, das ein Verbot der Abtretung nicht ent- hält, kann der Schuldner die Einrede, dass die Abtretung durch Verein- barung ausgeschlossen worden sei, nicht entgegensetzen.

Art. 165

1 Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.

2 Die Verpflichtung zum Abschluss eines Abtretungsvertrages kann formlos begründet werden.

Art. 166

Bestimmen Gesetz oder richterliches Urteil, dass eine Forderung auf ei- nen andern übergeht, so ist der Übergang Dritten gegenüber wirksam, ohne dass es einer besondern Form oder auch nur einer Willenserklä- rung des bisherigen Gläubigers bedarf.

65

Art. 167

Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den frühern Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgehenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.

Art. 168

1 Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinter- legung befreien.

2 Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntnis hat, so tut er es auf seine Gefahr.

3 Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.

Art. 169

1 Einreden, die der Forderung des Abtretenden entgegenstanden, kann der Schuldner auch gegen den Erwerber geltend machen, wenn sie schon zu der Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt.

2 Ist eine Gegenforderung des Schuldners in diesem Zeitpunkt noch nicht fällig gewesen, so kann er sie dennoch zur Verrechnung bringen, wenn sie nicht später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.

Art. 170

1 Mit der Forderung gehen die Vorzugs- und Nebenrechte über, mit Ausnahme derer, die untrennbar mit der Person des Abtretenden ver- knüpft sind.

2 Der Abtretende ist verpflichtet, dem Erwerber die Schuldurkunde und alle vorhandenen Beweismittel auszuliefern und ihm die zur Geltend- machung der Forderung nötigen Aufschlüsse zu erteilen.

3 Es wird vermutet, dass mit der Hauptforderung auch die rückständigen Zinse auf den Erwerber übergehen.

Art. 171

1 Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung.

2 Für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners dagegen haftet der Abtre- tende nur dann, wenn er sich dazu verpflichtet hat.

3 Bei der unentgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende auch nicht für den Bestand der Forderung.

Art. 172

Hat ein Gläubiger seine Forderung zum Zwecke der Zahlung abgetreten ohne Bestimmung des Betrages, zu dem sie angerechnet werden soll, so muss der Erwerber sich nur diejenige Summe anrechnen lassen, die er vom Schuldner erhält oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erhalten können.

Art. 173

1 Der Abtretende haftet vermöge der Gewährleistung nur für den emp- fangenen Gegenwert nebst Zinsen und überdies für die Kosten der Ab- tretung und des erfolglosen Vorgehens gegen den Schuldner.

2 Geht eine Forderung von Gesetzes wegen auf einen andern über, so haftet der bisherige Gläubiger weder für den Bestand der Forderung noch für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners.

Art. 174

Wo das Gesetz für die Übertragung von Forderungen besondere Best- immungen aufstellt, bleiben diese vorbehalten.

Art. 175

1 Wer einem Schuldner verspricht, seine Schuld zu übernehmen, ver- pflichtet sich, ihn von der Schuld zu befreien, sei es durch Befriedigung des Gläubigers oder dadurch, dass er sich an seiner Statt mit Zustim- mung des Gläubigers zu dessen Schuldner macht.

2 Der Übernehmer kann zur Erfüllung dieser Pflicht vom Schuldner nicht angehalten werden, solange dieser ihm gegenüber den Verpflich- tungen nicht nachgekommen ist, die dem Schuldübernahmevertrag zu- grunde liegen.

3 Unterbleibt die Befreiung des alten Schuldners, so kann dieser vom neuen Schuldner Sicherheit verlangen.

Art. 176

1 Der Eintritt eines Schuldübernehmers in das Schuldverhältnis an Stelle und mit Befreiung des bisherigen Schuldners erfolgt durch Vertrag des Übernehmers mit dem Gläubiger.

2 Der Antrag des Übernehmers kann dadurch erfolgen, dass er, oder mit seiner Ermächtigung der bisherige Schuldner, dem Gläubiger von der Übernahme der Schuld Mitteilung macht.

3 Die Annahmeerklärung des Gläubigers kann ausdrücklich erfolgen oder aus den Umständen hervorgehen und wird vermutet, wenn der Gläubiger ohne Vorbehalt vom Übernehmer eine Zahlung annimmt oder einer anderen schuldnerischen Handlung zustimmt.

Art. 177

1 Die Annahme durch den Gläubiger kann jederzeit erfolgen, der Über- nehmer wie der bisherige Schuldner können jedoch dem Gläubiger für die Annahme eine Frist setzen, nach deren Ablauf die Annahme bei Stillschweigen des Gläubigers als verweigert gilt.

2 Wird vor der Annahme durch den Gläubiger eine neue Schuldüber- nahme verabredet und auch von dem neuen Übernehmer dem Gläubiger der Antrag gestellt, so wird der vorhergehende Übernehmer befreit.

Art. 178

1 Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.

2 Von Dritten bestellte Pfänder sowie die Bürgen haften jedoch dem Gläubiger nur dann weiter, wenn der Verpfänder oder der Bürge der Schuldübernahme zugestimmt hat.

Art. 179

1 Die Einreden aus dem Schuldverhältnis stehen dem neuen Schuldner zu wie dem bisherigen.

2 Die Einreden, die der bisherige Schuldner persönlich gegen den Gläu- biger gehabt hat, kann der neue Schuldner diesem, soweit nicht aus dem Vertrag mit ihm etwas anderes hervorgeht, nicht entgegenhalten.

3 Der Übernehmer kann die Einreden, die ihm gegen den Schuldner aus dem der Schuldübernahme zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse zu- stehen, gegen den Gläubiger nicht geltend machen.

Art. 180

1 Fällt ein Übernahmevertrag als unwirksam dahin, so lebt die Ver- pflichtung des frühern Schuldners mit allen Nebenrechten, unter Vorbe- halt der Rechte gutgläubiger Dritter, wieder auf.

2 Ausserdem kann der Gläubiger von dem Übernehmer Ersatz des Scha- dens verlangen, der ihm hiebei infolge des Verlustes früher erlangter Sicherheiten od. dgl. entstanden ist, insoweit der Übernehmer nicht dar- zutun vermag, dass ihm an dem Dahinfallen der Schuldübernahme und an der Schädigung des Gläubigers keinerlei Verschulden zur Last falle.

Art. 181

1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven über- nimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt wor- den ist.

2 Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.

3 Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.

4 Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsge- sellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunter- nehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 2003

68

Art. 182

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Art. 183

Die besondern Bestimmungen betreffend die Schuldübernahme bei Erb- teilung und bei Veräusserung verpfändeter Grundstücke bleiben vorbe- halten.

Zweite Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse Sechster Titel: Kauf und Tausch

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 184

1 Durch den Kaufvertrag verpflichten sich der Verkäufer, dem Käufer den Kaufgegenstand zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu ver- schaffen, und der Käufer, dem Verkäufer den Kaufpreis zu bezahlen.

2 Sofern nicht Vereinbarung oder Übung entgegenstehen, sind Verkäufer und Käufer verpflichtet, ihre Leistungen gleichzeitig – Zug um Zug – zu erfüllen.

3 Der Preis ist genügend bestimmt, wenn er nach den Umständen be- stimmbar ist.

Art. 185

1 Sofern nicht besondere Verhältnisse oder Verabredungen eine Aus- nahme begründen, gehen Nutzen und Gefahr der Sache mit dem Ab- schlusse des Vertrages auf den Erwerber über.

2 Ist die veräusserte Sache nur der Gattung nach bestimmt, so muss sie überdies ausgeschieden und, wenn sie versendet werden soll, zur Ver- sendung abgegeben sein.

3 Bei Verträgen, die unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlos- sen sind, gehen Nutzen und Gefahr der veräusserten Sache erst mit dem Eintritte der Bedingung auf den Erwerber über.

Art. 186

Der kantonalen Gesetzgebung bleibt es vorbehalten, die Klagbarkeit von Forderungen aus dem Kleinvertriebe geistiger Getränke, ein- schliesslich der Forderung für Wirtszeche, zu beschränken oder auszu- schliessen.

Zweiter Abschnitt: Der Fahrniskauf

Art. 187

1 Als Fahrniskauf ist jeder Kauf anzusehen, der nicht eine Liegenschaft oder ein in das Grundbuch als Grundstück aufgenommenes Recht zum Gegenstande hat.

2 Bestandteile eines Grundstückes, wie Früchte oder Material auf Ab- bruch oder aus Steinbrüchen, bilden den Gegenstand eines Fahrniskau- fes, wenn sie nach ihrer Lostrennung auf den Erwerber als bewegliche Sachen übergehen sollen.

Art. 188

Sofern nicht etwas anderes vereinbart worden oder üblich ist, trägt der Verkäufer die Kosten der Übergabe, insbesondere des Messens und Wä- gens, der Käufer dagegen die der Beurkundung und der Abnahme.

Art. 189

1 Muss die verkaufte Sache an einen anderen als den Erfüllungsort ver- sendet werden, so trägt der Käufer die Transportkosten, sofern nicht et- was anderes vereinbart oder üblich ist.

2 Ist Frankolieferung verabredet, so wird vermutet, der Verkäufer habe die Transportkosten übernommen.

3 Ist Franko- und zollfreie Lieferung verabredet, so gelten die Aus- gangs-, Durchgangs- und Eingangszölle, die während des Transportes, nicht aber die Verbrauchssteuern, die bei Empfang der Sache erhoben werden, als mitübernommen.

Art. 190

1 Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin ver- abredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichter- füllung beanspruche.

2 Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.

Art. 191

1 Kommt der Verkäufer seiner Vertragspflicht nicht nach, so hat er den Schaden, der dem Käufer hieraus entsteht, zu ersetzen.

2 Der Käufer kann als seinen Schaden im kaufmännischen Verkehr die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Preise, um den er sich einen Ersatz für die nicht gelieferte Sache in guten Treuen erworben hat, gel- tend machen.

3 Bei Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, kann er, ohne sich den Ersatz anzuschaffen, die Differenz zwischen dem Vertrags- preise und dem Preise zur Erfüllungszeit als Schadenersatz verlangen.

Art. 192

1 Der Verkäufer hat dafür Gewähr zu leisten, dass nicht ein Dritter aus Rechtsgründen, die schon zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden haben, den Kaufgegenstand dem Käufer ganz oder teilweise entziehe.

2 Kannte der Käufer zur Zeit des Vertragsabschlusses die Gefahr der Entwehrung, so hat der Verkäufer nur insofern Gewähr zu leisten, als er sich ausdrücklich dazu verpflichtet hat.

3 Eine Vereinbarung über Aufhebung oder Beschränkung der Gewährs- pflicht ist ungültig, wenn der Verkäufer das Recht des Dritten absicht- lich verschwiegen hat.

Art. 193

1 Die Voraussetzungen und Wirkungen der Streitverkündung richten sich nach der ZPO

2 Ist die Streitverkündung ohne Veranlassung des Verkäufers unterblie- ben, so wird dieser von der Verpflichtung zur Gewährleistung insoweit befreit, als er zu beweisen vermag, dass bei rechtzeitig erfolgter Streit- verkündung ein günstigeres Ergebnis des Prozesses zu erlangen gewe- sen wäre.

Art. 194

1 Die Pflicht zur Gewährleistung besteht auch dann, wenn der Käufer, ohne es zur richterlichen Entscheidung kommen zu lassen, das Recht des Dritten in guten Treuen anerkannt oder sich einem Schiedsgericht unterworfen hat, sofern dieses dem Verkäufer rechtzeitig angedroht und ihm die Führung des Prozesses erfolglos angeboten worden war.

2 Ebenso besteht sie, wenn der Käufer beweist, dass er zur Herausgabe der Sache verpflichtet war.

Art. 195

1 Ist die Entwehrung eine vollständige, so ist der Kaufvertrag als aufge- hoben zu betrachten und der Käufer zu fordern berechtigt: 1. Rückerstattung des bezahlten Preises samt Zinsen unter Abrech- nung der von ihm gewonnenen oder versäumten Früchte und sonstigen Nutzungen; 2. Ersatz der für die Sache gemachten Verwendungen, soweit er nicht von dem berechtigten Dritten erhältlich ist; 3. Ersatz aller durch den Prozess veranlassten gerichtlichen und aussergerichtlichen Kosten, mit Ausnahme derjenigen, die durch Streitverkündung vermieden worden wären; 4. Ersatz des sonstigen durch die Entwehrung unmittelbar verur- sachten Schadens.

2 Der Verkäufer ist verpflichtet, auch den weitern Schaden zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.

Art. 196

1 Wenn dem Käufer nur ein Teil des Kaufgegenstandes entzogen wird, oder wenn die verkaufte Sache mit einer dinglichen Last beschwert ist,

71 für die der Verkäufer einzustehen hat, so kann der Käufer nicht die Auf- hebung des Vertrages, sondern nur Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch die Entwehrung verursacht wird.

2 Ist jedoch nach Massgabe der Umstände anzunehmen, dass der Käufer den Vertrag nicht geschlossen haben würde, wenn er die teilweise Ent- wehrung vorausgesehen hätte, so ist er befugt, die Aufhebung des Ver- trages zu verlangen.

3 In diesem Falle muss er den Kaufgegenstand, soweit er nicht entwehrt worden ist, nebst dem inzwischen bezogenen Nutzen dem Verkäufer zu- rückgeben.

Art. 196a

72 Für Kulturgüter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Kulturgütertrans- fergesetzes vom 20. Juni 2003

73 verjährt die Klage auf Gewährleistung des veräusserten Rechts ein Jahr, nachdem der Käufer den Mangel ent- deckt hat, in jedem Fall jedoch 30 Jahre nach dem Vertragsabschluss.

Art. 197

1 Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigen- schaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausge- setzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.

2 Er haftet auch dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat.

Art. 198

Beim Handel mit Vieh (Pferden, Eseln, Maultieren, Rindvieh, Schafen, Ziegen und Schweinen) besteht eine Pflicht zur Gewährleistung nur in- soweit, als der Verkäufer sie dem Käufer schriftlich zugesichert oder den Käufer absichtlich getäuscht hat.

Art. 199

Eine Vereinbarung über Aufhebung oder Beschränkung der Gewährs- pflicht ist ungültig, wenn der Verkäufer dem Käufer die Gewährsmän- gel arglistig verschwiegen hat.

73

Art. 200

1 Der Verkäufer haftet nicht für Mängel, die der Käufer zur Zeit des Kaufes gekannt hat.

2 Für Mängel, die der Käufer bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerk- samkeit hätte kennen sollen, haftet der Verkäufer nur dann, wenn er de- ren Nichtvorhandensein zugesichert hat.

Art. 201

1 Der Käufer soll, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, die Beschaffenheit der empfangenen Sache prüfen und, falls sich Mängel ergeben, für die der Verkäufer Gewähr zu leisten hat, diesem sofort Anzeige machen.

2 Versäumt dieses der Käufer, so gilt die gekaufte Sache als genehmigt, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei der übungsgemässen Untersuchung nicht erkennbar waren.

3 Ergeben sich später solche Mängel, so muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls die Sache auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.

Art. 202

1 Enthält beim Handel mit Vieh die schriftliche Zusicherung keine Frist- bestimmung und handelt es sich nicht um Gewährleistung für Trächtig- keit, so haftet der Verkäufer dem Käufer nur, wenn der Mangel binnen neun Tagen, von der Übergabe oder vom Annahmeverzug an gerechnet, entdeckt und angezeigt wird, und wenn binnen der gleichen Frist bei der zuständigen Behörde die Untersuchung des Tieres durch Sachverstän- dige verlangt wird.

2 Das Gutachten der Sachverständigen wird vom Richter nach seinem Ermessen gewürdigt.

3 Im Übrigen wird das Verfahren durch eine Verordnung des Bundesra- tes geregelt.

Art. 203

Bei absichtlicher Täuschung des Käufers durch den Verkäufer findet eine Beschränkung der Gewährleistung wegen versäumter Anzeige nicht statt.

Art. 204

1 Wenn die von einem anderen Orte übersandte Sache beanstandet wird und der Verkäufer an dem Empfangsorte keinen Stellvertreter hat, so ist der Käufer verpflichtet, für deren einstweilige Aufbewahrung zu sorgen, und darf sie dem Verkäufer nicht ohne weiteres zurückschicken.

2 Er soll den Tatbestand ohne Verzug gehörig feststellen lassen, widri- genfalls ihm der Beweis obliegt, dass die behaupteten Mängel schon zur Zeit der Empfangnahme vorhanden gewesen seien.

3 Zeigt sich Gefahr, dass die übersandte Sache schnell in Verderbnis ge- rate, so ist der Käufer berechtigt und, soweit die Interessen des Verkäu- fers es erfordern, verpflichtet, sie unter Mitwirkung der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo sich die Sache befindet, verkaufen zu lassen, hat aber bei Vermeidung von Schadenersatz den Verkäufer so zeitig als tunlich hievon zu benachrichtigen.

Art. 205

1 Liegt ein Fall der Gewährleistung wegen Mängel der Sache vor, so hat der Käufer die Wahl, mit der Wandelungsklage den Kauf rückgängig zu machen oder mit der Minderungsklage Ersatz des Minderwertes der Sa- che zu fordern.

2 Auch wenn die Wandelungsklage angestellt worden ist, steht es dem Richter frei, bloss Ersatz des Minderwertes zuzusprechen, sofern die Umstände es nicht rechtfertigen, den Kauf rückgängig zu machen.

3 Erreicht der geforderte Minderwert den Betrag des Kaufpreises, so kann der Käufer nur die Wandelung verlangen.

Art. 206

1 Geht der Kauf auf die Lieferung einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen, so hat der Käufer die Wahl, entweder die Wandelungs- oder die Minderungsklage anzustellen oder andere währhafte Ware derselben Gattung zu fordern.

2 Wenn die Sachen dem Käufer nicht von einem andern Orte her zuge- sandt worden sind, ist auch der Verkäufer berechtigt, sich durch sofor- tige Lieferung währhafter Ware derselben Gattung und Ersatz allen Schadens von jedem weiteren Anspruche des Käufers zu befreien.

Art. 207

1 Die Wandelung kann auch dann begehrt werden, wenn die Sache in- folge ihrer Mängel oder durch Zufall untergegangen ist.

2 Der Käufer hat in diesem Falle nur das zurückzugeben, was ihm von der Sache verblieben ist.

3 Ist die Sache durch Verschulden des Käufers untergegangen, oder von diesem weiter veräussert oder umgestaltet worden, so kann er nur Ersatz des Minderwertes verlangen.

Art. 208

1 Wird der Kauf rückgängig gemacht, so muss der Käufer die Sache nebst dem inzwischen bezogenen Nutzen dem Verkäufer zurückgeben.

2 Der Verkäufer hat den gezahlten Verkaufspreis samt Zinsen zurück- zuerstatten und überdies, entsprechend den Vorschriften über die voll- ständige Entwehrung, die Prozesskosten, die Verwendungen und den Schaden zu ersetzen, der dem Käufer durch die Lieferung fehlerhafter Ware unmittelbar verursacht worden ist.

3 Der Verkäufer ist verpflichtet, den weitern Schaden zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.

Art. 209

1 Sind von mehreren zusammen verkauften Sachen oder von einer ver- kauften Gesamtsache bloss einzelne Stücke fehlerhaft, so kann nur rück- sichtlich dieser die Wandelung verlangt werden.

2 Lassen sich jedoch die fehlerhaften Stücke von den fehlerfreien ohne erheblichen Nachteil für den Käufer oder den Verkäufer nicht trennen, so muss die Wandelung sich auf den gesamten Kaufgegenstand erstre- cken.

3 Die Wandelung der Hauptsache zieht, selbst wenn für die Nebensache ein besonderer Preis festgesetzt war, die Wandelung auch dieser, die Wandelung der Nebensache dagegen nicht auch die Wandelung der Hauptsache nach sich.

Art. 210

1 Die Klagen auf Gewährleistung wegen Mängel der Sache verjähren mit Ablauf von zwei Jahren nach deren Ablieferung an den Käufer, selbst wenn dieser die Mängel erst später entdeckt, es sei denn, dass der Verkäufer eine Haftung auf längere Zeit übernommen hat.

2 Die Frist beträgt fünf Jahre, soweit Mängel einer Sache, die bestim- mungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist, die Mangelhaftigkeit des Werkes verursacht haben.

3 Für Kulturgüter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Kulturgütertrans- fergesetzes vom 20. Juni 2003

75 verjährt die Klage ein Jahr, nachdem der Käufer den Mangel entdeckt hat, in jedem Fall jedoch 30 Jahre nach dem Vertragsabschluss.

4 Eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist ist un- gültig, wenn: a. sie die Verjährungsfrist auf weniger als zwei Jahre, bei ge- brauchten Sachen auf weniger als ein Jahr verkürzt; b. die Sache für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Käufers bestimmt ist; und c. der Verkäufer im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt.

5 Die Einreden des Käufers wegen vorhandener Mängel bleiben beste- hen, wenn innerhalb der Verjährungsfrist die vorgeschriebene Anzeige an den Verkäufer gemacht worden ist.

6 Der Verkäufer kann die Verjährung nicht geltend machen, wenn ihm eine absichtliche Täuschung des Käufers nachgewiesen wird. Dies gilt nicht für die 30-jährige Frist gemäss Absatz 3.

Art. 211

1 Der Käufer ist verpflichtet, den Preis nach den Bestimmungen des Vertrages zu bezahlen und die gekaufte Sache, sofern sie ihm von dem Verkäufer vertragsgemäss angeboten wird, anzunehmen.

2 Die Empfangnahme muss sofort geschehen, wenn nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist.

Art. 212

1 Hat der Käufer fest bestellt, ohne den Preis zu nennen, so wird vermu- tet, es sei der mittlere Marktpreis gemeint, der zurzeit und an dem Ort der Erfüllung gilt.

2 Ist der Kaufpreis nach dem Gewichte der Ware zu berechnen, so wird die Verpackung (Taragewicht) in Abzug gebracht.

3 Vorbehalten bleiben die besonderen kaufmännischen Übungen, nach denen bei einzelnen Handelsartikeln ein festbestimmter oder nach Pro- zenten berechneter Abzug vom Bruttogewicht erfolgt oder das ganze Bruttogewicht bei der Preisbestimmung angerechnet wird.

Art. 213

1 Ist kein anderer Zeitpunkt bestimmt, so wird der Kaufpreis mit dem Übergange des Kaufgegenstandes in den Besitz des Käufers fällig.

2 Abgesehen von der Vorschrift über den Verzug infolge Ablaufs eines bestimmten Verfalltages wird der Kaufpreis ohne Mahnung verzinslich, wenn die Übung es mit sich bringt, oder wenn der Käufer Früchte oder sonstige Erträgnisse des Kaufgegenstandes beziehen kann.

Art. 214

1 Ist die verkaufte Sache gegen Vorausbezahlung des Preises oder Zug um Zug zu übergeben und befindet sich der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises im Verzuge, so hat der Verkäufer das Recht, ohne weiteres vom Vertrage zurückzutreten.

2 Er hat jedoch dem Käufer, wenn er von seinem Rücktrittsrecht Ge- brauch machen will, sofort Anzeige zu machen.

3 Ist der Kaufgegenstand vor der Zahlung in den Besitz des Käufers übergegangen, so kann der Verkäufer nur dann wegen Verzuges des Käufers von dem Vertrage zurücktreten und die übergebene Sache zu- rückfordern, wenn er sich dieses Recht ausdrücklich vorbehalten hat.

Art. 215

1 Kommt der Käufer im kaufmännischen Verkehr seiner Zahlungs- pflicht nicht nach, so hat der Verkäufer das Recht, seinen Schaden nach der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Preise zu berechnen, um den er die Sache in guten Treuen weiter verkauft hat.

2 Bei Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, kann er ohne einen solchen Verkauf die Differenz zwischen dem Vertragspreis und dem Markt- und Börsenpreis zur Erfüllungszeit als Schadenersatz ver- langen.

Dritter Abschnitt: Der Grundstückkauf

Art. 216

1 Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.

2 Vorverträge sowie Verträge, die ein Vorkaufs-, Kaufs- oder Rück- kaufsrecht an einem Grundstück begründen, bedürfen zu ihrer Gültig- keit der öffentlichen Beurkundung.

3 Vorkaufsverträge, die den Kaufpreis nicht zum voraus bestimmen, sind in schriftlicher Form gültig.

77

Art. 216a

78 Vorkaufs- und Rückkaufsrechte dürfen für höchstens 25 Jahre, Kaufs- rechte für höchstens zehn Jahre vereinbart und im Grundbuch vorge- merkt werden.

Art. 216b

1 Ist nichts anderes vereinbart, so sind vertragliche Vorkaufs-, Kaufs- und Rückkaufsrechte vererblich, aber nicht abtretbar.

2 Ist die Abtretung nach Vertrag zulässig, so bedarf sie der gleichen Form wie die Begründung.

Art. 216c

1 Das Vorkaufsrecht kann geltend gemacht werden, wenn das Grund- stück verkauft wird, sowie bei jedem andern Rechtsgeschäft, das wirt- schaftlich einem Verkauf gleichkommt (Vorkaufsfall).

2 Nicht als Vorkaufsfall gelten namentlich die Zuweisung an einen Er- ben in der Erbteilung, die Zwangsversteigerung und der Erwerb zur Er- füllung öffentlicher Aufgaben.

Art. 216d

1 Der Verkäufer muss den Vorkaufsberechtigten über den Abschluss und den Inhalt des Kaufvertrags in Kenntnis setzen.

2 Wird der Kaufvertrag aufgehoben, nachdem das Vorkaufsrecht ausge- übt worden ist oder wird eine erforderliche Bewilligung aus Gründen, die in der Person des Käufers liegen, verweigert, so bleibt dies gegen- über dem Vorkaufsberechtigten ohne Wirkung.

3 Sieht der Vorkaufsvertrag nichts anderes vor, so kann der Vorkaufs- berechtigte das Grundstück zu den Bedingungen erwerben, die der Ver- käufer mit dem Dritten vereinbart hat.

81

Art. 216e

82 Will der Vorkaufsberechtigte sein Vorkaufsrecht ausüben, so muss er es innert dreier Monate gegenüber dem Verkäufer oder, wenn es im Grund- buch vorgemerkt ist, gegenüber dem Eigentümer geltend machen. Die Frist beginnt mit Kenntnis von Abschluss und Inhalt des Vertrags.

Art. 217

1 Ist ein Grundstückkauf bedingt abgeschlossen worden, so erfolgt die Eintragung in das Grundbuch erst, wenn die Bedingung erfüllt ist.

2 Die Eintragung eines Eigentumsvorbehaltes ist ausgeschlossen.

Art. 218

83 Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991

84 über das bäuerliche Bodenrecht.

Art. 219

1 Der Verkäufer eines Grundstückes hat unter Vorbehalt anderweitiger Abrede dem Käufer Ersatz zu leisten, wenn das Grundstück nicht das Mass besitzt, das im Kaufvertrag angegeben ist.

2 Besitzt ein Grundstück nicht das im Grundbuch auf Grund amtlicher Vermessung angegebene Mass, so hat der Verkäufer dem Käufer nur dann Ersatz zu leisten, wenn er die Gewährleistung hiefür ausdrücklich übernommen hat.

3 Die Pflicht zur Gewährleistung für die Mängel eines Gebäudes ver- jährt mit dem Ablauf von fünf Jahren, vom Erwerb des Eigentums an gerechnet.

Art. 220

Ist für die Übernahme des Grundstückes durch den Käufer ein bestimm- ter Zeitpunkt vertraglich festgestellt, so wird vermutet, dass Nutzen und Gefahr erst mit diesem Zeitpunkt auf den Käufer übergehen.

Art. 221

Im Übrigen finden auf den Grundstückkauf die Bestimmungen über den Fahrniskauf entsprechende Anwendung.

84

Vierter Abschnitt: Besondere Arten des Kaufes

Art. 222

1 Bei dem Kaufe nach Muster ist derjenige, dem das Muster anvertraut wurde, nicht verpflichtet, die Identität des von ihm vorgewiesenen mit dem empfangenen Muster zu beweisen, sondern es genügt seine persön- liche Versicherung vor Gericht und zwar auch dann, wenn das Muster zwar nicht mehr in der Gestalt, die es bei der Übergabe hatte, vorgewie- sen wird, diese Veränderung aber die notwendige Folge der Prüfung des Musters ist.

2 In allen Fällen steht der Gegenpartei der Beweis der Unechtheit offen.

3 Ist das Muster bei dem Käufer, wenn auch ohne dessen Verschulden, verdorben oder zu Grunde gegangen, so hat nicht der Verkäufer zu be- weisen, dass die Sache mustergemäss sei, sondern der Käufer das Ge- genteil.

Art. 223

1 Ist ein Kauf auf Probe oder auf Besicht vereinbart, so steht es im Be- lieben des Käufers, ob er die Kaufsache genehmigen will oder nicht.

2 Solange die Sache nicht genehmigt ist, bleibt sie im Eigentum des Ver- käufers, auch wenn sie in den Besitz des Käufers übergegangen ist.

Art. 224

1 Ist die Prüfung bei dem Verkäufer vorzunehmen, so hört dieser auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer nicht bis zum Ablaufe der verein- barten oder üblichen Frist genehmigt.

2 In Ermangelung einer solchen Frist kann der Verkäufer nach Ablauf einer angemessenen Zeit den Käufer zur Erklärung über die Genehmi- gung auffordern und hört auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer auf die Aufforderung hin sich nicht sofort erklärt.

Art. 225

1 Ist die Sache dem Käufer vor der Prüfung übergeben worden, so gilt der Kauf als genehmigt, wenn der Käufer nicht innerhalb der vertrags- mässigen oder üblichen Frist oder in Ermangelung einer solchen sofort auf die Aufforderung des Verkäufers hin die Nichtannahme erklärt oder die Sache zurückgibt.

2 Ebenso gilt der Kauf als genehmigt, wenn der Käufer den Preis ohne Vorbehalt ganz oder zum Teile bezahlt oder über die Sache in anderer Weise verfügt, als es zur Prüfung nötig ist.

Art. 226

85

Art. 226a–226d

86

Art. 226e

87

Art. 226f–226k

88

Art. 226l

89

Art. 226m

90

Art. 227

91

Art. 227a–227i

92

Art. 228

93

Art. 229

1 Auf einer Zwangsversteigerung gelangt der Kaufvertrag dadurch zum Abschluss, dass der Versteigerungsbeamte den Gegenstand zuschlägt.

2 Der Kaufvertrag auf einer freiwilligen Versteigerung, die öffentlich ausgekündigt worden ist und an der jedermann bieten kann, wird dadurch abgeschlossen, dass der Veräusserer den Zuschlag erklärt.

3 Solange kein anderer Wille des Veräusserers kundgegeben ist, gilt der Leitende als ermächtigt, an der Versteigerung auf das höchste Angebot den Zuschlag zu erklären.

Art. 230

1 Wenn in rechtswidriger oder gegen die guten Sitten verstossender Weise auf den Erfolg der Versteigerung eingewirkt worden ist, so kann diese innert einer Frist von zehn Tagen von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden.

2 Im Falle der Zwangsversteigerung ist die Anfechtung bei der Auf- sichtsbehörde, in den andern Fällen beim Richter anzubringen.

Art. 231

1 Der Bietende ist nach Massgabe der Versteigerungsbedingungen an sein Angebot gebunden.

2 Er wird, falls diese nichts anderes bestimmen, frei, wenn ein höheres Angebot erfolgt oder sein Angebot nicht sofort nach dem üblichen Auf- ruf angenommen wird.

Art. 232

1 Die Zu- oder Absage muss bei Grundstücken an der Steigerung selbst erfolgen.

2 Vorbehalte, durch die der Bietende über die Steigerungsverhandlung hinaus bei seinem Angebote behaftet wird, sind ungültig, soweit es sich nicht um Zwangsversteigerung oder um einen Fall handelt, wo der Ver- kauf der Genehmigung durch eine Behörde bedarf.

Art. 233

1 Bei der Versteigerung hat der Erwerber, wenn die Versteigerungsbe- dingungen nichts anderes vorsehen, Barzahlung zu leisten.

2 Der Veräusserer kann sofort vom Kauf zurücktreten, wenn nicht Zah- lung in bar oder gemäss den Versteigerungsbedingungen geleistet wird.

Art. 234

1 Bei Zwangsversteigerung findet, abgesehen von besonderen Zusiche- rungen oder von absichtlicher Täuschung der Bietenden, eine Gewähr- leistung nicht statt.

2 Der Ersteigerer erwirbt die Sache in dem Zustand und mit den Rechten und Lasten, die durch die öffentlichen Bücher oder die Versteigerungs- bedingungen bekannt gegeben sind oder von Gesetzes wegen bestehen.

3 Bei freiwilliger öffentlicher Versteigerung haftet der Veräusserer wie ein anderer Verkäufer, kann aber in den öffentlich kundgegebenen Ver- steigerungsbedingungen die Gewährleistung mit Ausnahme der Haf- tung für absichtliche Täuschung von sich ablehnen.

Art. 235

1 Der Ersteigerer erwirbt das Eigentum an einer ersteigerten Fahrnis mit deren Zuschlag, an einem ersteigerten Grundstück dagegen erst mit der Eintragung in das Grundbuch.

2 Die Versteigerungsbehörde hat dem Grundbuchverwalter auf Grund- lage des Steigerungsprotokolls den Zuschlag sofort zur Eintragung an- zuzeigen.

3 Vorbehalten bleiben die Vorschriften über den Eigentumserwerb bei Zwangsversteigerungen.

Art. 236

Die Kantone können in den Schranken der Bundesgesetzgebung weitere Vorschriften über die öffentliche Versteigerung aufstellen.

Fünfter Abschnitt: Der Tauschvertrag

Art. 237

Auf den Tauschvertrag finden die Vorschriften über den Kaufvertrag in dem Sinne Anwendung, dass jede Vertragspartei mit Bezug auf die von ihr versprochene Sache als Verkäufer und mit Bezug auf die ihr zuge- sagte Sache als Käufer behandelt wird.

Art. 238

Wird die eingetauschte Sache entwehrt oder wegen ihrer Mängel zu- rückgegeben, so hat die geschädigte Partei die Wahl, Schadenersatz zu verlangen oder die vertauschte Sache zurückzufordern.

Siebenter Titel: Die Schenkung

Art. 239

1 Als Schenkung gilt jede Zuwendung unter Lebenden, womit jemand aus seinem Vermögen einen andern ohne entsprechende Gegenleistung bereichert.

2 Wer auf sein Recht verzichtet, bevor er es erworben hat, oder eine Erb- schaft ausschlägt, hat keine Schenkung gemacht.

3 Die Erfüllung einer sittlichen Pflicht wird nicht als Schenkung behan- delt.

Art. 240

1 Wer handlungsfähig ist, kann über sein Vermögen schenkungsweise verfügen, soweit nicht das eheliche Güterrecht oder das Erbrecht ihm Schranken auferlegen.

2 Aus dem Vermögen eines Handlungsunfähigen dürfen nur übliche Ge- legenheitsgeschenke ausgerichtet werden. Die Verantwortlichkeit des gesetzlichen Vertreters bleibt vorbehalten.

95

Art. 241

1 Eine Schenkung entgegennehmen und rechtsgültig erwerben kann auch ein Handlungsunfähiger, wenn er urteilsfähig ist.

2 Die Schenkung ist jedoch nicht erworben oder wird aufgehoben, wenn der gesetzliche Vertreter deren Annahme untersagt oder die Rückleis- tung anordnet.

Art. 242

1 Eine Schenkung von Hand zu Hand erfolgt durch Übergabe der Sache vom Schenker an den Beschenkten.

2 Bei Grundeigentum und dinglichen Rechten an Grundstücken kommt eine Schenkung erst mit der Eintragung in das Grundbuch zustande.

3 Diese Eintragung setzt ein gültiges Schenkungsversprechen voraus.

95

Art. 243

1 Das Schenkungsversprechen bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftli- chen Form.

2 Sind Grundstücke oder dingliche Rechte an solchen Gegenstand der Schenkung, so ist zu ihrer Gültigkeit die öffentliche Beurkundung er- forderlich.

3 Ist das Schenkungsversprechen vollzogen, so wird das Verhältnis als Schenkung von Hand zu Hand beurteilt.

Art. 244

Wer in Schenkungsabsicht einem andern etwas zuwendet, kann, auch wenn er es tatsächlich aus seinem Vermögen ausgesondert hat, die Zu- wendung bis zur Annahme seitens des Beschenkten jederzeit zurückzie- hen.

Art. 245

1 Mit einer Schenkung können Bedingungen oder Auflagen verbunden werden.

2 Eine Schenkung, deren Vollziehbarkeit auf den Tod des Schenkers ge- stellt ist, steht unter den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen.

Art. 246

1 Der Schenker kann die Vollziehung einer vom Beschenkten angenom- menen Auflage nach dem Vertragsinhalt einklagen.

2 Liegt die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse, so kann nach dem Tode des Schenkers die zuständige Behörde die Vollziehung verlangen.

3 Der Beschenkte darf die Vollziehung einer Auflage verweigern, inso- weit der Wert der Zuwendung die Kosten der Auflage nicht deckt und ihm der Ausfall nicht ersetzt wird.

Art. 247

1 Der Schenker kann den Rückfall der geschenkten Sache an sich selbst vorbehalten für den Fall, dass der Beschenkte vor ihm sterben sollte.

2 Dieses Rückfallsrecht kann bei Schenkung von Grundstücken oder dinglichen Rechten an solchen im Grundbuche vorgemerkt werden.

Art. 248

1 Der Schenker ist dem Beschenkten für den Schaden, der diesem aus der Schenkung erwächst, nur im Falle der absichtlichen oder der grob- fahrlässigen Schädigung verantwortlich.

2 Er hat ihm für die geschenkte Sache oder die abgetretene Forderung nur die Gewähr zu leisten, die er ihm versprochen hat.

Art. 249

Bei der Schenkung von Hand zu Hand und bei vollzogenen Schen- kungsversprechen kann der Schenker die Schenkung widerrufen und das Geschenkte, soweit der Beschenkte noch bereichert ist, zurückfor- dern: 1.

96 wenn der Beschenkte gegen den Schenker oder gegen eine die- sem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat; 2. wenn er gegenüber dem Schenker oder einem von dessen An- gehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat; 3. wenn er die mit der Schenkung verbundenen Auflagen in unge- rechtfertigter Weise nicht erfüllt.

Art. 250

1 Bei dem Schenkungsversprechen kann der Schenker das Versprechen widerrufen und dessen Erfüllung verweigern: 1. aus den gleichen Gründen, aus denen das Geschenkte bei der Schenkung von Hand zu Hand zurückgefordert werden kann; 2. wenn seit dem Versprechen die Vermögensverhältnisse des Schenkers sich so geändert haben, dass die Schenkung ihn aus- serordentlich schwer belasten würde; 3. wenn seit dem Versprechen dem Schenker familienrechtliche Pflichten erwachsen sind, die vorher gar nicht oder in erheblich geringerem Umfange bestanden haben.

2 Durch Ausstellung eines Verlustscheines oder Eröffnung des Konkur- ses gegen den Schenker wird jedes Schenkungsversprechen aufgeho- ben.

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Art. 251

1 Der Widerruf kann während eines Jahres erfolgen, von dem Zeitpunkt an gerechnet, wo der Schenker von dem Widerrufsgrund Kenntnis er- halten hat.

2 Stirbt der Schenker vor Ablauf dieses Jahres, so geht das Klagerecht für den Rest der Frist auf dessen Erben über.

3 Die Erben des Schenkers können die Schenkung widerrufen, wenn der Beschenkte den Schenker vorsätzlich und rechtswidrig getötet oder am Widerruf verhindert hat.

Art. 252

Hat sich der Schenker zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet, so erlischt die Verbindlichkeit mit seinem Tode, sofern es nicht anders be- stimmt ist.

Achter Titel:

97 Die Miete

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 253

Durch den Mietvertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter eine Sache zum Gebrauch zu überlassen, und der Mieter, dem Vermieter da- für einen Mietzins zu leisten.

Art. 253a

1 Die Bestimmungen über die Miete von Wohn- und Geschäftsräumen gelten auch für Sachen, die der Vermieter zusammen mit diesen Räu- men dem Mieter zum Gebrauch überlässt.

2 Sie gelten nicht für Ferienwohnungen, die für höchstens drei Monate gemietet werden.

3 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsvorschriften.

Art. 253b

1 Die Bestimmungen über den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen (Art. 269 ff.) gelten sinngemäss für nichtlandwirtschaftliche Pacht- und andere Verträge, die im Wesentlichen die Überlassung von Wohn- oder Geschäftsräumen gegen Entgelt regeln.

2 Sie gelten nicht für die Miete von luxuriösen Wohnungen und Einfa- milienhäusern mit sechs oder mehr Wohnräumen (ohne Anrechnung der Küche).

3 Die Bestimmungen über die Anfechtung missbräuchlicher Mietzinse gelten nicht für Wohnräume, deren Bereitstellung von der öffentlichen Hand gefördert wurde und deren Mietzinse durch eine Behörde kontrol- liert werden.

Art. 254

Ein Koppelungsgeschäft, das in Zusammenhang mit der Miete von Wohn- oder Geschäftsräumen steht, ist nichtig, wenn der Abschluss oder die Weiterführung des Mietvertrags davon abhängig gemacht wird und der Mieter dabei gegenüber dem Vermieter oder einem Dritten eine Verpflichtung übernimmt, die nicht unmittelbar mit dem Gebrauch der Mietsache zusammenhängt.

Art. 255

1 Das Mietverhältnis kann befristet oder unbefristet sein.

2 Befristet ist das Mietverhältnis, wenn es ohne Kündigung mit Ablauf der vereinbarten Dauer endigen soll.

3 Die übrigen Mietverhältnisse gelten als unbefristet.

Art. 256

1 Der Vermieter ist verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu überge- ben und in demselben zu erhalten.

2 Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind nichtig, wenn sie enthalten sind in: a. vorformulierten allgemeinen Geschäftsbedingungen; b. Mietverträgen über Wohn- oder Geschäftsräume.

Art. 256a

1 Ist bei Beendigung des vorangegangenen Mietverhältnisses ein Rück- gabeprotokoll erstellt worden, so muss der Vermieter es dem neuen Mieter auf dessen Verlangen bei der Übergabe der Sache zur Einsicht vorlegen.

2 Ebenso kann der Mieter verlangen, dass ihm die Höhe des Mietzinses des vorangegangenen Mietverhältnisses mitgeteilt wird.

Art. 256b

Der Vermieter trägt die mit der Sache verbundenen Lasten und öffent- lichen Abgaben.

Art. 257

Der Mietzins ist das Entgelt, das der Mieter dem Vermieter für die Über- lassung der Sache schuldet.

Art. 257a

1 Die Nebenkosten sind das Entgelt für die Leistungen des Vermieters oder eines Dritten, die mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen.

2 Der Mieter muss die Nebenkosten nur bezahlen, wenn er dies mit dem Vermieter besonders vereinbart hat.

Art. 257b

1 Bei Wohn- und Geschäftsräumen sind die Nebenkosten die tatsächli- chen Aufwendungen des Vermieters für Leistungen, die mit dem Ge- brauch zusammenhängen, wie Heizungs-, Warmwasser- und ähnliche Betriebskosten, sowie für öffentliche Abgaben, die sich aus dem Ge- brauch der Sache ergeben.

2 Der Vermieter muss dem Mieter auf Verlangen Einsicht in die Belege gewähren.

Art. 257c

Der Mieter muss den Mietzins und allenfalls die Nebenkosten am Ende jedes Monats, spätestens aber am Ende der Mietzeit bezahlen, wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart oder ortsüblich ist.

Art. 257d

1 Ist der Mieter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Vermieter schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbe- nütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt mindestens zehn Tage, bei Wohn- und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage.

2 Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Ver- mieter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von min- destens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.

Art. 257e

1 Leistet der Mieter von Wohn- oder Geschäftsräumen eine Sicherheit in Geld oder in Wertpapieren, so muss der Vermieter sie bei einer Bank auf einem Sparkonto oder einem Depot, das auf den Namen des Mieters lautet, hinterlegen.

2 Bei der Miete von Wohnräumen darf der Vermieter höchstens drei Monatszinse als Sicherheit verlangen.

3 Die Bank darf die Sicherheit nur mit Zustimmung beider Parteien oder gestützt auf einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl oder auf ein rechts- kräftiges Gerichtsurteil herausgeben. Hat der Vermieter innert einem Jahr nach Beendigung des Mietverhältnisses keinen Anspruch gegen- über dem Mieter rechtlich geltend gemacht, so kann dieser von der Bank die Rückerstattung der Sicherheit verlangen.

4 Die Kantone können ergänzende Bestimmungen erlassen.

Art. 257f

1 Der Mieter muss die Sache sorgfältig gebrauchen.

2 Der Mieter einer unbeweglichen Sache muss auf Hausbewohner und Nachbarn Rücksicht nehmen.

3 Verletzt der Mieter trotz schriftlicher Mahnung des Vermieters seine Pflicht zu Sorgfalt oder Rücksichtnahme weiter, so dass dem Vermieter oder den Hausbewohnern die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist so kann der Vermieter fristlos, bei Wohn- und Ge- schäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.

4 Der Vermieter von Wohn- oder Geschäftsräumen kann jedoch fristlos kündigen, wenn der Mieter vorsätzlich der Sache schweren Schaden zu- fügt.

Art. 257g

1 Der Mieter muss Mängel, die er nicht selber zu beseitigen hat, dem Vermieter melden.

2 Unterlässt der Mieter die Meldung, so haftet er für den Schaden, der dem Vermieter daraus entsteht.

Art. 257h

1 Der Mieter muss Arbeiten an der Sache dulden, wenn sie zur Beseiti- gung von Mängeln oder zur Behebung oder Vermeidung von Schäden notwendig sind.

2 Der Mieter muss dem Vermieter gestatten, die Sache zu besichtigen, soweit dies für den Unterhalt, den Verkauf oder die Wiedervermietung notwendig ist.

3 Der Vermieter muss dem Mieter Arbeiten und Besichtigungen recht- zeitig anzeigen und bei der Durchführung auf die Interessen des Mieters Rücksicht nehmen; allfällige Ansprüche des Mieters auf Herabsetzung des Mietzinses (Art. 259d) und auf Schadenersatz (Art. 259e) bleiben vorbehalten.

Art. 258

1 Übergibt der Vermieter die Sache nicht zum vereinbarten Zeitpunkt oder mit Mängeln, welche die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Ge- brauch ausschliessen oder erheblich beeinträchtigen, so kann der Mieter nach den Artikeln 107–109 über die Nichterfüllung von Verträgen vor- gehen.

2 Übernimmt der Mieter die Sache trotz dieser Mängel und beharrt er auf gehöriger Erfüllung des Vertrags, so kann er nur die Ansprüche gel- tend machen, die ihm bei Entstehung von Mängeln während der Miet- dauer zustünden (Art. 259a–259i).

3 Der Mieter kann die Ansprüche nach den Artikeln 259a–259i auch geltend machen, wenn die Sache bei der Übergabe Mängel hat: a. welche die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch zwar vermindern, aber weder ausschliessen noch erheblich beein- trächtigen; b. die der Mieter während der Mietdauer auf eigene Kosten besei- tigen müsste (Art. 259).

Art. 259

Der Mieter muss Mängel, die durch kleine, für den gewöhnlichen Un- terhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben wer- den können, nach Ortsgebrauch auf eigene Kosten beseitigen.

Art. 259a

1 Entstehen an der Sache Mängel, die der Mieter weder zu verantworten noch auf eigene Kosten zu beseitigen hat, oder wird der Mieter im ver- tragsgemässen Gebrauch der Sache gestört, so kann er verlangen, dass der Vermieter: a. den Mangel beseitigt; b. den Mietzins verhältnismässig herabsetzt; c. Schadenersatz leistet; d. den Rechtsstreit mit einem Dritten übernimmt.

2 Der Mieter einer unbeweglichen Sache kann zudem den Mietzins hin- terlegen.

Art. 259b

Kennt der Vermieter einen Mangel und beseitigt er ihn nicht innert an- gemessener Frist, so kann der Mieter: a. fristlos kündigen, wenn der Mangel die Tauglichkeit einer un- beweglichen Sache zum vorausgesetzten Gebrauch ausschliesst oder erheblich beeinträchtigt oder wenn der Mangel die Taug- lichkeit einer beweglichen Sache zum vorausgesetzten Ge- brauch vermindert; b. auf Kosten des Vermieters den Mangel beseitigen lassen, wenn dieser die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Ge- brauch zwar vermindert, aber nicht erheblich beeinträchtigt.

Art. 259c

Der Mieter hat keinen Anspruch auf Beseitigung des Mangels, wenn der Vermieter für die mangelhafte Sache innert angemessener Frist vollwer- tigen Ersatz leistet.

Art. 259d

Wird die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch beein- trächtigt oder vermindert, so kann der Mieter vom Vermieter verlangen, dass er den Mietzins vom Zeitpunkt, in dem er vom Mangel erfahren hat, bis zur Behebung des Mangels entsprechend herabsetzt.

Art. 259e

Hat der Mieter durch den Mangel Schaden erlitten, so muss ihm der Vermieter dafür Ersatz leisten, wenn er nicht beweist, dass ihn kein Ver- schulden trifft.

Art. 259f

Erhebt ein Dritter einen Anspruch auf die Sache, der sich mit den Rech- ten des Mieters nicht verträgt, so muss der Vermieter auf Anzeige des Mieters hin den Rechtsstreit übernehmen.

Art. 259g

1 Verlangt der Mieter einer unbeweglichen Sache vom Vermieter die Beseitigung eines Mangels, so muss er ihm dazu schriftlich eine ange- messene Frist setzen und kann ihm androhen, dass er bei unbenütztem Ablauf der Frist Mietzinse die künftig fällig werden bei einer vom Kan- ton bezeichneten Stelle hinterlegen wird. Er muss die Hinterlegung dem Vermieter schriftlich ankündigen.

2 Mit der Hinterlegung gelten die Mietzinse als bezahlt.

Art. 259h

1 Hinterlegte Mietzinse fallen dem Vermieter zu, wenn der Mieter seine Ansprüche gegenüber dem Vermieter nicht innert 30 Tagen seit Fällig- keit des ersten hinterlegten Mietzinses bei der Schlichtungsbehörde gel- tend gemacht hat.

2 Der Vermieter kann bei der Schlichtungsbehörde die Herausgabe der zu Unrecht hinterlegten Mietzinse verlangen, sobald ihm der Mieter die Hinterlegung angekündigt hat.

Art. 259i

98 Das Verfahren richtet sich nach der ZPO

99

Art. 260

1 Der Vermieter kann Erneuerungen und Änderungen an der Sache nur vornehmen, wenn sie für den Mieter zumutbar sind und wenn das Miet- verhältnis nicht gekündigt ist.

2 Der Vermieter muss bei der Ausführung der Arbeiten auf die Interes- sen des Mieters Rücksicht nehmen; allfällige Ansprüche des Mieters auf Herabsetzung des Mietzinses (Art. 259d) und auf Schadenersatz (Art. 259e) bleiben vorbehalten.

Art. 260a

1 Der Mieter kann Erneuerungen und Änderungen an der Sache nur vor- nehmen, wenn der Vermieter schriftlich zugestimmt hat.

2 Hat der Vermieter zugestimmt, so kann er die Wiederherstellung des früheren Zustandes nur verlangen, wenn dies schriftlich vereinbart wor- den ist.

3 Weist die Sache bei Beendigung des Mietverhältnisses dank der Er- neuerung oder Änderung, welcher der Vermieter zugestimmt hat, einen

99 erheblichen Mehrwert auf, so kann der Mieter dafür eine entsprechende Entschädigung verlangen; weitergehende schriftlich vereinbarte Ent- schädigungsansprüche bleiben vorbehalten.

Art. 261

1 Veräussert der Vermieter die Sache nach Abschluss des Mietvertrags oder wird sie ihm in einem Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahren entzogen, so geht das Mietverhältnis mit dem Eigentum an der Sache auf den Erwerber über.

2 Der neue Eigentümer kann jedoch: a. bei Wohn- und Geschäftsräumen das Mietverhältnis mit der ge- setzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn er einen dringenden Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend macht; b. bei einer anderen Sache das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn der Vertrag keine frühere Auflösung ermöglicht.

3 Kündigt der neue Eigentümer früher, als es der Vertrag mit dem bis- herigen Vermieter gestattet hätte, so haftet dieser dem Mieter für allen daraus entstehenden Schaden.

4 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Enteignung.

Art. 261a

Die Bestimmungen über die Veräusserung der Sache sind sinngemäss anwendbar, wenn der Vermieter einem Dritten ein beschränktes dingli- ches Recht einräumt und dies einem Eigentümerwechsel gleichkommt.

Art. 261b

1 Bei der Miete an einem Grundstück kann verabredet werden, dass das Verhältnis im Grundbuch vorgemerkt wird.

2 Die Vormerkung bewirkt, dass jeder neue Eigentümer dem Mieter ge- statten muss, das Grundstück entsprechend dem Mietvertrag zu gebrau- chen.

Art. 262

1 Der Mieter kann die Sache mit Zustimmung des Vermieters ganz oder teilweise untervermieten.

2 Der Vermieter kann die Zustimmung nur verweigern, wenn: a. der Mieter sich weigert, dem Vermieter die Bedingungen der Untermiete bekanntzugeben; b. die Bedingungen der Untermiete im Vergleich zu denjenigen des Hauptmietvertrags missbräuchlich sind; c. dem Vermieter aus der Untermiete wesentliche Nachteile ent- stehen.

3 Der Mieter haftet dem Vermieter dafür, dass der Untermieter die Sache nicht anders gebraucht, als es ihm selbst gestattet ist. Der Vermieter kann den Untermieter unmittelbar dazu anhalten.

Art. 263

1 Der Mieter von Geschäftsräumen kann das Mietverhältnis mit schrift- licher Zustimmung des Vermieters auf einen Dritten übertragen.

2 Der Vermieter kann die Zustimmung nur aus wichtigem Grund ver- weigern.

3 Stimmt der Vermieter zu, so tritt der Dritte anstelle des Mieters in das Mietverhältnis ein.

4 Der Mieter ist von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter befreit. Er haftet jedoch solidarisch mit dem Dritten bis zum Zeitpunkt, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder been- det werden kann, höchstens aber für zwei Jahre.

Art. 264

1 Gibt der Mieter die Sache zurück, ohne Kündigungsfrist oder -termin einzuhalten, so ist er von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Ver- mieter nur befreit, wenn er einen für den Vermieter zumutbaren neuen Mieter vorschlägt; dieser muss zahlungsfähig und bereit sein, den Miet- vertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.

2 Andernfalls muss er den Mietzins bis zu dem Zeitpunkt leisten, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet wer- den kann.

3 Der Vermieter muss sich anrechnen lassen, was er: a. an Auslagen erspart und b. durch anderweitige Verwendung der Sache gewinnt oder ab- sichtlich zu gewinnen unterlassen hat.

Art. 265

Der Vermieter und der Mieter können nicht im Voraus auf das Recht verzichten, Forderungen und Schulden aus dem Mietverhältnis zu ver- rechnen.

Art. 266

1 Haben die Parteien eine bestimmte Dauer ausdrücklich oder still- schweigend vereinbart, so endet das Mietverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf dieser Dauer.

2 Setzen die Parteien das Mietverhältnis stillschweigend fort, so gilt es als unbefristetes Mietverhältnis.

Art. 266a

1 Die Parteien können das unbefristete Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen und Termine kündigen, sofern sie keine längere Frist oder keinen anderen Termin vereinbart haben.

2 Halten die Parteien die Frist oder den Termin nicht ein, so gilt die Kün- digung für den nächstmöglichen Termin.

Art. 266b

Bei der Miete von unbeweglichen Sachen und Fahrnisbauten können die Parteien mit einer Frist von drei Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wenn es keinen Ortsgebrauch gibt, auf Ende einer sechsmonatigen Mietdauer kündigen.

Art. 266c

Bei der Miete von Wohnungen können die Parteien mit einer Frist von drei Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wenn es keinen Orts- gebrauch gibt, auf Ende einer dreimonatigen Mietdauer kündigen.

Art. 266d

Bei der Miete von Geschäftsräumen können die Parteien mit einer Frist von sechs Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wenn es keinen Ortsgebrauch gibt, auf Ende einer dreimonatigen Mietdauer kündigen.

Art. 266e

Bei der Miete von möblierten Zimmern und von gesondert vermieteten Einstellplätzen oder ähnlichen Einrichtungen können die Parteien mit einer Frist von zwei Wochen auf Ende einer einmonatigen Mietdauer kündigen.

Art. 266f

Bei der Miete von beweglichen Sachen können die Parteien mit einer Frist von drei Tagen auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen.

Art. 266g

1 Aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung für sie unzu- mutbar machen, können die Parteien das Mietverhältnis mit der gesetz- lichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen.

2 Der Richter bestimmt die vermögensrechtlichen Folgen der vorzeiti- gen Kündigung unter Würdigung aller Umstände.

Art. 266h

1 Fällt der Mieter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so kann der Vermieter für künftige Mietzinse Sicherheit verlangen. Er muss dafür dem Mieter und der Konkursverwaltung schriftlich eine angemessene Frist setzen.

2 Erhält der Vermieter innert dieser Frist keine Sicherheit, so kann er fristlos kündigen.

Art. 266i

Stirbt der Mieter, so können seine Erben mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen.

Art. 266k

Der Mieter einer beweglichen Sache, die seinem privaten Gebrauch dient und vom Vermieter im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit ver- mietet wird, kann mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende einer dreimonatigen Mietdauer kündigen. Der Vermieter hat dafür kei- nen Anspruch auf Entschädigung.

Art. 266l

1 Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen.

2 Der Vermieter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will.

Art. 266m

1 Dient die gemietete Sache als Wohnung der Familie, kann ein Ehegatte den Mietvertrag nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des anderen kündigen.

2 Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er den Richter anrufen.

3 Die gleiche Regelung gilt bei eingetragenen Partnerschaften sinnge- mäss.

100

Art. 266n

101 Die Kündigung durch den Vermieter sowie die Ansetzung einer Zah- lungsfrist mit Kündigungsandrohung (Art. 257d) sind dem Mieter und seinem Ehegatten, seiner eingetragenen Partnerin oder seinem eingetra- genen Partner separat zuzustellen.

Art. 266o

Die Kündigung ist nichtig, wenn sie den Artikeln 266l–266n nicht ent- spricht.

Art. 267

1 Der Mieter muss die Sache in dem Zustand zurückgeben, der sich aus dem vertragsgemässen Gebrauch ergibt.

2 Vereinbarungen, in denen sich der Mieter im Voraus verpflichtet, bei Beendigung des Mietverhältnisses eine Entschädigung zu entrichten, die anderes als die Deckung des allfälligen Schadens einschliesst, sind nichtig.

Art. 267a

1 Bei der Rückgabe muss der Vermieter den Zustand der Sache prüfen und Mängel, für die der Mieter einzustehen hat, diesem sofort melden.

2 Versäumt dies der Vermieter, so verliert er seine Ansprüche, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei übungsgemässer Untersuchung nicht erkennbar waren.

3 Entdeckt der Vermieter solche Mängel später, so muss er sie dem Mie- ter sofort melden.

Art. 268

1 Der Vermieter von Geschäftsräumen hat für einen verfallenen Jahres- zins und den laufenden Halbjahreszins ein Retentionsrecht an den be- weglichen Sachen, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören.

2 Das Retentionsrecht des Vermieters umfasst die vom Untermieter ein- gebrachten Gegenstände insoweit, als dieser seinen Mietzins nicht be- zahlt hat.

3 Ausgeschlossen ist das Retentionsrecht an Sachen, die durch die Gläu- biger des Mieters nicht gepfändet werden könnten.

Art. 268a

1 Die Rechte Dritter an Sachen, von denen der Vermieter wusste oder wissen musste, dass sie nicht dem Mieter gehören, sowie an gestohle- nen, verlorenen oder sonstwie abhanden gekommenen Sachen gehen dem Retentionsrecht des Vermieters vor.

2 Erfährt der Vermieter erst während der Mietdauer, dass Sachen, die der Mieter eingebracht hat, nicht diesem gehören, so erlischt sein Re- tentionsrecht an diesen Sachen, wenn er den Mietvertrag nicht auf den nächstmöglichen Termin kündigt.

Art. 268b

1 Will der Mieter wegziehen oder die in den gemieteten Räumen befind- lichen Sachen fortschaffen, so kann der Vermieter mit Hilfe der zustän- digen Amtsstelle so viele Gegenstände zurückhalten, als zur Deckung seiner Forderung notwendig sind.

2 Heimlich oder gewaltsam fortgeschaffte Gegenstände können innert zehn Tagen seit der Fortschaffung mit polizeilicher Hilfe in die vermie- teten Räume zurückgebracht werden.

Zweiter Abschnitt:

Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen und andern missbräuchlichen Forderungen des Vermieters bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen

Art. 269

Mietzinse sind missbräuchlich, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder wenn sie auf einem offensichtlich über- setzten Kaufpreis beruhen.

Art. 269a

Mietzinse sind in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie insbeson- dere: a. im Rahmen der orts- oder quartierüblichen Mietzinse liegen; b. durch Kostensteigerungen oder Mehrleistungen des Vermieters begründet sind; c. bei neueren Bauten im Rahmen der kostendeckenden Bruttor- endite liegen; d. lediglich dem Ausgleich einer Mietzinsverbilligung dienen, die zuvor durch Umlagerung marktüblicher Finanzierungskosten gewahrt wurde, und in einem dem Mieter im Voraus bekannt- gegebenen Zahlungsplan festgelegt sind; e. lediglich die Teuerung auf dem risikotragenden Kapital ausglei- chen; f. das Ausmass nicht überschreiten, das Vermieter- und Mieter- verbände oder Organisationen, die ähnliche Interessen wahrneh- men, in ihren Rahmenverträgen empfehlen.

Art. 269b

Die Vereinbarung, dass der Mietzins einem Index folgt, ist nur gültig, wenn der Mietvertrag für mindestens fünf Jahre abgeschlossen und als Index der Landesindex der Konsumentenpreise vorgesehen wird.

Art. 269c

Die Vereinbarung, dass sich der Mietzins periodisch um einen bestimm- ten Betrag erhöht, ist nur gültig, wenn: a. der Mietvertrag für mindestens drei Jahre abgeschlossen wird; b. der Mietzins höchstens einmal jährlich erhöht wird; und c. der Betrag der Erhöhung in Franken festgelegt wird.

Art. 269d

1 Der Vermieter kann den Mietzins jederzeit auf den nächstmöglichen Kündigungstermin erhöhen. Er muss dem Mieter die Mietzinserhöhung mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitteilen und begründen.

2 Die Mietzinserhöhung ist nichtig, wenn der Vermieter: a. sie nicht mit dem vorgeschriebenen Formular mitteilt; b. sie nicht begründet; c. mit der Mitteilung die Kündigung androht oder ausspricht.

3 Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn der Vermieter beabsichtigt, sonstwie den Mietvertrag einseitig zu Lasten des Mieters zu ändern, na- mentlich seine bisherigen Leistungen zu vermindern oder neue Neben- kosten einzuführen.

Art. 270

1 Der Mieter kann den Anfangsmietzins innert 30 Tagen nach Über- nahme der Sache bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich im Sinne der Artikel 269 und 269a anfechten und dessen Herabsetzung ver- langen, wenn: a. er sich wegen einer persönlichen oder familiären Notlage oder wegen der Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Geschäftsräume zum Vertragsabschluss gezwungen sah; oder b. der Vermieter den Anfangsmietzins gegenüber dem früheren Mietzins für dieselbe Sache erheblich erhöht hat.

2 Im Falle von Wohnungsmangel können die Kantone für ihr Gebiet oder einen Teil davon die Verwendung des Formulars gemäss Artikel 269d beim Abschluss eines neuen Mietvertrags obligatorisch erklären.

Art. 270a

1 Der Mieter kann den Mietzins als missbräuchlich anfechten und die Herabsetzung auf den nächstmöglichen Kündigungstermin verlangen, wenn er Grund zur Annahme hat, dass der Vermieter wegen einer we- sentlichen Änderung der Berechnungsgrundlagen, vor allem wegen ei- ner Kostensenkung, einen nach den Artikeln 269 und 269a übersetzten Ertrag aus der Mietsache erzielt.

2 Der Mieter muss das Herabsetzungsbegehren schriftlich beim Vermie- ter stellen; dieser muss innert 30 Tagen Stellung nehmen. Entspricht der Vermieter dem Begehren nicht oder nur teilweise oder antwortet er nicht fristgemäss, so kann der Mieter innert 30 Tagen die Schlichtungsbe- hörde anrufen.

3 Absatz 2 ist nicht anwendbar, wenn der Mieter gleichzeitig mit der Anfechtung einer Mietzinserhöhung ein Herabsetzungsbegehren stellt.

Art. 270b

1 Der Mieter kann eine Mietzinserhöhung innert 30 Tagen, nachdem sie ihm mitgeteilt worden ist, bei der Schlichtungsbehörde als missbräuch- lich im Sinne der Artikel 269 und 269a anfechten.

2 Absatz 1 gilt auch, wenn der Vermieter sonstwie den Mietvertrag ein- seitig zu Lasten des Mieters ändert, namentlich seine bisherigen Leis- tungen vermindert oder neue Nebenkosten einführt.

Art. 270c

Unter Vorbehalt der Anfechtung des Anfangsmietzinses kann eine Par- tei vor der Schlichtungsbehörde nur geltend machen, dass die von der andern Partei verlangte Erhöhung oder Herabsetzung des Mietzinses durch keine entsprechende Änderung des Indexes gerechtfertigt sei.

Art. 270d

Unter Vorbehalt der Anfechtung des Anfangsmietzinses kann der Mie- ter gestaffelte Mietzinse nicht anfechten.

Art. 270e

Der bestehende Mietvertrag gilt unverändert weiter: a. während des Schlichtungsverfahrens, wenn zwischen den Par- teien keine Einigung zustandekommt, und b. während des Gerichtsverfahrens, unter Vorbehalt vorsorglicher Massnahmen des Richters.

Dritter Abschnitt:

Kündigungsschutz bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen

Art. 271

1 Die Kündigung ist anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst.

2 Die Kündigung muss auf Verlangen begründet werden.

Art. 271a

1 Die Kündigung durch den Vermieter ist insbesondere anfechtbar, wenn sie ausgesprochen wird: a. weil der Mieter nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Mietverhältnis geltend macht; b. weil der Vermieter eine einseitige Vertragsänderung zu Lasten des Mieters oder eine Mietzinsanpassung durchsetzen will; c. allein um den Mieter zum Erwerb der gemieteten Wohnung zu veranlassen; d. während eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens, ausser wenn der Mieter das Verfahren missbräuchlich eingeleitet hat; e. vor Ablauf von drei Jahren nach Abschluss eines mit dem Miet- verhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichts- verfahrens, in dem der Vermieter: 1. zu einem erheblichen Teil unterlegen ist; 2. seine Forderung oder Klage zurückgezogen oder erheblich eingeschränkt hat; 3. auf die Anrufung des Richters verzichtet hat; 4. mit dem Mieter einen Vergleich geschlossen oder sich sonstwie geeinigt hat; f. wegen Änderungen in der familiären Situation des Mieters, aus denen dem Vermieter keine wesentlichen Nachteile entstehen.

2 Absatz 1 Buchstabe e ist auch anwendbar, wenn der Mieter durch Schriftstücke nachweisen kann, dass er sich mit dem Vermieter aus- serhalb eines Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens über eine Forde- rung aus dem Mietverhältnis geeinigt hat.

3 Absatz 1 Buchstaben d und e sind nicht anwendbar bei Kündigungen: a. wegen dringenden Eigenbedarfs des Vermieters für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte; b. wegen Zahlungsrückstand des Mieters (Art. 257d); c. wegen schwerer Verletzung der Pflicht des Mieters zu Sorgfalt und Rücksichtnahme (Art. 257f Abs. 3 und 4); d. infolge Veräusserung der Sache (Art. 261); e. aus wichtigen Gründen (Art. 266g); f. wegen Konkurs des Mieters (Art. 266h).

Art. 272

1 Der Mieter kann die Erstreckung eines befristeten oder unbefristeten Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung der Miete für ihn oder seine Familie eine Härte zur Folge hätte, die durch die Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen wäre.

2 Bei der Interessenabwägung berücksichtigt die zuständige Behörde insbesondere: a. die Umstände des Vertragsabschlusses und den Inhalt des Ver- trags; b. die Dauer des Mietverhältnisses; c. die persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien und deren Verhalten; d. einen allfälligen Eigenbedarf des Vermieters für sich, nahe Ver- wandte oder Verschwägerte sowie die Dringlichkeit dieses Be- darfs; e. die Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Ge- schäftsräume.

3 Verlangt der Mieter eine zweite Erstreckung, so berücksichtigt die zu- ständige Behörde auch, ob er zur Abwendung der Härte alles unternom- men hat, was ihm zuzumuten war.

Art. 272a

1 Die Erstreckung ist ausgeschlossen bei Kündigungen: a. wegen Zahlungsrückstand des Mieters (Art. 257d); b. wegen schwerer Verletzung der Pflicht des Mieters zu Sorgfalt und Rücksichtnahme (Art. 257f Abs. 3 und 4); c. wegen Konkurs des Mieters (Art. 266h). d. eines Mietvertrages, welcher im Hinblick auf ein bevorstehen- des Umbau- oder Abbruchvorhaben ausdrücklich nur für die be- schränkte Zeit bis zum Baubeginn oder bis zum Erhalt der er- forderlichen Bewilligung abgeschlossen wurde.

2 Die Erstreckung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn der Vermieter dem Mieter einen gleichwertigen Ersatz für die Wohn- oder Geschäfts- räume anbietet.

Art. 272b

1 Das Mietverhältnis kann für Wohnräume um höchstens vier, für Ge- schäftsräume um höchstens sechs Jahre erstreckt werden. Im Rahmen der Höchstdauer können eine oder zwei Erstreckungen gewährt werden.

2 Vereinbaren die Parteien eine Erstreckung des Mietverhältnisses, so sind sie an keine Höchstdauer gebunden, und der Mieter kann auf eine zweite Erstreckung verzichten.

Art. 272c

1 Jede Partei kann verlangen, dass der Vertrag im Erstreckungsentscheid veränderten Verhältnissen angepasst wird.

2 Ist der Vertrag im Erstreckungsentscheid nicht geändert worden, so gilt er während der Erstreckung unverändert weiter; vorbehalten bleiben die gesetzlichen Anpassungsmöglichkeiten.

Art. 272d

Legt der Erstreckungsentscheid oder die Erstreckungsvereinbarung nichts anderes fest, so kann der Mieter das Mietverhältnis wie folgt kün- digen: a. bei Erstreckung bis zu einem Jahr mit einer einmonatigen Frist auf Ende eines Monats; b. bei Erstreckung von mehr als einem Jahr mit einer dreimonati- gen Frist auf einen gesetzlichen Termin.

Art. 273

1 Will eine Partei die Kündigung anfechten, so muss sie das Begehren innert 30 Tagen nach Empfang der Kündigung der Schlichtungsbehörde einreichen.

2 Will der Mieter eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen, so muss er das Begehren der Schlichtungsbehörde einreichen: a. bei einem unbefristeten Mietverhältnis innert 30 Tagen nach Empfang der Kündigung; b. bei einem befristeten Mietverhältnis spätestens 60 Tage vor Ab- lauf der Vertragsdauer.

3 Das Begehren um eine zweite Erstreckung muss der Mieter der Schlichtungsbehörde spätestens 60 Tage vor Ablauf der ersten einrei- chen.

4 Das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde richtet sich nach der ZPO

5 Weist die zuständige Behörde ein Begehren des Mieters betreffend Anfechtung der Kündigung ab, so prüft sie von Amtes wegen, ob das Mietverhältnis erstreckt werden kann.

105

Art. 273a

1 Dient die gemietete Sache als Wohnung der Familie, so kann auch der Ehegatte des Mieters die Kündigung anfechten, die Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen oder die übrigen Rechte ausüben, die dem Mieter bei Kündigung zustehen.

2 Vereinbarungen über die Erstreckung sind nur gültig, wenn sie mit beiden Ehegatten abgeschlossen werden.

3 Die gleiche Regelung gilt bei eingetragenen Partnerschaften sinnge- mäss.

106

Art. 273b

1 Dieser Abschnitt gilt für die Untermiete, solange das Hauptmietver- hältnis nicht aufgelöst ist. Die Untermiete kann nur für die Dauer des Hauptmietverhältnisses erstreckt werden.

2 Bezweckt die Untermiete hauptsächlich die Umgehung der Vorschrif- ten über den Kündigungsschutz, so wird dem Untermieter ohne Rück- sicht auf das Hauptmietverhältnis Kündigungsschutz gewährt. Wird das Hauptmietverhältnis gekündigt, so tritt der Vermieter anstelle des Mie- ters in den Vertrag mit dem Untermieter ein.

Art. 273c

1 Der Mieter kann auf Rechte, die ihm nach diesem Abschnitt zustehen, nur verzichten, wenn dies ausdrücklich vorgesehen ist.

2 Abweichende Vereinbarungen sind nichtig.

Vierter Abschnitt: …

Art. 274–274g

107 Achter Titel

108 Die Pacht

Art. 275

Durch den Pachtvertrag verpflichten sich der Verpächter, dem Pächter eine nutzbare Sache oder ein nutzbares Recht zum Gebrauch und zum Bezug der Früchte oder Erträgnisse zu überlassen, und der Pächter, da- für einen Pachtzins zu leisten.

Art. 276

Die Bestimmungen über die Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen gelten auch für Sachen, die der Verpächter zusammen mit diesen Räu- men dem Pächter zur Benutzung überlässt.

Art. 276a

1 Für Pachtverträge über landwirtschaftliche Gewerbe oder über Grund- stücke zur landwirtschaftlichen Nutzung gilt das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1985

109 über die landwirtschaftliche Pacht, soweit es besondere Regelungen enthält.

2 Im Übrigen gilt das Obligationenrecht mit Ausnahme der Bestimmun- gen über die Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen.

110

Art. 277

Umfasst die Pacht auch Geräte, Vieh oder Vorräte, so muss jede Partei der andern ein genaues, von ihr unterzeichnetes Verzeichnis dieser Ge- genstände übergeben und sich an einer gemeinsamen Schätzung betei- ligen.

Art. 278

1 Der Verpächter ist verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem zur vorausgesetzten Benutzung und Bewirtschaftung taugli- chen Zustand zu übergeben.

2 Ist bei Beendigung des vorangegangenen Pachtverhältnisses ein Rück- gabeprotokoll erstellt worden, so muss der Verpächter es dem neuen Pächter auf dessen Verlangen bei der Übergabe der Sache zur Einsicht vorlegen.

3 Ebenso kann der Pächter verlangen, dass ihm die Höhe des Pachtzin- ses des vorangegangenen Pachtverhältnisses mitgeteilt wird.

Art. 279

Der Verpächter ist verpflichtet, grössere Reparaturen an der Sache, die während der Pachtzeit notwendig werden, auf eigene Kosten vorzuneh- men, sobald ihm der Pächter von deren Notwendigkeit Kenntnis gege- ben hat.

Art. 280

Der Verpächter trägt die mit der Sache verbundenen Lasten und öffent- lichen Abgaben.

Art. 281

1 Der Pächter muss den Pachtzins und allenfalls die Nebenkosten am Ende eines Pachtjahres, spätestens aber am Ende der Pachtzeit bezahlen, wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart oder ortsüblich ist.

2 Für die Nebenkosten gilt Artikel 257a.

110

Art. 282

1 Ist der Pächter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Pachtzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Verpäch- ter schriftlich eine Zahlungsfrist von mindestens 60 Tagen setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Pachtverhält- nis gekündigt werde.

2 Bezahlt der Pächter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Ver- pächter das Pachtverhältnis fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündi- gen.

Art. 283

1 Der Pächter muss die Sache sorgfältig gemäss ihrer Bestimmung be- wirtschaften, insbesondere für nachhaltige Ertragsfähigkeit sorgen.

2 Der Pächter einer unbeweglichen Sache muss auf Hausbewohner und Nachbarn Rücksicht nehmen.

Art. 284

1 Der Pächter muss für den ordentlichen Unterhalt der Sache sorgen.

2 Er muss die kleineren Reparaturen nach Ortsgebrauch vornehmen so- wie die Geräte und Werkzeuge von geringem Wert ersetzen, wenn sie durch Alter oder Gebrauch nutzlos geworden sind.

Art. 285

1 Verletzt der Pächter trotz schriftlicher Mahnung des Verpächters seine Pflicht zu Sorgfalt, Rücksichtnahme oder Unterhalt weiter, so dass dem Verpächter oder den Hausbewohnern die Fortsetzung des Pachtverhält- nisses nicht mehr zuzumuten ist, so kann der Verpächter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.

2 Der Verpächter von Wohn- oder Geschäftsräumen kann jedoch fristlos kündigen, wenn der Pächter vorsätzlich der Sache schweren Schaden zufügt.

Art. 286

1 Sind grössere Reparaturen nötig oder masst sich ein Dritter Rechte am Pachtgegenstand an, so muss der Pächter dies dem Verpächter sofort melden.

2 Unterlässt der Pächter die Meldung, so haftet er für den Schaden, der dem Verpächter daraus entsteht.

Art. 287

1 Der Pächter muss grössere Reparaturen dulden, wenn sie zur Beseiti- gung von Mängeln oder zur Behebung oder Vermeidung von Schäden notwendig sind.

2 Der Pächter muss dem Verpächter gestatten, die Sache zu besichtigen, soweit dies für den Unterhalt, den Verkauf oder die Wiederverpachtung notwendig ist.

3 Der Verpächter muss dem Pächter Arbeiten und Besichtigungen recht- zeitig anzeigen und bei der Durchführung auf die Interessen des Päch- ters Rücksicht nehmen; für allfällige Ansprüche des Pächters auf Her- absetzung des Pachtzinses und auf Schadenersatz gilt das Mietrecht (Art. 259d und 259e) sinngemäss.

Art. 288

1 Das Mietrecht (Art. 258 und Art. 259a–259i) gilt sinngemäss, wenn: a. der Verpächter die Sache nicht zum vereinbarten Zeitpunkt oder in einem mangelhaften Zustand übergibt; b. Mängel an der Sache entstehen, die der Pächter weder zu ver- antworten noch auf eigene Kosten zu beseitigen hat, oder der Pächter in der vertragsgemässen Benutzung der Sache gestört wird.

2 Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Pächters sind nichtig, wenn sie enthalten sind in: a. vorformulierten allgemeinen Geschäftsbedingungen; b. Pachtverträgen über Wohn- und Geschäftsräume.

Art. 289

1 Der Verpächter kann Erneuerungen und Änderungen an der Sache nur vornehmen, wenn sie für den Pächter zumutbar sind und wenn das Pachtverhältnis nicht gekündigt ist.

2 Der Verpächter muss bei der Ausführung der Arbeiten auf die Interes- sen des Pächters Rücksicht nehmen; für allfällige Ansprüche des Päch- ters auf Herabsetzung des Pachtzinses und auf Schadenersatz gilt das Mietrecht (Art. 259d und 259e) sinngemäss.

Art. 289a

1 Der Pächter braucht die schriftliche Zustimmung des Verpächters für: a. Änderungen in der hergebrachten Bewirtschaftung, die über die Pachtzeit hinaus von wesentlicher Bedeutung sein können; b. Erneuerungen und Änderungen an der Sache, die über den or- dentlichen Unterhalt hinausgehen.

2 Hat der Verpächter zugestimmt, so kann er die Wiederherstellung des früheren Zustandes nur verlangen, wenn dies schriftlich vereinbart wor- den ist.

3 Hat der Verpächter einer Änderung nach Absatz 1 Buchstabe a nicht schriftlich zugestimmt und macht der Pächter sie nicht innert angemes- sener Frist rückgängig, so kann der Verpächter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende ei- nes Monats kündigen.

Art. 290

Das Mietrecht (Art. 261–261b) gilt sinngemäss bei: a. Veräusserung des Pachtgegenstandes; b. Einräumung beschränkter dinglicher Rechte am Pachtgegen- stand; c. Vormerkung des Pachtverhältnisses im Grundbuch.

Art. 291

1 Der Pächter kann die Sache mit Zustimmung des Verpächters ganz oder teilweise unterverpachten oder vermieten.

2 Der Verpächter kann die Zustimmung zur Vermietung einzelner zur Sache gehörender Räume nur verweigern, wenn: a. der Pächter sich weigert, dem Verpächter die Bedingungen der Miete bekanntzugeben; b. die Bedingungen der Miete im Vergleich zu denjenigen des Pachtvertrages missbräuchlich sind; c. dem Verpächter aus der Vermietung wesentliche Nachteile ent- stehen.

3 Der Pächter haftet dem Verpächter dafür, dass der Unterpächter oder der Mieter die Sache nicht anders benutzt, als es ihm selbst gestattet ist. Der Verpächter kann Unterpächter und Mieter unmittelbar dazu anhal- ten.

Art. 292

Für die Übertragung der Pacht von Geschäftsräumen auf einen Dritten gilt Artikel 263 sinngemäss.

Art. 293

1 Gibt der Pächter die Sache zurück, ohne Kündigungsfrist oder -termin einzuhalten, so ist er von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Ver- pächter nur befreit, wenn er einen für den Verpächter zumutbaren neuen Pächter vorschlägt; dieser muss zahlungsfähig und bereit sein, den Pachtvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.

2 Andernfalls muss er den Pachtzins bis zu dem Zeitpunkt leisten, in dem das Pachtverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann.

3 Der Verpächter muss sich anrechnen lassen, was er: a. an Auslagen erspart und b. durch anderweitige Verwendung der Sache gewinnt oder ab- sichtlich zu gewinnen unterlassen hat.

Art. 294

Für die Verrechnung von Forderungen und Schulden aus dem Pachtver- hältnis gilt Artikel 265 sinngemäss.

Art. 295

1 Haben die Parteien eine bestimmte Dauer ausdrücklich oder still- schweigend vereinbart, so endet das Pachtverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf dieser Dauer.

2 Setzen die Parteien das Pachtverhältnis stillschweigend fort, so gilt es zu den gleichen Bedingungen jeweils für ein weiteres Jahr, wenn nichts anderes vereinbart ist.

3 Die Parteien können das fortgesetzte Pachtverhältnis mit der gesetzli- chen Frist auf das Ende eines Pachtjahres kündigen.

Art. 296

1 Die Parteien können das unbefristete Pachtverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten auf einen beliebigen Termin kündigen, sofern durch Vereinbarung oder Ortsgebrauch nichts anderes bestimmt und nach Art des Pachtgegenstandes kein anderer Parteiwille anzunehmen ist.

2 Bei der unbefristeten Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen können die Parteien mit einer Frist von mindestens sechs Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wenn es keinen Ortsgebrauch gibt, auf Ende einer dreimonatigen Pachtdauer kündigen. Sie können eine längere Frist und einen anderen Termin vereinbaren.

3 Halten die Parteien die Frist oder den Termin nicht ein, so gilt die Kün- digung für den nächstmöglichen Termin.

Art. 297

1 Aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung für sie unzu- mutbar machen, können die Parteien das Pachtverhältnis mit der gesetz- lichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen.

2 Der Richter bestimmt die vermögensrechtlichen Folgen der vorzeiti- gen Kündigung unter Würdigung aller Umstände.

Art. 297a

1 Fällt der Pächter nach Übernahme der Sache in Konkurs, so endet das Pachtverhältnis mit der Konkurseröffnung.

2 Erhält jedoch der Verpächter für den laufenden Pachtzins und das In- ventar hinreichende Sicherheiten, so muss er die Pacht bis zum Ende des Pachtjahres fortsetzen.

Art. 297b

Stirbt der Pächter, so können sowohl seine Erben als auch der Verpäch- ter mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kün- digen.

Art. 298

1 Verpächter und Pächter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen.

2 Der Verpächter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Pächter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Pachtverhältnisses verlangen will.

3 Die Kündigung ist nichtig, wenn sie diesen Anforderungen nicht ent- spricht.

Art. 299

1 Der Pächter gibt die Sache und das gesamte Inventar in dem Zustand zurück, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Rückgabe befinden.

2 Für Verbesserungen kann der Pächter Ersatz fordern, wenn sie sich ergeben haben aus: a. Anstrengungen, die über die gehörige Bewirtschaftung hinaus- gehen; b. Erneuerungen oder Änderungen, denen der Verpächter schrift- lich zugestimmt hat.

3 Für Verschlechterungen, die der Pächter bei gehöriger Bewirtschaf- tung hätte vermeiden können, muss er Ersatz leisten.

4 Vereinbarungen, in denen sich der Pächter im Voraus verpflichtet, bei Beendigung des Pachtverhältnisses eine Entschädigung zu entrichten, die anderes als die Deckung des allfälligen Schadens einschliesst, sind nichtig.

Art. 299a

1 Bei der Rückgabe muss der Verpächter den Zustand der Sache prüfen und Mängel, für die der Pächter einzustehen hat, diesem sofort melden.

2 Versäumt dies der Verpächter, so verliert er seine Ansprüche, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei übungsgemässer Untersuchung nicht erkennbar waren.

3 Entdeckt der Verpächter solche Mängel später, so muss er sie dem Pächter sofort melden.

Art. 299b

1 Wurde das Inventar bei der Übergabe der Sache geschätzt, so muss der Pächter bei Beendigung der Pacht ein nach Gattung und Schätzungswert gleiches Inventar zurückgeben oder den Minderwert ersetzen.

2 Der Pächter muss für fehlende Gegenstände keinen Ersatz leisten, wenn er nachweist, dass der Verlust auf ein Verschulden des Verpäch- ters oder auf höhere Gewalt zurückzuführen ist.

3 Der Pächter kann für den Mehrwert, der sich aus seinen Aufwendun- gen und seiner Arbeit ergeben hat, Ersatz fordern.

Art. 299c

Der Verpächter von Geschäftsräumen hat für einen verfallenen und ei- nen laufenden Pachtzins das gleiche Retentionsrecht wie der Vermieter für Mietzinsforderungen (Art. 268 ff.).

Art. 300

1 Für den Kündigungsschutz bei der Pacht von Wohn- und Geschäfts- räumen gilt das Mietrecht (Art. 271–273c) sinngemäss.

2 Nicht anwendbar sind die Bestimmungen über die Wohnung der Fa- milie (Art. 273a).

Art. 301

111 Das Verfahren richtet sich nach der ZPO

112

Art. 302

1 Bei der Viehpacht und Viehverstellung, die nicht mit einer landwirt- schaftlichen Pacht verbunden sind, gehört die Nutzung des eingestellten Viehs dem Einsteller, wenn Vertrag oder Ortsgebrauch nichts anderes bestimmen.

2 Der Einsteller muss die Fütterung und Pflege des Viehs übernehmen sowie dem Verpächter oder Versteller einen Zins in Geld oder einen Teil des Nutzens entrichten.

Art. 303

1 Bestimmen Vertrag oder Ortsgebrauch nichts anderes, so haftet der Einsteller für Schäden am eingestellten Vieh, wenn er nicht beweist, dass er die Schäden trotz sorgfältiger Hut und Pflege nicht vermeiden konnte.

2 Für ausserordentliche Pflegekosten kann der Einsteller vom Versteller Ersatz verlangen, wenn er sie nicht schuldhaft verursacht hat.

3 Der Einsteller muss schwerere Unfälle oder Erkrankungen dem Ver- steller so bald als möglich melden.

Art. 304

1 Ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, so kann ihn jede Partei auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen, wenn Vertrag oder Ortsgebrauch nichts anderes bestimmen.

2 Die Kündigung soll jedoch in guten Treuen und nicht zur Unzeit er- folgen.

Neunter Titel: Die Leihe

Erster Abschnitt: Die Gebrauchsleihe

Art. 305

Durch den Gebrauchsleihevertrag verpflichten sich der Verleiher, dem Entlehner eine Sache zu unentgeltlichem Gebrauche zu überlassen, und der Entlehner, dieselbe Sache nach gemachtem Gebrauche dem Verlei- her zurückzugeben.

Art. 306

1 Der Entlehner darf von der geliehenen Sache nur denjenigen Gebrauch machen, der sich aus dem Vertrage oder, wenn darüber nichts vereinbart ist, aus ihrer Beschaffenheit oder Zweckbestimmung ergibt.

2 Er darf den Gebrauch nicht einem andern überlassen.

3 Handelt der Entlehner diesen Bestimmungen zuwider, so haftet er auch für den Zufall, wenn er nicht beweist, dass dieser die Sache auch sonst getroffen hätte.

Art. 307

1 Der Entlehner trägt die gewöhnlichen Kosten für die Erhaltung der Sa- che, bei geliehenen Tieren insbesondere die Kosten der Fütterung.

2 Für ausserordentliche Verwendungen, die er im Interesse des Verlei- hers machen musste, kann er von diesem Ersatz fordern.

Art. 308

Haben mehrere eine Sache gemeinschaftlich entlehnt, so haften sie so- lidarisch.

Art. 309

1 Ist für die Gebrauchsleihe eine bestimmte Dauer nicht vereinbart, so endigt sie, sobald der Entlehner den vertragsmässigen Gebrauch ge- macht hat oder mit Ablauf der Zeit, binnen deren dieser Gebrauch hätte stattfinden können.

2 Der Verleiher kann die Sache früher zurückfordern, wenn der Entleh- ner sie vertragswidrig gebraucht oder verschlechtert oder einem Dritten zum Gebrauche überlässt, oder wenn er selbst wegen eines unvorherge- sehenen Falles der Sache dringend bedarf.

Art. 310

Wenn der Verleiher die Sache zu einem weder der Dauer noch dem Zwecke nach bestimmten Gebrauche überlassen hat, so kann er sie be- liebig zurückfordern.

Art. 311

Die Gebrauchsleihe endigt mit dem Tode des Entlehners.

Zweiter Abschnitt: Das Darlehen

Art. 312

Durch den Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darleiher zur Übertra- gung des Eigentums an einer Summe Geldes oder an andern vertretba- ren Sachen, der Borger dagegen zur Rückerstattung von Sachen der nämlichen Art in gleicher Menge und Güte.

Art. 313

1 Das Darlehen ist im gewöhnlichen Verkehre nur dann verzinslich, wenn Zinse verabredet sind.

2 Im kaufmännischen Verkehre sind auch ohne Verabredung Zinse zu bezahlen.

Art. 314

1 Wenn der Vertrag die Höhe des Zinsfusses nicht bestimmt, so ist der- jenige Zinsfuss zu vermuten, der zurzeit und am Orte des Darlehens- empfanges für die betreffende Art von Darlehen üblich war.

2 Mangels anderer Abrede sind versprochene Zinse als Jahreszinse zu entrichten.

3 Die vorherige Übereinkunft, dass die Zinse zum Kapital geschlagen und mit diesem weiter verzinst werden sollen, ist ungültig unter Vorbe- halt von kaufmännischen Zinsberechnungen im Kontokorrent und ähn- lichen Geschäftsformen, bei denen die Berechnung von Zinseszinsen üblich ist, wie namentlich bei Sparkassen.

Art. 315

Der Anspruch des Borgers auf Aushändigung und der Anspruch des Darleihers auf Annahme des Darlehens verjähren in sechs Monaten vom Eintritte des Verzuges an gerechnet.

Art. 316

1 Der Darleiher kann die Aushändigung des Darlehens verweigern, wenn der Borger seit dem Vertragsabschlusse zahlungsunfähig gewor- den ist.

2 Diese Befugnis steht dem Darleiher auch dann zu, wenn die Zahlungs- unfähigkeit schon vor Abschluss des Vertrages eingetreten, ihm aber erst nachher bekannt geworden ist.

Art. 317

1 Sind dem Borger statt der verabredeten Geldsumme Wertpapiere oder Waren gegeben worden, so gilt als Darlehenssumme der Kurswert oder der Marktpreis, den diese Papiere oder Waren zurzeit und am Orte der Hingabe hatten.

2 Eine entgegenstehende Übereinkunft ist nichtig.

Art. 318

Ein Darlehen, für dessen Rückzahlung weder ein bestimmter Termin noch eine Kündigungsfrist noch der Verfall auf beliebige Aufforderung hin vereinbart wurde, ist innerhalb sechs Wochen von der ersten Auf- forderung an zurückzubezahlen.

Zehnter Titel:

113 Der Arbeitsvertrag Erster Abschnitt: Der Einzelarbeitsvertrag

Art. 319

1 Durch den Einzelarbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung eines Lohnes, der nach Zeitab- schnitten (Zeitlohn) oder nach der geleisteten Arbeit (Akkordlohn) be- messen wird.

2 Als Einzelarbeitsvertrag gilt auch der Vertrag, durch den sich ein Ar- beitnehmer zur regelmässigen Leistung von stunden-, halbtage- oder ta- geweiser Arbeit (Teilzeitarbeit) im Dienst des Arbeitgebers verpflichtet.

Art. 320

1 Wird es vom Gesetz nicht anders bestimmt, so bedarf der Einzelar- beitsvertrag zu seiner Gültigkeit keiner besonderen Form.

2 Er gilt auch dann als abgeschlossen, wenn der Arbeitgeber Arbeit in seinem Dienst auf Zeit entgegennimmt, deren Leistung nach den Um- ständen nur gegen Lohn zu erwarten ist.

3 Leistet der Arbeitnehmer in gutem Glauben Arbeit im Dienste des Arbeitgebers auf Grund eines Arbeitsvertrages, der sich nachträglich als ungültig erweist, so haben beide Parteien die Pflichten aus dem Arbeits- verhältnis in gleicher Weise wie aus gültigem Vertrag zu erfüllen, bis dieses wegen Ungültigkeit des Vertrages vom einen oder andern aufge- hoben wird.

Art. 321

Der Arbeitnehmer hat die vertraglich übernommene Arbeit in eigener Person zu leisten, sofern nichts anderes verabredet ist oder sich aus den Umständen ergibt.

Art. 321a

1 Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragene Arbeit sorgfältig auszufüh- ren und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren.

2 Er hat Maschinen, Arbeitsgeräte, technische Einrichtungen und Anla- gen sowie Fahrzeuge des Arbeitgebers fachgerecht zu bedienen und diese sowie Material, die ihm zur Ausführung der Arbeit zur Verfügung gestellt werden, sorgfältig zu behandeln.

3 Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitnehmer keine Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten leisten, soweit er dadurch seine Treuepflicht verletzt, insbesondere den Arbeitgeber konkurren- ziert.

4 Der Arbeitnehmer darf geheim zu haltende Tatsachen, wie namentlich Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse, von denen er im Dienst des Arbeitgebers Kenntnis erlangt, während des Arbeitsverhältnisses nicht verwerten oder anderen mitteilen; auch nach dessen Beendigung bleibt er zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit es zur Wahrung der be- rechtigten Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist.

Art. 321b

1 Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber über alles, was er bei seiner vertraglichen Tätigkeit für diesen von Dritten erhält, wie namentlich Geldbeträge, Rechenschaft abzulegen und ihm alles sofort herauszuge- ben.

2 Er hat dem Arbeitgeber auch alles sofort herauszugeben, was er in Ausübung seiner vertraglichen Tätigkeit hervorbringt.

Art. 321c

1 Wird gegenüber dem zeitlichen Umfang der Arbeit, der verabredet oder üblich oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt ist, die Leistung von Überstundenarbeit notwendig, so ist der Arbeitnehmer dazu soweit verpflichtet, als er sie zu leisten vermag und sie ihm nach Treu und Glauben zugemutet werden kann.

2 Im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer kann der Arbeitgeber die Überstundenarbeit innert eines angemessenen Zeitraumes durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer ausgleichen.

3 Wird die Überstundenarbeit nicht durch Freizeit ausgeglichen und ist nichts anderes schriftlich verabredet oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt, so hat der Arbeitgeber für die Überstundenarbeit Lohn zu entrichten, der sich nach dem Normallohn samt einem Zuschlag von mindestens einem Viertel bemisst.

Art. 321d

1 Der Arbeitgeber kann über die Ausführung der Arbeit und das Verhal- ten der Arbeitnehmer im Betrieb oder Haushalt allgemeine Anordnun- gen erlassen und ihnen besondere Weisungen erteilen.

2 Der Arbeitnehmer hat die allgemeinen Anordnungen des Arbeitgebers und die ihm erteilten besonderen Weisungen nach Treu und Glauben zu befolgen.

Art. 321e

1 Der Arbeitnehmer ist für den Schaden verantwortlich, den er absicht- lich oder fahrlässig dem Arbeitgeber zufügt.

2 Das Mass der Sorgfalt, für die der Arbeitnehmer einzustehen hat, be- stimmt sich nach dem einzelnen Arbeitsverhältnis, unter Berücksichti- gung des Berufsrisikos, des Bildungsgrades oder der Fachkenntnisse, die zu der Arbeit verlangt werden, sowie der Fähigkeiten und Eigen- schaften des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber gekannt hat oder hätte kennen sollen.

Art. 322

1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer den Lohn zu entrichten, der verabredet oder üblich oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamt- arbeitsvertrag bestimmt ist.

2 Lebt der Arbeitnehmer in Hausgemeinschaft mit dem Arbeitgeber, so bildet der Unterhalt im Hause mit Unterkunft und Verpflegung einen Teil des Lohnes, sofern nichts anderes verabredet oder üblich ist.

Art. 322a

1 Hat der Arbeitnehmer vertraglich Anspruch auf einen Anteil am Ge- winn oder am Umsatz oder sonst am Geschäftsergebnis, so ist für die Berechnung des Anteils das Ergebnis des Geschäftsjahres massgebend, wie es nach den gesetzlichen Vorschriften und allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen festzustellen ist.

2 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer oder an dessen Stelle einem gemeinsam bestimmten oder vom Richter bezeichneten Sachverständi- gen die nötigen Aufschlüsse zu geben und Einsicht in die Geschäftsbü- cher zu gewähren, soweit dies zur Nachprüfung erforderlich ist.

3 Ist ein Anteil am Gewinn des Unternehmens verabredet, so ist dem Arbeitnehmer überdies auf Verlangen eine Abschrift der Erfolgsrech- nung zu übergeben.

114

Art. 322b

1 Ist eine Provision des Arbeitnehmers auf bestimmten Geschäften ver- abredet, so entsteht der Anspruch darauf, wenn das Geschäft mit dem Dritten rechtsgültig abgeschlossen ist.

2 Bei Geschäften mit gestaffelter Erfüllung sowie bei Versicherungsver- trägen kann schriftlich verabredet werden, dass der Provisionsanspruch auf jeder Rate mit ihrer Fälligkeit oder ihrer Leistung entsteht.

3 Der Anspruch auf Provision fällt nachträglich dahin, wenn das Ge- schäft vom Arbeitgeber ohne sein Verschulden nicht ausgeführt wird oder wenn der Dritte seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt; bei nur teil- weiser Erfüllung tritt eine verhältnismässige Herabsetzung der Provi- sion ein.

Art. 322c

1 Ist vertraglich nicht der Arbeitnehmer zur Aufstellung der Provisions- abrechnung verpflichtet, so hat ihm der Arbeitgeber auf jeden Fällig- keitstermin eine schriftliche Abrechnung, unter Angabe der provisions- pflichtigen Geschäfte, zu übergeben.

2 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer oder an dessen Stelle einem gemeinsam bestimmten oder vom Richter bezeichneten Sachverständi- gen die nötigen Aufschlüsse zu geben und Einsicht in die für die Ab- rechnung massgebenden Bücher und Belege zu gewähren, soweit dies zur Nachprüfung erforderlich ist.

Art. 322d

1 Richtet der Arbeitgeber neben dem Lohn bei bestimmten Anlässen, wie Weihnachten oder Abschluss des Geschäftsjahres, eine Sonderver- gütung aus, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, wenn es verabredet ist.

2 Endigt das Arbeitsverhältnis, bevor der Anlass zur Ausrichtung der Sondervergütung eingetreten ist, so hat der Arbeitnehmer einen An- spruch auf einen verhältnismässigen Teil davon, wenn es verabredet ist.

Art. 323

1 Sind nicht kürzere Fristen oder andere Termine verabredet oder üblich und ist durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt, so ist dem Arbeitnehmer der Lohn Ende jedes Mo- nats auszurichten.

2 Ist nicht eine kürzere Frist verabredet oder üblich, so ist die Provision Ende jedes Monats auszurichten; erfordert jedoch die Durchführung von Geschäften mehr als ein halbes Jahr, so kann durch schriftliche Abrede die Fälligkeit der Provision für diese Geschäfte hinausgeschoben wer- den.

3 Der Anteil am Geschäftsergebnis ist auszurichten, sobald dieses fest- gestellt ist, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Geschäfts- jahres.

4 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer nach Massgabe der geleisteten Arbeit den Vorschuss zu gewähren, dessen der Arbeitnehmer infolge einer Notlage bedarf und den der Arbeitgeber billigerweise zu gewähren vermag.

Art. 323a

1 Sofern es verabredet oder üblich oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt ist, darf der Arbeitgeber einen Teil des Lohnes zurückbehalten.

2 Von dem am einzelnen Zahltag fälligen Lohn darf nicht mehr als ein Zehntel des Lohnes und im gesamten nicht mehr als der Lohn für eine Arbeitswoche zurückbehalten werden; jedoch kann ein höherer Lohn- rückbehalt durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag vor- gesehen werden.

3 Ist nichts anderes verabredet oder üblich oder durch Normalarbeitsver- trag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt, so gilt der zurückbehaltene Lohn als Sicherheit für die Forderungen des Arbeitgebers aus dem Ar- beitsverhältnis und nicht als Konventionalstrafe.

Art. 323b

1 Der Geldlohn ist dem Arbeitnehmer in gesetzlicher Währung innert der Arbeitszeit auszurichten, sofern nichts anderes verabredet oder üb- lich ist; dem Arbeitnehmer ist eine schriftliche Abrechnung zu überge- ben.

2 Der Arbeitgeber darf Gegenforderungen mit der Lohnforderung nur soweit verrechnen, als diese pfändbar ist, jedoch dürfen Ersatzforderun- gen für absichtlich zugefügten Schaden unbeschränkt verrechnet wer- den.

3 Abreden über die Verwendung des Lohnes im Interesse des Arbeitge- bers sind nichtig.

Art. 324

1 Kann die Arbeit infolge Verschuldens des Arbeitgebers nicht geleistet werden oder kommt er aus anderen Gründen mit der Annahme der Ar- beitsleistung in Verzug, so bleibt er zur Entrichtung des Lohnes ver- pflichtet, ohne dass der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist.

2 Der Arbeitnehmer muss sich auf den Lohn anrechnen lassen, was er wegen Verhinderung an der Arbeitsleistung erspart oder durch ander- weitige Arbeit erworben oder zu erwerben absichtlich unterlassen hat.

Art. 324a

1 Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung ei- nes öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den da- rauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergü- tung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist.

2 Sind durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag nicht längere Zeitabschnitte bestimmt, so hat der Arbeitgeber im ersten Dienstjahr den Lohn für drei Wochen und nachher für eine angemessene längere Zeit zu entrichten, je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und den besonderen Umständen.

3 Bei Schwangerschaft der Arbeitnehmerin hat der Arbeitgeber den Lohn im gleichen Umfang zu entrichten.

4 Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeits- vertrag kann eine von den vorstehenden Bestimmungen abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertig ist.

Art. 324b

1 Ist der Arbeitnehmer auf Grund gesetzlicher Vorschrift gegen die wirt- schaftlichen Folgen unverschuldeter Arbeitsverhinderung aus Gründen, die in seiner Person liegen, obligatorisch versichert, so hat der Arbeit- geber den Lohn nicht zu entrichten, wenn die für die beschränkte Zeit geschuldeten Versicherungsleistungen mindestens vier Fünftel des da- rauf entfallenden Lohnes decken.

2 Sind die Versicherungsleistungen geringer, so hat der Arbeitgeber die Differenz zwischen diesen und vier Fünfteln des Lohnes zu entrichten.

3 Werden die Versicherungsleistungen erst nach einer Wartezeit ge- währt, so hat der Arbeitgeber für diese Zeit mindestens vier Fünftel des Lohnes zu entrichten.

116

Art. 325

1 Zur Sicherung familienrechtlicher Unterhalts- und Unterstützungs- pflichten kann der Arbeitnehmer künftige Lohnforderungen so weit ab-

117 treten oder verpfänden, als sie pfändbar sind; auf Ansuchen eines Betei- ligten setzt das Betreibungsamt am Wohnsitz des Arbeitnehmers den nach Artikel 93 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 1889

118 unpfändbaren Betrag fest.

2 Die Abtretung und die Verpfändung künftiger Lohnforderungen zur Sicherung anderer Verbindlichkeiten sind nichtig.

Art. 326

1 Hat der Arbeitnehmer vertragsgemäss ausschliesslich Akkordlohnar- beit nur für einen Arbeitgeber zu leisten, so hat dieser genügend Arbeit zuzuweisen.

2 Ist der Arbeitgeber ohne sein Verschulden ausserstande, vertragsge- mässe Akkordlohnarbeit zuzuweisen oder verlangen die Verhältnisse des Betriebes vorübergehend die Leistung von Zeitlohnarbeit, so kann dem Arbeitnehmer solche zugewiesen werden.

3 Ist der Zeitlohn nicht durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Ge- samtarbeitsvertrag bestimmt, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den vorher durchschnittlich verdienten Akkordlohn zu entrichten.

4 Kann der Arbeitgeber weder genügend Akkordlohnarbeit noch Zeit- lohnarbeit zuweisen, so bleibt er gleichwohl verpflichtet, nach den Vor- schriften über den Annahmeverzug den Lohn zu entrichten, den er bei Zuweisung von Zeitlohnarbeit zu entrichten hätte.

Art. 326a

1 Hat der Arbeitnehmer vertraglich Akkordlohnarbeit zu leisten, so hat ihm der Arbeitgeber den Akkordlohnansatz vor Beginn der einzelnen Arbeit bekanntzugeben.

2 Unterlässt der Arbeitgeber diese Bekanntgabe, so hat er den Lohn nach dem für gleichartige oder ähnliche Arbeiten festgesetzten Ansatz zu ent- richten.

Art. 327

1 Ist nichts anderes verabredet oder üblich, so hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit den Geräten und dem Material auszurüsten, die dieser zur Arbeit benötigt.

2 Stellt im Einverständnis mit dem Arbeitgeber der Arbeitnehmer selbst Geräte oder Material für die Ausführung der Arbeit zur Verfügung, so ist er dafür angemessen zu entschädigen, sofern nichts anderes verabre- det oder üblich ist.

118

Art. 327a

1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen, bei Arbeit an aus- wärtigen Arbeitsorten auch die für den Unterhalt erforderlichen Auf- wendungen.

2 Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeits- vertrag kann als Auslagenersatz eine feste Entschädigung, wie nament- lich ein Taggeld oder eine pauschale Wochen- oder Monatsvergütung festgesetzt werden, durch die jedoch alle notwendig entstehenden Aus- lagen gedeckt werden müssen.

3 Abreden, dass der Arbeitnehmer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise selbst zu tragen habe, sind nichtig.

Art. 327b

1 Benützt der Arbeitnehmer im Einverständnis mit dem Arbeitgeber für seine Arbeit ein von diesem oder ein von ihm selbst gestelltes Motor- fahrzeug, so sind ihm die üblichen Aufwendungen für dessen Betrieb und Unterhalt nach Massgabe des Gebrauchs für die Arbeit zu vergüten.

2 Stellt der Arbeitnehmer im Einverständnis mit dem Arbeitgeber selbst ein Motorfahrzeug, so sind ihm überdies die öffentlichen Abgaben für das Fahrzeug, die Prämien für die Haftpflichtversicherung und eine an- gemessene Entschädigung für die Abnützung des Fahrzeugs nach Mas- sgabe des Gebrauchs für die Arbeit zu vergüten.

119

Art. 327c

1 Auf Grund der Abrechnung des Arbeitnehmers ist der Auslagenersatz jeweils zusammen mit dem Lohn auszurichten, sofern nicht eine kürzere Frist verabredet oder üblich ist.

2 Hat der Arbeitnehmer zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten regel- mässig Auslagen zu machen, so ist ihm ein angemessener Vorschuss in bestimmten Zeitabständen, mindestens aber jeden Monat auszurichten.

Art. 328

1 Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Ar- beitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebüh- rend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sor- gen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und

119 Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.

2 Er hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik an- wendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemes- sen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung

121 ihm billigerweise zugemutet werden kann.

122

Art. 328a

1 Lebt der Arbeitnehmer in Hausgemeinschaft mit dem Arbeitgeber, so hat dieser für ausreichende Verpflegung und einwandfreie Unterkunft zu sorgen.

2 Wird der Arbeitnehmer ohne sein Verschulden durch Krankheit oder Unfall an der Arbeitsleistung verhindert, so hat der Arbeitgeber Pflege und ärztliche Behandlung für eine beschränkte Zeit zu gewähren, im ersten Dienstjahr für drei Wochen und nachher für eine angemessene längere Zeit, je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und den beson- deren Umständen.

3 Bei Schwangerschaft und Niederkunft der Arbeitnehmerin hat der Ar- beitgeber die gleichen Leistungen zu gewähren.

Art. 328b

123 Der Arbeitgeber darf Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten, so- weit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes vom 25. September 2020

125

Art. 329

1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer jede Woche einen freien Tag zu gewähren, in der Regel den Sonntag oder, wo dies nach den Verhält- nissen nicht möglich ist, einen vollen Werktag.

2 Unter besonderen Umständen können dem Arbeitnehmer mit dessen Zustimmung ausnahmsweise mehrere freie Tage zusammenhängend oder statt eines freien Tages zwei freie Halbtage eingeräumt werden.

3 Dem Arbeitnehmer sind im Übrigen die üblichen freien Stunden und Tage und nach erfolgter Kündigung die für das Aufsuchen einer anderen Arbeitsstelle erforderliche Zeit zu gewähren.

4 Bei der Bestimmung der Freizeit ist auf die Interessen des Arbeitge- bers wie des Arbeitnehmers angemessen Rücksicht zu nehmen.

Art. 329a

1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer jedes Dienstjahr wenigstens vier Wochen, dem Arbeitnehmer bis zum vollendeten 20. Altersjahr wenigstens fünf Wochen Ferien zu gewähren.

3 Für ein unvollständiges Dienstjahr sind Ferien entsprechend der Dauer des Arbeitsverhältnisses im betreffenden Dienstjahr zu gewähren.

Art. 329b

1 Ist der Arbeitnehmer durch sein Verschulden während eines Dienst- jahres insgesamt um mehr als einen Monat an der Arbeitsleistung ver- hindert, so kann der Arbeitgeber die Ferien für jeden vollen Monat der Verhinderung um einen Zwölftel kürzen.

2 Beträgt die Verhinderung insgesamt nicht mehr als einen Monat im Dienstjahr und ist sie durch Gründe, die in der Person des Arbeitneh- mers liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten, Ausübung eines öffentlichen Amtes oder Jugendurlaub, ohne Verschul- den des Arbeitnehmers verursacht, so dürfen die Ferien vom Arbeitge- ber nicht gekürzt werden.

3 Die Ferien dürfen vom Arbeitgeber auch nicht gekürzt werden, wenn: a. eine Arbeitnehmerin wegen Schwangerschaft bis zu zwei Mo- nate an der Arbeitsleistung verhindert ist; b. eine Arbeitnehmerin einen Mutterschaftsurlaub nach Arti- kel 329f bezogen hat;

130 c.

131 eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer den Urlaub des an- dern Elternteils nach Artikel 329g oder den Urlaub im Falle des Todes der Mutter nach Artikel 329g bezogen hat; d. eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer einen Betreuungs- urlaub nach Artikel 329i bezogen hat, e.

132 eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer einen Adoptionsur- laub nach Artikel 329j bezogen hat.

4 Durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine von den Absätzen 2 und 3 abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer im Ganzen mindestens gleichwertig ist.

134

Art. 329c

1 Die Ferien sind in der Regel im Verlauf des betreffenden Dienstjahres zu gewähren; wenigstens zwei Ferienwochen müssen zusammenhän- gen.

2 Der Arbeitgeber bestimmt den Zeitpunkt der Ferien und nimmt dabei auf die Wünsche des Arbeitnehmers soweit Rücksicht, als dies mit den Interessen des Betriebes oder Haushaltes vereinbar ist.

Art. 329d

1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer für die Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn und eine angemessene Entschädigung für aus- fallenden Naturallohn zu entrichten.

2 Die Ferien dürfen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden.

3 Leistet der Arbeitnehmer während der Ferien entgeltliche Arbeit für einen Dritten und werden dadurch die berechtigten Interessen des Ar- beitgebers verletzt, so kann dieser den Ferienlohn verweigern und be- reits bezahlten Ferienlohn zurückverlangen.

135

Art. 329e

1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer bis zum vollendeten 30. Al- tersjahr für unentgeltliche leitende, betreuende oder beratende Tätigkeit im Rahmen ausserschulischer Jugendarbeit in einer kulturellen oder so- zialen Organisation sowie für die dazu notwendige Aus- und Weiterbil- dung jedes Dienstjahr Jugendurlaub bis zu insgesamt einer Arbeitswo- che zu gewähren.

2 Der Arbeitnehmer hat während des Jugendurlaubs keinen Lohnan- spruch. Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann zugunsten des Arbeitnehmers eine andere Regelung getroffen wer- den.

3 Über den Zeitpunkt und die Dauer des Jugendurlaubs einigen sich Ar- beitgeber und Arbeitnehmer; sie berücksichtigen dabei ihre beidseitigen Interessen. Kommt eine Einigung nicht zustande, dann muss der Jugen- durlaub gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Geltendmachung seines Anspruches zwei Monate im Voraus angezeigt hat. Nicht bezogene Jugendurlaubstage verfallen am Ende des Kalen- derjahres.

4 Der Arbeitnehmer hat auf Verlangen des Arbeitgebers seine Tätigkei- ten und Funktionen in der Jugendarbeit nachzuweisen.

Art. 329f

1 Nach der Niederkunft hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen.

2 Bei Hospitalisierung des Neugeborenen verlängert sich der Mutter- schaftsurlaub um die verlängerte Dauer der Ausrichtung der Mutter- schaftsentschädigung.

3 Im Falle des Todes des andern Elternteils während der sechs Monate nach der Geburt des Kindes hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf zwei Wochen zusätzlichen Urlaub; sie kann diesen Urlaub innert einer Rah- menfrist von sechs Monaten ab dem Tag nach dem Tod wochen- oder tageweise beziehen.

139

Art. 329g

1 Anspruch auf den Urlaub des andern Elternteils von zwei Wochen hat: a. der Arbeitnehmer, der im Zeitpunkt der Geburt des Kindes des- sen rechtlicher Vater ist oder dies innerhalb der folgenden sechs Monate wird; b. die Arbeitnehmerin, die im Zeitpunkt der Geburt des Kindes der rechtliche andere Elternteil ist.

2 Der Urlaub muss innert der sechs Monate nach der Geburt des Kindes bezogen werden. Diese Frist steht während des Urlaubs nach Arti- kel 329g still.

3 Der Urlaub kann wochen- oder tageweise bezogen werden.

Art. 329g

1 Stirbt die Mutter am Tag der Niederkunft oder während der 14 Wo- chen danach, so hat der andere Elternteil Anspruch auf einen Urlaub von 14 Wochen; dieser Urlaub muss ab dem Tag nach dem Tod an aufeinan- derfolgenden Tagen bezogen werden.

2 Der andere Elternteil hat Anspruch auf den Urlaub, wenn das Kindes- verhältnis am Todestag begründet ist oder während der 14 Wochen da- nach begründet wird.

3 Bei Hospitalisierung des Neugeborenen nach Artikel 329f Absatz 2 verlängert sich der Urlaub nach Absatz 1 um die Dauer der Hospitali- sierung, höchstens jedoch um acht Wochen.

Art. 329h

142 Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlten Urlaub für die Zeit, die zur Betreuung eines Familienmitglieds, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners mit gesundheitlicher Beein- trächtigung notwendig ist; der Urlaub beträgt jedoch höchstens drei Tage pro Ereignis und höchstens zehn Tage pro Jahr.

142

Art. 329i

1 Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Be- treuungsentschädigung nach den Artikeln 16n–16s EOG

144 , weil ihr oder sein Kind wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer be- einträchtigt ist, so hat sie oder er Anspruch auf einen Betreuungsurlaub von höchstens 14 Wochen.

2 Der Betreuungsurlaub ist innerhalb einer Rahmenfrist von 18 Monaten zu beziehen. Die Rahmenfrist beginnt mit dem Tag, für den das erste Taggeld bezogen wird.

3 Sind beide Eltern Arbeitnehmende, so hat jeder Elternteil Anspruch auf einen Betreuungsurlaub von höchstens sieben Wochen. Sie können eine abweichende Aufteilung des Urlaubs wählen.

4 Der Urlaub kann am Stück oder tageweise bezogen werden.

5 Der Arbeitgeber ist über die Modalitäten des Urlaubsbezugs sowie über Änderungen unverzüglich zu informieren.

Art. 329j

1 Nimmt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ein Kind zur Adop- tion auf, so hat sie oder er bei Erfüllen der Voraussetzungen gemäss Artikel 16t EOG

146 Anspruch auf einen Adoptionsurlaub von zwei Wo- chen.

2 Der Adoptionsurlaub muss innerhalb des ersten Jahres nach Aufnahme des Kindes bezogen werden.

3 Er kann von einem Elternteil bezogen oder unter den Eltern aufgeteilt werden. Ein gleichzeitiger Bezug ist ausgeschlossen.

4 Er kann wochen- oder tageweise bezogen werden.

Art. 330

1 Übergibt der Arbeitnehmer zur Sicherung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis dem Arbeitgeber eine Kaution, so hat sie dieser von seinem Vermögen getrennt zu halten und ihm dafür Sicherheit zu leisten.

2 Der Arbeitgeber hat die Kaution spätestens bei Beendigung des Ar- beitsverhältnisses zurückzugeben, sofern nicht durch schriftliche Ab- rede der Zeitpunkt der Rückgabe hinausgeschoben ist.

3 Macht der Arbeitgeber Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis gel- tend und sind diese streitig, so kann er die Kaution bis zum Entscheid darüber insoweit zurückbehalten, muss aber auf Verlangen des Arbeit- nehmers den zurückbehaltenen Betrag gerichtlich hinterlegen.

4 Im Konkurs des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer die Rückgabe der von dem Vermögen des Arbeitgebers getrennt gehaltenen Kaution verlangen, unter Vorbehalt der Forderungen des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis.

Art. 330a

1 Der Arbeitnehmer kann jederzeit vom Arbeitgeber ein Zeugnis verlan- gen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht.

2 Auf besonderes Verlangen des Arbeitnehmers hat sich das Zeugnis auf Angaben über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses zu beschrän- ken.

Art. 330b

1 Wurde das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit oder für mehr als einen Monat eingegangen, so muss der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses den Arbeitnehmer schrift- lich informieren über: a. die Namen der Vertragsparteien; b. das Datum des Beginns des Arbeitsverhältnisses; c. die Funktion des Arbeitnehmers; d. den Lohn und allfällige Lohnzuschläge; e. die wöchentliche Arbeitszeit.

2 Werden Vertragselemente, die nach Absatz 1 mitteilungspflichtig sind, während des Arbeitsverhältnisses geändert, so sind die Änderun- gen dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nachdem sie wirksam geworden sind, schriftlich mitzuteilen.

147

Art. 331

1 Macht der Arbeitgeber Zuwendungen für die Personalvorsorge

149 oder leisten die Arbeitnehmer Beiträge daran, so hat der Arbeitgeber diese Zuwendungen und Beiträge auf eine Stiftung, eine Genossenschaft oder eine Einrichtung des öffentlichen Rechtes zu übertragen.

2 Werden die Zuwendungen des Arbeitgebers und allfällige Beiträge des Arbeitnehmers zu dessen Gunsten für eine Kranken-, Unfall-, Lebens-, Invaliden- oder Todesfallversicherung bei einer der Versicherungsauf- sicht unterstellten Unternehmung oder bei einer anerkannten Kranken- kasse verwendet, so hat der Arbeitgeber die Übertragung gemäss vor- stehendem Absatz nicht vorzunehmen, wenn dem Arbeitnehmer mit dem Eintritt des Versicherungsfalles ein selbständiges Forderungsrecht gegen den Versicherungsträger zusteht.

3 Hat der Arbeitnehmer Beiträge an eine Vorsorgeeinrichtung zu leisten, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, zur gleichen Zeit mindestens gleich hohe Beiträge wie die gesamten Beiträge aller Arbeitnehmer zu entrich- ten; er erbringt seine Beiträge aus eigenen Mitteln oder aus Beitragsre- serven der Vorsorgeeinrichtung, die von ihm vorgängig hierfür geäufnet worden und gesondert ausgewiesen sind. Der Arbeitgeber muss den vom Lohn des Arbeitnehmers abgezogenen Beitragsanteil zusammen mit seinem Beitragsanteil spätestens am Ende des ersten Monats nach dem Kalender- oder Versicherungsjahr, für das die Beiträge geschuldet sind, an die Vorsorgeeinrichtung überweisen.

4 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer über die ihm gegen eine Vor- sorgeeinrichtung

151 oder einen Versicherungsträger zustehenden Forde- rungsrechte den erforderlichen Aufschluss zu erteilen.

5 Auf Verlangen der Zentralstelle 2. Säule ist der Arbeitgeber verpflich- tet, ihr die Angaben zu liefern, die ihm vorliegen und die geeignet sind, die Berechtigten vergessener Guthaben oder die Einrichtungen, welche solche Guthaben führen, zu finden.

152

Art. 331a

1 Der Vorsorgeschutz beginnt mit dem Tag, an dem das Arbeitsverhält- nis anfängt, und endet an dem Tag, an welchem der Arbeitnehmer die Vorsorgeeinrichtung verlässt.

2 Der Arbeitnehmer geniesst jedoch einen Vorsorgeschutz gegen Tod und Invalidität, bis er in ein neues Vorsorgeverhältnis eingetreten ist, längstens aber während eines Monats.

3 Für den nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses gewährten Vor- sorgeschutz kann die Vorsorgeeinrichtung vom Arbeitnehmer Risiko- beiträge verlangen.

Art. 331b

154 Die Forderung auf künftige Vorsorgeleistungen kann vor der Fälligkeit gültig weder abgetreten noch verpfändet werden.

Art. 331c

155 Vorsorgeeinrichtungen dürfen für die Risiken Tod und Invalidität einen Vorbehalt aus gesundheitlichen Gründen machen. Dieser darf höchstens fünf Jahre betragen.

Art. 331d

1 Der Arbeitnehmer kann bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen seinen Anspruch auf Vorsorgeleistungen oder ei- nen Betrag bis zur Höhe seiner Freizügigkeitsleistung für Wohneigen- tum zum eigenen Bedarf verpfänden.

2 Die Verpfändung ist auch zulässig für den Erwerb von Anteilscheinen einer Wohnbaugenossenschaft oder ähnlicher Beteiligungen, wenn der Arbeitnehmer eine dadurch mitfinanzierte Wohnung selbst benutzt.

3 Die Verpfändung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Anzeige an die Vorsorgeeinrichtung.

4 Arbeitnehmer, die das 50. Altersjahr überschritten haben, dürfen höchstens die Freizügigkeitsleistung, auf die sie im 50. Altersjahr Anspruch gehabt hätten, oder die Hälfte der Freizügigkeitsleistung im Zeitpunkt der Verpfändung als Pfand einsetzen.

5 Ist der Arbeitnehmer verheiratet, so ist die Verpfändung nur zulässig, wenn sein Ehegatte schriftlich zustimmt. Kann der Arbeitnehmer die Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm verweigert, so kann er das Zivilgericht anrufen.

157 Die gleiche Regelung gilt bei eingetragenen Partnerschaften.

6 Wird das Pfand vor dem Vorsorgefall oder vor der Barauszahlung ver- wertet, so finden die Artikel 30d, 30e, 30g und 83a des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982

159 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge Anwendung.

7 Der Bundesrat bestimmt: a. die zulässigen Verpfändungszwecke und den Begriff «Wohnei- gentum zum eigenen Bedarf»; b. welche Voraussetzungen bei der Verpfändung von Anteilschei- nen einer Wohnbaugenossenschaft oder ähnlicher Beteiligun- gen zu erfüllen sind.

Art. 331e

1 Der Arbeitnehmer kann bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen von seiner Vorsorgeeinrichtung einen Betrag für Wohneigentum zum eigenen Bedarf geltend machen.

2 Arbeitnehmer dürfen bis zum 50. Altersjahr einen Betrag bis zur Höhe der Freizügigkeitsleistung beziehen. Versicherte, die das 50. Altersjahr überschritten haben, dürfen höchstens die Freizügigkeitsleistung, auf die sie im 50. Altersjahr Anspruch gehabt hätten, oder die Hälfte der Freizügigkeitsleistung im Zeitpunkt des Bezuges in Anspruch nehmen.

3 Der Arbeitnehmer kann diesen Betrag auch für den Erwerb von An- teilscheinen einer Wohnbaugenossenschaft oder ähnlicher Beteiligun- gen verwenden, wenn er eine dadurch mitfinanzierte Wohnung selbst benutzt.

4 Mit dem Bezug wird gleichzeitig der Anspruch auf Vorsorgeleistun- gen entsprechend den jeweiligen Vorsorgereglementen und den techni- schen Grundlagen der Vorsorgeeinrichtung gekürzt. Um eine Einbusse des Vorsorgeschutzes durch eine Leistungskürzung bei Tod oder Inva- lidität zu vermeiden, bietet die Vorsorgeeinrichtung eine Zusatzversi- cherung an oder vermittelt eine solche.

5 Ist der Arbeitnehmer verheiratet, so sind der Bezug und jede nachfol- gende Begründung eines Grundpfandrechts nur zulässig, wenn sein Ehegatte schriftlich zustimmt. Kann der Arbeitnehmer die Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm verweigert, so kann er das Zivilgericht anrufen. Die gleiche Regelung gilt bei eingetragenen Partnerschaften.

6 Werden Ehegatten vor Eintritt eines Vorsorgefalles geschieden, so gilt der Vorbezug als Freizügigkeitsleistung und wird nach Artikel 123 des Zivilgesetzbuches

163 , den Artikeln 280 und 281 ZPO

164 und den Arti- keln 22–22b des Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 1993

165 ge- teilt. Die gleiche Regelung gilt bei gerichtlicher Auflösung einer einge- tragenen Partnerschaft.

7 Wird durch den Vorbezug oder die Verpfändung die Liquidität der Vorsorgeeinrichtung in Frage gestellt, so kann diese die Erledigung der entsprechenden Gesuche aufschieben. Sie legt in ihrem Reglement eine Prioritätenordnung für das Aufschieben dieser Vorbezüge beziehungs- weise Verpfändungen fest. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

8 Im Übrigen gelten die Artikel 30d, 30e, 30g und 83a des Bundesge- setzes vom 25. Juni 1982

167 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge.

168

Art. 331f

1 Die Vorsorgeeinrichtung kann in ihrem Reglement vorsehen, dass während der Dauer einer Unterdeckung die Verpfändung, der Vorbezug und die Rückzahlung zeitlich und betragsmässig eingeschränkt oder ganz verweigert werden können.

2 Der Bundesrat legt die Voraussetzungen fest, unter denen die Ein- schränkungen nach Absatz 1 zulässig sind, und bestimmt deren Umfang.

Art. 332

1 Erfindungen und Designs, die der Arbeitnehmer bei Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit und in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten

170 macht oder an deren Hervorbringung er mitwirkt, gehören unabhängig von ihrer Schutzfähigkeit dem Arbeitgeber.

2 Durch schriftliche Abrede kann sich der Arbeitgeber den Erwerb von Erfindungen und Designs ausbedingen, die vom Arbeitnehmer bei Aus- übung seiner dienstlichen Tätigkeit, aber nicht in Erfüllung seiner ver- traglichen Pflichten gemacht werden.

3 Der Arbeitnehmer, der eine Erfindung oder ein Design gemäss Ab- satz 2 macht, hat davon dem Arbeitgeber schriftlich Kenntnis zu geben; dieser hat ihm innert sechs Monaten schriftlich mitzuteilen, ob er die Erfindung beziehungsweise das Design erwerben will oder sie dem Ar- beitnehmer freigibt.

4 Wird die Erfindung oder das Design dem Arbeitnehmer nicht freige- geben, so hat ihm der Arbeitgeber eine besondere angemessene Vergü- tung auszurichten; bei deren Festsetzung sind alle Umstände zu berück- sichtigen, wie namentlich der wirtschaftliche Wert der Erfindung beziehungsweise des Designs, die Mitwirkung des Arbeitgebers, die In- anspruchnahme seiner Hilfspersonen und Betriebseinrichtungen, sowie die Aufwendungen des Arbeitnehmers und seine Stellung im Betrieb.

Art. 332a

171

Art. 333

1 Überträgt der Arbeitgeber den Betrieb oder einen Betriebsteil auf einen Dritten, so geht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten mit dem Tage der Betriebsnachfolge auf den Erwerber über, sofern der Arbeitnehmer den Übergang nicht ablehnt.

173 Ist auf das übertragene Arbeitsverhältnis ein Gesamtarbeitsvertrag anwendbar, so muss der Erwerber diesen während eines Jahres einhal- ten, sofern er nicht vorher abläuft oder infolge Kündigung endet.

2 Bei Ablehnung des Überganges wird das Arbeitsverhältnis auf den Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist aufgelöst; der Erwerber des Betriebes und der Arbeitnehmer sind bis dahin zur Erfüllung des Ver- trages verpflichtet.

3 Der bisherige Arbeitgeber und der Erwerber des Betriebes haften soli- darisch für die Forderungen des Arbeitnehmers, die vor dem Übergang fällig geworden sind und die nachher bis zum Zeitpunkt fällig werden,

174 auf den das Arbeitsverhältnis ordentlicherweise beendigt werden könnte oder bei Ablehnung des Überganges durch den Arbeitnehmer beendigt wird.

4 Im übrigen ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, die Rechte aus dem Arbeitsverhältnis auf einen Dritten zu übertragen, sofern nichts anderes verabredet ist oder sich aus den Umständen ergibt.

Art. 333a

1 Überträgt ein Arbeitgeber den Betrieb oder einen Betriebsteil auf einen Dritten, so hat er die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer rechtzeitig vor dem Vollzug des Übergangs zu informieren über: a. den Grund des Übergangs; b. die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Über- gangs für die Arbeitnehmer.

2 Sind infolge des Übergangs Massnahmen beabsichtigt, welche die Arbeitnehmer betreffen, so ist die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, sind die Arbeitnehmer rechtzeitig vor dem Entscheid über diese Massnahmen zu konsultieren.

Art. 333b

176 Wird der Betrieb oder der Betriebsteil während einer Nachlassstundung, im Rahmen eines Konkurses oder eines Nachlassvertrages mit Vermö- gensabtretung übertragen, so geht das Arbeitsverhältnis mit allen Rech- ten und Pflichten auf den Erwerber über, wenn dies mit dem Erwerber so vereinbart wurde und der Arbeitnehmer den Übergang nicht ablehnt. Im Übrigen gelten die Artikel 333, ausgenommen dessen Absatz 3, und 333a sinngemäss.

Art. 334

1 Ein befristetes Arbeitsverhältnis endigt ohne Kündigung.

2 Wird ein befristetes Arbeitsverhältnis nach Ablauf der vereinbarten Dauer stillschweigend fortgesetzt, so gilt es als unbefristetes Arbeits- verhältnis.

3 Nach Ablauf von zehn Jahren kann jede Vertragspartei ein auf längere Dauer abgeschlossenes befristetes Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer

177 Kündigungsfrist von sechs Monaten auf das Ende eines Monats kündi- gen.

Art. 335

1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei ge- kündigt werden.

2 Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt.

Art. 335a

1 Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer dürfen keine verschiedenen Kün- digungsfristen festgesetzt werden; bei widersprechender Abrede gilt für beide die längere Frist.

2 Hat der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wirtschaftlichen Grün- den gekündigt oder eine entsprechende Absicht kundgetan, so dürfen jedoch durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag für den Arbeitnehmer kürzere Kündigungsfristen vereinbart werden.

Art. 335b

1 Das Arbeitsverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses.

2 Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeits- vertrag können abweichende Vereinbarungen getroffen werden; die Probezeit darf jedoch auf höchstens drei Monate verlängert werden.

3 Bei einer effektiven Verkürzung der Probezeit infolge Krankheit, Un- fall oder Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht erfolgt eine entsprechende Verlängerung der Probezeit.

Art. 335c

1 Das Arbeitsverhältnis kann im ersten Dienstjahr mit einer Kündi- gungsfrist von einem Monat, im zweiten bis und mit dem neunten Dienstjahr mit einer Frist von zwei Monaten und nachher mit einer Frist von drei Monaten je auf das Ende eines Monats gekündigt werden.

2 Diese Fristen dürfen durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag abgeändert werden; unter einen Monat dür- fen sie jedoch nur durch Gesamtarbeitsvertrag und nur für das erste Dienstjahr herabgesetzt werden.

3 Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und hat die Arbeitneh- merin oder der Arbeitnehmer vor Ende des Arbeitsverhältnisses An- spruch auf den Urlaub des andern Elternteils nach Artikel 329g, so wird die Kündigungsfrist um die noch nicht bezogenen Urlaubstage verlän- gert.

182

Art. 335d

183 Als Massenentlassung gelten Kündigungen, die der Arbeitgeber innert 30 Tagen in einem Betrieb aus Gründen ausspricht, die in keinem Zu- sammenhang mit der Person des Arbeitnehmers stehen, und von denen betroffen werden: 1. mindestens 10 Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigen; 2. mindestens 10 Prozent der Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mindestens 100 und weniger als 300 Arbeitnehmer be- schäftigen; 3. mindestens 30 Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel min- destens 300 Arbeitnehmer beschäftigen.

Art. 335e

1 Die Bestimmungen über die Massenentlassung gelten auch für befris- tete Arbeitsverhältnisse, wenn diese vor Ablauf der vereinbarten Dauer enden.

2 Sie gelten nicht für Betriebseinstellungen infolge gerichtlicher Ent- scheide sowie bei Massenentlassung im Konkurs oder bei einem Nach- lassvertrag mit Vermögensabtretung.

185

Art. 335f

1 Beabsichtigt der Arbeitgeber, eine Massenentlassung vorzunehmen, so hat er die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer zu konsultieren.

2 Er gibt ihnen zumindest die Möglichkeit, Vorschläge zu unterbreiten, wie die Kündigungen vermieden oder deren Zahl beschränkt sowie ihre Folgen gemildert werden können.

3 Er muss der Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, den Arbeitnehmern alle zweckdienlichen Auskünfte erteilen und ihnen auf jeden Fall schriftlich mitteilen: a. die Gründe der Massenentlassung; b. die Zahl der Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll; c. die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer; d. den Zeitraum, in dem die Kündigungen ausgesprochen werden sollen.

4 Er stellt dem kantonalen Arbeitsamt eine Kopie der Mitteilung nach Absatz 3 zu.

Art. 335g

1 Der Arbeitgeber hat dem kantonalen Arbeitsamt jede beabsichtigte Massenentlassung schriftlich anzuzeigen und der Arbeitnehmervertre- tung oder, falls es keine solche gibt, den Arbeitnehmern eine Kopie die- ser Anzeige zuzustellen.

2 Die Anzeige muss die Ergebnisse der Konsultation der Arbeitnehmer- vertretung (Art. 335f) und alle zweckdienlichen Angaben über die be- absichtigte Massenentlassung enthalten.

3 Das kantonale Arbeitsamt sucht nach Lösungen für die Probleme, wel- che die beabsichtigte Massenentlassung aufwirft. Die Arbeitnehmerver- tretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer können ihm ihre Bemerkungen einreichen.

4 Ist das Arbeitsverhältnis im Rahmen einer Massenentlassung gekün- digt worden, so endet es 30 Tage nach der Anzeige der beabsichtigten Massenentlassung an das kantonale Arbeitsamt, ausser wenn die Kün- digung nach den vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen auf ei- nen späteren Termin wirksam wird.

187

Art. 335h

1 Der Sozialplan ist eine Vereinbarung, in welcher der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer die Massnahmen festlegen, mit denen Kündigungen vermieden, deren Zahl beschränkt sowie deren Folgen gemildert wer- den.

2 Er darf den Fortbestand des Betriebs nicht gefährden.

Art. 335i

1 Der Arbeitgeber muss mit den Arbeitnehmern Verhandlungen mit dem Ziel führen, einen Sozialplan aufzustellen, wenn er: a. üblicherweise mindestens 250 Arbeitnehmer beschäftigt; und b. beabsichtigt, innert 30 Tagen mindestens 30 Arbeitnehmern aus Gründen zu kündigen, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Person stehen.

2 Zeitlich verteilte Kündigungen, die auf dem gleichen betrieblichen Entscheid beruhen, werden zusammengezählt.

3 Der Arbeitgeber verhandelt: a. mit den am Gesamtarbeitsvertrag beteiligten Arbeitnehmerver- bänden, wenn er Partei dieses Gesamtarbeitsvertrags ist; b. mit der Arbeitnehmervertretung; oder c. direkt mit den Arbeitnehmern, wenn es keine Arbeitnehmerver- tretung gibt.

4 Die Arbeitnehmerverbände, die Arbeitnehmervertretung oder die Ar- beitnehmer können zu den Verhandlungen Sachverständige heranzie- hen. Diese sind gegenüber betriebsfremden Personen zur Verschwie- genheit verpflichtet.

Art. 335j

1 Können sich die Parteien nicht auf einen Sozialplan einigen, so muss ein Schiedsgericht bestellt werden.

2 Das Schiedsgericht stellt einen Sozialplan durch verbindlichen Schiedsspruch auf.

190

Art. 335k

191 Die Bestimmungen über den Sozialplan (Art. 335h–335j) gelten nicht bei Massenentlassungen, die während eines Konkurs- oder Nachlassver- fahrens erfolgen, das mit einem Nachlassvertrag abgeschlossen wird.

Art. 336

1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht: a. wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Per- sönlichkeit zusteht, es sei denn, diese Eigenschaft stehe in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb; b. weil die andere Partei ein verfassungsmässiges Recht ausübt, es sei denn, die Rechtsausübung verletze eine Pflicht aus dem Ar- beitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenar- beit im Betrieb; c. ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen der anderen Partei aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln; d. weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht; e.

193 weil die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet oder eine nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht erfüllt.

2 Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist im Weiteren missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird: a. weil der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört oder weil er eine gewerkschaftliche Tätig- keit rechtmässig ausübt; b. während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertreter in einer betrieblichen oder in einer dem Unternehmen angeschlos- senen Einrichtung ist, und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte; c.

194 im Rahmen einer Massenentlassung, ohne dass die Arbeitneh- mervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer, konsultiert worden sind (Art. 335f).

3 Der Schutz eines Arbeitnehmervertreters nach Absatz 2 Buchstabe b, dessen Mandat infolge Übergangs des Arbeitsverhältnisses endet (Art. 333), besteht so lange weiter, als das Mandat gedauert hätte, falls das Arbeitsverhältnis nicht übertragen worden wäre.

195

Art. 336a

1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten.

2 Die Entschädigung wird vom Richter unter Würdigung aller Umstände festgesetzt, darf aber den Betrag nicht übersteigen, der dem Lohn des Arbeitnehmers für sechs Monate entspricht. Schadenersatzansprüche aus einem anderen Rechtstitel sind vorbehalten.

3 Ist die Kündigung nach Artikel 336 Absatz 2 Buchstabe c missbräuch- lich, so darf die Entschädigung nicht mehr als den Lohn des Arbeitneh- mers für zwei Monate betragen.

197

Art. 336b

1 Wer gestützt auf Artikel 336 und 336a eine Entschädigung geltend machen will, muss gegen die Kündigung längstens bis zum Ende der Kündigungsfrist beim Kündigenden schriftlich Einsprache erheben.

2 Ist die Einsprache gültig erfolgt und einigen sich die Parteien nicht über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, so kann die Partei, der gekündigt worden ist, ihren Anspruch auf Entschädigung geltend ma- chen. Wird nicht innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhält- nisses eine Klage anhängig gemacht, ist der Anspruch verwirkt.

Art. 336c

1 Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen: a.

200 während die andere Partei schweizerischen obligatorischen Mi- litär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet,

200 sowie, sofern die Dienstleistung mehr als elf

201 Tage dauert, während vier Wochen vorher und nachher; b. während der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeits- leistung verhindert ist, und zwar im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis und mit fünftem Dienstjahr während 90 Tagen und ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen; c. während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Niederkunft einer Arbeitnehmerin; c

202 vor dem Ende des verlängerten Mutterschaftsurlaubs nach Artikel 329f Absatz 2; c

203 zwischen dem Beginn des Urlaubs nach Artikel 329f Absatz 3 und dem letzten bezogenen Urlaubstag, längstens aber wäh- rend drei Monaten ab dem Ende der Sperrfrist nach Buch- stabe c; c

204 solange der Anspruch auf Betreuungsurlaub nach Arti- kel 329i besteht, längstens aber während sechs Monaten ab dem Tag, an dem die Rahmenfrist zu laufen beginnt; c

205 während des Urlaubs nach Artikel 329g d. während der Arbeitnehmer mit Zustimmung des Arbeitgebers an einer von der zuständigen Bundesbehörde angeordneten Dienstleistung für eine Hilfsaktion im Ausland teilnimmt.

2 Die Kündigung, die während einer der in Absatz 1 festgesetzten Sperr- fristen erklärt wird, ist nichtig; ist dagegen die Kündigung vor Beginn einer solchen Frist erfolgt, aber die Kündigungsfrist bis dahin noch nicht abgelaufen, so wird deren Ablauf unterbrochen und erst nach Beendi- gung der Sperrfrist fortgesetzt.

3 Gilt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Endtermin, wie das Ende eines Monats oder einer Arbeitswoche, und fällt dieser nicht mit dem Ende der fortgesetzten Kündigungsfrist zusammen, so verlän- gert sich diese bis zum nächstfolgenden Endtermin.

205

Art. 336d

1 Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitnehmer das Arbeitsverhält- nis nicht kündigen, wenn ein Vorgesetzter, dessen Funktionen er auszu- üben vermag, oder der Arbeitgeber selbst unter den in Artikel 336c Ab- satz 1 Buchstabe a angeführten Voraussetzungen an der Ausübung der Tätigkeit verhindert ist und der Arbeitnehmer dessen Tätigkeit während der Verhinderung zu übernehmen hat.

2 Artikel 336c Absätze 2 und 3 sind entsprechend anwendbar.

Art. 337

1 Aus wichtigen Gründen kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer jederzeit das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen; er muss die fristlose Vertragsauflösung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt.

2 Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vor- handensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.

3 Über das Vorhandensein solcher Umstände entscheidet der Richter nach seinem Ermessen, darf aber in keinem Fall die unverschuldete Ver- hinderung des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung als wichtigen Grund anerkennen.

Art. 337a

Wird der Arbeitgeber zahlungsunfähig, so kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen, sofern ihm für seine Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis nicht innert angemessener Frist Sicherheit geleistet wird.

Art. 337b

1 Liegt der wichtige Grund zur fristlosen Auflösung des Arbeitsverhält- nisses im vertragswidrigen Verhalten einer Vertragspartei, so hat diese vollen Schadenersatz zu leisten, unter Berücksichtigung aller aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Forderungen.

2 In den andern Fällen bestimmt der Richter die vermögensrechtlichen Folgen der fristlosen Auflösung unter Würdigung aller Umstände nach seinem Ermessen.

207

Art. 337c

1 Entlässt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristlos ohne wichtigen Grund, so hat dieser Anspruch auf Ersatz dessen, was er verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist oder durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit beendigt worden wäre.

2 Der Arbeitnehmer muss sich daran anrechnen lassen, was er infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erspart hat und was er durch anderweitige Arbeit verdient oder zu verdienen absichtlich unterlassen hat.

3 Der Richter kann den Arbeitgeber verpflichten, dem Arbeitnehmer eine Entschädigung zu bezahlen, die er nach freiem Ermessen unter Würdigung aller Umstände festlegt; diese Entschädigung darf jedoch den Lohn des Arbeitnehmers für sechs Monate nicht übersteigen.

Art. 337d

1 Tritt der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund die Arbeitsstelle nicht an oder verlässt er sie fristlos, so hat der Arbeitgeber Anspruch auf eine Entschädigung, die einem Viertel des Lohnes für einen Monat ent- spricht; ausserdem hat er Anspruch auf Ersatz weiteren Schadens.

2 Ist dem Arbeitgeber kein Schaden oder ein geringerer Schaden er- wachsen, als der Entschädigung gemäss dem vorstehenden Absatz ent- spricht, so kann sie der Richter nach seinem Ermessen herabsetzen.

3 Erlischt der Anspruch auf Entschädigung nicht durch Verrechnung, so ist er durch Klage oder Betreibung innert 30 Tagen seit dem Nichtantritt oder Verlassen der Arbeitsstelle geltend zu machen; andernfalls ist der Anspruch verwirkt.

210

Art. 338

1 Mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt das Arbeitsverhältnis.

2 Der Arbeitgeber hat jedoch den Lohn für einen weiteren Monat und nach fünfjähriger Dienstdauer für zwei weitere Monate, gerechnet vom Todestag an, zu entrichten, sofern der Arbeitnehmer den Ehegatten, die eingetragene Partnerin, den eingetragenen Partner oder minderjährige

210 Kinder oder bei Fehlen dieser Erben andere Personen hinterlässt, denen gegenüber er eine Unterstützungspflicht erfüllt hat.

211

Art. 338a

1 Mit dem Tod des Arbeitgebers geht das Arbeitsverhältnis auf die Er- ben über; die Vorschriften betreffend den Übergang des Arbeitsverhält- nisses bei Betriebsnachfolge sind sinngemäss anwendbar.

2 Ist das Arbeitsverhältnis wesentlich mit Rücksicht auf die Person des Arbeitgebers eingegangen worden, so erlischt es mit dessen Tod; jedoch kann der Arbeitnehmer angemessenen Ersatz für den Schaden verlan- gen, der ihm infolge der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnis- ses erwächst.

Art. 339

1 Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig.

2 Für Provisionsforderungen auf Geschäften, die ganz oder teilweise nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden, kann durch schriftliche Abrede die Fälligkeit hinausgeschoben werden, jedoch in der Regel nicht mehr als sechs Monate, bei Geschäften mit gestaffelter Erfüllung nicht mehr als ein Jahr und bei Versicherungsverträgen sowie Geschäften, deren Durchführung mehr als ein halbes Jahr erfordert, nicht mehr als zwei Jahre.

3 Die Forderung auf einen Anteil am Geschäftsergebnis wird fällig nach Massgabe von Artikel 323 Absatz 3.

Art. 339a

1 Auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat jede Vertragspartei der andern alles herauszugeben, was sie für dessen Dauer von ihr oder von Dritten für deren Rechnung erhalten hat.

2 Der Arbeitnehmer hat insbesondere Fahrzeuge und Fahrausweise zu- rückzugeben sowie Lohn- oder Auslagenvorschüsse soweit zurückzuer- statten, als sie seine Forderungen übersteigen.

3 Vorbehalten bleiben die Retentionsrechte der Vertragsparteien.

Art. 339b

1 Endigt das Arbeitsverhältnis eines mindestens 50 Jahre alten Arbeit- nehmers nach 20 oder mehr Dienstjahren, so hat ihm der Arbeitgeber eine Abgangsentschädigung auszurichten.

2 Stirbt der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses, so ist die Entschädigung dem überlebenden Ehegatten, der eingetragenen Partne- rin, dem eingetragenen Partner oder den minderjährigen Kindern oder bei Fehlen dieser Erben anderen Personen auszurichten, denen gegen- über er eine Unterstützungspflicht erfüllt hat.

212

Art. 339c

1 Die Höhe der Entschädigung kann durch schriftliche Abrede, Normal- arbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt werden, darf aber den Betrag nicht unterschreiten, der dem Lohn des Arbeitnehmers für zwei Monate entspricht.

2 Ist die Höhe der Entschädigung nicht bestimmt, so ist sie vom Richter unter Würdigung aller Umstände nach seinem Ermessen festzusetzen, darf aber den Betrag nicht übersteigen, der dem Lohn des Arbeitneh- mers für acht Monate entspricht.

3 Die Entschädigung kann herabgesetzt werden oder wegfallen, wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund gekün- digt oder vom Arbeitgeber aus wichtigem Grund fristlos aufgelöst wird, oder wenn dieser durch die Leistung der Entschädigung in eine Notlage versetzt würde.

4 Die Entschädigung ist mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, jedoch kann eine spätere Fälligkeit durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt oder vom Richter angeordnet werden.

Art. 339d

1 Erhält der Arbeitnehmer Leistungen von einer Personalfürsorgeein- richtung, so können sie von der Abgangsentschädigung abgezogen wer- den, soweit diese Leistungen vom Arbeitgeber oder aufgrund seiner Zu- wendungen von der Personalfürsorgeeinrichtung finanziert worden sind.

2 Der Arbeitgeber hat auch insoweit keine Entschädigung zu leisten, als er dem Arbeitnehmer künftige Vorsorgeleistungen verbindlich zusichert oder durch einen Dritten zusichern lässt.

213

Art. 340

1 Der handlungsfähige Arbeitnehmer kann sich gegenüber dem Arbeit- geber schriftlich verpflichten, nach Beendigung des Arbeitsverhältnis- ses sich jeder konkurrenzierenden Tätigkeit zu enthalten, insbesondere weder auf eigene Rechnung ein Geschäft zu betreiben, das mit dem des Arbeitgebers in Wettbewerb steht, noch in einem solchen Geschäft tätig zu sein oder sich daran zu beteiligen.

2 Das Konkurrenzverbot ist nur verbindlich, wenn das Arbeitsverhältnis dem Arbeitnehmer Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse gewährt und die Verwendung dieser Kennt- nisse den Arbeitgeber erheblich schädigen könnte.

Art. 340a

1 Das Verbot ist nach Ort, Zeit und Gegenstand angemessen zu begren- zen, so dass eine unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkom- mens des Arbeitnehmers ausgeschlossen ist; es darf nur unter besonde- ren Umständen drei Jahre überschreiten.

2 Der Richter kann ein übermässiges Konkurrenzverbot unter Würdi- gung aller Umstände nach seinem Ermessen einschränken; er hat dabei eine allfällige Gegenleistung des Arbeitgebers angemessen zu berück- sichtigen.

Art. 340b

1 Übertritt der Arbeitnehmer das Konkurrenzverbot, so hat er den dem Arbeitgeber erwachsenden Schaden zu ersetzen.

2 Ist bei Übertretung des Verbotes eine Konventionalstrafe geschuldet und nichts anderes verabredet, so kann sich der Arbeitnehmer durch de- ren Leistung vom Verbot befreien; er bleibt jedoch für weiteren Schaden ersatzpflichtig.

3 Ist es besonders schriftlich verabredet, so kann der Arbeitgeber neben der Konventionalstrafe und dem Ersatz weiteren Schadens die Beseiti- gung des vertragswidrigen Zustandes verlangen, sofern die verletzten oder bedrohten Interessen des Arbeitgebers und das Verhalten des Ar- beitnehmers dies rechtfertigen.

Art. 340c

1 Das Konkurrenzverbot fällt dahin, wenn der Arbeitgeber nachweisbar kein erhebliches Interesse mehr hat, es aufrecht zu erhalten.

2 Das Verbot fällt ferner dahin, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsver- hältnis kündigt, ohne dass ihm der Arbeitnehmer dazu begründeten An- lass gegeben hat, oder wenn es dieser aus einem begründeten, vom Ar- beitgeber zu verantwortenden Anlass auflöst.

Art. 341

1 Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung kann der Arbeitnehmer auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes oder aus unabdingbaren Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages ergeben, nicht verzichten.

2 Die allgemeinen Vorschriften über die Verjährung sind auf Forderun- gen aus dem Arbeitsverhältnis anwendbar.

Art. 342

1 Vorbehalten bleiben: a.

214 Vorschriften des Bundes, der Kantone und Gemeinden über das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis, soweit sie nicht die Arti- kel 331 Absatz 5 und 331a–331e betreffen; b. öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bundes und der Kantone über die Arbeit und die Berufsbildung.

2 Wird durch Vorschriften des Bundes oder der Kantone über die Arbeit und die Berufsbildung dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung auferlegt, so steht der andern Ver- tragspartei ein zivilrechtlicher Anspruch auf Erfüllung zu, wenn die Verpflichtung Inhalt des Einzelarbeitsvertrages sein könnte.

Art. 343

215

Zweiter Abschnitt: Besondere Einzelarbeitsverträge

A.

216 Der Lehrvertrag

Art. 344

Durch den Lehrvertrag verpflichten sich der Arbeitgeber, die lernende Person für eine bestimmte Berufstätigkeit fachgemäss zu bilden, und die lernende Person, zu diesem Zweck Arbeit im Dienst des Arbeitgebers zu leisten.

216

Art. 344a

1 Der Lehrvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form.

2 Der Vertrag hat die Art und die Dauer der beruflichen Bildung, den Lohn, die Probezeit, die Arbeitszeit und die Ferien zu regeln.

3 Die Probezeit darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen. Haben die Vertragsparteien im Lehrvertrag keine Probezeit festgelegt, so gilt eine Probezeit von drei Monaten.

4 Die Probezeit kann vor ihrem Ablauf durch Abrede der Parteien und unter Zustimmung der kantonalen Behörde ausnahmsweise bis auf sechs Monate verlängert werden.

5 Der Vertrag kann weitere Bestimmungen enthalten, wie namentlich über die Beschaffung von Berufswerkzeugen, Beiträge an Unterkunft und Verpflegung, Übernahme von Versicherungsprämien oder andere Leistungen der Vertragsparteien.

6 Abreden, die die lernende Person im freien Entschluss über die berufli- che Tätigkeit nach beendigter Lehre beeinträchtigen, sind nichtig.

Art. 345

1 Die lernende Person hat alles zu tun, um das Lehrziel zu erreichen.

2 Die gesetzliche Vertretung der lernenden Person hat den Arbeitgeber in der Erfüllung seiner Aufgabe nach Kräften zu unterstützen und das gute Einvernehmen zwischen dem Arbeitgeber und der lernenden Per- son zu fördern.

Art. 345a

1 Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die Berufslehre unter der Verantwortung einer Fachkraft steht, welche die dafür nötigen berufli- chen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften besitzt.

2 Er hat der lernenden Person ohne Lohnabzug die Zeit freizugeben, die für den Besuch der Berufsfachschule und der überbetrieblichen Kurse und für die Teilnahme an den Lehrabschlussprüfungen erforderlich ist.

3 Er hat der lernenden Person bis zum vollendeten 20. Altersjahr für je- des Lehrjahr wenigstens fünf Wochen Ferien zu gewähren.

4 Er darf die lernende Person zu anderen als beruflichen Arbeiten und zu Akkordlohnarbeiten nur so weit einsetzen, als solche Arbeiten mit dem zu erlernenden Beruf in Zusammenhang stehen und die Bildung nicht beeinträchtigt wird.

Art. 346

1 Das Lehrverhältnis kann während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden.

2 Aus wichtigen Gründen im Sinne von Artikel 337 kann das Lehrver- hältnis namentlich fristlos aufgelöst werden, wenn: a. der für die Bildung verantwortlichen Fachkraft die erforderli- chen beruflichen Fähigkeiten oder persönlichen Eigenschaften zur Bildung der lernenden Person fehlen; b. die lernende Person nicht über die für die Bildung unentbehr- lichen körperlichen oder geistigen Anlagen verfügt oder ge- sundheitlich oder sittlich gefährdet ist; die lernende Person und gegebenenfalls deren gesetzliche Vertretung sind vorgängig an- zuhören; c. die Bildung nicht oder nur unter wesentlich veränderten Ver- hältnissen zu Ende geführt werden kann.

Art. 346a

1 Nach Beendigung der Berufslehre hat der Arbeitgeber der lernenden Person ein Zeugnis auszustellen, das die erforderlichen Angaben über die erlernte Berufstätigkeit und die Dauer der Berufslehre enthält.

2 Auf Verlangen der lernenden Person oder deren gesetzlichen Vertre- tung hat sich das Zeugnis auch über die Fähigkeiten, die Leistungen und das Verhalten der lernenden Person auszusprechen. B. Der Handelsreisendenvertrag

Art. 347

1 Durch den Handelsreisendenvertrag verpflichtet sich der Handelsrei- sende, auf Rechnung des Inhabers eines Handels-, Fabrikations- oder andern nach kaufmännischer Art geführten Geschäftes gegen Lohn Ge- schäfte jeder Art ausserhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers zu vermitteln oder abzuschliessen.

2 Nicht als Handelsreisender gilt der Arbeitnehmer, der nicht vorwie- gend eine Reisetätigkeit ausübt oder nur gelegentlich oder vorüberge- hend für den Arbeitgeber tätig ist, sowie der Reisende, der Geschäfte auf eigene Rechnung abschliesst.

Art. 347a

1 Das Arbeitsverhältnis ist durch schriftlichen Vertrag zu regeln, der na- mentlich Bestimmungen enthalten soll über: a. die Dauer und Beendigung des Arbeitsverhältnisses, b. die Vollmachten des Handelsreisenden, c. das Entgelt und den Auslagenersatz, d. das anwendbare Recht und den Gerichtsstand, sofern eine Ver- tragspartei ihren Wohnsitz im Ausland hat.

2 Soweit das Arbeitsverhältnis nicht durch schriftlichen Vertrag geregelt ist, wird der im vorstehenden Absatz umschriebene Inhalt durch die ge- setzlichen Vorschriften und durch die üblichen Arbeitsbedingungen be- stimmt.

3 Die mündliche Abrede gilt nur für die Festsetzung des Beginns der Arbeitsleistung, der Art und des Gebietes der Reisetätigkeit sowie für weitere Bestimmungen, die mit den gesetzlichen Vorschriften und dem schriftlichen Vertrag nicht in Widerspruch stehen.

Art. 348

1 Der Handelsreisende hat die Kundschaft in der ihm vorgeschriebenen Weise zu besuchen, sofern nicht ein begründeter Anlass eine Änderung notwendig macht; ohne schriftliche Bewilligung des Arbeitgebers darf er weder für eigene Rechnung noch für Rechnung eines Dritten Ge- schäfte vermitteln oder abschliessen.

2 Ist der Handelsreisende zum Abschluss von Geschäften ermächtigt, so hat er die ihm vorgeschriebenen Preise und andern Geschäftsbedingun- gen einzuhalten und muss für Änderungen die Zustimmung des Arbeit- gebers vorbehalten.

3 Der Handelsreisende hat über seine Reisetätigkeit regelmässig Bericht zu erstatten, die erhaltenen Bestellungen dem Arbeitgeber sofort zu übermitteln und ihn von erheblichen Tatsachen, die seinen Kundenkreis betreffen, in Kenntnis zu setzen.

Art. 348a

1 Abreden, dass der Handelsreisende für die Zahlung oder anderweitige Erfüllung der Verbindlichkeiten der Kunden einzustehen oder die Kos- ten der Einbringung von Forderungen ganz oder teilweise zu tragen hat, sind nichtig.

2 Hat der Handelsreisende Geschäfte mit Privatkunden abzuschliessen, so kann er sich schriftlich verpflichten, beim einzelnen Geschäft für höchstens einen Viertel des Schadens zu haften, der dem Arbeitgeber durch die Nichterfüllung der Verbindlichkeiten der Kunden erwächst, vorausgesetzt dass eine angemessene Delcredere-Provision verabredet wird.

3 Bei Versicherungsverträgen kann sich der reisende Versicherungsver- mittler schriftlich verpflichten, höchstens die Hälfte der Kosten der Ein- bringung von Forderungen zu tragen, wenn eine Prämie oder deren Teile nicht bezahlt werden und er deren Einbringung im Wege der Klage oder Zwangsvollstreckung verlangt.

Art. 348b

1 Ist nichts anderes schriftlich verabredet, so ist der Handelsreisende nur ermächtigt, Geschäfte zu vermitteln.

2 Ist der Handelsreisende zum Abschluss von Geschäften ermächtigt, so erstreckt sich seine Vollmacht auf alle Rechtshandlungen, welche die Ausführung dieser Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt; jedoch darf er ohne besondere Ermächtigung Zahlungen von Kunden nicht entgegen- nehmen und keine Zahlungsfristen bewilligen.

3 Artikel 34 des Bundesgesetzes vom 2. April 1908

217 über den Versi- cherungsvertrag bleibt vorbehalten.

Art. 349

1 Ist dem Handelsreisenden ein bestimmtes Reisegebiet oder ein be- stimmter Kundenkreis zugewiesen und nichts anderes schriftlich verab- redet, so gilt er als mit Ausschluss anderer Personen bestellt; jedoch bleibt der Arbeitgeber befugt, mit den Kunden im Gebiet oder Kunden- kreis des Handelsreisenden persönlich Geschäfte abzuschliessen.

2 Der Arbeitgeber kann die vertragliche Bestimmung des Reisegebietes oder Kundenkreises einseitig abändern, wenn ein begründeter Anlass eine Änderung vor Ablauf der Kündigungsfrist notwendig macht; je- doch bleiben diesfalls Entschädigungsansprüche und das Recht des Handelsreisenden zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus wichti- gem Grund vorbehalten.

Art. 349a

1 Der Arbeitgeber hat dem Handelsreisenden Lohn zu entrichten, der aus einem festen Gehalt mit oder ohne Provision besteht.

2 Eine schriftliche Abrede, dass der Lohn ausschliesslich oder vorwie- gend in einer Provision bestehen soll, ist gültig, wenn die Provision ein angemessenes Entgelt für die Tätigkeit des Handelsreisenden ergibt.

3 Für eine Probezeit von höchstens zwei Monaten kann durch schriftli- che Abrede der Lohn frei bestimmt werden.

Art. 349b

1 Ist dem Handelsreisenden ein bestimmtes Reisegebiet oder ein be- stimmter Kundenkreis ausschliesslich zugewiesen, so ist ihm die verab- redete oder übliche Provision auf allen Geschäften auszurichten, die von ihm oder seinem Arbeitgeber mit Kunden in seinem Gebiet oder Kun- denkreis abgeschlossen werden.

2 Ist dem Handelsreisenden ein bestimmtes Reisegebiet oder ein be- stimmter Kundenkreis nicht ausschliesslich zugewiesen, so ist ihm die Provision nur auf den von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Ge- schäften auszurichten.

3 Ist im Zeitpunkt der Fälligkeit der Provision der Wert eines Geschäftes noch nicht genau bestimmbar, so ist die Provision zunächst auf dem vom Arbeitgeber geschätzten Mindestwert und der Rest spätestens bei Ausführung des Geschäftes auszurichten.

Art. 349c

1 Ist der Handelsreisende ohne sein Verschulden an der Ausübung der Reisetätigkeit verhindert und ist ihm auf Grund des Gesetzes oder des Vertrages der Lohn gleichwohl zu entrichten, so bestimmt sich dieser nach dem festen Gehalt und einer angemessenen Entschädigung für den Ausfall der Provision.

2 Beträgt die Provision weniger als einen Fünftel des Lohnes, so kann schriftlich verabredet werden, dass bei unverschuldeter Verhinderung des Handelsreisenden an der Ausübung der Reisetätigkeit eine Entschä- digung für die ausfallende Provision nicht zu entrichten ist.

3 Erhält der Handelsreisende bei unverschuldeter Verhinderung an der Reisetätigkeit gleichwohl den vollen Lohn, so hat er auf Verlangen des Arbeitgebers Arbeit in dessen Betrieb zu leisten, sofern er sie zu leisten vermag und sie ihm zugemutet werden kann.

Art. 349d

1 Ist der Handelsreisende für mehrere Arbeitgeber gleichzeitig tätig und ist die Verteilung des Auslagenersatzes nicht durch schriftliche Abrede geregelt, so hat jeder Arbeitgeber einen gleichen Kostenanteil zu vergü- ten.

2 Abreden, dass der Auslagenersatz ganz oder teilweise im festen Gehalt oder in der Provision eingeschlossen sein soll, sind nichtig.

Art. 349e

1 Zur Sicherung der fälligen Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis, bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers auch der nicht fälligen Forderun- gen, steht dem Handelsreisenden das Retentionsrecht an beweglichen Sachen und Wertpapieren sowie an Zahlungen von Kunden zu, die er auf Grund einer Inkassovollmacht entgegengenommen hat.

2 An Fahrausweisen, Preistarifen, Kundenverzeichnissen und andern Unterlagen kann das Retentionsrecht nicht ausgeübt werden.

Art. 350

1 Beträgt die Provision mindestens einen Fünftel des Lohnes und unter- liegt sie erheblichen saisonmässigen Schwankungen, so darf der Arbeit- geber dem Handelsreisenden, der seit Abschluss der letzten Saison bei ihm gearbeitet hat, während der Saison nur auf das Ende des zweiten der Kündigung folgenden Monats kündigen.

2 Unter den gleichen Voraussetzungen darf der Handelsreisende dem Arbeitgeber, der ihn bis zum Abschluss der Saison beschäftigt hat, bis zum Beginn der nächsten nur auf das Ende des zweiten der Kündigung folgenden Monats kündigen.

Art. 350a

1 Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist dem Handelsreisenden die Provision auf allen Geschäften auszurichten, die er abgeschlossen oder vermittelt hat, sowie auf allen Bestellungen, die bis zur Beendi- gung dem Arbeitgeber zugehen, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Annahme und ihrer Ausführung.

2 Auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Handelsreisende die ihm für die Reisetätigkeit zur Verfügung gestellten Muster und Modelle, Preistarife, Kundenverzeichnisse und andern Un- terlagen zurückzugeben; das Retentionsrecht bleibt vorbehalten. C. Der Heimarbeitsvertrag

Art. 351

Durch den Heimarbeitsvertrag verpflichtet sich der Heimarbeitneh- mer

218 , in seiner Wohnung oder in einem andern, von ihm bestimmten Arbeitsraum allein oder mit Familienangehörigen Arbeiten im Lohn für den Arbeitgeber auszuführen.

Art. 351a

1 Vor jeder Ausgabe von Arbeit hat der Arbeitgeber dem Heimarbeit- nehmer die für deren Ausführung erheblichen Bedingungen bekanntzu- geben, namentlich die Einzelheiten der Arbeit, soweit sie nicht durch allgemein geltende Arbeitsbedingungen geregelt sind; er hat das vom Heimarbeitnehmer zu beschaffende Material und schriftlich die dafür zu leistende Entschädigung sowie den Lohn anzugeben.

2 Werden die Angaben über den Lohn und über die Entschädigung für das vom Heimarbeitnehmer zu beschaffende Material nicht vor der Aus- gabe der Arbeit schriftlich bekannt gegeben, so gelten dafür die üblichen Arbeitsbedingungen.

Art. 352

1 Der Heimarbeitnehmer hat mit der übernommenen Arbeit rechtzeitig zu beginnen, sie bis zum verabredeten Termin fertigzustellen und das Arbeitserzeugnis dem Arbeitgeber zu übergeben.

2 Wird aus Verschulden des Heimarbeitnehmers die Arbeit mangelhaft ausgeführt, so ist er zur unentgeltlichen Verbesserung des Arbeitser- zeugnisses verpflichtet, soweit dadurch dessen Mängel behoben werden können.

Art. 352a

1 Der Heimarbeitnehmer ist verpflichtet, Material und Geräte, die ihm vom Arbeitgeber übergeben werden, mit aller Sorgfalt zu behandeln, über deren Verwendung Rechenschaft abzulegen und den zur Arbeit nicht verwendeten Rest des Materials sowie die erhaltenen Geräte zu- rückzugeben.

2 Stellt der Heimarbeitnehmer bei der Ausführung der Arbeit Mängel an dem übergebenen Material oder an den erhaltenen Geräten fest, so hat er den Arbeitgeber sofort zu benachrichtigen und dessen Weisungen ab- zuwarten, bevor er die Ausführung der Arbeit fortsetzt.

3 Hat der Heimarbeitnehmer Material oder Geräte, die ihm übergeben wurden, schuldhaft verdorben, so haftet er dem Arbeitgeber höchstens für den Ersatz der Selbstkosten.

Art. 353

1 Der Arbeitgeber hat das Arbeitserzeugnis nach Ablieferung zu prüfen und Mängel spätestens innert einer Woche dem Heimarbeitnehmer be- kanntzugeben.

2 Unterlässt der Arbeitgeber die rechtzeitige Bekanntgabe der Mängel, so gilt die Arbeit als abgenommen.

Art. 353a

1 Steht der Heimarbeitnehmer ununterbrochen im Dienst des Arbeitge- bers, so ist der Lohn für die geleistete Arbeit halbmonatlich oder mit Zustimmung des Heimarbeitnehmers am Ende jedes Monats, in den an- deren Fällen jeweils bei Ablieferung des Arbeitserzeugnisses auszurich- ten.

2 Bei jeder Lohnzahlung ist dem Heimarbeitnehmer eine schriftliche Abrechnung zu übergeben, in der für Lohnabzüge der Grund anzugeben ist.

Art. 353b

1 Steht der Heimarbeitnehmer ununterbrochen im Dienst des Arbeitge- bers, so ist dieser nach Massgabe der Artikel 324 und 324a zur Ausrich- tung des Lohnes verpflichtet, wenn er mit der Annahme der Arbeitsleis- tung in Verzug kommt oder wenn der Heimarbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleis- tung verhindert ist.

2 In den anderen Fällen ist der Arbeitgeber zur Ausrichtung des Lohnes nach Massgabe der Artikel 324 und 324a nicht verpflichtet.

Art. 354

1 Wird dem Heimarbeitnehmer eine Probearbeit übergeben, so gilt das Arbeitsverhältnis zur Probe auf bestimmte Zeit eingegangen, sofern nichts anderes verabredet ist.

2 Steht der Heimarbeitnehmer ununterbrochen im Dienst des Arbeitge- bers, so gilt das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit, in den an- deren Fällen als auf bestimmte Zeit eingegangen, sofern nichts anderes verabredet ist. D. Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften

Art. 355

Auf den Lehrvertrag, den Handelsreisendenvertrag und den Heimar- beitsvertrag sind die allgemeinen Vorschriften über den Einzelarbeits- vertrag ergänzend anwendbar.

Dritter Abschnitt:

Gesamtarbeitsvertrag und Normalarbeitsvertrag A. Gesamtarbeitsvertrag

Art. 356

1 Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Ver- bände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Ab- schluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.

2 Der Gesamtarbeitsvertrag kann auch andere Bestimmungen enthalten, soweit sie das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen, oder sich auf die Aufstellung solcher Bestimmungen be- schränken.

3 Der Gesamtarbeitsvertrag kann ferner die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter sich sowie die Kontrolle und Durchsetzung der in den vorstehenden Absätzen genannten Bestimmungen regeln.

4 Sind an einem Gesamtarbeitsvertrag auf Arbeitgeber- oder Arbeitneh- merseite von Anfang an oder auf Grund des nachträglichen Beitritts ei- nes Verbandes mit Zustimmung der Vertragsparteien mehrere Verbände beteiligt, so stehen diese im Verhältnis gleicher Rechte und Pflichten zueinander; abweichende Vereinbarungen sind nichtig.

Art. 356a

1 Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages und Abreden zwischen den Vertragsparteien, durch die Arbeitgeber oder Arbeitnehmer zum Eintritt in einen vertragschliessenden Verband gezwungen werden sol- len, sind nichtig.

2 Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages und Abreden zwischen den Vertragsparteien, durch die Arbeitnehmer von einem bestimmten Beruf oder einer bestimmten Tätigkeit oder von einer hiefür erforderli- chen Ausbildung ausgeschlossen oder darin beschränkt werden, sind nichtig.

3 Bestimmungen und Abreden im Sinne des vorstehenden Absatzes sind ausnahmsweise gültig, wenn sie durch überwiegende schutzwürdige In- teressen, namentlich zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit von Personen oder der Qualität der Arbeit gerechtfertigt sind; jedoch gilt nicht als schutzwürdig das Interesse, neue Berufsangehörige fernzuhal- ten.

Art. 356b

1 Einzelne Arbeitgeber und einzelne im Dienst beteiligter Arbeitgeber stehende Arbeitnehmer können sich mit Zustimmung der Vertragspar- teien dem Gesamtarbeitsvertrag anschliessen und gelten als beteiligte Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

2 Der Gesamtarbeitsvertrag kann den Anschluss näher regeln. Unange- messene Bedingungen des Anschlusses, insbesondere Bestimmungen über unangemessene Beiträge, können vom Richter nichtig erklärt oder auf das zulässige Mass beschränkt werden; jedoch sind Bestimmungen oder Abreden über Beiträge zugunsten einer einzelnen Vertragspartei nichtig.

3 Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages und Abreden zwischen den Vertragsparteien, durch die Mitglieder von Verbänden zum An- schluss gezwungen werden sollen, sind nichtig, wenn diesen Verbänden die Beteiligung am Gesamtarbeitsvertrag oder der Abschluss eines sinn- gemäss gleichen Vertrages nicht offensteht.

Art. 356c

1 Der Abschluss des Gesamtarbeitsvertrages, dessen Änderung und Aufhebung durch gegenseitige Übereinkunft, der Beitritt einer neuen Vertragspartei sowie die Kündigung bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form, ebenso die Anschlusserklärung einzelner Arbeitge- ber und Arbeitnehmer und die Zustimmung der Vertragsparteien ge- mäss Artikel 356b Absatz 1 sowie die Kündigung des Anschlusses.

2 Ist der Gesamtarbeitsvertrag nicht auf bestimmte Zeit abgeschlossen und sieht er nichts anderes vor, so kann er von jeder Vertragspartei mit Wirkung für alle anderen Parteien nach Ablauf eines Jahres jederzeit auf sechs Monate gekündigt werden. Diese Bestimmung gilt sinngemäss auch für den Anschluss.

Art. 357

1 Die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse gelten während der Dauer des Vertrages unmittelbar für die beteiligten Arbeitgeber und Ar- beitnehmer und können nicht wegbedungen werden, sofern der Gesamt- arbeitsvertrag nichts anderes bestimmt.

2 Abreden zwischen beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die gegen die unabdingbaren Bestimmungen verstossen, sind nichtig und werden durch die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages ersetzt; je- doch können abweichende Abreden zugunsten der Arbeitnehmer getrof- fen werden.

Art. 357a

1 Die Vertragsparteien sind verpflichtet, für die Einhaltung des Gesamt- arbeitsvertrages zu sorgen; zu diesem Zweck haben Verbände auf ihre Mitglieder einzuwirken und nötigenfalls die statutarischen und gesetz- lichen Mittel einzusetzen.

2 Jede Vertragspartei ist verpflichtet, den Arbeitsfrieden zu wahren und sich insbesondere jeder Kampfmassnahme zu enthalten, soweit es sich um Gegenstände handelt, die im Gesamtarbeitsvertrag geregelt sind; die Friedenspflicht gilt nur unbeschränkt, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist.

Art. 357b

1 In einem zwischen Verbänden abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrag können die Vertragsparteien vereinbaren, dass ihnen gemeinsam ein Anspruch auf Einhaltung des Vertrages gegenüber den beteiligten Ar- beitgebern und Arbeitnehmern zusteht, soweit es sich um folgende Ge- genstände handelt: a. Abschluss, Inhalt und Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wobei der Anspruch nur auf Feststellung geht; b. Beiträge an Ausgleichskassen und andere das Arbeitsverhältnis betreffende Einrichtungen, Vertretung der Arbeitnehmer in den Betrieben und Wahrung des Arbeitsfriedens; c. Kontrolle, Kautionen und Konventionalstrafen in Bezug auf Be- stimmungen gemäss Buchstaben a und b.

2 Vereinbarungen im Sinne des vorstehenden Absatzes können getrof- fen werden, wenn die Vertragsparteien durch die Statuten oder einen Beschluss des obersten Verbandsorgans ausdrücklich hiezu ermächtigt sind.

3 Auf das Verhältnis der Vertragsparteien unter sich sind die Vorschrif- ten über die einfache Gesellschaft sinngemäss anwendbar, wenn der Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt.

Art. 358

Das zwingende Recht des Bundes und der Kantone geht den Bestim- mungen des Gesamtarbeitsvertrages vor, jedoch können zugunsten der Arbeitnehmer abweichende Bestimmungen aufgestellt werden, wenn sich aus dem zwingenden Recht nichts anderes ergibt. B. Normalarbeitsvertrag

Art. 359

1 Durch den Normalarbeitsvertrag werden für einzelne Arten von Ar- beitsverhältnissen Bestimmungen über deren Abschluss, Inhalt und Be- endigung aufgestellt.

2 Für das Arbeitsverhältnis der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer und der Arbeitnehmer im Hausdienst haben die Kantone Normalarbeitsver- träge zu erlassen, die namentlich die Arbeits- und Ruhezeit ordnen und die Arbeitsbedingungen der weiblichen und jugendlichen Arbeitnehmer regeln.

3 Artikel 358 ist auf den Normalarbeitsvertrag sinngemäss anwendbar.

Art. 359a

1 Erstreckt sich der Geltungsbereich des Normalarbeitsvertrages auf das Gebiet mehrerer Kantone, so ist für den Erlass der Bundesrat, andern- falls der Kanton zuständig.

2 Vor dem Erlass ist der Normalarbeitsvertrag angemessen zu veröffent- lichen und eine Frist anzusetzen, innert deren jedermann, der ein Inte- resse glaubhaft macht, schriftlich dazu Stellung nehmen kann; ausser- dem sind Berufsverbände oder gemeinnützige Vereinigungen, die ein Interesse haben, anzuhören.

3 Der Normalarbeitsvertrag tritt in Kraft, wenn er nach den für die amt- lichen Veröffentlichungen geltenden Vorschriften bekanntgemacht worden ist.

4 Für die Aufhebung und Abänderung eines Normalarbeitsvertrages gilt das gleiche Verfahren.

Art. 360

1 Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verab- redet wird.

2 Der Normalarbeitsvertrag kann vorsehen, dass Abreden, die von ein- zelnen seiner Bestimmungen abweichen, zu ihrer Gültigkeit der schrift- lichen Form bedürfen.

Art. 360a

1 Werden innerhalb einer Branche oder einem Beruf die orts-, berufs- oder branchenüblichen Löhne wiederholt in missbräuchlicher Weise un- terboten und liegt kein Gesamtarbeitsvertrag mit Bestimmungen über Mindestlöhne vor, der allgemein verbindlich erklärt werden kann, so kann die zuständige Behörde zur Bekämpfung oder Verhinderung von Missbräuchen auf Antrag der tripartiten Kommission nach Artikel 360b einen befristeten Normalarbeitsvertrag erlassen, der nach Regionen und gegebenenfalls Orten differenzierte Mindestlöhne vorsieht.

2 Die Mindestlöhne dürfen weder dem Gesamtinteresse zuwiderlaufen noch die berechtigten Interessen anderer Branchen oder Bevölkerungs- kreise beeinträchtigen. Sie müssen den auf regionalen oder betrieblichen Verschiedenheiten beruhenden Minderheitsinteressen der betroffenen Branchen oder Berufe angemessen Rechnung tragen.

3 Wird wiederholt gegen die Bestimmungen über den Mindestlohn in einem Normalarbeitsvertrag nach Absatz 1 verstossen oder liegen Hin- weise vor, dass der Wegfall des Normalarbeitsvertrages zu erneuten Missbräuchen nach Absatz 1 führen kann, so kann die zuständige Be- hörde den Normalarbeitsvertrag auf Antrag der tripartiten Kommission befristet verlängern.

220

Art. 360b

1 Der Bund und jeder Kanton setzen eine tripartite Kommission ein, die sich aus einer gleichen Zahl von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertre- tern sowie Vertretern des Staates zusammensetzt.

2 Bezüglich der Wahl ihrer Vertreter nach Absatz 1 steht den Arbeitge- ber- und Arbeitnehmerverbänden ein Vorschlagsrecht zu.

3 Die Kommissionen beobachten den Arbeitsmarkt. Stellen sie Miss- bräuche im Sinne von Artikel 360a Absatz 1 fest, so suchen sie in der Regel eine direkte Verständigung mit den betroffenen Arbeitgebern. Gelingt dies innert zwei Monaten nicht, so beantragen sie der zuständi- gen Behörde den Erlass eines Normalarbeitsvertrages, der für die be- troffenen Branchen oder Berufe Mindestlöhne vorsieht.

4 Ändert sich die Arbeitsmarktsituation in den betroffenen Branchen, so beantragt die tripartite Kommission der zuständigen Behörde die Ände- rung oder die Aufhebung des Normalarbeitsvertrags.

5 Um die ihnen übertragenen Aufgaben wahrzunehmen, haben die tri- partiten Kommissionen in den Betrieben das Recht auf Auskunft und Einsichtnahme in alle Dokumente, die für die Durchführung der Unter- suchung notwendig sind. Im Streitfall entscheidet eine hierfür vom Bund beziehungsweise vom Kanton bezeichnete Behörde.

6 Die tripartiten Kommissionen können beim Bundesamt für Statistik auf Gesuch die für ihre Abklärungen notwendigen Personendaten beziehen, die in Firmen-Gesamtarbeitsverträgen enthalten sind.

222

Art. 360c

1 Die Mitglieder der tripartiten Kommissionen unterstehen dem Amts- geheimnis; sie sind insbesondere über betriebliche und private Angele- genheiten, die ihnen in dieser Eigenschaft zur Kenntnis gelangen, zur Verschwiegenheit gegenüber Drittpersonen verpflichtet.

2 Die Pflicht zur Verschwiegenheit bleibt auch nach dem Ausscheiden aus der tripartiten Kommission bestehen.

Art. 360d

1 Der Normalarbeitsvertrag nach Artikel 360a gilt auch für Arbeitneh- mer, die nur vorübergehend in seinem örtlichen Geltungsbereich tätig sind, sowie für verliehene Arbeitnehmer.

2 Durch Abrede darf vom Normalarbeitsvertrag nach Artikel 360a nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

Art. 360e

225 Den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerverbänden steht ein Anspruch auf gerichtliche Feststellung zu, ob ein Arbeitgeber den Normalarbeits- vertrag nach Artikel 360a einhält.

Art. 360f

226 Erlässt ein Kanton in Anwendung von Artikel 360a einen Normalar- beitsvertrag, so stellt er dem zuständigen Bundesamt

227 ein Exemplar zu.

227

Vierter Abschnitt: Zwingende Vorschriften

Art. 361

1 Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften weder zuungunsten des Arbeitgebers noch des Arbeitnehmers abgewichen werden: Artikel 321c: Absatz 1 (Überstundenarbeit) Artikel 323: Absatz 4 (Vorschuss) Artikel 323b: Absatz 2 (Verrechnung mit Gegenforderungen) Artikel 325: Absatz 2 (Abtretung und Verpfändung von Lohnfor- derungen) Artikel 326: Absatz 2 (Zuweisung von Arbeit) Artikel 329d: Absätze 2 und 3 (Ferienlohn) Artikel 331: Absätze 1 und 2 (Zuwendungen für die Personalfür- sorge) Artikel 331b: (Abtretung und Verpfändung von Forderungen auf Vorsorgeleistungen)

229 Artikel 334: Absatz 3 (Kündigung beim langjährigen Arbeitsver- hältnis) Artikel 335: (Kündigung des Arbeitsverhältnisses) Artikel 335k: (Sozialplan während eines Konkurs- oder eines Nachlassverfahrens)

230 Artikel 336: Absatz 1 (Missbräuchliche Kündigung) Artikel 336a: (Entschädigung bei missbräuchlicher Kündigung) Artikel 336b: (Geltendmachung der Entschädigung) Artikel 336d: (Kündigung zur Unzeit durch den Arbeitnehmer) Artikel 337: Absätze 1 und 2 (Fristlose Auflösung aus wichtigen Gründen) Artikel 337b: Absatz 1 (Folgen bei gerechtfertigter Auflösung) Artikel 337d: (Folgen bei ungerechtfertigtem Nichtantritt oder Ver- lassen der Arbeitsstelle) Artikel 339: Absatz 1 (Fälligkeit der Forderungen)

230 Artikel 339a: (Rückgabepflichten) Artikel 340b: Absätze 1 und 2 (Folgen der Übertretung des Kon- kurrenzverbotes) Artikel 342: Absatz 2 (Zivilrechtliche Wirkungen des öffentlichen Rechts)

231 Artikel 346: (Vorzeitige Auflösung des Lehrvertrages) Artikel 349c: Absatz 3 (Verhinderung an der Reisetätigkeit) Artikel 350: (Besondere Kündigung) Artikel 350a: Absatz 2 (Rückgabepflichten).

2 Abreden sowie Bestimmungen von Normalarbeitsverträgen und Ge- samtarbeitsverträgen, die von den vorstehend angeführten Vorschriften zuungunsten des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers abweichen, sind nichtig.

Art. 362

1 Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:

233 Artikel 321e: (Haftung des Arbeitnehmers) Artikel 322a: Absätze 2 und 3 (Anteil am Geschäftsergebnis) Artikel 322b: Absätze 1 und 2 (Entstehung des Provisionsan- spruchs) Artikel 322c: (Provisionsabrechnung) Artikel 323b: Absatz 1 zweiter Satz (Lohnabrechnung) Artikel 324: (Lohn bei Annahmeverzug des Arbeitgebers) Artikel 324a: Absätze 1 und 3 (Lohn bei Verhinderung des Arbeit- nehmers) Artikel 324b: (Lohn bei obligatorischer Versicherung des Arbeit- nehmers) Artikel 326: Absätze 1, 3 und 4 (Akkordlohnarbeit) Artikel 326a: (Akkordlohn)

233 Artikel 327a: Absatz 1 (Auslagenersatz im Allgemeinen) Artikel 327b: Absatz 1 (Auslagenersatz bei Motorfahrzeug) Artikel 327c: Absatz 2 (Vorschuss für Auslagen) Artikel 328: (Schutz der Persönlichkeit des Arbeitnehmers im Allgemeinen) Artikel 328a: (Schutz der Persönlichkeit bei Hausgemeinschaft) Artikel 328b: (Schutz der Persönlichkeit bei der Bearbeitung von Personendaten)

234 Artikel 329: Absätze 1, 2 und 3 (Freizeit) Artikel 329a: Absätze 1 und 3 (Dauer der Ferien) Artikel 329b: Absätze 2 und 3 (Kürzung der Ferien) Artikel 329c: (Zusammenhang und Zeitpunkt der Ferien) Artikel 329d: Absatz 1 (Ferienlohn) Artikel 329e: Absätze 1 und 3 (Jugendurlaub)

235 Artikel 329f: (Mutterschaftsurlaub)

236 Artikel 329g: (Urlaub des andern Elternteils)

237 Artikel 329g : (Urlaub im Falle des Todes der Mutter)

238 Artikel 329h: (Urlaub für die Betreuung von Angehörigen)

239 Artikel 329i: (Urlaub für die Betreuung eines wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes)

240 Artikel 329j: (Adoptionsurlaub)

241 Artikel 330: Absätze 1, 3 und 4 (Kaution)

241 Artikel 330a: (Zeugnis) Artikel 331: Absätze 3 und 4 (Beitragsleistung und Auskunfts- pflicht bei Personalfürsorge) Artikel 331a: (Beginn und Ende des Vorsorgeschutzes)

243 Artikel 332: Absatz 4 (Vergütung bei Erfindungen) Artikel 333: Absatz 3 (Haftung bei Übergang des Arbeitsverhält- nisses) Artikel 335c: Absatz 3 (Kündigungsfristen)

244 Artikel 335i: (Verhandlungspflicht zwecks Abschlusses eines So- zialplans)

245 Artikel 335j: (Aufstellung des Sozialplans durch ein Schieds- gericht)

246 Artikel 336: Absatz 2 (Missbräuchliche Kündigung durch den Ar- beitgeber) Artikel 336c: (Kündigung zur Unzeit durch den Arbeitgeber) Artikel 337a: (Fristlose Auflösung wegen Lohngefährdung) Artikel 337c: Absatz 1 (Folgen bei ungerechtfertigter Entlassung) Artikel 338: (Tod des Arbeitnehmers) Artikel 338a: (Tod des Arbeitgebers) Artikel 339b: (Voraussetzungen der Abgangsentschädigung) Artikel 339d: (Ersatzleistungen) Artikel 340: Absatz 1 (Voraussetzungen des Konkurrenzverbotes) Artikel 340a: Absatz 1 (Beschränkung des Konkurrenzverbotes) Artikel 340c: (Wegfall des Konkurrenzverbotes) Artikel 341: Absatz 1 (Unverzichtbarkeit) Artikel 345a: (Pflichten des Lehrmeisters

247 ) Artikel 346a: (Lehrzeugnis)

247 Artikel 349a: Absatz 1 (Lohn des Handelsreisenden) Artikel 349b: Absatz 3 (Ausrichtung der Provision) Artikel 349c: Absatz 1 (Lohn bei Verhinderung an der Reisetätig- keit) Artikel 349e: Absatz 1 (Retentionsrecht des Handelsreisenden) Artikel 350a: Absatz 1 (Provision bei Beendigung des Arbeitsver- hältnisses) Artikel 352a: Absatz 3 (Haftung des Heimarbeitnehmers) Artikel 353: (Abnahme des Arbeitserzeugnisses) Artikel 353a: (Ausrichtung des Lohnes) Artikel 353b: Absatz 1 (Lohn bei Verhinderung an der Arbeitsleis- tung).

2 Abreden sowie Bestimmungen von Normalarbeitsverträgen und Ge- samtarbeitsverträgen, die von den vorstehend angeführten Vorschriften zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen, sind nichtig.

Elfter Titel: Der Werkvertrag

Art. 363

Durch den Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer zur Herstel- lung eines Werkes und der Besteller zur Leistung einer Vergütung.

Art. 364

1 Der Unternehmer haftet im Allgemeinen für die gleiche Sorgfalt wie der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis.

2 Er ist verpflichtet, das Werk persönlich auszuführen oder unter seiner persönlichen Leitung ausführen zu lassen, mit Ausnahme der Fälle, in denen es nach der Natur des Geschäftes auf persönliche Eigenschaften des Unternehmers nicht ankommt.

3 Er hat in Ermangelung anderweitiger Verabredung oder Übung für die zur Ausführung des Werkes nötigen Hilfsmittel, Werkzeuge und Gerät- schaften auf seine Kosten zu sorgen.

249

Art. 365

1 Soweit der Unternehmer die Lieferung des Stoffes übernommen hat, haftet er dem Besteller für die Güte desselben und hat Gewähr zu leisten wie ein Verkäufer.

2 Den vom Besteller gelieferten Stoff hat der Unternehmer mit aller Sorgfalt zu behandeln, über dessen Verwendung Rechenschaft abzule- gen und einen allfälligen Rest dem Besteller zurückzugeben.

3 Zeigen sich bei der Ausführung des Werkes Mängel an dem vom Be- steller gelieferten Stoffe oder an dem angewiesenen Baugrunde, oder ergeben sich sonst Verhältnisse, die eine gehörige oder rechtzeitige Ausführung des Werkes gefährden, so hat der Unternehmer dem Bestel- ler ohne Verzug davon Anzeige zu machen, widrigenfalls die nachteili- gen Folgen ihm selbst zur Last fallen.

Art. 366

1 Beginnt der Unternehmer das Werk nicht rechtzeitig oder verzögert er die Ausführung in vertragswidriger Weise oder ist er damit ohne Schuld des Bestellers so sehr im Rückstande, dass die rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist, so kann der Besteller, ohne den Liefe- rungstermin abzuwarten, vom Vertrage zurücktreten.

2 Lässt sich während der Ausführung des Werkes eine mangelhafte oder sonst vertragswidrige Erstellung durch Verschulden des Unternehmers bestimmt voraussehen, so kann ihm der Besteller eine angemessene Frist zur Abhilfe ansetzen oder ansetzen lassen mit der Androhung, dass im Unterlassungsfalle die Verbesserung oder die Fortführung des Wer- kes auf Gefahr und Kosten des Unternehmers einem Dritten übertragen werde.

Art. 367

1 Nach Ablieferung des Werkes hat der Besteller, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, dessen Beschaffenheit zu prüfen und den Unternehmer von allfälligen Mängeln in Kenntnis zu setzen.

2 Jeder Teil ist berechtigt, auf seine Kosten eine Prüfung des Werkes durch Sachverständige und die Beurkundung des Befundes zu verlan- gen.

Art. 368

1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Scha- denersatz fordern.

2 Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheb- lich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entspre- chenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unter- nehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlan- gen.

3 Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen ent- fernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.

Art. 369

Die dem Besteller bei Mangelhaftigkeit des Werkes gegebenen Rechte fallen dahin, wenn er durch Weisungen, die er entgegen den ausdrück- lichen Abmahnungen des Unternehmers über die Ausführung erteilte, oder auf andere Weise die Mängel selbst verschuldet hat.

Art. 370

1 Wird das abgelieferte Werk vom Besteller ausdrücklich oder still- schweigend genehmigt, so ist der Unternehmer von seiner Haftpflicht befreit, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei der Abnahme und ordnungsmässigen Prüfung nicht erkennbar waren oder vom Unter- nehmer absichtlich verschwiegen wurden.

2 Stillschweigende Genehmigung wird angenommen, wenn der Bestel- ler die gesetzlich vorgesehene Prüfung und Anzeige unterlässt.

3 Treten die Mängel erst später zu Tage, so muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls das Werk auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.

Art. 371

1 Die Ansprüche des Bestellers wegen Mängel des Werkes verjähren mit Ablauf von zwei Jahren nach der Abnahme des Werkes. Soweit jedoch Mängel eines beweglichen Werkes, das bestimmungsgemäss in ein un- bewegliches Werk integriert worden ist, die Mangelhaftigkeit des Wer- kes verursacht haben, beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre.

2 Die Ansprüche des Bestellers eines unbeweglichen Werkes wegen all- fälliger Mängel des Werkes verjähren gegen den Unternehmer sowie gegen den Architekten oder den Ingenieur, die zum Zwecke der Erstel- lung Dienste geleistet haben, mit Ablauf von fünf Jahren seit der Ab- nahme des Werkes.

3 Im Übrigen kommen die Regeln für die Verjährung der entsprechen- den Ansprüche des Käufers sinngemäss zur Anwendung.

Art. 372

1 Der Besteller hat die Vergütung bei der Ablieferung des Werkes zu zahlen.

2 Ist das Werk in Teilen zu liefern und die Vergütung nach Teilen be- stimmt, so hat Zahlung für jeden Teil bei dessen Ablieferung zu erfol- gen.

Art. 373

1 Wurde die Vergütung zum voraus genau bestimmt, so ist der Unter- nehmer verpflichtet, das Werk um diese Summe fertigzustellen, und darf keine Erhöhung fordern, selbst wenn er mehr Arbeit oder grössere Auslagen gehabt hat, als vorgesehen war.

2 Falls jedoch ausserordentliche Umstände, die nicht vorausgesehen werden konnten oder die nach den von beiden Beteiligten angenomme- nen Voraussetzungen ausgeschlossen waren, die Fertigstellung hindern oder übermässig erschweren, so kann der Richter nach seinem Ermessen eine Erhöhung des Preises oder die Auflösung des Vertrages bewilligen.

3 Der Besteller hat auch dann den vollen Preis zu bezahlen, wenn die Fertigstellung des Werkes weniger Arbeit verursacht, als vorgesehen war.

Art. 374

Ist der Preis zum voraus entweder gar nicht oder nur ungefähr bestimmt worden, so wird er nach Massgabe des Wertes der Arbeit und der Auf- wendungen des Unternehmers festgesetzt.

Art. 375

1 Wird ein mit dem Unternehmer verabredeter ungefährer Ansatz ohne Zutun des Bestellers unverhältnismässig überschritten, so hat dieser so- wohl während als nach der Ausführung des Werkes das Recht, vom Ver- trag zurückzutreten.

2 Bei Bauten, die auf Grund und Boden des Bestellers errichtet werden, kann dieser eine angemessene Herabsetzung des Lohnes verlangen oder, wenn die Baute noch nicht vollendet ist, gegen billigen Ersatz der be- reits ausgeführten Arbeiten dem Unternehmer die Fortführung entzie- hen und vom Vertrage zurücktreten.

Art. 376

1 Geht das Werk vor seiner Übergabe durch Zufall zugrunde, so kann der Unternehmer weder Lohn für seine Arbeit noch Vergütung seiner Auslagen verlangen, ausser wenn der Besteller sich mit der Annahme im Verzug befindet.

2 Der Verlust des zugrunde gegangenen Stoffes trifft in diesem Falle den Teil, der ihn geliefert hat.

3 Ist das Werk wegen eines Mangels des vom Besteller gelieferten Stof- fes oder des angewiesenen Baugrundes oder infolge der von ihm vorge- schriebenen Art der Ausführung zugrunde gegangen, so kann der Un- ternehmer, wenn er den Besteller auf diese Gefahren rechtzeitig aufmerksam gemacht hat, die Vergütung der bereits geleisteten Arbeit und der im Lohne nicht eingeschlossenen Auslagen und, falls den Be- steller ein Verschulden trifft, überdies Schadenersatz verlangen.

Art. 377

Solange das Werk unvollendet ist, kann der Besteller gegen Vergütung der bereits geleisteten Arbeit und gegen volle Schadloshaltung des Un- ternehmers jederzeit vom Vertrag zurücktreten.

Art. 378

1 Wird die Vollendung des Werkes durch einen beim Besteller eingetre- tenen Zufall unmöglich, so hat der Unternehmer Anspruch auf Vergü- tung der geleisteten Arbeit und der im Preise nicht inbegriffenen Ausla- gen.

2 Hat der Besteller die Unmöglichkeit der Ausführung verschuldet, so kann der Unternehmer überdies Schadenersatz fordern.

Art. 379

1 Stirbt der Unternehmer oder wird er ohne seine Schuld zur Vollendung des Werkes unfähig, so erlischt der Werkvertrag, wenn er mit Rücksicht auf die persönlichen Eigenschaften des Unternehmers eingegangen war.

2 Der Besteller ist verpflichtet, den bereits ausgeführten Teil des Wer- kes, soweit dieser für ihn brauchbar ist, anzunehmen und zu bezahlen.

Zwölfter Titel: Der Verlagsvertrag

Art. 380

Durch den Verlagsvertrag verpflichten sich der Urheber eines literari- schen oder künstlerischen Werkes oder seine Rechtsnachfolger (Verlag- geber), das Werk einem Verleger zum Zwecke der Herausgabe zu über- lassen, der Verleger dagegen, das Werk zu vervielfältigen und in Ver- trieb zu setzen.

Art. 381

1 Die Rechte des Urhebers werden insoweit und auf so lange dem Ver- leger übertragen, als es für die Ausführung des Vertrages erforderlich ist.

2 Der Verlaggeber hat dem Verleger dafür einzustehen, dass er zur Zeit des Vertragsabschlusses zu der Verlagsgabe berechtigt war, und wenn das Werk schutzfähig ist, dass er das Urheberrecht daran hatte.

3 Er hat, wenn das Werk vorher ganz oder teilweise einem Dritten in Verlag gegeben oder sonst mit seinem Wissen veröffentlicht war, dem Verleger vor dem Vertragsabschlusse hievon Kenntnis zu geben.

Art. 382

1 Solange die Auflagen des Werkes, zu denen der Verleger berechtigt ist, nicht vergriffen sind, darf der Verlaggeber weder über das Werk im Ganzen noch über dessen einzelne Teile zum Nachteile des Verlegers anderweitig verfügen.

2 Zeitungsartikel und einzelne kleinere Aufsätze in Zeitschriften darf der Verlaggeber jederzeit weiter veröffentlichen.

3 Beiträge an Sammelwerke oder grössere Beiträge an Zeitschriften darf der Verlaggeber nicht vor Ablauf von drei Monaten nach dem vollstän- digen Erscheinen des Beitrages weiter veröffentlichen.

Art. 383

1 Wurde über die Anzahl der Auflagen nichts bestimmt, so ist der Ver- leger nur zu einer Auflage berechtigt.

2 Die Stärke der Auflage wird, wenn darüber nichts vereinbart wurde, vom Verleger festgesetzt, er hat aber auf Verlangen des Verlaggebers wenigstens so viele Exemplare drucken zu lassen, als zu einem gehöri- gen Umsatz erforderlich sind, und darf nach Vollendung des ersten Dru- ckes keine neuen Abdrücke veranstalten.

3 Wurde das Verlagsrecht für mehrere Auflagen oder für alle Auflagen übertragen und versäumt es der Verleger, eine neue Auflage zu veran- stalten, nachdem die letzte vergriffen ist, so kann ihm der Verlaggeber gerichtlich eine Frist zur Herstellung einer neuen Auflage ansetzen las- sen, nach deren fruchtlosem Ablauf der Verleger sein Recht verwirkt.

Art. 384

1 Der Verleger ist verpflichtet, das Werk ohne Kürzungen, ohne Zusätze und ohne Abänderungen in angemessener Ausstattung zu vervielfälti- gen, für gehörige Bekanntmachung zu sorgen und die üblichen Mittel für den Absatz zu verwenden.

2 Die Preisbestimmung hängt von dem Ermessen des Verlegers ab, doch darf er nicht durch übermässige Preisforderung den Absatz erschweren.

Art. 385

1 Der Urheber behält das Recht, Berichtigungen und Verbesserungen vorzunehmen, wenn sie nicht die Verlagsinteressen verletzen oder die Verantwortlichkeit des Verlegers steigern, ist aber für unvorhergese- hene Kosten, die dadurch verursacht werden, Ersatz schuldig.

2 Der Verleger darf keine neue Ausgabe oder Auflage machen und kei- nen neuen Abdruck vornehmen, ohne zuvor dem Urheber Gelegenheit zu geben, Verbesserungen anzubringen.

Art. 386

1 Ist die besondere Ausgabe mehrerer einzelner Werke desselben Urhe- bers zum Verlag überlassen worden, so gibt dieses dem Verleger nicht auch das Recht, eine Gesamtausgabe dieser Werke zu veranstalten.

2 Ebenso wenig hat der Verleger, dem eine Gesamtausgabe sämtlicher Werke oder einer ganzen Gattung von Werken desselben Urhebers über- lassen worden ist, das Recht, von den einzelnen Werken besondere Aus- gaben zu veranstalten.

Art. 387

Das Recht, eine Übersetzung des Werkes zu veranstalten, bleibt, wenn nichts anderes mit dem Verleger vereinbart ist, ausschliesslich dem Ver- laggeber vorbehalten.

Art. 388

1 Ein Honorar an den Verlaggeber gilt als vereinbart, wenn nach den Umständen die Überlassung des Werkes nur gegen ein Honorar zu er- warten war.

2 Die Grösse desselben bestimmt der Richter auf das Gutachten von Sachverständigen.

3 Hat der Verleger das Recht zu mehreren Auflagen, so wird vermutet, dass für jede folgende von ihm veranstaltete Auflage dieselben Hono- rar- und übrigen Vertragsbedingungen gelten, wie für die erste Auflage.

Art. 389

1 Das Honorar wird fällig, sobald das ganze Werk oder, wenn es in Ab- teilungen (Bänden, Heften, Blättern) erscheint, sobald die Abteilung ge- druckt ist und ausgegeben werden kann.

2 Wird das Honorar ganz oder teilweise von dem erwarteten Absatze abhängig gemacht, so ist der Verleger zu übungsgemässer Abrechnung und Nachweisung des Absatzes verpflichtet.

3 Der Verlaggeber hat mangels einer andern Abrede Anspruch auf die übliche Zahl von Freiexemplaren.

Art. 390

1 Geht das Werk nach seiner Ablieferung an den Verleger durch Zufall unter, so ist der Verleger gleichwohl zur Zahlung des Honorars ver- pflichtet.

2 Besitzt der Urheber noch ein zweites Exemplar des untergegangenen Werkes, so hat er es dem Verleger zu überlassen, andernfalls ist er ver- pflichtet, das Werk wieder herzustellen, wenn ihm dies mit geringer Mühe möglich ist.

3 In beiden Fällen hat er Anspruch auf eine angemessene Entschädi- gung.

Art. 391

1 Geht die vom Verleger bereits hergestellte Auflage des Werkes durch Zufall ganz oder zum Teile unter, bevor sie vertrieben worden ist, so ist der Verleger berechtigt, die untergegangenen Exemplare auf seine Kos- ten neu herzustellen, ohne dass der Verlaggeber ein neues Honorar dafür fordern kann.

2 Der Verleger ist zur Wiederherstellung der untergegangenen Exemp- lare verpflichtet, wenn dies ohne unverhältnismässig hohe Kosten ge- schehen kann.

Art. 392

1 Der Verlagsvertrag erlischt, wenn der Urheber vor der Vollendung des Werkes stirbt oder unfähig oder ohne sein Verschulden verhindert wird, es zu vollenden.

2 Ausnahmsweise kann der Richter, wenn die ganze oder teilweise Fort- setzung des Vertragsverhältnisses möglich und billig erscheint, sie be- willigen und das Nötige anordnen.

3 Gerät der Verleger in Konkurs, so kann der Verlaggeber das Werk einem anderen Verleger übertragen, wenn ihm nicht für Erfüllung der zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht verfallenen Verlagsverbind- lichkeiten Sicherheit geleistet wird.

Art. 393

1 Wenn einer oder mehrere Verfasser nach einem ihnen vom Verleger vorgelegten Plane die Bearbeitung eines Werkes übernehmen, so haben sie nur auf das bedungene Honorar Anspruch.

2 Das Urheberrecht am Werke steht dem Verleger zu.

Dreizehnter Titel: Der Auftrag

Erster Abschnitt: Der einfache Auftrag

Art. 394

1 Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besor- gen.

2 Verträge über Arbeitsleistung, die keiner besondern Vertragsart dieses Gesetzes unterstellt sind, stehen unter den Vorschriften über den Auf- trag.

3 Eine Vergütung ist zu leisten, wenn sie verabredet oder üblich ist.

Art. 395

Als angenommen gilt ein nicht sofort abgelehnter Auftrag, wenn er sich auf die Besorgung solcher Geschäfte bezieht, die der Beauftragte kraft obrigkeitlicher Bestellung oder gewerbsmässig betreibt oder zu deren Besorgung er sich öffentlich empfohlen hat.

Art. 396

1 Ist der Umfang des Auftrages nicht ausdrücklich bezeichnet worden, so bestimmt er sich nach der Natur des zu besorgenden Geschäftes.

2 Insbesondere ist in dem Auftrage auch die Ermächtigung zu den Rechtshandlungen enthalten, die zu dessen Ausführung gehören.

3 Einer besonderen Ermächtigung bedarf der Beauftragte, wenn es sich darum handelt, einen Vergleich abzuschliessen, ein Schiedsgericht an- zunehmen, wechselrechtliche Verbindlichkeiten einzugehen, Grundstü- cke zu veräussern oder zu belasten oder Schenkungen zu machen.

1

Art. 397

1 Hat der Auftraggeber für die Besorgung des übertragenen Geschäftes eine Vorschrift gegeben, so darf der Beauftragte nur insofern davon ab- weichen, als nach den Umständen die Einholung einer Erlaubnis nicht tunlich und überdies anzunehmen ist, der Auftraggeber würde sie bei Kenntnis der Sachlage erteilt haben.

2 Ist der Beauftragte, ohne dass diese Voraussetzungen zutreffen, zum Nachteil des Auftraggebers von dessen Vorschriften abgewichen, so gilt der Auftrag nur dann als erfüllt, wenn der Beauftragte den daraus er- wachsenen Nachteil auf sich nimmt.

Art. 397a

252 Wird der Auftraggeber voraussichtlich dauernd urteilsunfähig, so muss der Beauftragte die Erwachsenenschutzbehörde am Wohnsitz des Auf- traggebers benachrichtigen, wenn eine solche Meldung zur Interessen- wahrung angezeigt erscheint.

Art. 398

1 Der Beauftragte haftet im Allgemeinen für die gleiche Sorgfalt wie der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis.

2 Er haftet dem Auftraggeber für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes.

3 Er hat das Geschäft persönlich zu besorgen, ausgenommen, wenn er zur Übertragung an einen Dritten ermächtigt oder durch die Umstände genötigt ist, oder wenn eine Vertretung übungsgemäss als zulässig be- trachtet wird.

Art. 399

1 Hat der Beauftragte die Besorgung des Geschäftes unbefugterweise einem Dritten übertragen, so haftet er für dessen Handlungen, wie wenn es seine eigenen wären.

2 War er zur Übertragung befugt, so haftet er nur für gehörige Sorgfalt bei der Wahl und Instruktion des Dritten.

3 In beiden Fällen kann der Auftraggeber die Ansprüche, die dem Be- auftragten gegen den Dritten zustehen, unmittelbar gegen diesen geltend machen.

253

Art. 400

1 Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Ge- schäftsführung Rechenschaft abzulegen und alles, was ihm infolge der- selben aus irgendeinem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.

2 Gelder, mit deren Ablieferung er sich im Rückstande befindet, hat er zu verzinsen.

Art. 401

1 Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Na- men Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auf- traggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.

2 Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Kon- kurs gefallen ist.

3 Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen her- ausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auf- traggebers zu Eigentum erworben hat.

Art. 402

1 Der Auftraggeber ist schuldig, dem Beauftragten die Auslagen und Verwendungen, die dieser in richtiger Ausführung des Auftrages ge- macht hat, samt Zinsen zu ersetzen und ihn von den eingegangenen Ver- bindlichkeiten zu befreien.

2 Er haftet dem Beauftragten für den aus dem Auftrage erwachsenen Schaden, soweit er nicht zu beweisen vermag, dass der Schaden ohne sein Verschulden entstanden ist.

Art. 403

1 Haben mehrere Personen gemeinsam einen Auftrag gegeben, so haften sie dem Beauftragten solidarisch.

2 Haben mehrere Personen einen Auftrag gemeinschaftlich übernom- men, so haften sie solidarisch und können den Auftraggeber, soweit sie nicht zur Übertragung der Besorgung an einen Dritten ermächtigt sind, nur durch gemeinschaftliches Handeln verpflichten.

Art. 404

1 Der Auftrag kann von jedem Teile jederzeit widerrufen oder gekündigt werden.

2 Erfolgt dies jedoch zur Unzeit, so ist der zurücktretende Teil zum Ersatze des dem anderen verursachten Schadens verpflichtet.

Art. 405

1 Der Auftrag erlischt, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist oder aus der Natur des Geschäfts hervorgeht, mit dem Verlust der entsprechen- den Handlungsfähigkeit, dem Konkurs, dem Tod oder der Verschollen- erklärung des Auftraggebers oder des Beauftragten.

2 Falls jedoch das Erlöschen des Auftrages die Interessen des Auftrag- gebers gefährdet, so ist der Beauftragte, sein Erbe oder sein Vertreter verpflichtet, für die Fortführung des Geschäftes zu sorgen, bis der Auf- traggeber, sein Erbe oder sein Vertreter in der Lage ist, es selbst zu tun.

Art. 406

Aus den Geschäften, die der Beauftragte führt, bevor er von dem Erlö- schen des Auftrages Kenntnis erhalten hat, wird der Auftraggeber oder dessen Erbe verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestanden hätte. Erster Abschnitt

255 Auftrag zur Ehe- oder zur Partnerschaftsvermittlung

Art. 406a

1 Wer einen Auftrag zur Ehe- oder zur Partnerschaftsvermittlung an- nimmt, verpflichtet sich, dem Auftraggeber gegen eine Vergütung Per- sonen für die Ehe oder für eine feste Partnerschaft zu vermitteln.

2 Auf die Ehe- oder die Partnerschaftsvermittlung sind die Vorschriften über den einfachen Auftrag ergänzend anwendbar.

Art. 406b

1 Reist die zu vermittelnde Person aus dem Ausland ein oder reist sie ins Ausland aus, so hat ihr der Beauftragte die Kosten der Rückreise zu ver- güten, wenn diese innert sechs Monaten seit der Einreise erfolgt.

2 Der Anspruch der zu vermittelnden Person gegen den Beauftragten geht mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über, wenn dieses für die Rückreisekosten aufgekommen ist.

3 Der Beauftragte kann vom Auftraggeber nur im Rahmen des im Ver- trag vorgesehenen Höchstbetrags Ersatz für die Rückreisekosten verlan- gen.

255

Art. 406c

1 Die berufsmässige Ehe- oder Partnerschaftsvermittlung von Personen oder an Personen aus dem Ausland bedarf der Bewilligung einer vom kantonalen Recht bezeichneten Stelle und untersteht deren Aufsicht.

2 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsvorschriften und regelt nament- lich: a. die Voraussetzungen und die Dauer der Bewilligung; b. die Sanktionen, die bei Zuwiderhandlungen gegen den Beauf- tragten verhängt werden; c. die Pflicht des Beauftragten, die Kosten für die Rückreise der zu vermittelnden Personen sicherzustellen.

Art. 406d

Der Vertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form und hat folgende Angaben zu enthalten: 1. den Namen und Wohnsitz der Parteien; 2. die Anzahl und die Art der Leistungen, zu denen sich der Be- auftragte verpflichtet, sowie die Höhe der Vergütung und der Kosten, die mit jeder Leistung verbunden sind, namentlich die Einschreibegebühr; 3. den Höchstbetrag der Entschädigung, die der Auftraggeber dem Beauftragten schuldet, wenn dieser bei der Vermittlung von oder an Personen aus dem Ausland die Kosten für die Rückreise getragen hat (Art. 406b); 4. die Zahlungsbedingungen; 5.

256 das Recht des Auftraggebers, schriftlich und entschädigungslos innerhalb von 14 Tagen seinen Antrag zum Vertragsabschluss oder seine Annahmeerklärung zu widerrufen; 6.

257 das Verbot für den Beauftragten, vor Ablauf der Frist von 14 Tagen eine Zahlung entgegenzunehmen; 7. das Recht des Auftraggebers, den Vertrag jederzeit entschädi- gungslos zu kündigen, unter Vorbehalt der Schadenersatzpflicht wegen Kündigung zur Unzeit.

257

Art. 406e

1 Der Vertrag tritt für den Auftraggeber erst 14 Tage nach Erhalt eines beidseitig unterzeichneten Vertragsdoppels in Kraft. Vor Ablauf dieser Frist darf der Beauftragte vom Auftraggeber keine Zahlung entgegen- nehmen.

2 Innerhalb der Frist nach Absatz 1 kann der Auftraggeber seinen Antrag zum Vertragsabschluss oder seine Annahmeerklärung schriftlich wider- rufen. Ein im Voraus erklärter Verzicht auf dieses Recht ist unverbind- lich. Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Widerrufsfolgen (Art. 40f) sinngemäss anwendbar.

3 Die Kündigung bedarf der Schriftform.

Art. 406f

259

Art. 406g

1 Der Beauftragte informiert den Auftraggeber vor der Vertragsunter- zeichnung und während der Vertragsdauer über besondere Schwierig- keiten, die im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Auftrag- gebers bei der Auftragserfüllung auftreten können.

2 Bei der Bearbeitung der Personendaten des Auftraggebers ist der Beauftragte zur Geheimhaltung verpflichtet; die Bestimmungen des Da- tenschutzgesetzes vom 25. September 2020

260 bleiben vorbehalten.

261

Art. 406h

Sind unverhältnismässig hohe Vergütungen oder Kosten vereinbart worden, so kann sie das Gericht auf Antrag des Auftraggebers auf einen angemessenen Betrag herabsetzen.

Zweiter Abschnitt: Der Kreditbrief und der Kreditauftrag

Art. 407

1 Kreditbriefe, durch die der Adressant den Adressaten mit oder ohne Angabe eines Höchstbetrages beauftragt, einer bestimmten Person die

261 verlangten Beträge auszubezahlen, werden nach den Vorschriften über den Auftrag und die Anweisung beurteilt.

2 Wenn kein Höchstbetrag angegeben ist, so hat der Adressat bei Anfor- derungen, die den Verhältnissen der beteiligten Personen offenbar nicht entsprechen, den Adressanten zu benachrichtigen und bis zum Emp- fange einer Weisung desselben die Zahlung zu verweigern.

3 Der im Kreditbriefe enthaltene Auftrag gilt nur dann als angenommen, wenn die Annahme bezüglich eines bestimmten Betrages erklärt worden ist.

Art. 408

1 Hat jemand den Auftrag erhalten und angenommen, in eigenem Na- men und auf eigene Rechnung, jedoch unter Verantwortlichkeit des Auftraggebers, einem Dritten Kredit zu eröffnen oder zu erneuern, so haftet der Auftraggeber wie ein Bürge, sofern der Beauftragte die Gren- zen des Kreditauftrages nicht überschritten hat.

2 Für diese Verbindlichkeit bedarf es der schriftlichen Erklärung des Auftraggebers.

Art. 409

Der Auftraggeber kann dem Beauftragten nicht die Einrede entgegen- setzen, der Dritte sei zur Eingehung der Schuld persönlich unfähig ge- wesen.

Art. 410

Die Haftpflicht des Auftraggebers erlischt, wenn der Beauftragte dem Dritten eigenmächtig Stundung gewährt oder es versäumt hat, gemäss den Weisungen des Auftraggebers gegen ihn vorzugehen.

Art. 411

Das Rechtsverhältnis des Auftraggebers zu dem Dritten, dem ein Kredit eröffnet worden ist, wird nach den Bestimmungen über das Rechtsver- hältnis zwischen dem Bürgen und dem Hauptschuldner beurteilt.

Dritter Abschnitt: Der Mäklervertrag

Art. 412

1 Durch den Mäklervertrag erhält der Mäkler den Auftrag, gegen eine Vergütung, Gelegenheit zum Abschlusse eines Vertrages nachzuweisen oder den Abschluss eines Vertrages zu vermitteln.

2 Der Mäklervertrag steht im Allgemeinen unter den Vorschriften über den einfachen Auftrag.

Art. 413

1 Der Mäklerlohn ist verdient, sobald der Vertrag infolge des Nachwei- ses oder infolge der Vermittlung des Mäklers zustande gekommen ist.

2 Wird der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Mäklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung ein- getreten ist.

3 Soweit dem Mäkler im Vertrage für Aufwendungen Ersatz zugesichert ist, kann er diesen auch dann verlangen, wenn das Geschäft nicht zu- stande kommt.

Art. 414

Wird der Betrag der Vergütung nicht festgesetzt, so gilt, wo eine Taxe besteht, diese und in Ermangelung einer solchen der übliche Lohn als vereinbart.

Art. 415

Ist der Mäkler in einer Weise, die dem Vertrage widerspricht, für den andern tätig gewesen, oder hat er sich in einem Falle, wo es wider Treu und Glauben geht, auch von diesem Lohn versprechen lassen, so kann er von seinem Auftraggeber weder Lohn noch Ersatz für Aufwendungen beanspruchen.

Art. 416

262

Art. 417

263 Ist für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss oder für die Ver- mittlung eines Einzelarbeitsvertrages oder eines Grundstückkaufes ein unverhältnismässig hoher Mäklerlohn vereinbart worden, so kann ihn der Richter auf Antrag des Schuldners auf einen angemessenen Betrag herabsetzen.

263

Art. 418

Es bleibt den Kantonen vorbehalten, über die Verrichtungen der Bör- senmäkler, Sensale und Stellenvermittler besondere Vorschriften aufzu- stellen.

Vierter Abschnitt:

264 Der Agenturvertrag

Art. 418a

1 Agent ist, wer die Verpflichtung übernimmt, dauernd für einen oder mehrere Auftraggeber Geschäfte zu vermitteln oder in ihrem Namen und für ihre Rechnung abzuschliessen, ohne zu den Auftraggebern in einem Arbeitsverhältnis zu stehen.

2 Auf Agenten, die als solche bloss im Nebenberuf tätig sind, finden die Vorschriften dieses Abschnittes insoweit Anwendung, als die Parteien nicht schriftlich etwas anderes vereinbart haben. Die Vorschriften über das Delcredere, das Konkurrenzverbot und die Auflösung des Vertrages aus wichtigen Gründen dürfen nicht zum Nachteil des Agenten wegbe- dungen werden.

Art. 418b

1 Auf den Vermittlungsagenten sind die Vorschriften über den Mäkler- vertrag, auf den Abschlussagenten diejenigen über die Kommission er- gänzend anwendbar.

266

Art. 418c

1 Der Agent hat die Interessen des Auftraggebers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu wahren.

2 Er darf, falls es nicht schriftlich anders vereinbart ist, auch für andere Auftraggeber tätig sein.

3 Eine Verpflichtung, für die Zahlung oder anderweitige Erfüllung der Verbindlichkeiten des Kunden einzustehen oder die Kosten der Einbrin- gung von Forderungen ganz oder teilweise zu tragen, kann er nur in schriftlicher Form übernehmen. Der Agent erhält dadurch einen unab- dingbaren Anspruch auf ein angemessenes besonderes Entgelt.

266

Art. 418d

1 Der Agent darf Geschäftsgeheimnisse des Auftraggebers, die ihm an- vertraut oder auf Grund des Agenturverhältnisses bekannt geworden sind, auch nach Beendigung des Vertrages nicht verwerten oder anderen mitteilen.

2 Auf ein vertragliches Konkurrenzverbot sind die Bestimmungen über den Dienstvertrag entsprechend anwendbar. Ist ein Konkurrenzverbot vereinbart, so hat der Agent bei Auflösung des Vertrages einen unab- dingbaren Anspruch auf ein angemessenes besonderes Entgelt.

Art. 418e

1 Der Agent gilt nur als ermächtigt, Geschäfte zu vermitteln, Mängelrü- gen und andere Erklärungen, durch die der Kunde sein Recht aus man- gelhafter Leistung des Auftraggebers geltend macht oder sich vorbehält, entgegenzunehmen und die dem Auftraggeber zustehenden Rechte auf Sicherstellung des Beweises geltend zu machen.

2 Dagegen gilt er nicht als ermächtigt, Zahlungen entgegenzunehmen, Zahlungsfristen zu gewähren oder sonstige Änderungen des Vertrages mit den Kunden zu vereinbaren.

3 Die Artikel 34 und 44 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 2. April 1908

267 über den Versicherungsvertrag bleiben vorbehalten.

Art. 418f

1 Der Auftraggeber hat alles zu tun, um dem Agenten die Ausübung ei- ner erfolgreichen Tätigkeit zu ermöglichen. Er hat ihm insbesondere die nötigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

2 Er hat den Agenten unverzüglich zu benachrichtigen, wenn er voraus- sieht, dass Geschäfte nur in erheblich geringerem Umfange, als verein- bart oder nach den Umständen zu erwarten ist, abgeschlossen werden können oder sollen.

3 Ist dem Agenten ein bestimmtes Gebiet oder ein bestimmter Kunden- kreis zugewiesen, so ist er, soweit nicht schriftlich etwas anderes ver- einbart wurde, unter Ausschluss anderer Personen beauftragt.

Art. 418g

1 Der Agent hat Anspruch auf die vereinbarte oder übliche Vermitt- lungs- oder Abschlussprovision für alle Geschäfte, die er während des Agenturverhältnisses vermittelt oder abgeschlossen hat, sowie, mangels gegenteiliger schriftlicher Abrede, für solche Geschäfte, die während des Agenturverhältnisses ohne seine Mitwirkung vom Auftraggeber

267 abgeschlossen werden, sofern er den Dritten als Kunden für Geschäfte dieser Art geworben hat.

2 Der Agent, dem ein bestimmtes Gebiet oder ein bestimmter Kunden- kreis ausschliesslich zugewiesen ist, hat Anspruch auf die vereinbarte oder, mangels Abrede, auf die übliche Provision für alle Geschäfte, die mit Kunden dieses Gebietes oder Kundenkreises während des Agentur- verhältnisses abgeschlossen werden.

3 Soweit es nicht anders schriftlich vereinbart ist, entsteht der Anspruch auf die Provision, sobald das Geschäft mit dem Kunden rechtsgültig abgeschlossen ist.

Art. 418h

1 Der Anspruch des Agenten auf Provision fällt nachträglich insoweit dahin, als die Ausführung eines abgeschlossenen Geschäftes aus einem vom Auftraggeber nicht zu vertretenden Grunde unterbleibt.

2 Er fällt hingegen gänzlich dahin, wenn die Gegenleistung für die vom Auftraggeber bereits erbrachten Leistungen ganz oder zu einem so gros- sen Teil unterbleibt, dass dem Auftraggeber die Bezahlung einer Provi- sion nicht zugemutet werden kann.

Art. 418i

Soweit nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist, wird die Provision auf das Ende des Kalenderhalbjahres, in dem das Geschäft abgeschlos- sen wurde, im Versicherungsgeschäft jedoch nach Massgabe der Bezah- lung der ersten Jahresprämie fällig.

Art. 418k

1 Ist der Agent nicht durch schriftliche Abrede zur Aufstellung einer Provisionsabrechnung verpflichtet, so hat ihm der Auftraggeber auf je- den Fälligkeitstermin eine schriftliche Abrechnung unter Angabe der provisionspflichtigen Geschäfte zu übergeben.

2 Auf Verlangen ist dem Agenten Einsicht in die für die Abrechnung massgebenden Bücher und Belege zu gewähren. Auf dieses Recht kann der Agent nicht zum voraus verzichten.

Art. 418l

1 Soweit nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist, hat der Agent Anspruch auf eine Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäss ein- gezogenen und abgelieferten Beträge.

2 Mit Beendigung des Agenturverhältnisses fallen die Inkassoberechti- gung des Agenten und sein Anspruch auf weitere Inkassoprovisionen dahin.

Art. 418m

1 Der Auftraggeber hat dem Agenten eine angemessene Entschädigung zu bezahlen, wenn er ihn durch Verletzung seiner gesetzlichen oder ver- traglichen Pflichten schuldhaft daran verhindert, die Provision in dem vereinbarten oder nach den Umständen zu erwartenden Umfange zu ver- dienen. Eine gegenteilige Abrede ist ungültig.

2 Wird ein Agent, der für keinen andern Auftraggeber gleichzeitig tätig sein darf, durch Krankheit, schweizerischen obligatorischen Militär- dienst oder ähnliche Gründe ohne sein Verschulden an seiner Tätigkeit verhindert, so hat er für verhältnismässig kurze Zeit Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach Massgabe des eingetretenen Ver- dienstausfalles, sofern das Agenturverhältnis mindestens ein Jahr ge- dauert hat. Auf dieses Recht kann der Agent nicht zum voraus verzich- ten.

Art. 418n

1 Soweit nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist, hat der Agent keinen Anspruch auf Ersatz für die im regelmässigen Betrieb seines Ge- schäftes entstandenen Kosten und Auslagen, wohl aber für solche, die er auf besondere Weisung des Auftraggebers oder als dessen Geschäfts- führer ohne Auftrag auf sich genommen hat, wie Auslagen für Frachten und Zölle.

2 Die Ersatzpflicht ist vom Zustandekommen des Rechtsgeschäftes un- abhängig.

Art. 418o

1 Zur Sicherung der fälligen Ansprüche aus dem Agenturverhältnis, bei Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers auch der nicht fälligen Ansprü- che, hat der Agent an den beweglichen Sachen und Wertpapieren, die er auf Grund des Agenturverhältnisses besitzt, sowie an den kraft einer In- kassovollmacht entgegengenommenen Zahlungen Dritter ein Retenti- onsrecht, auf das er nicht zum voraus verzichten kann.

2 An Preistarifen und Kundenverzeichnissen kann das Retentionsrecht nicht ausgeübt werden.

Art. 418p

1 Ist der Agenturvertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen, oder geht eine solche aus seinem Zweck hervor, so endigt er ohne Kündigung mit dem Ablauf dieser Zeit.

2 Wird ein auf eine bestimmte Zeit abgeschlossenes Agenturverhältnis nach Ablauf dieser Zeit für beide Teile stillschweigend fortgesetzt, so gilt der Vertrag als für die gleiche Zeit erneuert, jedoch höchstens für ein Jahr.

3 Hat der Auflösung des Vertrages eine Kündigung vorauszugehen, so gilt ihre beiderseitige Unterlassung als Erneuerung des Vertrages.

Art. 418q

1 Ist ein Agenturvertrag nicht auf bestimmte Zeit abgeschlossen, und geht eine solche auch nicht aus seinem Zwecke hervor, so kann er im ersten Jahr der Vertragsdauer beiderseits auf das Ende des der Kündi- gung folgenden Kalendermonates gekündigt werden. Die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist bedarf der schriftlichen Form.

2 Wenn das Vertragsverhältnis mindestens ein Jahr gedauert hat, kann es mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten auf das Ende eines Ka- lendervierteljahres gekündigt werden. Es kann jedoch eine längere Kün- digungsfrist oder ein anderer Endtermin vereinbart werden.

3 Für Auftraggeber und Agenten dürfen keine verschiedenen Kündi- gungsfristen vereinbart werden.

Art. 418r

1 Aus wichtigen Gründen kann sowohl der Auftraggeber als auch der Agent jederzeit den Vertrag sofort auflösen.

2 Die Bestimmungen über den Dienstvertrag sind entsprechend anwend- bar.

Art. 418s

1 Das Agenturverhältnis erlischt durch den Tod und durch den Eintritt der Handlungsunfähigkeit des Agenten sowie durch den Konkurs des Auftraggebers.

2 Durch den Tod des Auftraggebers erlischt das Agenturverhältnis, wenn der Auftrag wesentlich mit Rücksicht auf dessen Person einge- gangen worden ist.

Art. 418t

1 Für Nachbestellungen eines vom Agenten während des Agenturver- hältnisses geworbenen Kunden besteht, falls nicht etwas anderes verein- bart oder üblich ist, ein Anspruch auf Provision nur, wenn die Bestel- lungen vor Beendigung des Agenturvertrages eingelaufen sind.

2 Mit der Beendigung des Agenturverhältnisses werden sämtliche An- sprüche des Agenten auf Provision oder Ersatz fällig.

3 Für Geschäfte, die ganz oder teilweise erst nach Beendigung des Agenturverhältnisses zu erfüllen sind, kann eine spätere Fälligkeit des Provisionsanspruches schriftlich vereinbart werden.

Art. 418u

1 Hat der Agent durch seine Tätigkeit den Kundenkreis des Auftragge- bers wesentlich erweitert, und erwachsen diesem oder seinem Rechts- nachfolger aus der Geschäftsverbindung mit der geworbenen Kund- schaft auch nach Auflösung des Agenturverhältnisses erhebliche Vor- teile, so haben der Agent oder seine Erben, soweit es nicht unbillig ist, einen unabdingbaren Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.

2 Dieser Anspruch beträgt höchstens einen Nettojahresverdienst aus die- sem Vertragsverhältnis, berechnet nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre oder, wenn das Verhältnis nicht so lange gedauert hat, nach demjenigen der ganzen Vertragsdauer.

3 Kein Anspruch besteht, wenn das Agenturverhältnis aus einem Grund aufgelöst worden ist, den der Agent zu vertreten hat.

Art. 418v

Jede Vertragspartei hat auf den Zeitpunkt der Beendigung des Agentur- verhältnisses der andern alles herauszugeben, was sie von ihr für die Dauer des Vertrages oder von Dritten für ihre Rechnung erhalten hat. Vorbehalten bleiben die Retentionsrechte der Vertragsparteien.

Vierzehnter Titel: Die Geschäftsführung ohne Auftrag

Art. 419

Wer für einen anderen ein Geschäft besorgt, ohne von ihm beauftragt zu sein, ist verpflichtet, das unternommene Geschäft so zu führen, wie es dem Vorteile und der mutmasslichen Absicht des anderen entspricht.

Art. 420

1 Der Geschäftsführer haftet für jede Fahrlässigkeit.

2 Seine Haftpflicht ist jedoch milder zu beurteilen, wenn er gehandelt hat, um einen dem Geschäftsherrn drohenden Schaden abzuwenden.

3 Hat er die Geschäftsführung entgegen dem ausgesprochenen oder sonst erkennbaren Willen des Geschäftsherrn unternommen und war dessen Verbot nicht unsittlich oder rechtswidrig, so haftet er auch für den Zufall, sofern er nicht beweist, dass dieser auch ohne seine Einmi- schung eingetreten wäre.

Art. 421

1 War der Geschäftsführer unfähig, sich durch Verträge zu verpflichten, so haftet er aus der Geschäftsführung nur, soweit er bereichert ist oder auf böswillige Weise sich der Bereicherung entäussert hat.

2 Vorbehalten bleibt eine weitergehende Haftung aus unerlaubten Hand- lungen.

Art. 422

1 Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Ge- schäftsführer alle Verwendungen, die notwendig oder nützlich und den Verhältnissen angemessen waren, samt Zinsen zu ersetzen und ihn in demselben Masse von den übernommenen Verbindlichkeiten zu be- freien sowie für andern Schaden ihm nach Ermessen des Richters Ersatz zu leisten.

2 Diesen Anspruch hat der Geschäftsführer, wenn er mit der gehörigen Sorgfalt handelte, auch in dem Falle, wo der beabsichtigte Erfolg nicht eintritt.

3 Sind die Verwendungen dem Geschäftsführer nicht zu ersetzen, so hat er das Recht der Wegnahme nach den Vorschriften über die ungerecht- fertigte Bereicherung.

Art. 423

1 Wenn die Geschäftsführung nicht mit Rücksicht auf das Interesse des Geschäftsherrn unternommen wurde, so ist dieser gleichwohl berech- tigt, die aus der Führung seiner Geschäfte entspringenden Vorteile sich anzueignen.

2 Zur Ersatzleistung an den Geschäftsführer und zu dessen Entlastung ist der Geschäftsherr nur so weit verpflichtet, als er bereichert ist.

Art. 424

Wenn die Geschäftsbesorgung nachträglich vom Geschäftsherrn gebil- ligt wird, so kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwen- dung.

Fünfzehnter Titel: Die Kommission

Art. 425

1 Einkaufs- oder Verkaufskommissionär ist, wer gegen eine Kommissi- onsgebühr (Provision) in eigenem Namen für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) den Einkauf oder Verkauf von beweglichen Sachen oder Wertpapieren zu besorgen übernimmt.

2 Für das Kommissionsverhältnis kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung, soweit nicht die Bestimmungen dieses Titels etwas anderes enthalten.

Art. 426

1 Der Kommissionär hat dem Kommittenten die erforderlichen Nach- richten zu geben und insbesondere von der Ausführung des Auftrages sofort Anzeige zu machen.

2 Er ist zur Versicherung des Kommissionsgutes nur verpflichtet, wenn er vom Kommittenten Auftrag dazu erhalten hat.

Art. 427

1 Wenn das zum Verkaufe zugesandte Kommissionsgut sich in einem erkennbar mangelhaften Zustande befindet, so hat der Kommissionär die Rechte gegen den Frachtführer zu wahren, für den Beweis des man- gelhaften Zustandes und soweit möglich für Erhaltung des Gutes zu sor- gen und dem Kommittenten ohne Verzug Nachricht zu geben.

2 Versäumt der Kommissionär diese Pflichten, so ist er für den aus der Versäumnis entstandenen Schaden haftbar.

3 Zeigt sich Gefahr, dass das zum Verkaufe zugesandte Kommissions- gut schnell in Verderbnis gerate, so ist der Kommissionär berechtigt und, soweit die Interessen des Kommittenten es erfordern, auch ver- pflichtet, die Sache unter Mitwirkung der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo sie sich befindet, verkaufen zu lassen.

Art. 428

1 Hat der Verkaufskommissionär unter dem ihm gesetzten Mindestbe- trag verkauft, so muss er dem Kommittenten den Preisunterschied ver- güten, sofern er nicht beweist, dass durch den Verkauf von dem Kom- mittenten Schaden abgewendet worden ist und eine Anfrage bei dem Kommittenten nicht mehr tunlich war.

2 Ausserdem hat er ihm im Falle seines Verschuldens allen weitern aus der Vertragsverletzung entstehenden Schaden zu ersetzen.

3 Hat der Kommissionär wohlfeiler gekauft, als der Kommittent voraus- gesetzt, oder teurer verkauft, als er ihm vorgeschrieben hatte, so darf er den Gewinn nicht für sich behalten, sondern muss ihn dem Kommitten- ten anrechnen.

Art. 429

1 Der Kommissionär, der ohne Einwilligung des Kommittenten einem Dritten Vorschüsse macht oder Kredit gewährt, tut dieses auf eigene Gefahr.

2 Soweit jedoch der Handelsgebrauch am Orte des Geschäftes das Kre- ditieren des Kaufpreises mit sich bringt, ist in Ermangelung einer ande- ren Bestimmung des Kommittenten auch der Kommissionär dazu be- rechtigt.

Art. 430

1 Abgesehen von dem Falle, wo der Kommissionär unbefugterweise Kredit gewährt, hat er für die Zahlung oder anderweitige Erfüllung der Verbindlichkeiten des Schuldners nur dann einzustehen, wenn er sich hiezu verpflichtet hat, oder wenn das am Orte seiner Niederlassung Han- delsgebrauch ist.

2 Der Kommissionär, der für den Schuldner einsteht, ist zu einer Vergü- tung (Delcredere-Provision) berechtigt.

Art. 431

1 Der Kommissionär ist berechtigt, für alle im Interesse des Kommitten- ten gemachten Vorschüsse, Auslagen und andere Verwendungen Ersatz zu fordern und von diesen Beträgen Zinse zu berechnen.

2 Er kann auch die Vergütung für die benutzten Lagerräume und Trans- portmittel, nicht aber den Lohn seiner Angestellten in Rechnung brin- gen.

Art. 432

1 Der Kommissionär ist zur Forderung der Provision berechtigt, wenn das Geschäft zur Ausführung gekommen oder aus einem in der Person des Kommittenten liegenden Grunde nicht ausgeführt worden ist.

2 Für Geschäfte, die aus einem andern Grunde nicht zur Ausführung ge- kommen sind, hat der Kommissionär nur den ortsüblichen Anspruch auf Vergütung für seine Bemühungen.

Art. 433

1 Der Anspruch auf die Provision fällt dahin, wenn sich der Kommissi- onär einer unredlichen Handlungsweise gegenüber dem Kommittenten schuldig gemacht, insbesondere wenn er einen zu hohen Einkaufs oder einen zu niedrigen Verkaufspreis in Rechnung gebracht hat.

2 Überdies steht dem Kommittenten in den beiden letzterwähnten Fällen die Befugnis zu, den Kommissionär selbst als Verkäufer oder als Käufer in Anspruch zu nehmen.

Art. 434

Der Kommissionär hat an dem Kommissionsgute sowie an dem Ver- kaufserlöse ein Retentionsrecht.

Art. 435

1 Wenn bei Unverkäuflichkeit des Kommissionsgutes oder bei Widerruf des Auftrages der Kommittent mit der Zurücknahme des Gutes oder mit der Verfügung darüber ungebührlich zögert, so ist der Kommissionär berechtigt, bei der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo die Sache sich befindet, die Versteigerung zu verlangen.

2 Die Versteigerung kann, wenn am Orte der gelegenen Sache weder der Kommittent noch ein Stellvertreter desselben anwesend ist, ohne Anhö- ren der Gegenpartei angeordnet werden.

3 Der Versteigerung muss aber eine amtliche Mitteilung an den Kom- mittenten vorausgehen, sofern das Gut nicht einer schnellen Entwertung ausgesetzt ist.

Art. 436

1 Bei Kommissionen zum Einkauf oder zum Verkauf von Waren, Wech- seln und anderen Wertpapieren, die einen Börsenpreis oder Marktpreis haben, ist der Kommissionär, wenn der Kommittent nicht etwas anderes bestimmt hat, befugt, das Gut, das er einkaufen soll, als Verkäufer selbst zu liefern, oder das Gut, das er zu verkaufen beauftragt ist, als Käufer für sich zu behalten.

2 In diesen Fällen ist der Kommissionär verpflichtet, den zur Zeit der Ausführung des Auftrages geltenden Börsen- oder Marktpreis in Rech- nung zu bringen und kann sowohl die gewöhnliche Provision als die bei Kommissionsgeschäften sonst regelmässig vorkommenden Unkosten berechnen.

3 Im Übrigen ist das Geschäft als Kaufvertrag zu behandeln.

Art. 437

Meldet der Kommissionär in den Fällen, wo der Eintritt als Eigenhänd- ler zugestanden ist, die Ausführung des Auftrages, ohne eine andere Person als Käufer oder Verkäufer namhaft zu machen, so ist anzuneh- men, dass er selbst die Verpflichtung eines Käufers oder Verkäufers auf sich genommen habe.

Art. 438

Wenn der Kommittent den Auftrag widerruft und der Widerruf bei dem Kommissionär eintrifft, bevor dieser die Anzeige der Ausführung abge- sandt hat, so ist der Kommissionär nicht mehr befugt, selbst als Käufer oder Verkäufer einzutreten.

Art. 439

Wer gegen Vergütung die Versendung oder Weitersendung von Gütern für Rechnung des Versenders, aber in eigenem Namen, zu besorgen übernimmt (Spediteur), ist als Kommissionär zu betrachten, steht aber in Bezug auf den Transport der Güter unter den Bestimmungen über den Frachtvertrag.

Sechzehnter Titel: Der Frachtvertrag

Art. 440

1 Frachtführer ist, wer gegen Vergütung (Frachtlohn) den Transport von Sachen auszuführen übernimmt.

2 Für den Frachtvertrag kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung, soweit nicht die Bestimmungen dieses Titels etwas ande- res enthalten.

Art. 441

1 Der Absender hat dem Frachtführer die Adresse des Empfängers und den Ort der Ablieferung, die Anzahl, die Verpackung, den Inhalt und das Gewicht der Frachtstücke, die Lieferungszeit und den Transportweg sowie bei wertvollen Gegenständen auch deren Wert genau zu bezeich- nen.

2 Die aus Unterlassung oder Ungenauigkeit einer solchen Angabe ent- stehenden Nachteile fallen zu Lasten des Absenders.

Art. 442

1 Für gehörige Verpackung des Gutes hat der Absender zu sorgen.

2 Er haftet für die Folgen von äusserlich nicht erkennbaren Mängeln der Verpackung.

3 Dagegen trägt der Frachtführer die Folgen solcher Mängel, die äusser- lich erkennbar waren, wenn er das Gut ohne Vorbehalt angenommen hat.

Art. 443

1 Solange das Frachtgut noch in Händen des Frachtführers ist, hat der Absender das Recht, dasselbe gegen Entschädigung des Frachtführers für Auslagen oder für Nachteile, die aus der Rückziehung erwachsen, zurückzunehmen, ausgenommen: 1. wenn ein Frachtbrief vom Absender ausgestellt und vom Fracht- führer an den Empfänger übergeben worden ist; 2. wenn der Absender sich vom Frachtführer einen Empfangs- schein hat geben lassen und diesen nicht zurückgeben kann; 3. wenn der Frachtführer an den Empfänger eine schriftliche An- zeige von der Ankunft des Gutes zum Zwecke der Abholung abgesandt hat; 4. wenn der Empfänger nach Ankunft des Gutes am Bestimmung- sorte die Ablieferung verlangt hat.

2 In diesen Fällen hat der Frachtführer ausschliesslich die Anweisungen des Empfängers zu befolgen, ist jedoch hiezu, falls sich der Absender einen Empfangsschein hat geben lassen und das Gut noch nicht am Be- stimmungsorte angekommen ist, nur dann verpflichtet, wenn dem Emp- fänger dieser Empfangsschein zugestellt worden ist.

Art. 444

1 Wenn das Frachtgut nicht angenommen oder die Zahlung der auf dem- selben haftenden Forderungen nicht geleistet wird oder wenn der Emp- fänger nicht ermittelt werden kann, so hat der Frachtführer den Absen- der hievon zu benachrichtigen und inzwischen das Frachtgut auf Gefahr und Kosten des Absenders aufzubewahren oder bei einem Dritten zu hinterlegen.

2 Wird in einer den Umständen angemessenen Zeit weder vom Absen- der noch vom Empfänger über das Frachtgut verfügt, so kann der Frachtführer unter Mitwirkung der am Orte der gelegenen Sache zustän- digen Amtsstelle das Frachtgut zugunsten des Berechtigten wie ein Kommissionär verkaufen lassen.

Art. 445

1 Sind Frachtgüter schnellem Verderben ausgesetzt, oder deckt ihr ver- mutlicher Wert nicht die darauf haftenden Kosten, so hat der Frachtfüh- rer den Tatbestand ohne Verzug amtlich feststellen zu lassen und kann das Frachtgut in gleicher Weise wie bei Ablieferungshindernissen ver- kaufen lassen.

2 Von der Anordnung des Verkaufes sind, soweit möglich, die Beteilig- ten zu benachrichtigen.

Art. 446

Der Frachtführer hat bei Ausübung der ihm in Bezug auf die Behand- lung des Frachtgutes eingeräumten Befugnisse die Interessen des Eigen- tümers bestmöglich zu wahren und haftet bei Verschulden für Schaden- ersatz.

Art. 447

1 Wenn ein Frachtgut verloren oder zugrunde gegangen ist, so hat der Frachtführer den vollen Wert zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass der Verlust oder Untergang durch die natürliche Beschaffenheit des Gu- tes oder durch ein Verschulden oder eine Anweisung des Absenders oder des Empfängers verursacht sei oder auf Umständen beruhe, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten.

2 Als ein Verschulden des Absenders ist zu betrachten, wenn er den Frachtführer von dem besonders hohen Wert des Frachtgutes nicht un- terrichtet hat.

3 Verabredungen, wonach ein den vollen Wert übersteigendes Interesse oder weniger als der volle Wert zu ersetzen ist, bleiben vorbehalten.

Art. 448

1 Unter den gleichen Voraussetzungen und Vorbehalten wie beim Ver- lust des Gutes haftet der Frachtführer für allen Schaden, der aus Ver- spätung in der Ablieferung oder aus Beschädigung oder aus teilweisem Untergange des Gutes entstanden ist.

2 Ohne besondere Verabredung kann ein höherer Schadenersatz als für gänzlichen Verlust nicht begehrt werden.

Art. 449

Der Frachtführer haftet für alle Unfälle und Fehler, die auf dem über- nommenen Transporte vorkommen, gleichviel, ob er den Transport bis zu Ende selbst besorgt oder durch einen anderen Frachtführer ausführen lässt, unter Vorbehalt des Rückgriffes gegen den Frachtführer, dem er das Gut übergeben hat.

Art. 450

Der Frachtführer hat sofort nach Ankunft des Gutes dem Empfänger Anzeige zu machen.

Art. 451

1 Bestreitet der Empfänger die auf dem Frachtgut haftende Forderung, so kann er die Ablieferung nur verlangen, wenn er den streitigen Betrag amtlich hinterlegt.

2 Dieser Betrag tritt in Bezug auf das Retentionsrecht des Frachtführers an die Stelle des Frachtgutes.

Art. 452

1 Durch vorbehaltlose Annahme des Gutes und Bezahlung der Fracht erlöschen alle Ansprüche gegen den Frachtführer, die Fälle von absicht- licher Täuschung und grober Fahrlässigkeit ausgenommen.

2 Ausserdem bleibt der Frachtführer haftbar für äusserlich nicht erkenn- baren Schaden, falls der Empfänger solchen innerhalb der Zeit, in der ihm nach den Umständen die Prüfung möglich oder zuzumuten war, entdeckt und den Frachtführer sofort nach der Entdeckung davon be- nachrichtigt hat.

3 Diese Benachrichtigung muss jedoch spätestens acht Tage nach der Ablieferung stattgefunden haben.

Art. 453

1 In allen Streitfällen kann die am Orte der gelegenen Sache zuständige Amtsstelle auf Begehren eines der beiden Teile Hinterlegung des Frachtgutes in dritte Hand oder nötigenfalls nach Feststellung des Zu- standes den Verkauf anordnen.

2 Der Verkauf kann durch Bezahlung oder Hinterlegung des Betrages aller angeblich auf dem Gute haftenden Forderungen abgewendet wer- den.

Art. 454

1 Die Ersatzklagen gegen Frachtführer verjähren mit Ablauf eines Jah- res, und zwar im Falle des Unterganges, des Verlustes oder der Ver- spätung von dem Tage hinweg, an dem die Ablieferung hätte geschehen sollen, im Falle der Beschädigung von dem Tage an, wo das Gut dem Adressaten übergeben worden ist.

2 Im Wege der Einrede können der Empfänger oder der Absender ihre Ansprüche immer geltend machen, sofern sie innerhalb Jahresfrist re- klamiert haben und der Anspruch nicht infolge Annahme des Gutes ver- wirkt ist.

3 Vorbehalten bleiben die Fälle von Arglist und grober Fahrlässigkeit des Frachtführers.

Art. 455

1 Transportanstalten, zu deren Betrieb es einer staatlichen Genehmigung bedarf, sind nicht befugt, die Anwendung der gesetzlichen Bestimmun- gen über die Verantwortlichkeit des Frachtführers zu ihrem Vorteile durch besondere Übereinkunft oder durch Reglemente im voraus auszu- schliessen oder zu beschränken.

2 Jedoch bleiben abweichende Vertragsbestimmungen, die in diesem Ti- tel als zulässig vorgesehen sind, vorbehalten.

3 Die besonderen Vorschriften für die Frachtverträge der Anbieterinnen von Postdiensten, der Eisenbahnen und Dampfschiffe bleiben vorbehal- ten.

268

Art. 456

1 Ein Frachtführer oder Spediteur, der sich zur Ausführung des von ihm übernommenen Transportes einer öffentlichen Transportanstalt bedient oder zur Ausführung des von einer solchen übernommenen Transportes mitwirkt, unterliegt den für diese geltenden besonderen Bestimmungen über den Frachtverkehr.

2 Abweichende Vereinbarungen zwischen dem Frachtführer oder Spe- diteur und dem Auftraggeber bleiben jedoch vorbehalten.

3 Dieser Artikel findet keine Anwendung auf Camionneure.

Art. 457

Der Spediteur, der sich zur Ausführung des Vertrages einer öffentlichen Transportanstalt bedient, kann seine Verantwortlichkeit nicht wegen mangelnden Rückgriffes ablehnen, wenn er selbst den Verlust des Rückgriffes verschuldet hat.

Siebzehnter Titel:

Die Prokura und andere Handlungsvollmachten

Art. 458

1 Wer von dem Inhaber eines Handels-, Fabrikations- oder eines ande- ren nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes ausdrücklich oder stillschweigend ermächtigt ist, für ihn das Gewerbe zu betreiben und «per procura» die Firma zu zeichnen, ist Prokurist.

2 Der Geschäftsherr hat die Erteilung der Prokura zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, wird jedoch schon vor der Eintragung durch die Handlungen des Prokuristen verpflichtet.

3 Zur Betreibung anderer Gewerbe oder Geschäfte kann ein Prokurist nur durch Eintragung in das Handelsregister bestellt werden.

Art. 459

1 Der Prokurist gilt gutgläubigen Dritten gegenüber als ermächtigt, den Geschäftsherrn durch Wechsel-Zeichnungen zu verpflichten und in des- sen Namen alle Arten von Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Zweck des Gewerbes oder Geschäftes des Geschäftsherrn mit sich brin- gen kann.

2 Zur Veräusserung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis ausdrücklich erteilt worden ist.

Art. 460

1 Die Prokura kann auf den Geschäftskreis einer Zweigniederlassung beschränkt werden.

2 Sie kann mehreren Personen zu gemeinsamer Unterschrift erteilt wer- den (Kollektiv-Prokura), mit der Wirkung, dass die Unterschrift des Einzelnen ohne die vorgeschriebene Mitwirkung der übrigen nicht ver- bindlich ist.

3 Andere Beschränkungen der Prokura haben gegenüber gutgläubigen Dritten keine rechtliche Wirkung.

Art. 461

1 Das Erlöschen der Prokura ist in das Handelsregister einzutragen, auch wenn bei der Erteilung die Eintragung nicht stattgefunden hat.

2 Solange die Löschung nicht erfolgt und bekannt gemacht worden ist, bleibt die Prokura gegenüber gutgläubigen Dritten in Kraft.

Art. 462

1 Wenn der Inhaber eines Handels-, Fabrikations- oder eines andern nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes jemanden ohne Erteilung der Prokura, sei es zum Betriebe des ganzen Gewerbes, sei es zu be- stimmten Geschäften in seinem Gewerbe als Vertreter bestellt, so er- streckt sich die Vollmacht auf alle Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Gewerbes oder die Ausführung derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

2 Jedoch ist der Handlungsbevollmächtigte zum Eingehen von Wech- selverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozessfüh- rung nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis ausdrücklich erteilt worden ist.

Art. 463

269

Art. 464

1 Der Prokurist, sowie der Handlungsbevollmächtigte, der zum Betrieb des ganzen Gewerbes bestellt ist oder in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Gewerbes steht, darf ohne Einwilligung des Geschäftsherrn weder für eigene Rechnung noch für Rechnung eines Dritten Geschäfte machen, die zu den Geschäftszweigen des Geschäftsherrn gehören.

2 Bei Übertretung dieser Vorschrift kann der Geschäftsherr Ersatz des verursachten Schadens fordern und die betreffenden Geschäfte auf ei- gene Rechnung übernehmen.

Art. 465

1 Die Prokura und die Handlungsvollmacht sind jederzeit widerruflich, unbeschadet der Rechte, die sich aus einem unter den Beteiligten beste- henden Einzelarbeitsvertrag, Gesellschaftsvertrag, Auftrag od. dgl. er- geben können.

2 Der Tod des Geschäftsherrn oder der Eintritt seiner Handlungsunfä- higkeit hat das Erlöschen der Prokura oder Handlungsvollmacht nicht zur Folge.

Achtzehnter Titel: Die Anweisung

Art. 466

Durch die Anweisung wird der Angewiesene ermächtigt, Geld, Wertpa- piere oder andere vertretbare Sachen auf Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten, und dieser, die Leistung von jenem in eigenem Namen zu erheben.

Art. 467

1 Soll mit der Anweisung eine Schuld des Anweisenden an den Emp- fänger getilgt werden, so erfolgt die Tilgung erst durch die von dem Angewiesenen geleistete Zahlung.

2 Doch kann der Empfänger, der die Anweisung angenommen hat, seine Forderung gegen den Anweisenden nur dann wieder geltend machen, wenn er die Zahlung vom Angewiesenen gefordert und nach Ablauf der in der Anweisung bestimmten Zeit nicht erhalten hat.

3 Der Gläubiger, der eine von seinem Schuldner ihm erteilte Anweisung nicht annehmen will, hat diesen bei Vermeidung von Schadenersatz ohne Verzug hievon zu benachrichtigen.

Art. 468

1 Der Angewiesene, der dem Anweisungsempfänger die Annahme ohne Vorbehalt erklärt, wird ihm zur Zahlung verpflichtet und kann ihm nur solche Einreden entgegensetzen, die sich aus ihrem persönlichen Ver- hältnisse oder aus dem Inhalte der Anweisung selbst ergeben, nicht aber solche aus seinem Verhältnisse zum Anweisenden.

2 Soweit der Angewiesene Schuldner des Anweisenden ist und seine Lage dadurch, dass er an den Anweisungsempfänger Zahlung leisten soll, in keiner Weise verschlimmert wird, ist er zur Zahlung an diesen verpflichtet.

3 Vor der Zahlung die Annahme zu erklären, ist der Angewiesene selbst in diesem Falle nicht verpflichtet, es sei denn, dass er es mit dem An- weisenden vereinbart hätte.

Art. 469

Verweigert der Angewiesene die vom Anweisungsempfänger gefor- derte Zahlung oder erklärt er zum voraus, an ihn nicht zahlen zu wollen, so ist dieser bei Vermeidung von Schadenersatz verpflichtet, den An- weisenden sofort zu benachrichtigen.

Art. 470

1 Der Anweisende kann die Anweisung gegenüber dem Anweisungs- empfänger widerrufen, wenn er sie nicht zur Tilgung seiner Schuld oder sonst zum Vorteile des Empfängers erteilt hat.

2 Gegenüber dem Angewiesenen kann der Anweisende widerrufen, solange jener dem Empfänger seine Annahme nicht erklärt hat. Bestimmen die Regeln eines Zahlungssystems nichts anderes, so ist die Anweisung im bargeldlosen Zahlungsverkehr unwiderruflich, so- bald der Überweisungsbetrag dem Konto des Anweisenden belastet worden ist.

3 Wird über den Anweisenden der Konkurs eröffnet, so gilt die noch nicht angenommene Anweisung als widerrufen.

Art. 471

1 Schriftliche Anweisungen zur Zahlung an den jeweiligen Inhaber der Urkunde werden nach den Vorschriften dieses Titels beurteilt, in dem Sinne, dass dem Angewiesenen gegenüber jeder Inhaber als Anwei- sungsempfänger gilt, die Rechte zwischen dem Anweisenden und dem Empfänger dagegen nur für den jeweiligen Übergeber und Abnehmer begründet werden.

2 Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über den Check und die wechselähnlichen Anweisungen.

272

Neunzehnter Titel: Der Hinterlegungsvertrag

Art. 472

1 Durch den Hinterlegungsvertrag verpflichtet sich der Aufbewahrer dem Hinterleger, eine bewegliche Sache, die dieser ihm anvertraut, zu übernehmen und sie an einem sicheren Orte aufzubewahren.

2 Eine Vergütung kann er nur dann fordern, wenn sie ausdrücklich be- dungen worden ist oder nach den Umständen zu erwarten war.

Art. 473

1 Der Hinterleger haftet dem Aufbewahrer für die mit Erfüllung des Vertrages notwendig verbundenen Auslagen.

2 Er haftet ihm für den durch die Hinterlegung verursachten Schaden, sofern er nicht beweist, dass der Schaden ohne jedes Verschulden von seiner Seite entstanden sei.

Art. 474

1 Der Aufbewahrer darf die hinterlegte Sache ohne Einwilligung des Hinterlegers nicht gebrauchen.

2 Andernfalls schuldet er dem Hinterleger entsprechende Vergütung und haftet auch für den Zufall, sofern er nicht beweist, dass dieser die Sache auch sonst getroffen hätte.

Art. 475

1 Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine be- stimmte Dauer vereinbart wurde.

2 Jedoch hat er dem Aufbewahrer den Aufwand zu ersetzen, den dieser mit Rücksicht auf die vereinbarte Zeit gemacht hat.

Art. 476

1 Der Aufbewahrer kann die hinterlegte Sache vor Ablauf der bestimm- ten Zeit nur dann zurückgeben, wenn unvorhergesehene Umstände ihn ausserstand setzen, die Sache länger mit Sicherheit oder ohne eigenen Nachteil aufzubewahren.

2 Ist keine Zeit für die Aufbewahrung bestimmt, so kann der Aufbewah- rer die Sache jederzeit zurückgeben.

Art. 477

Die hinterlegte Sache ist auf Kosten und Gefahr des Hinterlegers da zurückzugeben, wo sie aufbewahrt werden sollte.

Art. 478

Haben mehrere die Sache gemeinschaftlich zur Aufbewahrung erhalten, so haften sie solidarisch.

Art. 479

1 Wird an der hinterlegten Sache von einem Dritten Eigentum bean- sprucht, so ist der Aufbewahrer dennoch zur Rückgabe an den Hinterle- ger verpflichtet, sofern nicht gerichtlich Beschlag auf die Sache gelegt oder die Eigentumsklage gegen ihn anhängig gemacht worden ist.

2 Von diesen Hindernissen hat er den Hinterleger sofort zu benachrich- tigen.

Art. 480

Haben mehrere eine Sache, deren Rechtsverhältnisse streitig oder unklar sind, zur Sicherung ihrer Ansprüche bei einem Dritten (dem Sequester) hinterlegt, so darf dieser die Sache nur mit Zustimmung der Beteiligten oder auf Geheiss des Richters herausgeben.

Art. 481

1 Ist Geld mit der ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung hinterlegt worden, dass der Aufbewahrer nicht dieselben Stücke, son- dern nur die gleiche Geldsumme zurückzuerstatten habe, so geht Nutzen und Gefahr auf ihn über.

2 Eine stillschweigende Vereinbarung in diesem Sinne ist zu vermuten, wenn die Geldsumme unversiegelt und unverschlossen übergeben wurde.

3 Werden andere vertretbare Sachen oder Wertpapiere hinterlegt, so darf der Aufbewahrer über die Gegenstände nur verfügen, wenn ihm diese Befugnis vom Hinterleger ausdrücklich eingeräumt worden ist.

Art. 482

1 Ein Lagerhalter, der sich öffentlich zur Aufbewahrung von Waren an- erbietet, kann von der zuständigen Behörde die Bewilligung erwirken, für die gelagerten Güter Warenpapiere auszugeben.

2 Die Warenpapiere sind Wertpapiere und lauten auf die Herausgabe der gelagerten Güter.

3 Sie können als Namen-, Ordre- oder Inhaberpapiere ausgestellt sein.

Art. 483

1 Der Lagerhalter ist zur Aufbewahrung der Güter verpflichtet wie ein Kommissionär.

2 Er hat dem Einlagerer, soweit tunlich, davon Mitteilung zu machen, wenn Veränderungen an den Waren eintreten, die weitere Massregeln als rätlich erscheinen lassen.

3 Er hat ihm die Besichtigung der Güter und Entnahme von Proben wäh- rend der Geschäftszeit sowie jederzeit die nötigen Erhaltungsmassre- geln zu gestatten.

Art. 484

1 Eine Vermengung vertretbarer Güter mit andern der gleichen Art und Güte darf der Lagerhalter nur vornehmen, wenn ihm dies ausdrücklich gestattet ist.

2 Aus vermischten Gütern kann jeder Einlagerer eine seinem Beitrag entsprechende Menge herausverlangen.

3 Der Lagerhalter darf die verlangte Ausscheidung ohne Mitwirkung der anderen Einlagerer vornehmen.

Art. 485

1 Der Lagerhalter hat Anspruch auf das verabredete oder übliche Lager- geld, sowie auf Erstattung der Auslagen, die nicht aus der Aufbewah- rung selbst erwachsen sind, wie Frachtlohn, Zoll, Ausbesserung.

2 Die Auslagen sind sofort zu ersetzen, die Lagergelder je nach Ablauf von drei Monaten seit der Einlagerung und in jedem Fall bei der voll- ständigen oder teilweisen Zurücknahme des Gutes zu bezahlen.

3 Der Lagerhalter hat für seine Forderungen an dem Gute ein Retenti- onsrecht, solange er im Besitze des Gutes ist oder mit Warenpapier dar- über verfügen kann.

Art. 486

1 Der Lagerhalter hat das Gut gleich einem Aufbewahrer zurückzuge- ben, ist aber an die vertragsmässige Dauer der Aufbewahrung auch dann gebunden, wenn infolge unvorhergesehener Umstände ein gewöhnli- cher Aufbewahrer vor Ablauf der bestimmten Zeit zur Rückgabe be- rechtigt wäre.

2 Ist ein Warenpapier ausgestellt, so darf und muss er das Gut nur an den aus dem Warenpapier Berechtigten herausgeben.

Art. 487

1 Gastwirte, die Fremde zur Beherbergung aufnehmen, haften für jede Beschädigung, Vernichtung oder Entwendung der von ihren Gästen ein- gebrachten Sachen, sofern sie nicht beweisen, dass der Schaden durch den Gast selbst oder seine Besucher, Begleiter oder Dienstleute oder durch höhere Gewalt oder durch die Beschaffenheit der Sache verur- sacht worden ist.

2 Diese Haftung besteht jedoch, wenn dem Gastwirte oder seinen Dienstleuten kein Verschulden zur Last fällt, für die Sachen eines jeden einzelnen Gastes nur bis zum Betrage von 1000 Franken.

Art. 488

1 Werden Kostbarkeiten, grössere Geldbeträge oder Wertpapiere dem Gastwirte nicht zur Aufbewahrung übergeben, so ist er für sie nur haft- bar, wenn ihm oder seinen Dienstleuten ein Verschulden zur Last fällt.

2 Hat er die Aufbewahrung übernommen oder lehnt er sie ab, so haftet er für den vollen Wert.

3 Darf dem Gast die Übergabe solcher Gegenstände nicht zugemutet werden, so haftet der Gastwirt für sie wie für die andern Sachen des Gastes.

Art. 489

1 Die Ansprüche des Gastes erlöschen, wenn er den Schaden nicht sofort nach dessen Entdeckung dem Gastwirte anzeigt.

2 Der Wirt kann sich seiner Verantwortlichkeit nicht dadurch entziehen, dass er sie durch Anschlag in den Räumen des Gasthofes ablehnt oder von Bedingungen abhängig macht, die im Gesetze nicht genannt sind.

Art. 490

1 Stallwirte haften für die Beschädigung, Vernichtung oder Entwendung der bei ihnen eingestellten oder von ihnen oder ihren Leuten auf andere Weise übernommenen Tiere und Wagen und der dazu gehörigen Sa- chen, sofern sie nicht beweisen, dass der Schaden durch den Einbrin- genden selbst oder seine Besucher, Begleiter oder Dienstleute oder durch höhere Gewalt oder durch die Beschaffenheit der Sache verur- sacht worden ist.

2 Diese Haftung besteht jedoch, wenn dem Stallwirte oder seinen Dienstleuten kein Verschulden zur Last fällt, für die übernommenen Tiere, Wagen und dazu gehörigen Sachen eines jeden Einbringenden nur bis zum Betrage von 1000 Franken.

Art. 491

1 Gastwirte und Stallwirte haben an den eingebrachten Sachen ein Re- tentionsrecht für die Forderungen, die ihnen aus der Beherbergung und Unterkunft zustehen.

2 Die Bestimmungen über das Retentionsrecht des Vermieters finden entsprechende Anwendung.

Zwanzigster Titel:

273 Die Bürgschaft

Art. 492

1 Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Schuld ein- zustehen.

2 Jede Bürgschaft setzt eine zu Recht bestehende Hauptschuld voraus. Für den Fall, dass die Hauptschuld wirksam werde, kann die Bürgschaft auch für eine künftige oder bedingte Schuld eingegangen werden.

3 Wer für die Schuld aus einem wegen Irrtums oder Vertragsunfähigkeit für den Hauptschuldner unverbindlichen Vertrag einzustehen erklärt, haftet unter den Voraussetzungen und nach den Grundsätzen des Bürg- schaftsrechts, wenn er bei der Eingehung seiner Verpflichtung den Man- gel gekannt hat. Dies gilt in gleicher Weise, wenn jemand sich verpflich- tet, für die Erfüllung einer für den Hauptschuldner verjährten Schuld einzustehen.

4 Soweit sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt, kann der Bürge auf die ihm in diesem Titel eingeräumten Rechte nicht zum voraus ver- zichten.

Art. 493

1 Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetra- ges seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.

2 Die Bürgschaftserklärung natürlicher Personen bedarf ausserdem der öffentlichen Beurkundung, die den am Ort ihrer Vornahme geltenden Vorschriften entspricht. Wenn aber der Haftungsbetrag die Summe von 2000 Franken nicht übersteigt, so genügt die eigenschriftliche Angabe des zahlenmässig bestimmten Haftungsbetrages und gegebenenfalls der solidarischen Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.

3 Bürgschaften, die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffent- lich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-

273 rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl. oder für Frachten eingegangen werden, bedürfen in allen Fällen lediglich der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.

4 Ist der Haftungsbetrag zur Umgehung der Form der öffentlichen Be- urkundung in kleinere Beträge aufgeteilt worden, so ist für die Verbür- gung der Teilbeträge die für den Gesamtbetrag vorgeschriebene Form notwendig.

5 Für nachträgliche Abänderungen der Bürgschaft, ausgenommen die Erhöhung des Haftungsbetrages und die Umwandlung einer einfachen Bürgschaft in eine solidarische, genügt die Schriftform. Wird die Haupt- schuld von einem Dritten mit befreiender Wirkung für den Schuldner übernommen, so geht die Bürgschaft unter, wenn der Bürge dieser Schuldübernahme nicht schriftlich zugestimmt hat.

6 Der gleichen Form wie die Bürgschaft bedürfen auch die Erteilung einer besonderen Vollmacht zur Eingehung einer Bürgschaft und das Versprechen, dem Vertragsgegner oder einem Dritten Bürgschaft zu leisten. Durch schriftliche Abrede kann die Haftung auf denjenigen Teil der Hauptschuld beschränkt werden, der zuerst abgetragen wird.

7 Der Bundesrat kann die Höhe der Gebühren für die öffentliche Beur- kundung beschränken.

Art. 494

1 Die Bürgschaft einer verheirateten Person bedarf zu ihrer Gültigkeit der im einzelnen Fall vorgängig oder spätestens gleichzeitig abgegebe- nen schriftlichen Zustimmung des Ehegatten, wenn die Ehe nicht durch richterliches Urteil getrennt ist.

3 Für nachträgliche Abänderungen einer Bürgschaft ist die Zustimmung des andern Ehegatten nur erforderlich, wenn der Haftungsbetrag erhöht oder eine einfache Bürgschaft in eine Solidarbürgschaft umgewandelt werden soll, oder wenn die Änderung eine erhebliche Verminderung der Sicherheiten bedeutet.

4 Die gleiche Regelung gilt bei eingetragenen Partnerschaften sinnge- mäss.

275

Art. 495

1 Der Gläubiger kann den einfachen Bürgen erst dann zur Zahlung an- halten, wenn nach Eingehung der Bürgschaft der Hauptschuldner in Konkurs geraten ist oder Nachlassstundung erhalten hat oder vom Gläu- biger unter Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bis zur Ausstellung eines definitiven Verlustscheines betrieben worden ist oder den Wohn- sitz ins Ausland verlegt hat und in der Schweiz nicht mehr belangt wer- den kann, oder wenn infolge Verlegung seines Wohnsitzes im Ausland eine erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung eingetreten ist.

2 Bestehen für die verbürgte Forderung Pfandrechte, so kann der einfa- che Bürge, solange der Hauptschuldner nicht in Konkurs geraten ist oder Nachlassstundung erhalten hat, verlangen, dass der Gläubiger sich vor- erst an diese halte.

3 Hat sich der Bürge nur zur Deckung des Ausfalls verpflichtet (Schad- losbürgschaft), so kann er erst belangt werden, wenn gegen den Haupt- schuldner ein definitiver Verlustschein vorliegt, oder wenn der Haupt- schuldner den Wohnsitz ins Ausland verlegt hat und in der Schweiz nicht mehr belangt werden kann, oder wenn infolge Verlegung des Wohnsitzes im Ausland eine erhebliche Erschwerung der Rechtsverfol- gung eingetreten ist. Ist ein Nachlassvertrag abgeschlossen worden, so kann der Bürge für den nachgelassenen Teil der Hauptschuld sofort nach Inkrafttreten des Nachlassvertrages belangt werden.

4 Gegenteilige Vereinbarungen bleiben vorbehalten.

Art. 496

1 Wer sich als Bürge unter Beifügung des Wortes «solidarisch» oder mit andern gleichbedeutenden Ausdrücken verpflichtet, kann vor dem Hauptschuldner und vor der Verwertung der Grundpfänder belangt wer- den, sofern der Hauptschuldner mit seiner Leistung im Rückstand und erfolglos gemahnt worden oder seine Zahlungsunfähigkeit offenkundig ist.

2 Vor der Verwertung der Faustpfand- und Forderungspfandrechte kann er nur belangt werden, soweit diese nach dem Ermessen des Richters voraussichtlich keine Deckung bieten, oder wenn dies so vereinbart worden oder der Hauptschuldner in Konkurs geraten ist oder Nachlass- stundung erhalten hat.

Art. 497

1 Mehrere Bürgen, die gemeinsam die nämliche teilbare Hauptschuld verbürgt haben, haften für ihre Anteile als einfache Bürgen und für die Anteile der übrigen als Nachbürgen.

2 Haben sie mit dem Hauptschuldner oder unter sich Solidarhaft über- nommen, so haftet jeder für die ganze Schuld. Der Bürge kann jedoch die Leistung des über seinen Kopfanteil hinausgehenden Betrages ver- weigern, solange nicht gegen alle solidarisch neben ihm haftenden Mit- bürgen, welche die Bürgschaft vor oder mit ihm eingegangen haben und für diese Schuld in der Schweiz belangt werden können, Betreibung ein- geleitet worden ist. Das gleiche Recht steht ihm zu, soweit seine Mit- bürgen für den auf sie entfallenden Teil Zahlung geleistet oder Realsi- cherheit gestellt haben. Für die geleisteten Zahlungen hat der Bürge, wenn nicht etwas anderes vereinbart worden ist, Rückgriff auf die soli- darisch neben ihm haftenden Mitbürgen, soweit nicht jeder von ihnen den auf ihn entfallenden Teil bereits geleistet hat. Dieser kann dem Rückgriff auf den Hauptschuldner vorausgehen.

3 Hat ein Bürge in der dem Gläubiger erkennbaren Voraussetzung, dass neben ihm für die gleiche Hauptschuld noch andere Bürgen sich ver- pflichten werden, die Bürgschaft eingegangen, so wird er befreit, wenn diese Voraussetzung nicht eintritt oder nachträglich ein solcher Mit- bürge vom Gläubiger aus der Haftung entlassen oder seine Bürgschaft ungültig erklärt wird. In letzterem Falle kann der Richter, wenn es die Billigkeit verlangt, auch bloss auf angemessene Herabsetzung der Haf- tung erkennen.

4 Haben mehrere Bürgen sich unabhängig voneinander für die gleiche Hauptschuld verbürgt, so haftet jeder für den ganzen von ihm verbürg- ten Betrag. Der Zahlende hat jedoch, soweit nicht etwas anderes verein- bart ist, anteilmässigen Rückgriff auf die andern.

Art. 498

1 Der Nachbürge, der sich dem Gläubiger für die Erfüllung der von den Vorbürgen übernommenen Verbindlichkeit verpflichtet hat, haftet ne- ben diesem in gleicher Weise wie der einfache Bürge neben dem Haupt- schuldner.

2 Der Rückbürge ist verpflichtet, dem zahlenden Bürgen für den Rück- griff einzustehen, der diesem gegen den Hauptschuldner zusteht.

Art. 499

1 Der Bürge haftet in allen Fällen nur bis zu dem in der Bürgschaftsur- kunde angegebenen Höchstbetrag.

2 Bis zu diesem Höchstbetrage haftet der Bürge, mangels anderer Ab- rede, für: 1. den jeweiligen Betrag der Hauptschuld, inbegriffen die gesetz- lichen Folgen eines Verschuldens oder Verzuges des Haupt- schuldners, jedoch für den aus dem Dahinfallen des Vertrages entstehenden Schaden und für eine Konventionalstrafe nur dann, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden ist; 2. die Kosten der Betreibung und Ausklagung des Hauptschuld- ners, soweit dem Bürgen rechtzeitig Gelegenheit gegeben war, sie durch Befriedigung des Gläubigers zu vermeiden, sowie ge- gebenenfalls die Kosten für die Herausgabe von Pfändern und die Übertragung von Pfandrechten; 3. vertragsmässige Zinse bis zum Betrage des laufenden und eines verfallenen Jahreszinses, oder gegebenenfalls für eine laufende und eine verfallene Annuität.

3 Wenn sich nicht etwas anderes aus dem Bürgschaftsvertrag oder aus den Umständen ergibt, haftet der Bürge nur für die nach der Unterzeich- nung der Bürgschaft eingegangenen Verpflichtungen des Hauptschuld- ners.

Art. 500

1 Bei Bürgschaften natürlicher Personen verringert sich der Haftungs- betrag, soweit nicht von vorneherein oder nachträglich etwas anderes vereinbart wird, jedes Jahr um drei Hundertstel, wenn aber diese Forde- rungen durch Grundpfand gesichert sind, um einen Hundertstel des ur- sprünglichen Haftungsbetrages. In jedem Falle verringert er sich bei Bürgschaften natürlicher Personen mindestens im gleichen Verhältnis wie die Hauptschuld.

2 Ausgenommen sind die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton einge- gangenen Bürgschaften für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl. und für Frachten, sowie die Amts- und Dienst- bürgschaften und die Bürgschaften für Verpflichtungen mit wechseln- dem Betrag, wie Kontokorrent, Sukzessivlieferungsvertrag, und für pe- riodisch wiederkehrende Leistungen.

Art. 501

1 Der Bürge kann wegen der Hauptschuld vor dem für ihre Bezahlung festgesetzten Zeitpunkt selbst dann nicht belangt werden, wenn die Fäl- ligkeit durch den Konkurs des Hauptschuldners vorgerückt wird.

2 Gegen Leistung von Realsicherheit kann der Bürge bei jeder Bürg- schaftsart verlangen, dass der Richter die Betreibung gegen ihn einstellt, bis alle Pfänder verwertet sind und gegen den Hauptschuldner ein defi- nitiver Verlustschein vorliegt oder ein Nachlassvertrag abgeschlossen worden ist.

3 Bedarf die Hauptschuld zu ihrer Fälligkeit der Kündigung durch den Gläubiger oder den Hauptschuldner, so beginnt die Frist für den Bürgen erst mit dem Tage zu laufen, an dem ihm diese Kündigung mitgeteilt wird.

4 Wird die Leistungspflicht eines im Ausland wohnhaften Hauptschuld- ners durch die ausländische Gesetzgebung aufgehoben oder einge- schränkt, wie beispielsweise durch Vorschriften über Verrechnungsver- kehr oder durch Überweisungsverbote, so kann der in der Schweiz wohnhafte Bürge sich ebenfalls darauf berufen, soweit er auf diese Ein- rede nicht verzichtet hat.

Art. 502

1 Der Bürge ist berechtigt und verpflichtet, dem Gläubiger die Einreden entgegenzusetzen, die dem Hauptschuldner oder seinen Erben zustehen und sich nicht auf die Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners stüt- zen. Vorbehalten bleibt die Verbürgung einer für den Hauptschuldner wegen Irrtums oder Vertragsunfähigkeit unverbindlichen oder einer verjährten Schuld.

2 Verzichtet der Hauptschuldner auf eine ihm zustehende Einrede, so kann der Bürge sie trotzdem geltend machen.

3 Unterlässt es der Bürge, Einreden des Hauptschuldners geltend zu ma- chen, so verliert er seinen Rückgriff insoweit, als er sich durch diese Einreden hätte befreien können, wenn er nicht darzutun vermag, dass er sie ohne sein Verschulden nicht gekannt hat.

4 Dem Bürgen, der eine wegen Spiel und Wette unklagbare Schuld ver- bürgt hat, stehen, auch wenn er diesen Mangel kannte, die gleichen Ein- reden zu wie dem Hauptschuldner.

Art. 503

1 Vermindert der Gläubiger zum Nachteil des Bürgen bei der Eingehung der Bürgschaft vorhandene oder vom Hauptschuldner nachträglich er- langte und eigens für die verbürgte Forderung bestimmte Pfandrechte oder anderweitige Sicherheiten und Vorzugsrechte, so verringert sich die Haftung des Bürgen um einen dieser Verminderung entsprechenden Betrag, soweit nicht nachgewiesen wird, dass der Schaden weniger hoch ist. Die Rückforderung des zuviel bezahlten Betrages bleibt vorbehal- ten.

2 Bei der Amts- und Dienstbürgschaft ist der Gläubiger dem Bürgen überdies verantwortlich, wenn infolge Unterlassung der Aufsicht über den Arbeitnehmer, zu der er verpflichtet ist, oder der ihm sonst zumut- baren Sorgfalt die Schuld entstanden ist oder einen Umfang angenom- men hat, den sie andernfalls nicht angenommen hätte.

3 Der Gläubiger hat dem Bürgen, der ihn befriedigt, die zur Geltendma- chung seiner Rechte dienlichen Urkunden herauszugeben und die nöti- gen Aufschlüsse zu erteilen. Ebenso hat er ihm die bei der Eingehung

276 der Bürgschaft vorhandenen oder vom Hauptschuldner nachträglich ei- gens für diese Forderung bestellten Pfänder und anderweitigen Sicher- heiten herauszugeben oder die für ihre Übertragung erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Die dem Gläubiger für andere Forderungen zustehenden Pfand- und Retentionsrechte bleiben vorbehalten, soweit sie denjenigen des Bürgen im Rang vorgehen.

4 Weigert sich der Gläubiger ungerechtfertigterweise, diese Handlungen vorzunehmen, oder hat er sich der vorhandenen Beweismittel oder der Pfänder und sonstigen Sicherheiten, für die er verantwortlich ist, bös- willig oder grobfahrlässig entäussert, so wird der Bürge frei. Er kann das Geleistete zurückfordern und für den ihm darüber hinaus erwachse- nen Schaden Ersatz verlangen.

Art. 504

1 Ist die Hauptschuld fällig, sei es auch infolge Konkurses des Haupt- schuldners, so kann der Bürge jederzeit verlangen, dass der Gläubiger von ihm Befriedigung annehme. Haften für eine Forderung mehrere Bürgen, so ist der Gläubiger auch zur Annahme einer blossen Teilzah- lung verpflichtet, wenn sie mindestens so gross ist wie der Kopfanteil des zahlenden Bürgen.

2 Der Bürge wird frei, wenn der Gläubiger die Annahme der Zahlung ungerechtfertigterweise verweigert. In diesem Falle vermindert sich die Haftung allfälliger solidarischer Mitbürgen um den Betrag seines Kopf- anteils.

3 Der Bürge kann den Gläubiger auch vor der Fälligkeit der Hauptschuld befriedigen, wenn dieser zur Annahme bereit ist. Der Rückgriff auf den Hauptschuldner kann aber erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend ge- macht werden.

Art. 505

1 Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rück- stand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Ver- langen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben.

2 Im Konkurs und beim Nachlassverfahren des Hauptschuldners hat der Gläubiger seine Forderung anzumelden und alles Weitere vorzukehren, was ihm zur Wahrung der Rechte zugemutet werden kann. Den Bürgen hat er vom Konkurs und von der Nachlassstundung zu benachrichtigen, sobald er von ihnen Kenntnis erhält.

3 Unterlässt der Gläubiger eine dieser Handlungen, so verliert er seine Ansprüche gegen den Bürgen insoweit, als diesem aus der Unterlassung ein Schaden entstanden ist.

Art. 506

Der Bürge kann vom Hauptschuldner Sicherstellung und, wenn die Hauptschuld fällig ist, Befreiung von der Bürgschaft verlangen: 1. wenn der Hauptschuldner den mit dem Bürgen getroffenen Ab- reden zuwiderhandelt, namentlich die auf einen bestimmten Zeitpunkt versprochene Entlastung des Bürgen nicht bewirkt; 2. wenn der Hauptschuldner in Verzug kommt oder durch Verle- gung seines Wohnsitzes in einen andern Staat seine rechtliche Verfolgung erheblich erschwert; 3. wenn durch Verschlimmerung der Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners, durch Entwertung von Sicherheiten oder durch Verschulden des Hauptschuldners die Gefahr für den Bür- gen erheblich grösser geworden ist, als sie bei der Eingehung der Bürgschaft war.

Art. 507

1 Auf den Bürgen gehen in demselben Masse, als er den Gläubiger be- friedigt hat, dessen Rechte über. Er kann sie sofort nach Eintritt der Fäl- ligkeit geltend machen.

2 Von den für die verbürgte Forderung haftenden Pfandrechten und an- dern Sicherheiten gehen aber, soweit nichts anderes vereinbart worden ist, nur diejenigen auf ihn über, die bei Eingehung der Bürgschaft vor- handen waren oder die vom Hauptschuldner nachträglich eigens für diese Forderung bestellt worden sind. Geht infolge bloss teilweiser Be- zahlung der Schuld nur ein Teil eines Pfandrechtes auf den Bürgen über, so hat der dem Gläubiger verbleibende Teil vor demjenigen des Bürgen den Vorrang.

3 Vorbehalten bleiben die besonderen Ansprüche und Einreden aus dem zwischen Bürgen und Hauptschuldner bestehenden Rechtsverhältnis.

4 Wird ein für eine verbürgte Forderung bestelltes Pfand in Anspruch genommen, oder bezahlt der Pfandeigentümer freiwillig, so kann der Pfandeigentümer auf den Bürgen hiefür nur Rückgriff nehmen, wenn dies zwischen dem Pfandbesteller und dem Bürgen so vereinbart oder das Pfand von einem Dritten nachträglich bestellt worden ist.

5 Die Verjährung der Rückgriffsforderung beginnt mit dem Zeitpunkt der Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen zu laufen.

6 Für die Bezahlung einer unklagbaren Forderung oder einer für den Hauptschuldner wegen Irrtums oder Vertragsunfähigkeit unverbindli- chen Schuld steht dem Bürgen kein Rückgriffsrecht auf den Haupt- schuldner zu. Hat er jedoch die Haftung für eine verjährte Schuld im Auftrag des Hauptschuldners übernommen, so haftet ihm dieser nach den Grundsätzen über den Auftrag.

Art. 508

1 Bezahlt der Bürge die Hauptschuld ganz oder teilweise, so hat er dem Hauptschuldner Mitteilung zu machen.

2 Unterlässt er diese Mitteilung und bezahlt der Hauptschuldner, der die Tilgung nicht kannte und auch nicht kennen musste, die Schuld gleich- falls, so verliert der Bürge seinen Rückgriff auf ihn.

3 Die Forderung gegen den Gläubiger aus ungerechtfertigter Bereiche- rung bleibt vorbehalten.

Art. 509

1 Durch jedes Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit.

2 Vereinigen sich aber die Haftung als Hauptschuldner und diejenige aus der Bürgschaft in einer und derselben Person, so bleiben dem Gläubiger die ihm aus der Bürgschaft zustehenden besondern Vorteile gewahrt.

3 Jede Bürgschaft natürlicher Personen fällt nach Ablauf von 20 Jahren nach ihrer Eingehung dahin. Ausgenommen sind die gegenüber der Eid- genossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegen- über einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl., und für Frachten eingegangenen Bürgschaften sowie die Amts- und Dienstbürgschaften und die Bürgschaften für periodisch wie- derkehrende Leistungen.

4 Während des letzten Jahres dieser Frist kann die Bürgschaft, selbst wenn sie für eine längere Frist eingegangen worden ist, geltend gemacht werden, sofern der Bürge sie nicht vorher verlängert oder durch eine neue Bürgschaft ersetzt hat.

5 Eine Verlängerung kann durch schriftliche Erklärung des Bürgen für höchstens weitere zehn Jahre vorgenommen werden. Diese ist aber nur gültig, wenn sie nicht früher als ein Jahr vor dem Dahinfallen der Bürg- schaft abgegeben wird.

6 Wird die Hauptschuld weniger als zwei Jahre vor dem Dahinfallen der Bürgschaft fällig, und konnte der Gläubiger nicht auf einen frühern Zeit- punkt kündigen, so kann der Bürge bei jeder Bürgschaftsart ohne vor- herige Inanspruchnahme des Hauptschuldners oder der Pfänder belangt werden. Dem Bürgen steht aber das Rückgriffsrecht auf den Haupt- schuldner schon vor der Fälligkeit der Hauptschuld zu.

Art. 510

1 Ist eine zukünftige Forderung verbürgt, so kann der Bürge die Bürg- schaft, solange die Forderung nicht entstanden ist, jederzeit durch eine schriftliche Erklärung an den Gläubiger widerrufen, sofern die Vermö- gensverhältnisse des Hauptschuldners sich seit der Unterzeichnung der Bürgschaft wesentlich verschlechtert haben oder wenn sich erst nach- träglich herausstellt, dass seine Vermögenslage wesentlich schlechter ist, als der Bürge in guten Treuen angenommen hatte. Bei einer Amts- oder Dienstbürgschaft ist der Rücktritt nicht mehr möglich, wenn das Amts- oder Dienstverhältnis zustande gekommen ist.

2 Der Bürge hat dem Gläubiger Ersatz zu leisten für den Schaden, der ihm daraus erwächst, dass er sich in guten Treuen auf die Bürgschaft verlassen hat.

3 Ist die Bürgschaft nur für eine bestimmte Zeit eingegangen, so erlischt die Verpflichtung des Bürgen, wenn der Gläubiger nicht binnen vier Wochen nach Ablauf der Frist seine Forderung rechtlich geltend macht und den Rechtsweg ohne erhebliche Unterbrechung verfolgt.

4 Ist in diesem Zeitpunkt die Forderung nicht fällig, so kann sich der Bürge nur durch Leistung von Realsicherheit von der Bürgschaft be- freien.

5 Unterlässt er dies, so gilt die Bürgschaft unter Vorbehalt der Bestim- mung über die Höchstdauer weiter, wie wenn sie bis zur Fälligkeit der Hauptschuld vereinbart worden wäre.

Art. 511

1 Ist die Bürgschaft auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann der Bürge nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld vom Gläubiger ver- langen, dass er, soweit es für seine Belangbarkeit Voraussetzung ist, binnen vier Wochen die Forderung gegenüber dem Hauptschuldner rechtlich geltend macht, die Verwertung allfälliger Pfänder einleitet und den Rechtsweg ohne erhebliche Unterbrechung verfolgt.

2 Handelt es sich um eine Forderung, deren Fälligkeit durch Kündigung des Gläubigers herbeigeführt werden kann, so ist der Bürge nach Ablauf eines Jahres seit Eingehung der Bürgschaft zu dem Verlangen berech- tigt, dass der Gläubiger die Kündigung vornehme und nach Eintritt der Fälligkeit seine Rechte im Sinne der vorstehenden Bestimmung geltend mache.

3 Kommt der Gläubiger diesem Verlangen nicht nach, so wird der Bürge frei.

Art. 512

1 Eine auf unbestimmte Zeit eingegangene Amtsbürgschaft kann unter Wahrung einer Kündigungsfrist von einem Jahr auf das Ende einer Amtsdauer gekündigt werden.

2 Besteht keine bestimmte Amtsdauer, so kann der Amtsbürge die Bürg- schaft je auf das Ende des vierten Jahres nach dem Amtsantritt unter Wahrung einer Kündigungsfrist von einem Jahr kündigen.

3 Bei einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen Dienstbürgschaft steht dem Bürgen das gleiche Kündigungsrecht zu wie dem Amtsbürgen bei unbestimmter Amtsdauer.

4 Gegenteilige Vereinbarungen bleiben vorbehalten.

Einundzwanzigster Titel: Spiel und Wette

Art. 513

1 Aus Spiel und Wette entsteht keine Forderung.

2 Dasselbe gilt von Darlehen und Vorschüssen, die wissentlich zum Be- hufe des Spieles oder der Wette gemacht werden, sowie von Differenz- geschäften und solchen Lieferungsgeschäften über Waren oder Börsen- papiere, die den Charakter eines Spieles oder einer Wette haben.

Art. 514

1 Eine Schuldverschreibung oder Wechselverpflichtung, die der Spie- lende oder Wettende zur Deckung der Spiel- oder Wettsumme gezeich- net hat, kann trotz erfolgter Aushändigung, unter Vorbehalt der Rechte gutgläubiger Dritter aus Wertpapieren, nicht geltend gemacht werden.

2 Eine freiwillig geleistete Zahlung kann nur zurückgefordert werden, wenn die planmässige Ausführung des Spieles oder der Wette durch Zu- fall oder durch den Empfänger vereitelt worden ist, oder wenn dieser sich einer Unredlichkeit schuldig gemacht hat.

Art. 515

1 Aus Lotterie- oder Ausspielgeschäften entsteht nur dann eine Forde- rung, wenn die Unternehmung von der zuständigen Behörde bewilligt worden ist.

2 Fehlt diese Bewilligung, so wird eine solche Forderung wie eine Spiel- forderung behandelt.

3 Für auswärts gestattete Lotterien oder Ausspielverträge wird in der Schweiz ein Rechtsschutz nur gewährt, wenn die zuständige schweize- rische Behörde den Vertrieb der Lose bewilligt hat.

Art. 515a

277 Aus Glücksspielen in Spielbanken entstehen klagbare Forderungen, so- fern die Spielbank von der zuständigen Behörde genehmigt wurde.

277

Zweiundzwanzigster Titel:

Der Leibrentenvertrag und die Verpfründung

Art. 516

1 Die Leibrente kann auf die Lebenszeit des Rentengläubigers, des Ren- tenschuldners oder eines Dritten gestellt werden.

2 In Ermangelung einer bestimmten Verabredung wird angenommen, sie sei auf die Lebenszeit des Rentengläubigers versprochen.

3 Eine auf die Lebenszeit des Rentenschuldners oder eines Dritten ge- stellte Leibrente geht, sofern nicht etwas anderes verabredet ist, auf die Erben des Rentengläubigers über.

Art. 517

Der Leibrentenvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form.

Art. 518

1 Die Leibrente ist halbjährlich und zum voraus zu leisten, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist.

2 Stirbt die Person, auf deren Lebenszeit die Leibrente gestellt ist, vor dem Ablaufe der Periode, für die zum voraus die Rente zu entrichten ist, so wird der volle Betrag geschuldet.

3 Fällt der Leibrentenschuldner in Konkurs, so ist der Leibrentengläubi- ger berechtigt, seine Ansprüche in Form einer Kapitalforderung geltend zu machen, deren Wert durch das Kapital bestimmt wird, womit die nämliche Leibrente zur Zeit der Konkurseröffnung bei einer soliden Rentenanstalt bestellt werden könnte.

Art. 519

1 Der Leibrentengläubiger kann, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, die Ausübung seiner Rechte abtreten.

279

Art. 520

Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Leibrentenvertrag finden keine Anwendung auf Leibrentenverträge, die unter dem Bundesgesetz vom 2. April 1908

280 über den Versicherungsvertrag stehen, vorbehält- lich der Vorschrift betreffend die Entziehbarkeit des Rentenanspruchs.

Art. 521

1 Durch den Verpfründungsvertrag verpflichtet sich der Pfründer, dem Pfrundgeber ein Vermögen oder einzelne Vermögenswerte zu übertra- gen, und dieser, dem Pfründer Unterhalt und Pflege auf Lebenszeit zu gewähren.

2 Ist der Pfrundgeber als Erbe des Pfründers eingesetzt, so steht das ganze Verhältnis unter den Bestimmungen über den Erbvertrag.

Art. 522

1 Der Verpfründungsvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit, auch wenn keine Erbeinsetzung damit verbunden ist, derselben Form wie der Erb- vertrag.

2 Wird der Vertrag mit einer staatlich anerkannten Pfrundanstalt zu den von der zuständigen Behörde genehmigten Bedingungen abgeschlos- sen, so genügt die schriftliche Vereinbarung.

Art. 523

Hat der Pfründer dem Pfrundgeber ein Grundstück übertragen so steht ihm für seine Ansprüche das Recht auf ein gesetzliches Pfandrecht an diesem Grundstück gleich einem Verkäufer zu.

Art. 524

1 Der Pfründer tritt in häusliche Gemeinschaft mit dem Pfrundgeber, und dieser ist verpflichtet, ihm zu leisten, was der Pfründer nach dem Wert des Geleisteten und nach den Verhältnissen, in denen er bishin gestanden hat, billigerweise erwarten darf.

2 Er hat ihm Wohnung und Unterhalt in angemessener Weise zu leisten und schuldet ihm in Krankheitsfällen die nötige Pflege und ärztliche Be- handlung.

3 Pfrundanstalten können diese Leistungen in ihren Hausordnungen un- ter Genehmigung durch die zuständige Behörde als Vertragsinhalt all- gemein verbindlich festsetzen.

280

Art. 525

1 Ein Verpfründungsvertrag kann von denjenigen Personen angefochten werden, denen ein gesetzlicher Unterstützungsanspruch gegen den Pfründer zusteht, wenn der Pfründer durch die Verpfründung sich der Möglichkeit beraubt, seiner Unterstützungspflicht nachzukommen.

2 Anstatt den Vertrag aufzuheben, kann der Richter den Pfrundgeber zu der Unterstützung der Unterstützungsberechtigten verpflichten unter Anrechnung dieser Leistungen auf das, was der Pfrundgeber vertrags- gemäss dem Pfründer zu entrichten hat.

3 Vorbehalten bleiben ferner die Klage der Erben auf Herabsetzung und die Anfechtung durch die Gläubiger.

Art. 526

1 Der Verpfründungsvertrag kann sowohl von dem Pfründer als dem Pfrundgeber jederzeit auf ein halbes Jahr gekündigt werden, wenn nach dem Vertrag die Leistung des einen dem Werte nach erheblich grösser ist, als die des andern, und der Empfänger der Mehrleistung nicht die Schenkungsabsicht des andern nachweisen kann.

2 Massgebend ist hiefür das Verhältnis von Kapital und Leibrente nach den Grundsätzen einer soliden Rentenanstalt.

3 Was im Zeitpunkt der Aufhebung bereits geleistet ist, wird unter ge- genseitiger Verrechnung von Kapitalwert und Zins zurückerstattet.

Art. 527

1 Sowohl der Pfründer als der Pfrundgeber kann die Verpfründung ein- seitig aufheben, wenn infolge von Verletzung der vertraglichen Pflich- ten das Verhältnis unerträglich geworden ist oder wenn andere wichtige Gründe dessen Fortsetzung übermässig erschweren oder unmöglich ma- chen.

2 Wird die Verpfründung aus einem solchen Grunde aufgehoben, so hat neben der Rückgabe des Geleisteten der schuldige Teil dem schuldlosen eine angemessene Entschädigung zu entrichten.

3 Anstatt den Vertrag vollständig aufzuheben, kann der Richter auf Be- gehren einer Partei oder von Amtes wegen die häusliche Gemeinschaft aufheben und dem Pfründer zum Ersatz dafür eine Leibrente zuspre- chen.

Art. 528

1 Beim Tode des Pfrundgebers kann der Pfründer innerhalb Jahresfrist die Aufhebung des Pfrundverhältnisses verlangen.

2 In diesem Falle kann er gegen die Erben eine Forderung geltend ma- chen, wie sie im Konkurse des Pfrundgebers ihm zustände.

Art. 529

1 Der Anspruch des Pfründers ist nicht übertragbar.

2 Im Konkurse des Pfrundgebers besteht die Forderung des Pfründers in dem Betrage, womit die Leistung des Pfrundgebers dem Werte nach bei einer soliden Rentenanstalt in Gestalt einer Leibrente erworben werden könnte.

3 Bei der Betreibung auf Pfändung kann der Pfründer für diese Forde- rung ohne vorgängige Betreibung an der Pfändung teilnehmen.

Dreiundzwanzigster Titel: Die einfache Gesellschaft

Art. 530

1 Gesellschaft ist die vertragsmässige Verbindung von zwei oder meh- reren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit ge- meinsamen Kräften oder Mitteln.

2 Sie ist eine einfache Gesellschaft im Sinne dieses Titels, sofern dabei nicht die Voraussetzungen einer andern durch das Gesetz geordneten Gesellschaft zutreffen.

Art. 531

1 Jeder Gesellschafter hat einen Beitrag zu leisten, sei es in Geld, Sa- chen, Forderungen oder Arbeit.

2 Ist nicht etwas anderes vereinbart, so haben die Gesellschafter gleiche Beiträge, und zwar in der Art und dem Umfange zu leisten, wie der ver- einbarte Zweck es erheischt.

3 In Bezug auf die Tragung der Gefahr und die Gewährspflicht finden, sofern der einzelne Gesellschafter den Gebrauch einer Sache zu über- lassen hat, die Grundsätze des Mietvertrages und, sofern er Eigentum zu übertragen hat, die Grundsätze des Kaufvertrages entsprechende An- wendung.

Art. 532

Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, einen Gewinn, der seiner Natur nach der Gesellschaft zukommt, mit den andern Gesellschaftern zu tei- len.

Art. 533

1 Wird es nicht anders vereinbart, so hat jeder Gesellschafter, ohne Rücksicht auf die Art und Grösse seines Beitrages, gleichen Anteil an Gewinn und Verlust.

2 Ist nur der Anteil am Gewinne oder nur der Anteil am Verluste verein- bart, so gilt diese Vereinbarung für beides.

3 Die Verabredung, dass ein Gesellschafter, der zu dem gemeinsamen Zwecke Arbeit beizutragen hat, Anteil am Gewinne, nicht aber am Ver- luste haben soll, ist zulässig.

Art. 534

1 Gesellschaftsbeschlüsse werden mit Zustimmung aller Gesellschafter gefasst.

2 Genügt nach dem Vertrage Stimmenmehrheit, so ist die Mehrheit nach der Personenzahl zu berechnen.

Art. 535

1 Die Geschäftsführung steht allen Gesellschaftern zu, soweit sie nicht durch Vertrag oder Beschluss einem oder mehreren Gesellschaftern oder Dritten ausschliesslich übertragen ist.

2 Steht die Geschäftsführung entweder allen oder mehreren Gesellschaf- tern zu, so kann jeder von ihnen ohne Mitwirkung der übrigen handeln, es hat aber jeder andere zur Geschäftsführung befugte Gesellschafter das Recht, durch seinen Widerspruch die Handlung zu verhindern, be- vor sie vollendet ist.

3 Zur Bestellung eines Generalbevollmächtigten und zur Vornahme von Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb der gemein- schaftlichen Geschäfte hinausgehen, ist, sofern nicht Gefahr im Verzuge liegt, die Einwilligung sämtlicher Gesellschafter erforderlich.

Art. 536

Kein Gesellschafter darf zu seinem besonderen Vorteile Geschäfte be- treiben, durch die der Zweck der Gesellschaft vereitelt oder beeinträch- tigt würde.

Art. 537

1 Für Auslagen oder Verbindlichkeiten, die ein Gesellschafter in den Angelegenheiten der Gesellschaft macht oder eingeht, sowie für Ver- luste, die er unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder aus den un- trennbar damit verbundenen Gefahren erleidet, sind ihm die übrigen Ge- sellschafter haftbar.

2 Für die vorgeschossenen Gelder kann er vom Tage des geleisteten Vorschusses an Zinse fordern.

3 Dagegen steht ihm für persönliche Bemühungen kein Anspruch auf besondere Vergütung zu.

Art. 538

1 Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, in den Angelegenheiten der Ge- sellschaft den Fleiss und die Sorgfalt anzuwenden, die er in seinen eige- nen anzuwenden pflegt.

2 Er haftet den übrigen Gesellschaftern für den durch sein Verschulden entstandenen Schaden, ohne dass er damit die Vorteile verrechnen könnte, die er der Gesellschaft in andern Fällen verschafft hat.

3 Der geschäftsführende Gesellschafter, der für seine Tätigkeit eine Ver- gütung bezieht, haftet nach den Bestimmungen über den Auftrag.

Art. 539

1 Die im Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter eingeräumte Be- fugnis zur Geschäftsführung darf von den übrigen Gesellschaftern ohne wichtige Gründe weder entzogen noch beschränkt werden.

2 Liegen wichtige Gründe vor, so kann sie von jedem der übrigen Ge- sellschafter selbst dann entzogen werden, wenn der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt.

3 Ein wichtiger Grund liegt namentlich vor, wenn der Geschäftsführer sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht oder die Fähigkeit zu einer guten Geschäftsführung verloren hat.

Art. 540

1 Soweit weder in den Bestimmungen dieses Titels noch im Gesell- schaftsvertrage etwas anderes vorgesehen ist, kommen auf das Verhält- nis der geschäftsführenden Gesellschafter zu den übrigen Gesellschaf- tern die Vorschriften über Auftrag zur Anwendung.

2 Wenn ein Gesellschafter, der nicht zur Geschäftsführung befugt ist, Gesellschaftsangelegenheiten besorgt, oder wenn ein zur Geschäftsfüh- rung befugter Gesellschafter seine Befugnis überschreitet, so finden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag Anwendung.

Art. 541

1 Der von der Geschäftsführung ausgeschlossene Gesellschafter hat das Recht, sich persönlich von dem Gange der Gesellschaftsangelegenhei- ten zu unterrichten, von den Geschäftsbüchern und Papieren der Gesell- schaft Einsicht zu nehmen und für sich eine Übersicht über den Stand des gemeinschaftlichen Vermögens anzufertigen.

2 Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nichtig.

Art. 542

1 Ein Gesellschafter kann ohne die Einwilligung der übrigen Gesell- schafter keinen Dritten in die Gesellschaft aufnehmen.

2 Wenn ein Gesellschafter einseitig einen Dritten an seinem Anteile be- teiligt oder seinen Anteil an ihn abtritt, so wird dieser Dritte dadurch nicht zum Gesellschafter der übrigen und erhält insbesondere nicht das Recht, von den Gesellschaftsangelegenheiten Einsicht zu nehmen.

Art. 543

1 Wenn ein Gesellschafter zwar für Rechnung der Gesellschaft, aber in eigenem Namen mit einem Dritten Geschäfte abschliesst, so wird er al- lein dem Dritten gegenüber berechtigt und verpflichtet.

2 Wenn ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft oder sämtlicher Gesellschafter mit einem Dritten Geschäfte abschliesst, so werden die übrigen Gesellschafter dem Dritten gegenüber nur insoweit berechtigt und verpflichtet, als es die Bestimmungen über die Stellvertretung mit sich bringen.

3 Eine Ermächtigung des einzelnen Gesellschafters, die Gesellschaft oder sämtliche Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten, wird ver- mutet, sobald ihm die Geschäftsführung überlassen ist.

Art. 544

1 Sachen, dingliche Rechte oder Forderungen, die an die Gesellschaft übertragen oder für sie erworben sind, gehören den Gesellschaftern ge- meinschaftlich nach Massgabe des Gesellschaftsvertrages.

2 Die Gläubiger eines Gesellschafters können, wo aus dem Gesell- schaftsvertrage nichts anderes hervorgeht, zu ihrer Befriedigung nur den Liquidationsanteil ihres Schuldners in Anspruch nehmen.

3 Haben die Gesellschafter gemeinschaftlich oder durch Stellvertretung einem Dritten gegenüber Verpflichtungen eingegangen, so haften sie ihm solidarisch, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung.

Art. 545

1 Die Gesellschaft wird aufgelöst: 1. wenn der Zweck, zu welchem sie abgeschlossen wurde, erreicht oder wenn dessen Erreichung unmöglich geworden ist; 2. wenn ein Gesellschafter stirbt und für diesen Fall nicht schon vorher vereinbart worden ist, dass die Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll; 3.

281 wenn der Liquidationsanteil eines Gesellschafters zur Zwangs- verwertung gelangt oder ein Gesellschafter in Konkurs fällt oder unter umfassende Beistandschaft gestellt wird; 4. durch gegenseitige Übereinkunft; 5. durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft einge- gangen worden ist; 6. durch Kündigung von seiten eines Gesellschafters, wenn eine solche im Gesellschaftsvertrage vorbehalten oder wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen worden ist; 7. durch Urteil des Gerichts

282 im Falle der Auflösung aus einem wichtigen Grund.

2 Aus wichtigen Gründen kann die Auflösung der Gesellschaft vor Ab- lauf der Vertragsdauer oder, wenn sie auf unbestimmte Dauer abge- schlossen worden ist, ohne vorherige Aufkündigung verlangt werden.

Art. 546

1 Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen.

2 Die Kündigung soll jedoch in guten Treuen und nicht zur Unzeit ge- schehen und darf, wenn jährliche Rechnungsabschlüsse vorgesehen sind, nur auf das Ende eines Geschäftsjahres erfolgen.

3 Wird eine Gesellschaft nach Ablauf der Zeit, für die sie eingegangen worden ist, stillschweigend fortgesetzt, so gilt sie als auf unbestimmte Zeit erneuert.

Art. 547

1 Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufge- löst, so gilt die Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis hat oder bei schuldiger Sorgfalt haben sollte.

2 Wird die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, so hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den andern den Todes- fall unverzüglich anzuzeigen und die von seinem Erblasser zu besorgen- den Geschäfte in guten Treuen fortzusetzen, bis anderweitige Fürsorge getroffen ist.

3 Die andern Gesellschafter haben in gleicher Weise die Geschäfte einst- weilen weiter zu führen.

Art. 548

1 Bei der Auseinandersetzung, die nach der Auflösung die Gesellschaf- ter unter sich vorzunehmen haben, fallen die Sachen, die ein Gesell- schafter zu Eigentum eingebracht hat, nicht an ihn zurück.

2 Er hat jedoch Anspruch auf den Wert, für den sie übernommen worden sind.

3 Fehlt es an einer solchen Wertbestimmung, so geht sein Anspruch auf den Wert, den die Sachen zur Zeit des Einbringens hatten.

Art. 549

1 Verbleibt nach Abzug der gemeinschaftlichen Schulden, nach Ersatz der Auslagen und Verwendungen an einzelne Gesellschafter und nach Rückerstattung der Vermögensbeiträge ein Überschuss, so ist er unter die Gesellschafter als Gewinn zu verteilen.

2 Ist nach Tilgung der Schulden und Ersatz der Auslagen und Verwen- dungen das gemeinschaftliche Vermögen nicht ausreichend, um die ge- leisteten Vermögensbeiträge zurückzuerstatten, so haben die Gesell- schafter das Fehlende als Verlust zu tragen.

Art. 550

1 Die Auseinandersetzung nach Auflösung der Gesellschaft ist von allen Gesellschaftern gemeinsam vorzunehmen mit Einschluss derjenigen, die von der Geschäftsführung ausgeschlossen waren.

2 Wenn jedoch der Gesellschaftsvertrag sich nur auf bestimmte einzelne Geschäfte bezog, die ein Gesellschafter in eigenem Namen auf gemein- same Rechnung zu besorgen hatte, so hat er diese Geschäfte auch nach Auflösung der Gesellschaft allein zu erledigen und den übrigen Gesell- schaftern Rechnung abzulegen.

Art. 551

An den Verbindlichkeiten gegenüber Dritten wird durch die Auflösung der Gesellschaft nichts geändert.

Dritte Abteilung:

283 Die Handelsgesellschaften und die Genossenschaft

Vierundzwanzigster Titel: Die Kollektivgesellschaft Erster Abschnitt: Begriff und Errichtung

Art. 552

1 Die Kollektivgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der zwei oder meh- rere natürliche Personen, ohne Beschränkung ihrer Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, sich zum Zwecke vereinigen, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe zu betreiben.

2 Die Gesellschafter haben die Gesellschaft in das Handelsregister ein- tragen zu lassen.

Art. 553

Betreibt eine solche Gesellschaft kein nach kaufmännischer Art geführ- tes Gewerbe, so entsteht sie als Kollektivgesellschaft erst, wenn sie sich in das Handelsregister eintragen lässt.

Art. 554

284 Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.

Art. 555

In das Handelsregister können nur solche Anordnungen über die Ver- tretung eingetragen werden, die deren Beschränkung auf einen oder ein- zelne Gesellschafter oder eine Vertretung durch einen Gesellschafter in Gemeinschaft mit andern Gesellschaftern oder mit Prokuristen vorse- hen.

Art. 556

1 Die Anmeldung der einzutragenden Tatsachen oder ihrer Veränderung muss von allen Gesellschaftern persönlich beim Handelsregisteramt un- terzeichnet oder schriftlich mit beglaubigten Unterschriften eingereicht werden.

2 Die Gesellschafter, denen die Vertretung der Gesellschaft zustehen soll, haben die Firma und ihre Namen persönlich beim Handelsregister- amt zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen.

Zweiter Abschnitt: Verhältnis der Gesellschafter unter sich

Art. 557

1 Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander richtet sich zu- nächst nach dem Gesellschaftsvertrag.

2 Soweit keine Vereinbarung getroffen ist, kommen die Vorschriften über die einfache Gesellschaft zur Anwendung, jedoch mit den Abwei- chungen, die sich aus den nachfolgenden Bestimmungen ergeben.

Art. 558

1 Für jedes Geschäftsjahr sind aufgrund der Jahresrechnung der Gewinn oder Verlust zu ermitteln und der Anteil jedes Gesellschafters zu be- rechnen

2 Jedem Gesellschafter dürfen für seinen Kapitalanteil Zinse gemäss Vertrag gutgeschrieben werden, auch wenn durch den Verlust des Ge- schäftsjahres der Kapitalanteil vermindert ist. Mangels vertraglicher Abrede beträgt der Zinssatz vier vom Hundert.

3 Ein vertraglich festgesetztes Honorar für die Arbeit eines Gesellschaf- ters wird bei der Ermittlung von Gewinn und Verlust als Gesellschafts- schuld behandelt.

Art. 559

1 Jeder Gesellschafter hat das Recht, aus der Gesellschaftskasse Ge- winn, Zinse und Honorar des abgelaufenen Geschäftsjahres zu entneh- men.

2 Zinse und Honorare dürfen, soweit dies der Vertrag vorsieht, schon während des Geschäftsjahres, Gewinne dagegen erst nach der Geneh- migung des Geschäftsberichts bezogen werden

3 Gewinne, Zinse und Honorare, die ein Gesellschafter nicht bezieht, werden nach der Genehmigung des Geschäftsberichts seinem Kapital- anteil zugeschrieben, sofern kein anderer Gesellschafter dagegen Ein- wendungen erhebt

288

Art. 560

1 Ist der Kapitalanteil durch Verluste vermindert worden, so behält der Gesellschafter seinen Anspruch auf Ausrichtung des Honorars und der vom verminderten Kapitalanteil zu berechnenden Zinse; ein Gewinnan- teil darf erst dann wieder ausbezahlt werden, wenn die durch den Ver- lust entstandene Verminderung ausgeglichen ist.

2 Die Gesellschafter sind weder verpflichtet, höhere Einlagen zu leisten, als dies im Vertrage vorgesehen ist, noch ihre durch Verlust verminder- ten Einlagen zu ergänzen.

Art. 561

Ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter darf ein Gesellschafter in dem Geschäftszweige der Gesellschaft weder für eigene noch für fremde Rechnung Geschäfte machen, noch an einer andern Unterneh- mung als unbeschränkt haftender Gesellschafter, als Kommanditär oder als Mitglied einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung teilnehmen.

Dritter Abschnitt: Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten

Art. 562

Die Gesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbind- lichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.

Art. 563

Enthält das Handelsregister keine entgegenstehenden Eintragungen, so sind gutgläubige Dritte zu der Annahme berechtigt, es sei jeder einzelne Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt.

Art. 564

1 Die zur Vertretung befugten Gesellschafter sind ermächtigt, im Na- men der Gesellschaft alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Zweck der Gesellschaft mit sich bringen kann.

2 Eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsbefugnis hat gegen- über gutgläubigen Dritten keine Wirkung.

288

Art. 565

1 Die Vertretungsbefugnis kann einem Gesellschafter aus wichtigen Gründen entzogen werden.

2 Macht ein Gesellschafter solche Gründe glaubhaft, so kann auf seinen Antrag das Gericht, wenn Gefahr im Verzug liegt, die Vertretungsbe- fugnis vorläufig entziehen. Diese gerichtliche Verfügung ist im Han- delsregister einzutragen.

Art. 566

Die Prokura sowie eine Handlungsvollmacht zum Betriebe des ganzen Gewerbes können nur mit Einwilligung aller zur Vertretung befugten Gesellschafter bestellt, dagegen durch jeden von ihnen mit Wirkung ge- gen Dritte widerrufen werden.

Art. 567

1 Die Gesellschaft wird durch die Rechtsgeschäfte, die ein zu ihrer Ver- tretung befugter Gesellschafter in ihrem Namen schliesst, berechtigt und verpflichtet.

2 Diese Wirkung tritt auch dann ein, wenn die Absicht, für die Gesell- schaft zu handeln, aus den Umständen hervorgeht.

3 Die Gesellschaft haftet für den Schaden aus unerlaubten Handlungen, die ein Gesellschafter in Ausübung seiner geschäftlichen Verrichtungen begeht.

Art. 568

1 Die Gesellschafter haften für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen.

2 Eine entgegenstehende Verabredung unter den Gesellschaftern hat Dritten gegenüber keine Wirkung.

3 Der einzelne Gesellschafter kann jedoch, auch nach seinem Ausschei- den, für Gesellschaftsschulden erst dann persönlich belangt werden, wenn er selbst in Konkurs geraten oder wenn die Gesellschaft aufgelöst oder erfolglos betrieben worden ist. Die Haftung des Gesellschafters aus einer zugunsten der Gesellschaft eingegangenen Solidarbürgschaft bleibt vorbehalten.

Art. 569

1 Wer einer Kollektivgesellschaft beitritt, haftet solidarisch mit den üb- rigen Gesellschaftern und mit seinem ganzen Vermögen auch für die vor seinem Beitritt entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

2 Eine entgegenstehende Verabredung unter den Gesellschaftern hat Dritten gegenüber keine Wirkung.

Art. 570

1 Die Gläubiger der Gesellschaft haben Anspruch darauf, aus dem Ge- sellschaftsvermögen unter Ausschluss der Privatgläubiger der einzelnen Gesellschafter befriedigt zu werden.

2 Die Gesellschafter können am Konkurse für ihre Kapitaleinlagen und laufenden Zinse nicht als Gläubiger teilnehmen, wohl aber für ihre An- sprüche auf verfallene Zinse sowie auf Forderungen für Honorar oder für Ersatz von im Interesse der Gesellschaft gemachten Auslagen.

Art. 571

1 Der Konkurs der Gesellschaft hat den Konkurs der einzelnen Gesell- schafter nicht zur Folge.

2 Ebenso wenig bewirkt der Konkurs eines Gesellschafters den Konkurs der Gesellschaft.

3 Die Rechte der Gesellschaftsgläubiger im Konkurse des einzelnen Ge- sellschafters richten sich nach den Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 1889

289

Art. 572

1 Die Privatgläubiger eines Gesellschafters sind nicht befugt, das Ge- sellschaftsvermögen zu ihrer Befriedigung oder Sicherstellung in An- spruch zu nehmen.

2 Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist nur, was dem Schuldner an Zinsen, Honorar, Gewinn und Liquidationsanteil aus dem Gesell- schaftsverhältnis zukommt.

Art. 573

1 Gegen eine Forderung der Gesellschaft kann der Schuldner eine For- derung, die ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zusteht, nicht zur Verrechnung bringen.

2 Ebenso wenig kann ein Gesellschafter gegenüber seinem Gläubiger eine Forderung der Gesellschaft verrechnen.

3 Ist dagegen ein Gesellschaftsgläubiger gleichzeitig Privatschuldner ei- nes Gesellschafters, so wird die Verrechnung sowohl zugunsten des Ge- sellschaftsgläubigers als auch des Gesellschafters zugelassen, sobald der Gesellschafter für eine Gesellschaftsschuld persönlich belangt wer- den kann.

289

Vierter Abschnitt: Auflösung und Ausscheiden

Art. 574

1 Die Gesellschaft wird aufgelöst durch die Eröffnung des Konkurses. Im Übrigen gelten für die Auflösung die Bestimmungen über die einfa- che Gesellschaft, soweit sich aus den Vorschriften dieses Titels nicht etwas anderes ergibt.

2 Die Gesellschafter haben die Auflösung, abgesehen vom Falle des Konkurses, beim Handelsregisteramt anzumelden.

3 Ist eine Klage auf Auflösung der Gesellschaft angebracht, so kann das Gericht auf Antrag einer Partei vorsorgliche Massnahmen anordnen.

Art. 575

1 Ist ein Gesellschafter in Konkurs geraten, so kann die Konkursverwal- tung unter Beobachtung einer mindestens sechsmonatigen Kündigungs- frist die Auflösung der Gesellschaft verlangen, auch wenn die Gesell- schaft auf bestimmte Dauer eingegangen wurde.

2 Das gleiche Recht steht dem Gläubiger eines Gesellschafters zu, der dessen Liquidationsanteil gepfändet hat.

3 Die Wirkung einer solchen Kündigung kann aber, solange die Auflö- sung im Handelsregister nicht eingetragen ist, von der Gesellschaft oder von den übrigen Gesellschaftern durch Befriedigung der Konkursmasse oder des betreibenden Gläubigers abgewendet werden.

Art. 576

Sind die Gesellschafter vor der Auflösung übereingekommen, dass trotz des Ausscheidens eines oder mehrerer Gesellschafter die Gesellschaft unter den übrigen fortgesetzt werden soll, so endigt sie nur für die Aus- scheidenden; im Übrigen besteht sie mit allen bisherigen Rechten und Verbindlichkeiten fort.

Art. 577

Wenn die Auflösung der Gesellschaft aus wichtigen Gründen verlangt werden könnte und diese vorwiegend in der Person eines oder mehrerer Gesellschafter liegen, so kann das Gericht auf deren Ausschliessung und auf Ausrichtung ihrer Anteile am Gesellschaftsvermögen erkennen, so- fern alle übrigen Gesellschafter es beantragen.

Art. 578

Fällt ein Gesellschafter in Konkurs oder verlangt einer seiner Gläubiger, der dessen Liquidationsanteil gepfändet hat, die Auflösung der Gesell- schaft, so können die übrigen Gesellschafter ihn ausschliessen und ihm seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen ausrichten.

Art. 579

1 Sind nur zwei Gesellschafter vorhanden, so kann derjenige, der keine Veranlassung zur Auflösung gegeben hatte, unter den gleichen Voraus- setzungen das Geschäft fortsetzen und dem andern Gesellschafter sei- nen Anteil am Gesellschaftsvermögen ausrichten.

2 Das gleiche kann das Gericht verfügen, wenn die Auflösung wegen eines vorwiegend in der Person des einen Gesellschafters liegenden wichtigen Grundes gefordert wird.

Art. 580

1 Der dem ausscheidenden Gesellschafter zukommende Betrag wird durch Übereinkunft festgesetzt.

2 Enthält der Gesellschaftsvertrag darüber keine Bestimmung und kön- nen sich die Beteiligten nicht einigen, so setzt das Gericht den Betrag in Berücksichtigung der Vermögenslage der Gesellschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens und eines allfälligen Verschuldens des ausscheidenden Gesellschafters fest.

Art. 581

Das Ausscheiden eines Gesellschafters sowie die Fortsetzung des Ge- schäftes durch einen Gesellschafter müssen in das Handelsregister ein- getragen werden.

Art. 581a

290 Bei Mängeln in der vorgeschriebenen Organisation der Kollektivgesell- schaft sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

290

Fünfter Abschnitt: Liquidation

Art. 582

Nach der Auflösung der Gesellschaft erfolgt ihre Liquidation gemäss den folgenden Vorschriften, sofern nicht eine andere Art der Auseinan- dersetzung von den Gesellschaftern vereinbart oder über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet ist.

Art. 583

1 Die Liquidation wird von den zur Vertretung befugten Gesellschaftern besorgt, sofern in ihrer Person kein Hindernis besteht und soweit sich die Gesellschafter nicht auf andere Liquidatoren einigen.

2 Auf Antrag eines Gesellschafters kann das Gericht, sofern wichtige Gründe vorliegen, Liquidatoren abberufen und andere ernennen.

3 Die Liquidatoren sind in das Handelsregister einzutragen, auch wenn dadurch die bisherige Vertretung der Gesellschaft nicht geändert wird.

Art. 584

Die Erben eines Gesellschafters haben für die Liquidation einen ge- meinsamen Vertreter zu bezeichnen.

Art. 585

1 Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft zu erfüllen, die Forderun- gen einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft, soweit es die Aus- einandersetzung verlangt, zu versilbern.

2 Sie haben die Gesellschaft in den zur Liquidation gehörenden Rechts- geschäften zu vertreten, können für sie Prozesse führen, Vergleiche und Schiedsverträge abschliessen und, soweit es die Liquidation erfordert, auch neue Geschäfte eingehen.

3 Erhebt ein Gesellschafter Widerspruch gegen einen von den Liquida- toren beschlossenen Verkauf zu einem Gesamtübernahmepreis, gegen die Ablehnung eines solchen Verkaufs oder gegen die beschlossene Art der Veräusserung von Grundstücken, so entscheidet auf Begehren des widersprechenden Gesellschafters das Gericht.

4 Die Gesellschaft haftet für Schaden aus unerlaubten Handlungen, die ein Liquidator in Ausübung seiner geschäftlichen Verrichtungen begeht.

Art. 586

1 Die während der Liquidation entbehrlichen Gelder und Werte werden vorläufig auf Rechnung des endgültigen Liquidationsanteiles unter die Gesellschafter verteilt.

2 Zur Deckung streitiger oder noch nicht fälliger Verbindlichkeiten sind die erforderlichen Mittel zurückzubehalten.

Art. 587

1 Die Liquidatoren haben bei Beginn der Liquidation eine Bilanz aufzu- stellen.

2 Bei länger andauernder Liquidation sind jährliche Zwischenab- schlüsse

291 zu errichten.

Art. 588

1 Das nach Tilgung der Schulden verbleibende Vermögen wird zunächst zur Rückzahlung des Kapitals an die Gesellschafter und sodann zur Ent- richtung von Zinsen für die Liquidationszeit verwendet.

2 Ein Überschuss ist nach den Vorschriften über die Gewinnbeteiligung unter die Gesellschafter zu verteilen.

Art. 589

Nach Beendigung der Liquidation haben die Liquidatoren die Löschung der Firma im Handelsregister zu veranlassen.

Art. 590

1 Die Bücher und Papiere der aufgelösten Gesellschaft werden während zehn Jahren nach der Löschung der Firma im Handelsregister an einem von den Gesellschaftern oder, wenn sie sich nicht einigen, vom Han- delsregisteramt zu bezeichnenden Ort aufbewahrt.

2 Die Gesellschafter und ihre Erben behalten das Recht, in die Bücher und Papiere Einsicht zu nehmen.

291

Sechster Abschnitt: Verjährung

Art. 591

1 Die Forderungen von Gesellschaftsgläubigern gegen einen Gesell- schafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach der Veröffentlichung seines Ausscheidens oder der Auflösung der Gesellschaft im Schweizerischen Handelsamtsblatt, sofern nicht wegen der Natur der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist gilt.

2 Wird die Forderung erst nach dieser Veröffentlichung fällig, so be- ginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit.

3 Auf Forderungen der Gesellschafter untereinander findet diese Ver- jährung keine Anwendung.

Art. 592

1 Die fünfjährige Verjährung kann dem Gläubiger, der seine Befriedi- gung nur aus ungeteiltem Gesellschaftsvermögen sucht, nicht entgegen- gesetzt werden.

2 Übernimmt ein Gesellschafter das Geschäft mit Aktiven und Passiven, so kann er den Gläubigern die fünfjährige Verjährung nicht entgegen- halten. Dagegen tritt für die ausgeschiedenen Gesellschafter anstelle der fünfjährigen die dreijährige Frist nach den Grundsätzen der Schuldüber- nahme; ebenso wenn ein Dritter das Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt.

292

Art. 593

Die Unterbrechung der Verjährung gegenüber der fortbestehenden Ge- sellschaft oder einem andern Gesellschafter vermag die Verjährung ge- genüber einem ausgeschiedenen Gesellschafter nicht zu unterbrechen.

Fünfundzwanzigster Titel: Die Kommanditgesellschaft Erster Abschnitt: Begriff und Errichtung

Art. 594

1 Eine Kommanditgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der zwei oder mehrere Personen sich zum Zwecke vereinigen, ein Handels-, ein Fab- rikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe unter einer gemeinsamen Firma in der Weise zu betreiben, dass wenigs-

292 tens ein Mitglied unbeschränkt, eines oder mehrere aber als Komman- ditäre nur bis zum Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage, der Kommanditsumme, haften.

2 Unbeschränkt haftende Gesellschafter können nur natürliche Perso- nen, Kommanditäre jedoch auch juristische Personen und Handelsge- sellschaften sein.

3 Die Gesellschafter haben die Gesellschaft in das Handelsregister ein- tragen zu lassen.

Art. 595

Betreibt eine solche Gesellschaft kein nach kaufmännischer Art geführ- tes Gewerbe, so entsteht sie als Kommanditgesellschaft erst, wenn sie sich in das Handelsregister eintragen lässt.

Art. 596

1 Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.

3 Soll die Kommanditsumme nicht oder nur teilweise in bar entrichtet werden, so ist die Sacheinlage in der Anmeldung ausdrücklich und mit bestimmtem Wertansatz zu bezeichnen und in das Handelsregister ein- zutragen.

Art. 597

1 Die Anmeldung der einzutragenden Tatsachen oder ihrer Veränderung muss von allen Gesellschaftern beim Handelsregisteramt unterzeichnet oder schriftlich mit beglaubigten Unterschriften eingereicht werden.

2 Die unbeschränkt haftenden Gesellschafter, denen die Vertretung der Gesellschaft zustehen soll, haben die Firma und ihre Namen persönlich beim Handelsregisteramt zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubig- ter Form einzureichen.

295

Zweiter Abschnitt: Verhältnis der Gesellschafter unter sich

Art. 598

1 Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander richtet sich zu- nächst nach dem Gesellschaftsvertrag.

2 Soweit keine Vereinbarung getroffen ist, kommen die Vorschriften über die Kollektivgesellschaft zur Anwendung, jedoch mit den Abwei- chungen, die sich aus den nachfolgenden Bestimmungen ergeben.

Art. 599

Die Geschäftsführung der Gesellschaft wird durch den oder die unbe- schränkt haftenden Gesellschafter besorgt.

Art. 600

1 Der Kommanditär ist als solcher zur Führung der Geschäfte der Ge- sellschaft weder berechtigt noch verpflichtet.

2 Er ist auch nicht befugt, gegen die Vornahme einer Handlung der Ge- schäftsführung Widerspruch zu erheben, wenn diese Handlung zum ge- wöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft gehört.

3 Er ist berechtigt, eine Abschrift der Erfolgsrechnung und der Bilanz zu verlangen und deren Richtigkeit unter Einsichtnahme in die Ge- schäftsbücher und Buchungsbelege zu prüfen oder durch einen unab- hängigen Sachverständigen prüfen zu lassen; im Streitfall bezeichnet das Gericht den Sachverständigen

296

Art. 601

1 Am Verlust nimmt der Kommanditär höchstens bis zum Betrage sei- ner Kommanditsumme teil.

2 Fehlt es an Vereinbarungen über die Beteiligung des Kommanditärs am Gewinn und am Verlust, so entscheidet darüber das Gericht nach freiem Ermessen.

3 Ist die Kommanditsumme nicht voll einbezahlt oder ist sie nach er- folgter Einzahlung vermindert worden, so dürfen ihr Zinse, Gewinne und allfällige Honorare nur so weit zugeschrieben werden, bis sie ihren vollen Betrag wieder erreicht hat.

296

Dritter Abschnitt: Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten

Art. 602

Die Gesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbind- lichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.

Art. 603

Die Gesellschaft wird nach den für die Kollektivgesellschaft geltenden Vorschriften durch den oder die unbeschränkt haftenden Gesellschafter vertreten.

Art. 604

Der unbeschränkt haftende Gesellschafter kann für eine Gesellschafts- schuld erst dann persönlich belangt werden, wenn die Gesellschaft auf- gelöst oder erfolglos betrieben worden ist.

Art. 605

Schliesst der Kommanditär für die Gesellschaft Geschäfte ab, ohne aus- drücklich zu erklären, dass er nur als Prokurist oder als Bevollmächtig- ter handle, so haftet er aus diesen Geschäften gutgläubigen Dritten ge- genüber gleich einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter.

Art. 606

Ist die Gesellschaft vor der Eintragung in das Handelsregister im Ver- kehr aufgetreten, so haftet der Kommanditär für die bis zur Eintragung entstandenen Verbindlichkeiten Dritten gegenüber gleich einem unbe- schränkt haftenden Gesellschafter, wenn er nicht beweist, dass ihnen die Beschränkung seiner Haftung bekannt war.

Art. 607

297

Art. 608

1 Der Kommanditär haftet Dritten gegenüber mit der im Handelsregister eingetragenen Kommanditsumme.

2 Hat er selbst oder hat die Gesellschaft mit seinem Wissen gegenüber Dritten eine höhere Kommanditsumme kundgegeben, so haftet er bis zu diesem Betrage.

3 Den Gläubigern steht der Nachweis offen, dass der Wertansatz von Sacheinlagen ihrem wirklichen Wert im Zeitpunkt ihres Einbringens nicht entsprochen hat.

Art. 609

1 Wenn der Kommanditär die im Handelsregister eingetragene oder auf andere Art kundgegebene Kommanditsumme durch Vereinbarung mit den übrigen Gesellschaftern oder durch Bezüge vermindert, so wird diese Veränderung Dritten gegenüber erst dann wirksam, wenn sie in das Handelsregister eingetragen und veröffentlicht worden ist.

2 Für die vor dieser Bekanntmachung entstandenen Verbindlichkeiten bleibt der Kommanditär mit der unverminderten Kommanditsumme haftbar.

Art. 610

1 Während der Dauer der Gesellschaft haben die Gesellschaftsgläubiger kein Klagerecht gegen den Kommanditär.

2 Wird die Gesellschaft aufgelöst, so können die Gläubiger, die Liqui- datoren oder die Konkursverwaltung verlangen, dass die Kommandit- summe in die Liquidations- oder Konkursmasse eingeworfen werde, so- weit sie noch nicht geleistet oder soweit sie dem Kommanditär wieder zurückerstattet worden ist.

Art. 611

1 Auf Auszahlung von Zinsen und Gewinn hat der Kommanditär nur Anspruch, wenn und soweit die Kommanditsumme durch die Auszah- lung nicht vermindert wird.

2 Der Kommanditär ist verpflichtet, unrechtmässig bezogene Zinsen und Gewinne zurückzubezahlen. Artikel 64 findet Anwendung

298

Art. 612

1 Wer einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft als Kommanditär beitritt, haftet mit der Kommanditsumme auch für die vor seinem Bei- tritt entstandenen Verbindlichkeiten.

2 Eine entgegenstehende Verabredung unter den Gesellschaftern hat Dritten gegenüber keine Wirkung.

298

Art. 613

1 Die Privatgläubiger eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditärs sind nicht befugt, das Gesellschaftsvermögen zu ihrer Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen.

2 Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist nur, was dem Schuldner an Zinsen, Gewinn und Liquidationsanteil sowie an allfälligem Honorar aus dem Gesellschaftsverhältnis zukommt.

Art. 614

1 Ein Gesellschaftsgläubiger, der gleichzeitig Privatschuldner des Kom- manditärs ist, kann diesem gegenüber eine Verrechnung nur dann bean- spruchen, wenn der Kommanditär unbeschränkt haftet.

2 Im Übrigen richtet sich die Verrechnung nach den Vorschriften über die Kollektivgesellschaft.

Art. 615

1 Der Konkurs der Gesellschaft hat den Konkurs der einzelnen Gesell- schafter nicht zur Folge.

2 Ebenso wenig bewirkt der Konkurs eines Gesellschafters den Konkurs der Gesellschaft.

Art. 616

1 Im Konkurse der Gesellschaft wird das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger verwendet unter Ausschluss der Privatgläubiger der einzelnen Gesellschafter.

2 Was der Kommanditär auf Rechnung seiner Kommanditsumme an die Gesellschaft geleistet hat, kann er nicht als Forderung anmelden.

Art. 617

Wenn das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Gesellschafts- gläubiger nicht hinreicht, so sind diese berechtigt, für den ganzen unbe- zahlten Rest ihrer Forderungen aus dem Privatvermögen jedes einzelnen unbeschränkt haftenden Gesellschafters in Konkurrenz mit seinen Pri- vatgläubigern Befriedigung zu suchen.

Art. 618

Im Konkurse des Kommanditärs haben weder die Gesellschaftsgläubi- ger noch die Gesellschaft ein Vorzugsrecht vor den Privatgläubigern.

Vierter Abschnitt: Auflösung, Liquidation, Verjährung

Art. 619

1 Für die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft und für die Ver- jährung der Forderungen gegen die Gesellschafter gelten die gleichen Bestimmungen wie bei der Kollektivgesellschaft.

2 Fällt ein Kommanditär in Konkurs oder wird sein Liquidationsanteil gepfändet, so sind die für den Kollektivgesellschafter geltenden Best- immungen entsprechend anwendbar. Dagegen haben der Tod und die Errichtung einer umfassenden Beistandschaft für den Kommanditär nicht die Auflösung der Gesellschaft zur Folge.

299

Sechsundzwanzigster Titel:

300 Die Aktiengesellschaft Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 620

1 Die Aktiengesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft, an der eine oder mehrere Personen oder Handelsgesellschaften beteiligt sind. Für ihre Verbindlichkeiten haftet nur das Gesellschaftsvermögen.

2 Die Aktionäre sind nur zu den statutarischen Leistungen verpflichtet.

3 Aktionär ist, wer mit mindestens einer Aktie an der Gesellschaft be- teiligt ist.

Art. 621

1 Das Aktienkapital beträgt mindestens 100 000 Franken.

2 Zulässig ist auch ein Aktienkapital in der für die Geschäftstätigkeit wesentlichen ausländischen Währung. Zum Zeitpunkt der Errichtung muss dieses einem Gegenwert von mindestens 100 000 Franken ent- sprechen. Lautet das Aktienkapital auf eine ausländische Währung, so haben die Buchführung und die Rechnungslegung in derselben Wäh- rung zu erfolgen. Der Bundesrat legt die zulässigen Währungen fest.

3 Die Generalversammlung kann den Wechsel der Währung, auf die das Aktienkapital lautet, auf den Beginn eines Geschäftsjahrs beschliessen. In einem solchen Fall passt der Verwaltungsrat die Statuten an. Er stellt

302 dabei fest, dass die Voraussetzungen von Absatz 2 erfüllt sind, und hält den angewandten Umrechnungskurs fest. Die Beschlüsse der General- versammlung und des Verwaltungsrats müssen öffentlich beurkundet werden

Art. 622

1 Die Aktien lauten auf den Namen oder auf den Inhaber. Sie können als Wertpapiere ausgegeben werden. Die Statuten können bestimmen, dass sie als Wertrechte nach Artikel 973c oder 973d oder als Bucheffekten im Sinne des Bucheffektengesetzes vom 3. Oktober 2008

303 (BEG) aus- gegeben werden.

304 Inhaberaktien sind nur zulässig, wenn die Gesellschaft Beteiligungs- papiere an einer Börse kotiert hat oder die Inhaberaktien als Bucheffek- ten im Sinne des BEG ausgestaltet und bei einer von der Gesellschaft bezeichneten Verwahrungsstelle in der Schweiz hinterlegt oder im Hauptregister eingetragen sind.

2 Beide Arten von Aktien können in einem durch die Statuten bestimm- ten Verhältnis nebeneinander bestehen. Eine Gesellschaft mit Inhaberaktien muss im Handelsregister eintra- gen lassen, ob sie Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert hat oder ihre Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet sind.

306 Werden sämtliche Beteiligungspapiere dekotiert, so muss die Ge- sellschaft die bestehenden Inhaberaktien innerhalb einer Frist von sechs Monaten entweder in Namenaktien umwandeln oder als Bucheffekten ausgestalten.

3 Namenaktien können in Inhaberaktien und Inhaberaktien können in Namenaktien umgewandelt werden.

4 Die Aktien weisen einen Nennwert auf, der grösser als null ist.

5 Werden Aktientitel ausgegeben, so müssen sie von mindestens einem Mitglied des Verwaltungsrats unterschrieben sein.

310

Art. 623

1 Die Generalversammlung ist befugt, durch Statutenänderung bei un- verändert bleibendem Aktienkapital

311 die Aktien in solche von kleine- rem Nennwert zu zerlegen oder zu solchen von grösserem Nennwert zusammenzulegen.

2 Für die Zusammenlegung von Aktien, die nicht an einer Börse kotiert sind, bedarf es der Zustimmung aller betroffenen Aktionäre.

312

Art. 624

1 Die Aktien dürfen nur zum Nennwert oder zu einem diesen überstei- genden Betrage ausgegeben werden. Vorbehalten bleibt die Ausgabe neuer Aktien, die an Stelle ausgefallener Aktien treten.

2 e

313

Art. 625

314

Art. 626

1 Die Statuten müssen Bestimmungen enthalten über: 1. die Firma und den Sitz der Gesellschaft; 2. den Zweck der Gesellschaft; 3.

317 die Höhe und die Währung des Aktienkapitals sowie den Betrag der darauf geleisteten Einlagen; 4. Anzahl, Nennwert und Art der Aktien;

317 5. und 6.

318 7.

319 die Form der Mitteilungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre.

2 In einer Gesellschaft, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, müssen die Statuten zudem Bestimmungen enthalten über: 1. die Anzahl der Tätigkeiten, welche die Mitglieder des Verwal- tungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats in vergleichba- ren Funktionen bei anderen Unternehmen mit wirtschaftlichem Zweck ausüben dürfen; 2. die maximale Dauer der Verträge, die den Vergütungen für die Mitglieder des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats zugrunde liegen, und die maximale Kündigungsfrist für unbefristete Verträge (Art. 735b); 3. die Grundsätze zu den Aufgaben und Zuständigkeiten des Ver- gütungsausschusses; 4. die Einzelheiten zur Abstimmung der Generalversammlung über die Vergütungen des Verwaltungsrats, der Geschäftslei- tung und des Beirats.

3 Nicht als andere Unternehmen nach Absatz 2 Ziffer 1 gelten Unter- nehmen, die durch die Gesellschaft kontrolliert werden oder die die Ge- sellschaft kontrollieren.

321

Art. 627 und 628

322

Art. 629

1 Die Gesellschaft wird errichtet, indem die Gründer in öffentlicher Ur- kunde erklären, eine Aktiengesellschaft zu gründen, darin die Statuten festlegen und die Organe bestellen.

2 In diesem Errichtungsakt zeichnen die Gründer die Aktien und stellen fest, dass: 1. sämtliche Aktien gültig gezeichnet sind;

324 2. die versprochenen Einlagen dem gesamten Ausgabebetrag ent- sprechen; 3. die gesetzlichen und statutarischen Anforderungen an die ge- leisteten Einlagen im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Errich- tungsakts erfüllt sind; 4. keine anderen Sacheinlagen, Verrechnungstatbestände oder be- sonderen Vorteile bestehen als die in den Belegen genannten.

3 Wird das Aktienkapital in ausländischer Währung festgelegt oder wer- den Einlagen in einer anderen Währung geleistet als derjenigen des Ak- tienkapitals, so sind die angewandten Umrechnungskurse in der öffent- lichen Urkunde anzugeben.

326

Art. 630

327 Die Zeichnung bedarf zu ihrer Gültigkeit: 1. der Angabe von Anzahl, Nennwert, Art, Kategorie und Ausga- bebetrag der Aktien; 2. einer bedingungslosen Verpflichtung, eine dem Ausgabebetrag entsprechende Einlage zu leisten.

Art. 631

1 Im Errichtungsakt muss die Urkundsperson die Belege über die Grün- dung einzeln nennen und bestätigen, dass sie ihr und den Gründern vor- gelegen haben.

2 Dem Errichtungsakt sind folgende Unterlagen beizulegen: 1. die Statuten; 2. der Gründungsbericht; 3. die Prüfungsbestätigung; 4. die Bestätigung über die Hinterlegung von Einlagen in Geld; 5. die Sacheinlageverträge; 6.

329

Art. 632

1 Bei der Errichtung der Gesellschaft muss die Einlage für mindestens 20 Prozent des Nennwertes jeder Aktie geleistet sein.

2 In allen Fällen müssen die geleisteten Einlagen mindestens 50 000 Franken betragen. Lautet das Aktienkapital auf eine ausländische Wäh- rung, so müssen die geleisteten Einlagen zum Zeitpunkt der Errichtung einem Gegenwert von mindestens 50 000 Franken entsprechen.

331

Art. 633

1 Einlagen in Geld müssen bei einer Bank nach Artikel 1 Absatz 1 des Bankengesetzes vom 8. November 1934

333 zur ausschliesslichen Ver- fügung der Gesellschaft hinterlegt werden.

2 Die Bank gibt den Betrag erst frei, wenn die Gesellschaft im Handels- register eingetragen ist.

3 Als Einlagen in Geld gelten Einzahlungen in der Währung, auf die das Aktienkapital lautet, sowie Einzahlungen in anderen zum Aktienkapital frei konvertierbaren Währungen.

Art. 634

1 Gegenstände einer Sacheinlage gelten als Deckung, wenn die folgen- den Voraussetzungen erfüllt sind: 1. Sie können als Aktiven bilanziert werden. 2. Sie können in das Vermögen der Gesellschaft übertragen wer- den. 3. Die Gesellschaft kann nach ihrer Eintragung in das Handelsre- gister sofort als Eigentümerin frei darüber verfügen oder erhält, im Falle eines Grundstücks, einen bedingungslosen Anspruch auf Eintragung in das Grundbuch. 4. Sie können durch Übertragung auf Dritte verwertet werden.

2 Die Sacheinlage ist schriftlich zu vereinbaren. Der Vertrag ist öffent- lich zu beurkunden, wenn dies für die Übertragung des Gegenstandes vorgeschrieben ist.

3 Eine einzige öffentliche Urkunde genügt auch dann, wenn Grundstü- cke, die Gegenstand der Sacheinlage sind, in verschiedenen Kantonen liegen. Die Urkunde muss durch eine Urkundsperson am Sitz der Ge- sellschaft errichtet werden.

4 Die Statuten müssen den Gegenstand und dessen Bewertung sowie den Namen des Einlegers und die dafür ausgegebenen Aktien sowie allfäl- lige weitere Gegenleistungen der Gesellschaft angeben. Die Generalver- sammlung kann die Statutenbestimmungen nach zehn Jahren aufheben.

Art. 634a

1 Die Liberierung kann auch durch Verrechnung mit einer Forderung erfolgen.

2 Die Verrechnung mit einer Forderung gilt auch als Deckung, wenn die Forderung nicht mehr durch Aktiven gedeckt ist.

3 Die Statuten müssen den Betrag der zur Verrechnung gebrachten For- derung, den Namen des Aktionärs und die ihm zukommenden Aktien angeben. Die Generalversammlung kann die Statutenbestimmungen nach zehn Jahren aufheben.

Art. 634b

1 Der Verwaltungsrat beschliesst die nachträgliche Leistung von Einla- gen auf nicht voll liberierte Aktien.

2 Die nachträgliche Leistung kann in Geld, durch Sacheinlage, durch Verrechnung mit einer Forderung oder durch Umwandlung von frei ver- wendbarem Eigenkapital erfolgen.

Art. 635

337 Die Gründer geben in einem schriftlichen Bericht Rechenschaft über: 1.

338 die Art und den Zustand von Sacheinlagen und die Angemes- senheit der Bewertung; 2. den Bestand und die Verrechenbarkeit der Schuld; 3. die Begründung und die Angemessenheit besonderer Vorteile zugunsten von Gründern oder anderen Personen.

338

Art. 635a

339 Ein zugelassener Revisor prüft den Gründungsbericht und bestätigt schriftlich, dass dieser vollständig und richtig ist.

Art. 636

340 Werden bei der Gründung zugunsten der Gründer oder anderer Perso- nen besondere Vorteile ausbedungen, so sind in den Statuten die be- günstigten Personen mit Namen sowie Inhalt und Wert des gewährten Vorteils anzugeben.

Art. 637–639

341

Art. 640

342 Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.

Art. 641

344

Art. 642

345

Art. 643

1 Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister.

2 Das Recht der Persönlichkeit wird durch die Eintragung auch dann er- worben, wenn die Voraussetzungen der Eintragung tatsächlich nicht vorhanden waren.

3 Sind jedoch bei der Gründung gesetzliche oder statutarische Vor- schriften missachtet und dadurch die Interessen von Gläubigern oder Aktionären in erheblichem Masse gefährdet oder verletzt worden, so kann das Gericht auf Begehren solcher Gläubiger oder Aktionäre die Auflösung der Gesellschaft verfügen. …

4 Das Klagerecht erlischt, wenn die Klage nicht spätestens drei Monate nach der Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt ange- hoben wird.

Art. 644

1 Aktien, die vor der Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister ausgegeben werden, sind nichtig; die aus der Aktienzeichnung hervor- gehenden Verpflichtungen werden dadurch nicht berührt.

2 Wer vor der Eintragung Aktien ausgibt, wird für allen dadurch verur- sachten Schaden haftbar.

Art. 645

1 Ist vor der Eintragung in das Handelsregister im Namen der Gesell- schaft gehandelt worden, so haften die Handelnden persönlich und soli- darisch.

2 Wurden solche Verpflichtungen ausdrücklich im Namen der zu bil- denden Gesellschaft eingegangen und innerhalb einer Frist von drei Mo- naten nach der Eintragung in das Handelsregister von der Gesellschaft übernommen, so werden die Handelnden befreit, und es haftet nur die Gesellschaft.

Art. 646

350

Art. 647

351 Der Beschluss der Generalversammlung oder des Verwaltungsrats über eine Änderung der Statuten ist öffentlich zu beurkunden und ins Han- delsregister einzutragen.

Art. 648 und 649

352

Art. 650

1 Die Generalversammlung beschliesst die ordentliche Erhöhung des Aktienkapitals.

2 Der Beschluss der Generalversammlung muss öffentlich beurkundet werden und folgende Angaben enthalten: 1. den Nennbetrag oder gegebenenfalls den maximalen Nennbe- trag, um den das Aktienkapital erhöht werden soll; 2. die Anzahl oder gegebenenfalls die maximale Anzahl, Nenn- wert und Art der neu ausgegebenen Aktien sowie Vorrechte, die mit einzelnen Kategorien von Aktien verbunden sind; 3. den Ausgabebetrag oder die Ermächtigung des Verwaltungs- rats, diesen festzusetzen, sowie den Zeitpunkt, ab dem die neuen Aktien zum Bezug von Dividenden berechtigen; 4. bei Sacheinlagen: deren Gegenstand und Bewertung sowie den Namen des Einlegers und die dafür ausgegebenen Aktien sowie allfällige weitere Gegenleistungen der Gesellschaft; 5. bei Liberierung durch Verrechnung mit einer Forderung: den Betrag der zur Verrechnung gebrachten Forderung, den Namen des Gläubigers und die ihm zukommenden Aktien; 6. die Umwandlung von frei verwendbarem Eigenkapital; 7. Inhalt und Wert von besonderen Vorteilen sowie die Namen der begünstigten Personen; 8. eine Beschränkung der Übertragbarkeit neuer Namenaktien; 9. eine Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechts und die Folgen, wenn dieses nicht ausgeübt oder entzogen wird;

353 10. die Voraussetzungen für die Ausübung vertraglich erworbener Bezugsrechte.

3 Die Kapitalerhöhung muss innerhalb von sechs Monaten nach dem Beschluss der Generalversammlung beim Handelsregisteramt zur Ein- tragung angemeldet werden; sonst fällt der Beschluss dahin.

Art. 651

354

Art. 651a

355

Art. 652

1 Die Aktien werden in einer besonderen Urkunde (Zeichnungsschein) nach den für die Gründung geltenden Regeln gezeichnet.

2 Der Zeichnungsschein muss auf den Beschluss der Generalversamm- lung über die Erhöhung des Aktienkapitals und den entsprechenden Be- schluss des Verwaltungsrates Bezug nehmen. Verlangt das Gesetz einen Prospekt, so nimmt der Zeichnungsschein auch auf diesen Bezug.

359

Art. 652a

360

Art. 652b

1 Jeder Aktionär hat Anspruch auf den Teil der neu ausgegebenen Ak- tien, der seiner bisherigen Beteiligung entspricht.

2 Der Beschluss der Generalversammlung über die Erhöhung des Akti- enkapitals darf das Bezugsrecht nur aus wichtigen Gründen einschrän- ken oder aufheben. Als wichtige Gründe gelten insbesondere die Über- nahme von Unternehmen, Unternehmensteilen oder Beteiligungen sowie die Beteiligung der Arbeitnehmer.

3 Die Gesellschaft kann dem Aktionär, welchem sie ein Recht zum Be- zug von Aktien eingeräumt hat, die Ausübung dieses Rechtes nicht we- gen einer statutarischen Beschränkung der Übertragbarkeit von Namen- aktien verwehren.

4 Durch die Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechts oder die Festsetzung des Ausgabebetrags darf niemand in unsachlicher Weise begünstigt oder benachteiligt werden.

364

Art. 652c

365 Soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt, sind die Einlagen nach den Bestimmungen über die Gründung zu leisten.

Art. 652d

1 Das Aktienkapital kann auch durch Umwandlung von frei verwendba- rem Eigenkapital erhöht werden.

2 Die Deckung des Erhöhungsbetrags wird nachgewiesen: 1. mit der Jahresrechnung in der von der Generalversammlung ge- nehmigten und durch einen zugelassenen Revisor geprüften Fassung; oder 2. mit einem durch einen zugelassenen Revisor geprüften Zwi- schenabschluss, sofern der Bilanzstichtag im Zeitpunkt des Be- schlusses der Generalversammlung mehr als sechs Monate zu- rückliegt.

3 Die Statuten müssen den Umstand angeben, dass die Kapitalerhöhung durch Umwandlung von frei verwendbarem Eigenkapital erfolgte.

370

Art. 652e

371 Der Verwaltungsrat gibt in einem schriftlichen Bericht Rechenschaft über: 1.

373 die Art und den Zustand von Sacheinlagen und die Angemes- senheit der Bewertung; 2. den Bestand und die Verrechenbarkeit der Schuld; 3. die freie Verwendbarkeit von umgewandeltem Eigenkapital; 4. die Einhaltung des Generalversammlungsbeschlusses, insbe- sondere über die Einschränkung oder die Aufhebung des Be- zugsrechtes und die Zuweisung nicht ausgeübter oder entzoge- ner Bezugsrechte; 5. die Begründung und die Angemessenheit besonderer Vorteile zugunsten einzelner Aktionäre oder anderer Personen.

Art. 652f

1 Ein zugelassener Revisor prüft den Kapitalerhöhungsbericht und be- stätigt schriftlich, dass dieser vollständig und richtig ist.

2 Keine Prüfungsbestätigung ist erforderlich, wenn die Einlage auf das neue Aktienkapital in Geld erfolgt, das Aktienkapital nicht zur Vor- nahme einer Sachübernahme erhöht wird und die Bezugsrechte nicht eingeschränkt oder aufgehoben werden.

376

Art. 652g

1 Liegen der Kapitalerhöhungsbericht und, sofern erforderlich, die Prü- fungsbestätigung vor, so ändert der Verwaltungsrat die Statuten und stellt dabei fest, dass: 1. sämtliche Aktien gültig gezeichnet sind; 2. die versprochenen Einlagen dem gesamten Ausgabebetrag ent- sprechen; 3. die Anforderungen des Gesetzes, der Statuten und des General- versammlungsbeschlusses an die Leistung der Einlagen im Zeit- punkt der Feststellungen erfüllt sind; 4. keine anderen Sacheinlagen, Verrechnungstatbestände oder be- sonderen Vorteile bestehen, als die in den Belegen genannten; 5. ihm die Belege, die der Kapitalerhöhung zugrunde liegen, vor- gelegen haben.

2 Der Beschluss über die Änderung der Statuten und die Feststellungen sind öffentlich zu beurkunden. Die Urkundsperson hat die Belege, die der Kapitalerhöhung zugrunde liegen, einzeln zu nennen und zu bestä- tigen, dass sie ihr vorgelegen haben. Die Belege sind der öffentlichen Urkunde beizulegen.

Art. 652h

378 Aktien, die vor der Eintragung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister ausgegeben werden, sind nichtig; die aus der Aktienzeichnung hervor- gehenden Verpflichtungen werden dadurch nicht berührt.

Art. 653

1 Die Generalversammlung kann ein bedingtes Kapital beschliessen, in- dem sie den Aktionären, den Gläubigern von Anleihensobligationen oder ähnlichen Obligationen, den Arbeitnehmern, den Mitgliedern des Verwaltungsrats der Gesellschaft oder einer anderen Konzerngesell- schaft oder Dritten das Recht einräumt, neue Aktien zu beziehen (Wan- del- und Optionsrechte).

2 Das Aktienkapital erhöht sich ohne Weiteres, sobald und soweit die Wandel- oder Optionsrechte ausgeübt und die Einlagepflichten durch Einzahlung oder durch Verrechnung erfüllt werden.

3 Die Bestimmungen zur Erhöhung des Aktienkapitals aus bedingtem Kapital sind sinngemäss auch im Fall einer Auferlegung von Wandel- und Erwerbspflichten anwendbar.

4 Vorbehalten bleiben die Vorschriften des Bankengesetzes vom 8. No- vember 1934

380 über das Wandlungskapital.

Art. 653a

1 Der Nennbetrag, um den das Aktienkapital bedingt erhöht werden kann, darf die Hälfte des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapi- tals nicht übersteigen.

2 Die geleistete Einlage muss mindestens dem Nennwert entsprechen.

Art. 653b

1 Die Statuten müssen angeben: 1.

384 den Nennbetrag des bedingten Kapitals; 2. Anzahl, Nennwert und Art der Aktien; 3. den Kreis der Wandel- oder der Optionsberechtigten; 4.

385 eine Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechts der bis- herigen Aktionäre, sofern die Optionsrechte nicht diesen zuge- teilt werden; 5. Vorrechte einzelner Kategorien von Aktien; 6. die Beschränkung der Übertragbarkeit neuer Namenaktien; 7.

386 die Form der Ausübung der Wandel- oder Optionsrechte und des Verzichts auf diese Rechte.

2 Werden die Anleihens- oder ähnlichen Obligationen, mit denen Wan- del- oder Optionsrechte verbunden sind, nicht den Aktionären vorweg zur Zeichnung angeboten, so müssen die Statuten überdies angeben: 1. die Voraussetzungen für die Ausübung der Wandel- oder der Optionsrechte;

386 2. die Grundlagen, nach denen der Ausgabebetrag zu berechnen ist.

3 Wandel- oder Optionsrechte, die vor der Eintragung der Statutenbe- stimmung über die Kapitalerhöhung aus bedingtem Kapital in das Han- delsregister eingeräumt werden, sind nichtig.

387

Art. 653c

1 Werden den Aktionären im Rahmen des bedingten Kapitals Options- rechte eingeräumt, so sind die Vorschriften über das Bezugsrecht bei der ordentlichen Kapitalerhöhung sinngemäss anwendbar.

2 Werden im Rahmen des bedingten Kapitals Anleihensobligationen oder ähnliche Obligationen ausgegeben, mit denen Wandel- oder Opti- onsrechte verbunden sind, so sind diese Obligationen vorweg den Aktionären entsprechend ihrer bisherigen Beteiligung zur Zeichnung anzubieten.

3 Dieses Vorwegzeichnungsrecht kann beschränkt oder aufgehoben werden, wenn: 1. ein wichtiger Grund vorliegt; oder 2. die Aktien an einer Börse kotiert sind und die Anleihensobliga- tionen oder ähnlichen Obligationen zu angemessenen Bedin- gungen ausgegeben werden.

4 Die Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechts oder des Vor- wegzeichnungsrechts darf niemanden in unsachlicher Weise begünsti- gen oder benachteiligen.

Art. 653d

1 Den Personen, die ein Wandel- oder Optionsrecht haben, kann die Ausübung dieses Rechts nicht wegen einer Beschränkung der Übertrag- barkeit der Namenaktien verwehrt werden, es sei denn, dies wird in den Statuten und im Prospekt vorbehalten.

2 Wandel- oder Optionsrechte dürfen durch die Erhöhung des Aktienka- pitals, durch die Ausgabe neuer Wandel- oder Optionsrechte oder auf andere Weise nur beeinträchtigt werden, wenn der Konversionspreis

390 gesenkt oder den Berechtigten auf andere Weise ein angemessener Aus- gleich gewährt wird, oder wenn die gleiche Beeinträchtigung auch die Aktionäre trifft.

Art. 653e

1 Die Erklärung zur Ausübung der Wandel- oder Optionsrechte weist auf die Statutenbestimmung über das bedingte Kapital hin; verlangt das Gesetz einen Prospekt, so weist die Erklärung auch darauf hin.

2 Einlagen in Geld müssen bei einer Bank nach Artikel 1 Absatz 1 des Bankengesetzes vom 8. November 1934

393 zur ausschliesslichen Ver- fügung der Gesellschaft hinterlegt werden.

3 Die Aktionärsrechte entstehen mit der Erfüllung der Einlagepflicht.

Art. 653f

1 Nach Ablauf jedes Geschäftsjahres prüft ein zugelassener Revisions- experte, ob die Ausgabe der neuen Aktien dem Gesetz, den Statuten und gegebenenfalls dem Prospekt entsprochen hat. Er bestätigt das Ergebnis schriftlich.

2 Der Verwaltungsrat kann eine frühere Prüfung anordnen.

Art. 653g

1 Nach Eingang der Prüfungsbestätigung ändert der Verwaltungsrat die Statuten und stellt dabei fest: 1. Anzahl, Nennwert und Art der neu ausgegebenen Aktien; 2. gegebenenfalls die Vorrechte, die mit einzelnen Aktienkatego- rien verbunden sind; 3. den Stand des Aktienkapitals und des bedingten Kapitals nach Ablauf des Geschäftsjahres oder im Zeitpunkt der Prüfung; 4. dass ihm die Belege, die der Kapitalerhöhung zugrunde liegen, vorgelegen haben.

2 Enthalten die Statuten ein Kapitalband, so passt der Verwaltungsrat im Rahmen der Statutenänderung die obere und die untere Grenze des Ka- pitalbands entsprechend dem Umfang der Kapitalerhöhung an, es sei denn, die Kapitalerhöhung erfolgt gestützt auf eine Ermächtigung des Verwaltungsrats, das Kapital mit bedingtem Kapital zu erhöhen.

3 Der Beschluss über die Änderung der Statuten und die Feststellungen sind öffentlich zu beurkunden. Die Urkundsperson hat die Belege, die der Kapitalerhöhung zugrunde liegen, einzeln zu nennen und zu bestä- tigen, dass sie ihr vorgelegen haben. Die Belege sind der öffentlichen Urkunde beizulegen.

Art. 653h

397

Art. 653i

1 Der Verwaltungsrat kann die Statutenbestimmung über das bedingte Kapital aufheben oder sie anpassen, wenn: 1. die Wandel- oder Optionsrechte erloschen sind; 2. keine Wandel- oder Optionsrechte eingeräumt worden sind; oder 3. alle oder ein Teil der Berechtigten auf die Ausübung der ihnen eingeräumten Wandel- oder Optionsrechte verzichtet haben.

2 Die Statuten dürfen nur geändert werden, wenn ein zugelassener Revisionsexperte den Sachverhalt schriftlich bestätigt hat.

Art. 653j

1 Die Generalversammlung beschliesst die Herabsetzung des Aktienka- pitals. Der Verwaltungsrat bereitet die Herabsetzung vor und führt sie durch.

2 Die Kapitalherabsetzung kann durch eine Herabsetzung des Nenn- werts oder durch die Vernichtung von Aktien erfolgen.

3 Das Aktienkapital darf nur unter 100 000 Franken herabgesetzt wer- den, sofern es gleichzeitig mindestens bis zu diesem Betrag wieder erhöht wird. Lautet das Aktienkapital auf eine ausländische Währung, so muss es durch ein Kapital mit einem Gegenwert von mindestens 100 000 Franken ersetzt werden.

4 Die Herabsetzung des Aktienkapitals muss innerhalb von sechs Mo- naten nach dem Beschluss der Generalversammlung beim Handelsre- gisteramt zur Eintragung angemeldet werden; sonst fällt der Beschluss dahin.

Art. 653k

1 Soll das Aktienkapital herabgesetzt werden, so weist der Verwaltungs- rat die Gläubiger darauf hin, dass sie unter Anmeldung ihrer Forderun- gen Sicherstellung verlangen können. Der Hinweis muss im Schweize- rischen Handelsamtsblatt veröffentlicht werden. Die Anmeldung hat schriftlich zu erfolgen, unter Angabe von Betrag und Rechtsgrund der Forderung.

2 Die Gesellschaft muss die Forderungen der Gläubiger in dem Umfang, in dem die bisherige Deckung durch die Kapitalherabsetzung vermin- dert wird, sicherstellen, wenn die Gläubiger es innerhalb von 30 Tagen nach der Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt ver- langen.

3 Die Pflicht zur Sicherstellung entfällt, wenn die Gesellschaft die For- derung erfüllt oder nachweist, dass die Erfüllung der Forderung durch die Herabsetzung des Aktienkapitals nicht gefährdet wird. Liegt die Prü- fungsbestätigung vor, so wird vermutet, dass die Erfüllung der Forde- rung nicht gefährdet wird.

Art. 653l

401 Liegt der Bilanzstichtag im Zeitpunkt, in dem die Generalversammlung die Herabsetzung des Aktienkapitals beschliesst, mehr als sechs Monate zurück, so muss die Gesellschaft einen Zwischenabschluss erstellen.

Art. 653m

1 Ein zugelassener Revisionsexperte muss gestützt auf den Abschluss und das Ergebnis des Schuldenrufs schriftlich bestätigen, dass die For- derungen der Gläubiger trotz der Herabsetzung des Aktienkapitals voll gedeckt sind.

2 Liegt die Prüfungsbestätigung im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Generalversammlung bereits vor, so informiert der Verwal- tungsrat über das Ergebnis. Der zugelassene Revisionsexperte muss an der Generalversammlung anwesend sein, wenn diese nicht durch ein- stimmigen Beschluss auf seine Anwesenheit verzichtet hat.

402

Art. 653n

403 Der Beschluss der Generalversammlung über die Herabsetzung des Ak- tienkapitals muss öffentlich beurkundet werden und folgende Angaben enthalten: 1. den Nennbetrag oder gegebenenfalls den maximalen Nennbe- trag, um den das Aktienkapital herabgesetzt wird; 2. die Art und Weise der Durchführung der Kapitalherabsetzung, namentlich die Angabe, ob die Herabsetzung durch Herabset- zung des Nennwerts oder durch Vernichtung von Aktien erfolgt; 3. die Verwendung des Herabsetzungsbetrags.

Art. 653o

1 Sind alle Voraussetzungen der Herabsetzung des Aktienkapitals er- füllt, so ändert der Verwaltungsrat die Statuten und stellt dabei fest, dass die Anforderungen des Gesetzes, der Statuten und des Generalver- sammlungsbeschlusses im Zeitpunkt der Feststellungen erfüllt sind und dass ihm die Belege, die der Kapitalherabsetzung zugrunde liegen, vor- gelegen haben.

2 Der Beschluss über die Statutenänderung und die Feststellungen des Verwaltungsrats sind öffentlich zu beurkunden. Die Urkundsperson hat die Belege, die der Kapitalherabsetzung zugrunde liegen, einzeln zu nennen und zu bestätigen, dass sie ihr vorgelegen haben. Die Belege sind der öffentlichen Urkunde beizulegen.

3 Durch Kapitalherabsetzung frei gewordene Mittel dürfen Aktionären erst nach der Eintragung der Kapitalherabsetzung ins Handelsregister ausgerichtet werden.

Art. 653p

1 Wird das Aktienkapital zur teilweisen oder vollständigen Beseitigung einer durch Verluste entstandenen Unterbilanz herabgesetzt und bestä- tigt ein zugelassener Revisionsexperte zuhanden der Generalversamm- lung, dass der Betrag der Kapitalherabsetzung den Betrag dieser Unter- bilanz nicht übersteigt, so finden die Bestimmungen der ordentlichen Kapitalherabsetzung zur Sicherstellung von Forderungen, zum Zwi- schenabschluss, zur Prüfungsbestätigung und zu den Feststellungen des Verwaltungsrats keine Anwendung.

2 Der Beschluss der Generalversammlung enthält die Angaben gemäss Artikel 653n. Er nimmt Bezug auf das Ergebnis des Prüfungsberichts und ändert die Statuten.

Art. 653q

1 Wird das Aktienkapital herabgesetzt und gleichzeitig mindestens auf den bisherigen Betrag erhöht und wird der Betrag der geleisteten Ein- lage nicht herabgesetzt, so finden die Bestimmungen zur Kapitalherab- setzung, die die Sicherstellung von Forderungen , den Zwischenab- schluss, die Prüfungsbestätigung und die Feststellungen des Verwaltungsrats betreffen, keine Anwendung.

2 Die Bestimmungen zur ordentlichen Kapitalerhöhung finden hingegen entsprechend Anwendung.

3 Der Verwaltungsrat muss die Statuten nicht anpassen, sofern die An- zahl und der Nennwert der Aktien sowie der Betrag der darauf geleiste- ten Einlagen unverändert bleiben.

Art. 653r

1 Wird das Aktienkapital zum Zweck der Sanierung auf null herabge- setzt und gleichzeitig wieder erhöht, so gehen die bisherigen Mitglied- schaftsrechte der Aktionäre mit der Herabsetzung unter. Ausgegebene Aktien müssen vernichtet werden.

2 Bei der Wiedererhöhung des Aktienkapitals steht den bisherigen Ak- tionären ein Bezugsrecht zu, das ihnen nicht entzogen werden kann.

Art. 653s

1 Die Statuten können den Verwaltungsrat ermächtigen, während einer Dauer von längstens fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb einer Bandbreite (Kapitalband) zu verändern. Sie legen fest, innerhalb wel- cher Grenzen der Verwaltungsrat das Aktienkapital erhöhen und herab- setzen darf.

2 Die obere Grenze des Kapitalbands darf das im Handelsregister einge- tragene Aktienkapital höchstens um die Hälfte übersteigen. Die untere Grenze des Kapitalbands darf das im Handelsregister eingetragene Ak- tienkapital höchstens um die Hälfte unterschreiten.

3 Die Statuten können die Befugnisse des Verwaltungsrats beschränken. Sie können insbesondere vorsehen, dass der Verwaltungsrat das Aktien- kapital nur erhöhen oder nur herabsetzen kann.

4 Die Statuten dürfen den Verwaltungsrat nur dann ermächtigen, das Aktienkapital herabzusetzen, wenn die Gesellschaft nicht auf die einge- schränkte Revision der Jahresrechnung verzichtet hat.

Art. 653t

1 Wird ein Kapitalband eingeführt, so müssen die Statuten Folgendes angeben: 1. die untere und die obere Grenze des Kapitalbands; 2. das Datum, an dem die Ermächtigung des Verwaltungsrats zur Veränderung des Aktienkapitals endet; 3. Einschränkungen, Auflagen und Bedingungen der Ermächti- gung; 4. Anzahl, Nennwert und Art der Aktien sowie die Vorrechte ein- zelner Kategorien von Aktien oder Partizipationsscheinen; 5. Inhalt und Wert von besonderen Vorteilen sowie die Namen der begünstigten Personen; 6. Beschränkungen der Übertragbarkeit neuer Namenaktien; 7. eine Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechts bezie- hungsweise die wichtigen Gründe, aus denen der Verwaltungs- rat das Bezugsrecht einschränken oder aufheben kann, sowie die Zuweisung nicht ausgeübter oder entzogener Bezugsrechte; 8. die Voraussetzungen für die Ausübung vertraglich erworbener Bezugsrechte; 9. die Ermächtigung des Verwaltungsrats zur Erhöhung des Kapi- tals mit bedingtem Kapital und die Angaben gemäss Arti- kel 653b; 10. die Ermächtigung des Verwaltungsrats zur Schaffung eines Par- tizipationskapitals.

2 Nach Ablauf der für die Ermächtigung festgelegten Dauer streicht der Verwaltungsrat die Bestimmungen über das Kapitalband aus den Statu- ten.

409

Art. 653u

1 Im Rahmen seiner Ermächtigung kann der Verwaltungsrat das Aktien- kapital erhöhen und herabsetzen.

2 Beschliesst der Verwaltungsrat, das Aktienkapital zu erhöhen oder herabzusetzen, so erlässt er die notwendigen Bestimmungen, soweit sie nicht im Ermächtigungsbeschluss der Generalversammlung enthalten sind.

3 Bei einer Herabsetzung des Aktienkapitals innerhalb des Kapitalbands sind die Bestimmungen zur Sicherstellung von Forderungen, zum Zwi- schenabschluss und zur Prüfungsbestätigung bei der ordentlichen Kapi- talherabsetzung sinngemäss anwendbar.

4 Nach jeder Erhöhung oder Herabsetzung des Aktienkapitals macht der Verwaltungsrat die erforderlichen Feststellungen und ändert die Statu- ten entsprechend. Der Beschluss über die Statutenänderung und die Feststellungen des Verwaltungsrats sind öffentlich zu beurkunden.

5 Im Übrigen gelten die Vorschriften über die ordentliche beziehungs- weise die Kapitalerhöhung aus bedingtem Kapital und über die Kapital- herabsetzung sinngemäss.

Art. 653v

1 Beschliesst die Generalversammlung während der Dauer der Ermäch- tigung des Verwaltungsrats, das Aktienkapital herauf- oder herabzuset- zen oder die Währung des Aktienkapitals zu ändern, so fällt der Be- schluss über das Kapitalband dahin. Die Statuten sind entsprechend anzupassen.

2 Beschliesst die Generalversammlung ein bedingtes Kapital, so erhö- hen sich die obere und die untere Grenze des Kapitalbands entsprechend dem Umfang der Erhöhung des Aktienkapitals. Die Generalversamm- lung kann stattdessen im Rahmen des bestehenden Kapitalbands nach- träglich eine Ermächtigung des Verwaltungsrats zur Erhöhung des Kapitals mit bedingtem Kapital beschliessen.

Art. 654

1 Die Generalversammlung kann nach Massgabe der Statuten oder auf dem Wege der Statutenänderung die Ausgabe von Vorzugsaktien be- schliessen oder bisherige Aktien in Vorzugsaktien umwandeln.

2 Hat eine Gesellschaft Vorzugsaktien ausgegeben, so können weitere Vorzugsaktien, denen Vorrechte gegenüber den bereits bestehenden Vorzugsaktien eingeräumt werden sollen, nur mit Zustimmung sowohl einer besonderen Versammlung der beeinträchtigten Vorzugsaktionäre als auch einer Generalversammlung sämtlicher Aktionäre ausgegeben werden. Eine abweichende Ordnung durch die Statuten bleibt vorbehal- ten.

3 Dasselbe gilt, wenn statutarische Vorrechte, die mit Vorzugsaktien verbunden sind, abgeändert oder aufgehoben werden sollen.

Art. 655

413

Art. 656

1 Die Vorzugsaktien geniessen gegenüber den Stammaktien die Vor- rechte, die ihnen in den ursprünglichen Statuten oder durch Statutenän- derung ausdrücklich eingeräumt sind. Sie stehen im Übrigen den Stammaktien gleich.

2 Die Vorrechte können sich namentlich auf die Dividende mit oder ohne Nachbezugsrecht, auf den Liquidationsanteil und auf die Bezugs- rechte für den Fall der Ausgabe neuer Aktien erstrecken.

Art. 656a

1 Die Statuten können ein Partizipationskapital vorsehen, das in Teil- summen (Partizipationsscheine) zerlegt ist. Diese Partizipationsscheine müssen auf dieselbe Währung wie das Aktienkapital lauten. Sie werden gegen Einlage ausgegeben, haben einen Nennwert und gewähren kein Stimmrecht.

2 Die Bestimmungen über das Aktienkapital, die Aktie und den Aktio- när gelten, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht, auch für das Par- tizipationskapital, den Partizipationsschein und den Partizipanten.

3 Die Partizipationsscheine sind als solche zu bezeichnen.

4 Partizipationskapital kann geschaffen werden: 1. bei der Gründung;

417 2. durch ordentliche Kapitalerhöhung; 3. durch Kapitalerhöhung aus bedingtem Kapital; 4. innerhalb eines Kapitalbands.

5 Die Umwandlung von Aktien in Partizipationsscheine bedarf der Zu- stimmung sämtlicher betroffener Aktionäre.

419

Art. 656b

1 Der Anteil des Partizipationskapitals, der sich aus Partizipationsschei- nen zusammensetzt, die an einer Börse kotiert sind, darf das Zehnfache des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals nicht übersteigen. Der übrige Teil des Partizipationskapitals darf das Doppelte des im Han- delsregister eingetragenen Aktienkapitals nicht übersteigen.

2 Die Bestimmungen über das Mindestkapital finden keine Anwendung.

3 Das Partizipationskapital ist dem Aktienkapital zuzurechnen bei: 1. der Bildung der gesetzlichen Gewinnreserve; 2. der Verwendung der gesetzlichen Kapital- und Gewinnreser- ven; 3. der Beurteilung, ob eine Unterbilanz oder ein Kapitalverlust vorliegt; 4. der Beschränkung des Umfangs einer Erhöhung des Kapitals aus bedingtem Kapital; 5. der Festlegung der unteren und der oberen Grenze eines Kapi- talbands.

4 Die Schwellenwerte sind für Aktionäre und Partizipanten gesondert zu berechnen bei: 1. der Einleitung einer Sonderuntersuchung im Fall der Ablehnung eines entsprechenden Antrags durch die Generalversammlung; 2. der Auflösung der Gesellschaft durch Urteil des Gerichts 3. der Meldung der wirtschaftlich berechtigten Person gemäss Ar- tikel 697j.

5 Sie werden berechnet: 1. für den Erwerb eigener Aktien auf der Grundlage der ausgege- benen Aktien;

420 2. für den Erwerb eigener Partizipationsscheine auf der Grundlage der ausgegebenen Partizipationsscheine.

6 Sie sind ausschliesslich auf der Grundlage des Aktienkapitals zu be- rechnen: 1. für das Recht auf Einberufung der Generalversammlung; 2. für das Traktandierungs- und Antragsrecht.

Art. 656c

1 Der Partizipant hat kein Stimmrecht und, sofern die Statuten nichts anderes bestimmen, keines der damit zusammenhängenden Rechte.

2 Als mit dem Stimmrecht zusammenhängende Rechte gelten das Recht auf Einberufung einer Generalversammlung, das Teilnahmerecht, das Recht auf Auskunft, das Recht auf Einsicht und das Traktandierungs- und Antragsrecht.

3 Unter den gleichen Voraussetzungen wie der Aktionär hat der Partizi- pant ein Recht auf Einleitung einer Sonderuntersuchung. Sehen die Sta- tuten keine weitergehenden Rechte vor, so kann der Partizipant Begeh- ren um Auskunft, Einsicht und Einleitung einer Sonderuntersuchung schriftlich zuhanden der Generalversammlung stellen.

423

Art. 656d

1 Den Partizipanten muss die Einberufung der Generalversammlung zu- sammen mit den Verhandlungsgegenständen und den Anträgen bekannt gegeben werden.

2 Jeder Partizipant kann verlangen, dass ihm das Protokoll innerhalb von 30 Tagen nach der Generalversammlung zugänglich gemacht wird

426

Art. 656e

427 Die Statuten können den Partizipanten einen Anspruch auf einen Ver- treter im Verwaltungsrat einräumen.

427

Art. 656f

1 Die Statuten dürfen die Partizipanten bei der Verteilung des Bilanzge- winnes und des Liquidationsergebnisses sowie beim Bezug neuer Ak- tien nicht schlechter stellen als die Aktionäre.

2 Bestehen mehrere Kategorien von Aktien, so müssen die Partizipati- onsscheine zumindest der Kategorie gleichgestellt sein, die am wenigs- ten bevorzugt ist.

3 Statutenänderungen und andere Generalversammlungsbeschlüsse, welche die Stellung der Partizipanten verschlechtern, sind nur zulässig, wenn sie auch die Stellung der Aktionäre, denen die Partizipanten gleichstehen, entsprechend beeinträchtigen.

4 Sofern die Statuten nichts anderes bestimmen, dürfen die Vorrechte und die statutarischen Mitwirkungsrechte von Partizipanten nur mit Zu- stimmung einer besonderen Versammlung der betroffenen Partizipanten und der Generalversammlung der Aktionäre beschränkt oder aufgeho- ben werden.

Art. 656g

1 Wird ein Partizipationskapital geschaffen, so haben die Aktionäre ein Bezugsrecht wie bei der Ausgabe neuer Aktien.

2 Die Statuten können vorsehen, dass Aktionäre nur Aktien und Partizi- panten nur Partizipationsscheine beziehen können, wenn das Aktien- und das Partizipationskapital gleichzeitig und im gleichen Verhältnis er- höht werden.

3 Wird das Partizipationskapital oder das Aktienkapital allein oder ver- hältnismässig stärker als das andere erhöht, so sind die Bezugsrechte so zuzuteilen, dass Aktionäre und Partizipanten am gesamten Kapital gleich wie bis anhin beteiligt bleiben können.

Art. 657

1 Die Statuten können die Schaffung von Genussscheinen zugunsten von Personen vorsehen, die mit der Gesellschaft durch frühere Kapital- beteiligung oder als Aktionär, Gläubiger, Arbeitnehmer oder in ähnli- cher Weise verbunden sind. Sie haben die Zahl der ausgegebenen Ge- nussscheine und den Inhalt der damit verbundenen Rechte anzugeben.

2 Durch die Genussscheine können den Berechtigten nur Ansprüche auf einen Anteil am Bilanzgewinn oder am Liquidationsergebnis oder auf den Bezug neuer Aktien verliehen werden.

3 Der Genussschein darf keinen Nennwert haben; er darf weder Partizi- pationsschein genannt noch gegen eine Einlage ausgegeben werden, die unter den Aktiven der Bilanz ausgewiesen wird.

4 Die Berechtigten bilden von Gesetzes wegen eine Gemeinschaft, für welche die Bestimmungen über die Gläubigergemeinschaft bei Anlei- hensobligationen sinngemäss gelten. Den Verzicht auf einzelne oder alle Rechte aus den Genussscheinen können jedoch nur die Inhaber der Mehrheit aller im Umlauf befindlichen Genussscheintitel verbindlich beschliessen.

5 Zugunsten der Gründer der Gesellschaft dürfen Genussscheine nur aufgrund der ursprünglichen Statuten geschaffen werden.

Art. 658

432

Art. 659

1 Die Gesellschaft darf eigene Aktien nur dann erwerben, wenn frei ver- wendbares Eigenkapital in der Höhe des Anschaffungswerts vorhanden ist.

2 Der Erwerb eigener Aktien ist auf 10 Prozent des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals beschränkt.

3 Steht der Erwerb im Zusammenhang mit einer Übertragbarkeitsbe- schränkung oder einer Auflösungsklage, so beträgt die Höchstgrenze 20 Prozent. Die über 10 Prozent hinaus erworbenen Aktien sind innert zweier Jahre zu veräussern oder durch Kapitalherabsetzung zu vernich- ten.

Art. 659a

1 Erwirbt eine Gesellschaft eigene Aktien, so ruhen für diese Aktien das Stimmrecht und die damit verbundenen Rechte.

2 Das Stimmrecht und die damit verbundenen Rechte ruhen auch, wenn die Gesellschaft eigene Aktien überträgt und die Rücknahme oder die Rückgabe entsprechender Aktien vereinbart wird.

3 Wird das Stimmrecht ausgeübt, obwohl es ruht, so kommen die Best- immungen über die unbefugte Teilnahme an der Generalversammlung (Art. 691) zur Anwendung.

4 Die Gesellschaft hat in der Bilanz für die eigenen Aktien einen dem Anschaffungswert entsprechenden Betrag als Minusposten des Eigen- kapitals darzustellen (Art. 959a Abs. 2 Ziff. 3 Bst. e).

Art. 659b

1 Kontrolliert eine Gesellschaft ein oder mehrere Unternehmen (Art. 963), so gelten für den Erwerb ihrer Aktien durch diese Unterneh- men die Voraussetzungen, Einschränkungen und Folgen für den Erwerb eigener Aktien sinngemäss.

2 Die kontrollierende Gesellschaft hat für die Aktien gemäss Absatz 1 einen dem Anschaffungswert dieser Aktien entsprechenden Betrag ge- sondert als gesetzliche Gewinnreserve auszuweisen

Zweiter Abschnitt: Rechte und Pflichten der Aktionäre

Art. 660

1 Jeder Aktionär hat Anspruch auf einen verhältnismässigen Anteil am Bilanzgewinn, soweit dieser nach dem Gesetz oder den Statuten zur Verteilung unter die Aktionäre bestimmt ist.

2 Bei Auflösung der Gesellschaft hat der Aktionär, soweit die Statuten über die Verwendung des Vermögens der aufgelösten Gesellschaft nichts anderes bestimmen, das Recht auf einen verhältnismässigen An- teil am Ergebnis der Liquidation.

3 Vorbehalten bleiben die in den Statuten für einzelne Kategorien von Aktien festgesetzten Vorrechte.

Art. 661

Die Anteile am Gewinn und am Liquidationsergebnis sind, sofern die Statuten nicht etwas anderes vorsehen, im Verhältnis der auf das Aktienkapital einbezahlten Beträge zu berechnen.

436

Art. 662

437

Art. 662a

438

Art. 663

439

Art. 663a und 663b

440

Art. 663b

Art. 663c

442

Art. 663d–663h

443

Art. 664 und 665

444

Art. 665a

445

Art. 666 und 667

446

Art. 668

447

Art. 669

448

Art. 670

449

Art. 671

1 Der gesetzlichen Kapitalreserve sind zuzuweisen: 1. der Erlös, der bei der Ausgabe von Aktien über den Nennwert und die Ausgabekosten hinaus erzielt wird; 2. die zurückbehaltene Einzahlung auf ausgefallene Aktien (Art. 681 Abs. 2), soweit für die dafür neu ausgegebenen Aktien kein Mindererlös erzielt wird; 3. weitere durch Inhaber von Beteiligungspapieren geleistete Ein- lagen und Zuschüsse.

2 Die gesetzliche Kapitalreserve darf an die Aktionäre zurückbezahlt werden, wenn die gesetzlichen Kapital- und Gewinnreserven , abzüglich des Betrags allfälliger Verluste, die Hälfte des im Handelsregister ein- getragenen Aktienkapitals übersteigen.

3 Gesellschaften, deren Zweck hauptsächlich in der Beteiligung an an- deren Unternehmen besteht (Holdinggesellschaften), dürfen die gesetz- liche Kapitalreserve an die Aktionäre zurückbezahlen, wenn die gesetz- lichen Kapital- und Gewinnreserven 20 Prozent des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals überschreiten.

4 Für die Berechnung der Grenzwerte nach den Absätzen 2 und 3 dürfen die gesetzliche Gewinnreserve für eigene Aktien im Konzern (Art. 659b) und die gesetzliche Gewinnreserve aus Aufwertungen (Art. 725c) nicht berücksichtigt werden.

450

Art. 671a und 671b

451

Art. 672

1 Der gesetzlichen Gewinnreserve sind 5 Prozent des Jahresgewinns zu- zuweisen. Liegt ein Verlustvortrag vor, so ist dieser vor der Zuweisung an die Reserve zu beseitigen.

2 Die gesetzliche Gewinnreserve ist zu äufnen, bis sie zusammen mit der gesetzlichen Kapitalreserve die Hälfte des im Handelsregister ein- getragenen Aktienkapitals erreicht. Holdinggesellschaften müssen die gesetzliche Gewinnreserve äufnen, bis diese zusammen mit der gesetz- lichen Kapitalreserve 20 Prozent des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals erreicht.

3 Für die Ermittlung und Verwendung der gesetzlichen Gewinnreserve gilt Artikel 671 Absätze 2, 3 und 4 entsprechend.

Art. 673

1 Die Generalversammlung kann in den Statuten oder durch Beschluss die Bildung freiwilliger Gewinnreserven vorsehen.

2 Freiwillige Gewinnreserven dürfen nur gebildet werden, wenn das dauernde Gedeihen des Unternehmens unter Berücksichtigung der Inte- ressen aller Aktionäre dies rechtfertigt.

3 Die Generalversammlung beschliesst über die Verwendung freiwilli- ger Gewinnreserven; vorbehalten bleiben die Vorschriften über die Ver- rechnung mit Verlusten.

Art. 674

1 Verluste müssen in folgender Reihenfolge verrechnet werden mit: 1. dem Gewinnvortrag; 2. den freiwilligen Gewinnreserven; 3. der gesetzlichen Gewinnreserve; 4. der gesetzlichen Kapitalreserve.

2 Anstelle der Verrechnung mit der gesetzlichen Gewinnreserve oder der gesetzlichen Kapitalreserve dürfen verbleibende Verluste auch teil- weise oder ganz auf die neue Jahresrechnung vorgetragen werden.

Art. 675

1 Zinse dürfen für das Aktienkapital nicht bezahlt werden.

2 Dividenden dürfen nur aus dem Bilanzgewinn und aus hierfür gebil- deten Reserven ausgerichtet werden.

3 Dividenden dürfen erst festgesetzt werden, nachdem die Zuweisungen an die gesetzliche Gewinnreserve und an die freiwilligen Gewinnreser- ven erfolgt sind.

456

Art. 675a

1 Die Generalversammlung kann gestützt auf einen Zwischenabschluss die Ausrichtung einer Zwischendividende beschliessen.

2 Die Revisionsstelle muss den Zwischenabschluss vor dem Beschluss der Generalversammlung prüfen. Keine Prüfung ist erforderlich, wenn die Gesellschaft ihre Jahresrechnung nicht durch eine Revisionsstelle eingeschränkt prüfen lassen muss. Auf die Prüfung kann verzichtet wer- den, wenn sämtliche Aktionäre der Ausrichtung der Zwischendividende zustimmen und die Forderungen der Gläubiger dadurch nicht gefährdet werden.

3 Die Bestimmungen über die Dividenden finden Anwendung (Art. 660 Abs. 1 und 3, 661, 671–674, 675 Abs. 2, 677, 678, 731 sowie 958e).

Art. 676

1 Für die Zeit, die Vorbereitung und Bau bis zum Anfang des vollen Betriebes des Unternehmens erfordern, kann den Aktionären ein Zins von bestimmter Höhe zu Lasten des Anlagekontos zugesichert werden. Die Statuten müssen in diesem Rahmen den Zeitpunkt bezeichnen, in dem die Entrichtung von Zinsen spätestens aufhört.

2 Wird das Unternehmen durch die Ausgabe neuer Aktien erweitert, so kann im Beschlusse über die Kapitalerhöhung den neuen Aktien eine bestimmte Verzinsung zu Lasten des Anlagekontos bis zu einem genau anzugebenden Zeitpunkt, höchstens jedoch bis zur Aufnahme des Be- triebes der neuen Anlage zugestanden werden.

Art. 677

459 Gewinnanteile an Mitglieder des Verwaltungsrates dürfen nur dem Bi- lanzgewinn entnommen werden und sind nur zulässig, nachdem die Zu- weisung an die gesetzliche Reserve gemacht und eine Dividende von 5 Prozent oder von einem durch die Statuten festgesetzten höheren Ansatz an die Aktionäre ausgerichtet worden ist.

Art. 678

1 Aktionäre, Mitglieder des Verwaltungsrats, mit der Geschäftsführung befasste Personen und Mitglieder des Beirats sowie ihnen nahestehende Personen sind zur Rückerstattung von Dividenden, Tantiemen, anderen Gewinnanteilen, Vergütungen, Bauzinsen, gesetzlichen Kapital- und Gewinnreserven oder anderen Leistungen verpflichtet, wenn sie diese ungerechtfertigt bezogen haben.

2 Übernimmt die Gesellschaft von solchen Personen Vermögenswerte oder schliesst sie mit diesen sonstige Rechtsgeschäfte ab, so werden diese Personen rückerstattungspflichtig, soweit ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.

3 Artikel 64 findet Anwendung.

4 Der Anspruch auf Rückerstattung steht der Gesellschaft und dem Ak- tionär zu. Der Anspruch des Aktionärs geht auf Leistung an die Gesell- schaft.

5 Die Generalversammlung kann beschliessen, dass die Gesellschaft Klage auf Rückerstattung erhebt. Sie kann den Verwaltungsrat oder ei- nen Vertreter mit der Prozessführung betrauen.

6 Im Konkurs der Gesellschaft kommt Artikel 757 sinngemäss zur An- wendung.

461

Art. 678a

1 Der Rückerstattungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem die Gesellschaft oder der Aktionär davon Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber zehn Jahre nach Entstehung des Anspruchs. Die Frist steht während des Verfahrens auf Anordnung einer Sonderunter- suchung und deren Durchführung still.

2 Hat der Empfänger durch sein Verhalten eine strafbare Handlung be- gangen, so verjährt der Rückerstattungsanspruch frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.

Art. 679

1 Im Konkurs der Gesellschaft müssen die Mitglieder des Verwaltungs- rates alle Tantiemen, die sie in den letzten drei Jahren vor Konkurser- öffnung erhalten haben, zurückerstatten, es sei denn, sie weisen nach, dass die Voraussetzungen zur Ausrichtung der Tantiemen nach Gesetz und Statuten erfüllt waren; dabei ist insbesondere nachzuweisen, dass die Ausrichtung aufgrund vorsichtiger Bilanzierung erfolgte.

465

Art. 680

1 Der Aktionär kann auch durch die Statuten nicht verpflichtet werden, mehr zu leisten als den für den Bezug einer Aktie bei ihrer Ausgabe festgesetzten Betrag.

2 Ein Recht, den eingezahlten Betrag zurückzufordern, steht dem Akti- onär nicht zu.

Art. 681

1 Ein Aktionär, der den Ausgabebetrag seiner Aktie nicht zur rechten Zeit einbezahlt, ist zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet.

2 Der Verwaltungsrat

466 ist überdies befugt, den säumigen Aktionär sei- ner Rechte aus der Zeichnung der Aktien und seiner geleisteten Teilzah- lungen verlustig zu erklären und an Stelle der ausgefallenen neue Aktien

466 auszugeben. Wenn die ausgefallenen Titel bereits ausgegeben sind und nicht beigebracht werden können, so ist die Verlustigerklärung im Schweizerischen Handelsamtsblatt sowie in der von den Statuten vor- gesehenen Form zu veröffentlichen.

3 Die Statuten können einen Aktionär für den Fall der Säumnis auch zur Entrichtung einer Konventionalstrafe verpflichten.

Art. 682

1 Beabsichtigt der Verwaltungsrat, den säumigen Aktionär seiner Rechte aus der Zeichnung verlustig zu erklären oder von ihm die in den Statuten vorgesehene Konventionalstrafe zu fordern, so hat er im Schweizerischen Handelsamtsblatt sowie in der von den Statuten vor- gesehenen Form eine Aufforderung zur Einzahlung zu erlassen, unter Ansetzung einer Nachfrist von mindestens 30 Tagen, von der Veröffent- lichung an gerechnet.

467 Der Aktionär darf seiner Rechte aus der Zeich- nung erst verlustig erklärt oder für die Konventionalstrafe belangt werden, wenn er auch innerhalb der Nachfrist die Einzahlung nicht leistet.

2 Bei Namenaktien tritt an die Stelle der Veröffentlichungen eine Zah- lungsaufforderung und Ansetzung der Nachfrist an die im Aktienbuch eingetragenen Aktionäre durch eingeschriebenen Brief. In diesem Falle läuft die Nachfrist vom Empfang der Zahlungsaufforderung an.

3 Der säumige Aktionär haftet der Gesellschaft für den Betrag, der durch die Leistungen des neuen Aktionärs nicht gedeckt ist.

Art. 683

1 Auf den Inhaber lautende Aktien dürfen erst nach der Einzahlung des vollen Nennwertes ausgegeben werden.

2 Vor der Volleinzahlung ausgegebene Aktien sind nichtig. Schadener- satzansprüche bleiben vorbehalten.

Art. 684

1 Die Namenaktien sind, wenn nicht Gesetz oder Statuten es anders bestimmen, ohne Beschränkung übertragbar.

2 Die Übertragung durch Rechtsgeschäft kann durch Übergabe des indossierten Aktientitels an den Erwerber erfolgen.

468

Art. 684a

1 Hat eine Gesellschaft keine Geschäftstätigkeit und keine verwertbaren Aktiven mehr und ist sie überschuldet, so ist die Übertragung von Ak- tien nichtig.

2 Hat das Handelsregisteramt im Zusammenhang mit einer Anmeldung einen begründeten Verdacht auf eine solche Aktienübertragung, so for- dert es die Gesellschaft auf, ihre aktuelle unterzeichnete und, falls die Gesellschaft eine Revisionsstelle hat, geprüfte Jahresrechnung einzu- reichen. Kommt die Gesellschaft der Aufforderung nicht nach oder be- stätigt die Jahresrechnung den Verdacht, so verweigert das Handelsre- gisteramt die beantragte Eintragung.

3 Artikel 934 ist vorbehalten.

Art. 685

1 Nicht voll liberierte Namenaktien dürfen nur mit Zustimmung der Ge- sellschaft übertragen werden, es sei denn, sie werden durch Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht oder Zwangsvollstreckung erworben.

2 Die Gesellschaft kann die Zustimmung nur verweigern, wenn die Zah- lungsfähigkeit des Erwerbers zweifelhaft ist und die von der Gesell- schaft geforderte Sicherheit nicht geleistet wird.

Art. 685a

1 Die Statuten können bestimmen, dass Namenaktien nur mit Zustim- mung der Gesellschaft übertragen werden dürfen.

2 Diese Beschränkung gilt auch für die Begründung einer Nutzniessung.

3 Tritt die Gesellschaft in Liquidation, so fällt die Beschränkung der Übertragbarkeit dahin.

Art. 685b

1 Die Gesellschaft kann das Gesuch um Zustimmung ablehnen, wenn sie hierfür einen wichtigen, in den Statuten genannten Grund bekannt- gibt oder wenn sie dem Veräusserer der Aktien anbietet, die Aktien für eigene Rechnung, für Rechnung anderer Aktionäre oder für Rechnung Dritter zum wirklichen Wert im Zeitpunkt des Gesuches zu überneh- men.

2 Als wichtige Gründe gelten Bestimmungen über die Zusammenset- zung des Aktionärskreises, die im Hinblick auf den Gesellschaftszweck oder die wirtschaftliche Selbständigkeit des Unternehmens die Verwei- gerung rechtfertigen.

3 Die Gesellschaft kann überdies die Eintragung in das Aktienbuch ver- weigern, wenn der Erwerber nicht ausdrücklich erklärt, dass er die Aktien im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erworben hat.

4 Sind die Aktien durch Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht oder Zwangsvollstreckung erworben worden, so kann die Gesellschaft das Gesuch um Zustimmung nur ablehnen, wenn sie dem Erwerber die Übernahme der Aktien zum wirklichen Wert anbietet.

5 Der Erwerber kann verlangen, dass das Gericht am Sitz der Gesell- schaft den wirklichen Wert bestimmt. Die Kosten der Bewertung trägt die Gesellschaft.

6 Lehnt der Erwerber das Übernahmeangebot nicht innert eines Monates nach Kenntnis des wirklichen Wertes ab, so gilt es als angenommen.

7 Die Statuten dürfen die Voraussetzungen der Übertragbarkeit nicht er- schweren.

Art. 685c

1 Solange eine erforderliche Zustimmung zur Übertragung von Aktien nicht erteilt wird, verbleiben das Eigentum an den Aktien und alle damit verknüpften Rechte beim Veräusserer.

2 Beim Erwerb von Aktien durch Erbgang, Erbteilung, eheliches Güter- recht oder Zwangsvollstreckung gehen das Eigentum und die Vermö- gensrechte sogleich, die Mitwirkungsrechte erst mit der Zustimmung der Gesellschaft auf den Erwerber über.

3 Lehnt die Gesellschaft das Gesuch um Zustimmung innert dreier Mo- nate nach Erhalt nicht oder zu Unrecht ab, so gilt die Zustimmung als erteilt.

Art. 685d

1 Bei börsenkotierten Namenaktien kann die Gesellschaft einen Erwer- ber als Aktionär nur ablehnen, wenn die Statuten eine prozentmässige Begrenzung der Namenaktien vorsehen, für die ein Erwerber als Aktio- när anerkannt werden muss, und diese Begrenzung überschritten wird.

2 Die Gesellschaft kann einen Erwerber zudem ablehnen, wenn dieser auf ihr Verlangen nicht ausdrücklich erklärt, dass er die Aktien im eige- nen Namen und auf eigene Rechnung erworben hat, dass keine Verein- barung über die Rücknahme oder die Rückgabe entsprechender Aktien besteht und dass er das mit den Aktien verbundene wirtschaftliche Risiko trägt. Sie kann die Eintragung nicht aus dem Grund verweigern, dass das Gesuch durch die Bank des Erwerbers gestellt wurde

3 Sind börsenkotierte

476 Namenaktien durch Erbgang, Erbteilung oder eheliches Güterrecht erworben worden, kann der Erwerber nicht abge- lehnt werden.

Art. 685e

477 Werden börsenkotierte Namenaktien börsenmässig verkauft, so meldet die Veräussererbank den Namen des Veräusserers und die Anzahl der verkauften Aktien unverzüglich der Gesellschaft.

Art. 685f

1 Werden börsenkotierte Namenaktien börsenmässig erworben, so ge- hen die Rechte mit der Übertragung auf den Erwerber über. Werden börsenkotierte Namenaktien ausserbörslich erworben, so gehen die Rechte auf den Erwerber über, sobald dieser bei der Gesellschaft ein Gesuch um Anerkennung als Aktionär eingereicht hat.

2 Bis zur Anerkennung des Erwerbers durch die Gesellschaft kann die- ser weder das mit den Aktien verknüpfte Stimmrecht noch andere mit dem Stimmrecht zusammenhängende Rechte ausüben. In der Ausübung aller übrigen Aktionärsrechte, insbesondere auch des Bezugsrechts, ist der Erwerber nicht eingeschränkt.

3 Noch nicht von der Gesellschaft anerkannte Erwerber sind nach dem Rechtsübergang als Aktionär ohne Stimmrecht ins Aktienbuch einzutra- gen. Die entsprechenden Aktien gelten in der Generalversammlung als nicht vertreten.

4 Ist die Ablehnung widerrechtlich, so hat die Gesellschaft das Stimm- recht und die damit zusammenhängenden Rechte vom Zeitpunkt des richterlichen Urteils an anzuerkennen und dem Erwerber Schadenersatz zu leisten, sofern sie nicht beweist, dass ihr kein Verschulden zur Last fällt.

478

Art. 685g

479 Lehnt die Gesellschaft das Gesuch des Erwerbers um Anerkennung innert 20 Tagen nicht ab, so ist dieser als Aktionär anerkannt.

Art. 686

1 Die Gesellschaft führt über die Namenaktien ein Aktienbuch, in wel- ches die Eigentümer und Nutzniesser mit Namen und Adresse eingetra- gen werden. Sie muss es so führen, dass in der Schweiz jederzeit darauf zugegriffen werden kann

2 Die Eintragung in das Aktienbuch setzt einen Ausweis über den Er- werb der Aktie zu Eigentum oder die Begründung einer Nutzniessung voraus. Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, stellen sicher, dass die Eigentümer oder Nutzniesser das Gesuch um Eintragung in das Aktienbuch auf elektronischem Weg stellen können.

3 Die Gesellschaft muss die Eintragung auf dem Aktientitel bescheini- gen.

4 Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt als Aktionär oder als Nutzniesser, wer im Aktienbuch eingetragen ist.

5 Die Belege, die einer Eintragung zugrunde liegen, müssen während zehn Jahren nach der Streichung des Eigentümers oder Nutzniessers aus dem Aktienbuch aufbewahrt werden.

483

Art. 686a

484 Die Gesellschaft kann nach Anhörung des Betroffenen Eintragungen im Aktienbuch streichen, wenn diese durch falsche Angaben des Erwerbers zustande gekommen sind. Dieser muss über die Streichung sofort infor- miert werden.

Art. 687

1 Der Erwerber einer nicht voll einbezahlten Namenaktie ist der Gesell- schaft gegenüber zur Einzahlung verpflichtet, sobald er im Aktienbuch eingetragen ist.

2 Veräussert der Zeichner die Aktie, so kann er für den nicht einbezahl- ten Betrag belangt werden, wenn die Gesellschaft binnen zwei Jahren seit ihrer Eintragung in das Handelsregister in Konkurs gerät und sein Rechtsnachfolger seines Rechtes aus der Aktie verlustig erklärt worden ist.

3 Der Veräusserer, der nicht Zeichner ist, wird durch die Eintragung des Erwerbers der Aktie im Aktienbuch von der Einzahlungspflicht befreit.

4 Solange Namenaktien nicht voll einbezahlt sind, ist auf jedem Titel der auf den Nennwert einbezahlte Betrag anzugeben.

Art. 688

1 Auf den Inhaber lautende Interimsscheine dürfen nur für Inhaberaktien ausgegeben werden, deren Nennwert voll einbezahlt ist. Vor der Volleinzahlung ausgegebene, auf den Inhaber lautende Interimsscheine sind nichtig. Schadenersatzansprüche bleiben vorbehalten.

2 Werden für Inhaberaktien auf den Namen lautende Interimsscheine ausgestellt, so können sie nur nach den für die Abtretung von Forderun- gen geltenden Bestimmungen übertragen werden, jedoch ist die Über- tragung der Gesellschaft gegenüber erst wirksam, wenn sie ihr angezeigt wird.

3 Interimsscheine für Namenaktien müssen auf den Namen lauten. Die Übertragung solcher Interimsscheine richtet sich nach den für die Über- tragung von Namenaktien geltenden Vorschriften.

Art. 689

1 Der Aktionär übt seine Rechte in den Angelegenheiten der Gesell- schaft, wie Bestellung der Organe, Abnahme des Geschäftsberichtes und Beschlussfassung über die Gewinnverwendung, in der Generalver- sammlung aus.

487

Art. 689a

1 Die Mitgliedschaftsrechte aus Namenaktien kann ausüben, wer durch den Eintrag im Aktienbuch ausgewiesen oder vom Aktionär dazu schriftlich bevollmächtigt ist.

2 Die Mitgliedschaftsrechte aus Inhaberaktien kann ausüben, wer sich als Besitzer ausweist, indem er die Aktien vorlegt. Das Stimmrecht kann nur ausüben, wer bei der Teilnahme an der Generalversammlung Na- men und Wohnort bekannt gibt.

3 Wer eine Inhaberaktie aufgrund einer Verpfändung, Hinterlegung oder leihweisen Überlassung besitzt, darf die Mitgliedschaftsrechte nur aus- üben, wenn er vom Aktionär dazu schriftlich bevollmächtigt ist.

4 Der Verwaltungsrat kann weitere Formen der Berechtigung gegenüber der Gesellschaft zulassen, soweit die Statuten nichts anderes vorse- hen.

491

Art. 689b

1 Der Aktionär kann seine Mitwirkungsrechte, insbesondere sein Stimmrecht, durch einen Vertreter seiner Wahl ausüben lassen.

2 Die Organstimmrechtsvertretung und die Depotstimmrechtsvertretung sind unzulässig bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.

3 Setzt die Gesellschaft einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter oder einen Organstimmrechtsvertreter ein, so ist dieser verpflichtet, die Stimmrechte weisungsgemäss auszuüben. Hat er keine Weisungen er- halten, so enthält er sich der Stimme. Der Verwaltungsrat erstellt For- mulare, die zur Erteilung der Vollmachten und Weisungen verwendet werden müssen

4 Die Unabhängigkeit des unabhängigen Stimmrechtsvertreters darf we- der tatsächlich noch dem Anschein nach beeinträchtigt sein. Die Vor- schriften zur Unabhängigkeit der Revisionsstelle bei der ordentlichen Revision (Art. 728 Abs. 2–6) sind entsprechend anwendbar.

5 Als unabhängige Stimmrechtsvertreter können natürliche oder juristi- sche Personen oder Personengesellschaften eingesetzt werden.

492

Art. 689c

1 In Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, wählt die Generalversammlung den unabhängigen Stimmrechtsvertreter. Die Amtsdauer endet mit dem Abschluss der nächsten ordentlichen Gene- ralversammlung. Wiederwahl ist möglich.

2 Die Generalversammlung kann den unabhängigen Stimmrechtsvertre- ter auf das Ende der Generalversammlung abberufen.

3 Hat die Generalversammlung keinen unabhängigen Stimmrechtsver- treter gewählt, so ernennt der Verwaltungsrat einen solchen für die nächste Generalversammlung. Die Statuten können andere Regeln zur Behebung dieses Organisationsmangels vorsehen.

4 Der Verwaltungsrat stellt sicher, dass die Aktionäre insbesondere die Möglichkeit haben, dem unabhängigen Stimmrechtsvertreter: 1. zu jedem in der Einberufung gestellten Antrag zu Verhand- lungsgegenständen Weisungen zu erteilen; 2. zu nicht angekündigten Anträgen zu Verhandlungsgegenstän- den sowie zu neuen Verhandlungsgegenständen gemäss Artikel 704b allgemeine Weisungen zu erteilen.

5 Der unabhängige Stimmrechtsvertreter behandelt die Weisungen der einzelnen Aktionäre bis zur Generalversammlung vertraulich. Er kann der Gesellschaft eine allgemeine Auskunft über die eingegangenen Wei- sungen erteilen. Er darf die Auskunft nicht früher als drei Werktage vor der Generalversammlung erteilen und muss anlässlich der Generalver- sammlung erklären, welche Informationen er der Gesellschaft erteilt hat.

6 Vollmachten und Weisungen können nur für die kommende General- versammlung erteilt werden. Sie können auch elektronisch erteilt wer- den.

Art. 689d

1 Die Statuten von Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, können vorsehen, dass ein Aktionär nur durch einen ande- ren Aktionär in der Generalversammlung vertreten werden kann.

2 Enthalten die Statut en eine solche Bestimmung, so muss der Verwal- tungsrat auf Verlangen eines Aktionärs einen unabhängigen Stimm- rechtsvertreter oder einen Organstimmrechtsvertreter bezeichnen, dem die Ausübung der Mitwirkungsrechte übertragen werden kann.

3 Der Verwaltungsrat muss in diesem Fall spätestens zehn Tage vor der Generalversammlung den Aktionären mitteilen, wen sie mit der Vertre- tung beauftragen können. Kommt der Verwaltungsrat dieser Pflicht nicht nach, so kann sich der Aktionär durch einen beliebigen Dritten vertreten lassen. Die Statuten regeln die Einzelheiten der Bezeichnung des Vertreters.

4 Artikel 689c Absatz 4 ist im Fall einer unabhängigen Stimmrechtsver- tretung wie auch einer Organstimmrechtsvertretung anwendbar.

Art. 689e

1 Wer bei einer Gesellschaft, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, Stimmrechte aus Aktien ausüben will, die bei ihm hinterlegt sind, ersucht den Hinterleger vor jeder Generalversammlung um Weisungen für die Stimmabgabe.

2 Sind Weisungen des Hinterlegers nicht rechtzeitig erhältlich, so übt der Depotvertreter das Stimmrecht nach einer allgemeinen Weisung des Hinterlegers aus; fehlt eine solche, so enthält er sich der Stimme.

3 Als Depotvertreter gelten die dem Bankengesetz vom 8. November 1934

496 unterstellten Institute und die Finanzinstitute nach dem Finanz- institutsgesetz vom 15. Juni 2018

497

Art. 689f

1 Unabhängige Stimmrechtsvertreter, Organstimmrechtsvertreter und Depotvertreter geben der Gesellschaft Anzahl, Art, Nennwert und Ka- tegorie der von ihnen vertretenen Aktien bekannt. Unterlassen sie dies, so sind die Beschlüsse der Generalversammlung unter den gleichen Vo- raussetzungen anfechtbar wie bei unbefugter Teilnahme an der Gene- ralversammlung (Art. 691).

2 Der Vorsitzende teilt der Generalversammlung diese Angaben ge- samthaft für jede Vertretungsart mit. Unterlässt er dies, obschon ein Ak- tionär es verlangt hat, so kann jeder Aktionär die Beschlüsse der Gene- ralversammlung mit Klage gegen die Gesellschaft anfechten.

498

Art. 690

1 Steht eine Aktie in gemeinschaftlichem Eigentum, so können die Berechtigten die Rechte aus der Aktie nur durch einen gemeinsamen Vertreter ausüben.

2 Im Falle der Nutzniessung an einer Aktie wird diese durch den Nutz- niesser vertreten; er wird dem Eigentümer ersatzpflichtig, wenn er dabei dessen Interessen nicht in billiger Weise Rücksicht trägt.

Art. 691

1 Die Überlassung von Aktien zum Zwecke der Ausübung des Stimm- rechts in der Generalversammlung ist unstatthaft, wenn damit die Um- gehung einer Stimmrechtsbeschränkung beabsichtigt ist.

2 Jeder Aktionär ist befugt, gegen die Teilnahme unberechtigter Perso- nen beim Verwaltungsrat oder zu Protokoll der Generalversammlung Einspruch zu erheben. Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung sind be- rechtigt, an der Generalversammlung teilzunehmen

3 Wirken Personen, die zur Teilnahme an der Generalversammlung nicht befugt sind, bei einem Beschlusse mit, so kann jeder Aktionär, auch wenn er nicht Einspruch erhoben hat, diesen Beschluss anfechten, sofern die beklagte Gesellschaft nicht nachweist, dass diese Mitwirkung keinen Einfluss auf die Beschlussfassung ausgeübt hatte.

Art. 692

1 Die Aktionäre üben ihr Stimmrecht in der Generalversammlung nach Verhältnis des gesamten Nennwerts der ihnen gehörenden Aktien aus.

2 Jeder Aktionär hat, auch wenn er nur eine Aktie besitzt, zum mindes- ten eine Stimme. Doch können die Statuten die Stimmenzahl der Besit- zer mehrerer Aktien beschränken.

501

Art. 693

1 Die Statuten können das Stimmrecht unabhängig vom Nennwert nach der Zahl der jedem Aktionär gehörenden Aktien festsetzen, so dass auf jede Aktie eine Stimme entfällt.

2 In diesem Falle können Aktien, die einen kleineren Nennwert als an- dere Aktien der Gesellschaft haben, nur als Namenaktien ausgegeben werden und müssen voll liberiert sein. Der Nennwert der übrigen Aktien darf das Zehnfache des Nennwertes der Stimmrechtsaktien nicht über- steigen.

3 Die Bemessung des Stimmrechts nach der Zahl der Aktien ist nicht anwendbar für: 1. die Wahl der Revisionsstelle; 2. die Ernennung von Sachverständigen zur Prüfung der Ge- schäftsführung oder einzelner Teile; 3.

503 die Beschlussfassung über die Einleitung einer Sonderuntersu- chung; 4.

504 die Beschlussfassung über die Erhebung einer Verantwortlich- keitsklage.

505

Art. 694

Das Stimmrecht entsteht, sobald auf die Aktie der gesetzlich oder statu- tarisch festgesetzte Betrag einbezahlt ist.

Art. 695

1 Bei Beschlüssen über die Entlastung des Verwaltungsrates haben Per- sonen, die in irgendeiner Weise an der Geschäftsführung teilgenommen haben, kein Stimmrecht.

506

Art. 696

507

Art. 697

1 Jeder Aktionär ist berechtigt, an der Generalversammlung vom Ver- waltungsrat Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft und von der Revisionsstelle Auskunft über Durchführung und Ergebnis ihrer Prüfung zu verlangen.

2 In Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, kön- nen Aktionäre, die zusammen mindestens 10 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten, vom Verwaltungsrat schriftlich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen.

3 Der Verwaltungsrat erteilt die Auskunft innert vier Monaten. Die Ant- worten des Verwaltungsrats sind zudem spätestens an der nächsten Ge- neralversammlung zur Einsicht für die Aktionäre aufzulegen.

4 Die Auskunft muss erteilt werden, soweit sie für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist und soweit keine Geschäftsgeheimnisse oder anderen schutzwürdigen Interessen der Gesellschaft gefährdet wer- den. Eine Verweigerung der Auskunft ist schriftlich zu begründen.

Art. 697a

1 Die Geschäftsbücher und die Akten können von Aktionären eingese- hen werden, die zusammen mindestens 5 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten.

2 Der Verwaltungsrat gewährt die Einsicht innert vier Monaten nach Eingang der Anfrage. Die Aktionäre dürfen Notizen machen.

3 Die Einsicht muss gewährt werden, soweit sie für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist und soweit keine Geschäftsgeheimnisse oder anderen schutzwürdigen Interessen der Gesellschaft gefährdet wer- den. Eine Verweigerung der Einsicht ist schriftlich zu begründen.

Art. 697b

510 Wird die Auskunft oder die Einsicht ganz oder teilweise verweigert oder verunmöglicht, so können die Aktionäre innerhalb von 30 Tagen vom Gericht die Anordnung der Auskunft oder Einsicht verlangen.

510

Art. 697c

1 Jeder Aktionär, der das Recht auf Auskunft oder das Recht auf Ein- sicht bereits ausgeübt hat, kann der Generalversammlung beantragen, bestimmte Sachverhalte durch unabhängige Sachverständige untersu- chen zu lassen, sofern dies zur Ausübung der Aktionärsrechte erforder- lich ist.

2 Entspricht die Generalversammlung dem Antrag, so kann die Gesell- schaft oder jeder Aktionär innert 30 Tagen dem Gericht beantragen, die Sachverständigen zu bezeichnen, welche die Sonderuntersuchung durchführen.

Art. 697d

1 Entspricht die Generalversammlung dem Antrag nicht, so können Ak- tionäre innerhalb von drei Monaten vom Gericht die Anordnung einer Sonderuntersuchung verlangen, sofern sie zusammen mindestens über eine der folgenden Beteiligungen verfügen: 1. bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind: 5 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen; 2. bei anderen Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind: 10 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen.

2 Das Begehren auf Anordnung einer Sonderuntersuchung kann sich auf alle Fragen erstrecken, die Gegenstand des Begehrens um Auskunft oder Einsicht waren oder die in der Beratung des Antrags auf Durchfüh- rung einer Sonderuntersuchung in der Generalversammlung angespro- chen wurden, soweit ihre Beantwortung für die Ausübung der Aktio- närsrechte erforderlich ist.

3 Das Gericht ordnet die Sonderuntersuchung an, wenn die Gesuchstel- ler glaubhaft machen, dass Gründer oder Organe Gesetz oder Statuten verletzt haben und die Verletzung geeignet ist, die Gesellschaft oder die Aktionäre zu schädigen

Art. 697e

1 Das Gericht entscheidet nach Anhörung der Gesellschaft und des Aktionärs, der den Antrag auf eine Sonderuntersuchung in der General- versammlung gestellt hat.

2 Entspricht das Gericht dem Begehren, so bezeichnet es die mit der Sonderuntersuchung betrauten unabhängigen Sachverständigen und umschreibt den Prüfungsgegenstand.

Art. 697f

1 Die Sonderuntersuchung ist innert nützlicher Frist und ohne unnötige Störung des Geschäftsgangs durchzuführen.

2 Gründer, Organe, Beauftragte, Arbeitnehmer, Sachwalter und Liqui- datoren müssen den Sachverständigen Auskunft über alle erheblichen Tatsachen erteilen. Im Streitfall entscheidet das Gericht.

3 Die Sachverständigen hören die Gesellschaft zu den Ergebnissen der Sonderuntersuchung an.

4 Sie sind zur Geheimhaltung verpflichtet.

Art. 697g

1 Die Sachverständigen berichten schriftlich einlässlich über das Ergeb- nis ihrer Untersuchung. Wurde die Sonderuntersuchung durch das Gericht angeordnet, so legen die Sachverständigen ihren Bericht dem Gericht vor.

2 Das Gericht stellt den Bericht der Gesellschaft zu und entscheidet auf ihren Antrag, ob Teile des Berichts das Geschäftsgeheimnis oder andere schutzwürdige Interessen der Gesellschaft verletzen und deshalb den Gesuchstellern nicht vorgelegt werden dürfen.

3 Es gibt dem Verwaltungsrat und den Gesuchstellern Gelegenheit, zum bereinigten Bericht Stellung zu nehmen und Ergänzungsfragen zu stel- len.

Art. 697h

1 Der Verwaltungsrat unterbreitet der nächsten Generalversammlung den Bericht der Sachverständigen sowie seine Stellungnahme und die- jenige der Gesuchsteller dazu.

2 Jeder Aktionär kann während eines Jahres nach der Generalversamm- lung von der Gesellschaft auf deren Kosten eine Ausfertigung des Be- richts und der Stellungnahmen verlangen.

516

Art. 697h

1 Die Gesellschaft trägt die Kosten der Sonderuntersuchung. Sie leistet auch allfällige Kostenvorschüsse.

2 Wenn besondere Umstände es rechtfertigen, kann das Gericht die Kos- ten ganz oder teilweise den Gesuchstellern auferlegen.

Art. 697i

518

Art. 697j

1 Wer allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Aktien einer Gesellschaft, deren Beteiligungsrechte nicht an einer Börse kotiert sind, erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmrechte erreicht oder überschreitet, muss der Gesellschaft innert Monatsfrist den Vor- und den Nachnamen und die Adresse der natürlichen Person melden, für die er letztendlich handelt (wirtschaft- lich berechtigte Person).

2 Ist der Aktionär eine juristische Person oder Personengesellschaft, so muss als wirtschaftlich berechtigte Person jede natürliche Person gemel- det werden, die den Aktionär in sinngemässer Anwendung von Artikel 963 Absatz 2 kontrolliert. Gibt es keine solche Person, so muss der Ak- tionär dies der Gesellschaft melden.

3 Ist der Aktionär eine Kapitalgesellschaft, deren Beteiligungsrechte an einer Börse kotiert sind, wird er von einer solchen Gesellschaft im Sinne von Artikel 963 Absatz 2 kontrolliert oder kontrolliert er in diesem Sinne eine solche Gesellschaft, so muss er nur diese Tatsache sowie die Firma und den Sitz der Kapitalgesellschaft melden.

4 Der Aktionär muss der Gesellschaft innert 3 Monaten jede Änderung des Vor- oder des Nachnamens oder der Adresse der wirtschaftlich be- rechtigten Person melden.

5 Die Meldepflicht besteht nicht, wenn die Aktien als Bucheffekten aus- gestaltet und bei einer Verwahrungsstelle in der Schweiz hinterlegt oder im Hauptregister eingetragen sind. Die Gesellschaft bezeichnet die Ver- wahrungsstelle.

519

Art. 697k

520

Art. 697l

1 Die Gesellschaft führt ein Verzeichnis über die ihr gemeldeten wirt- schaftlich berechtigten Personen.

2 Dieses Verzeichnis enthält den Vor- und den Nachnamen sowie die Adresse der wirtschaftlich berechtigten Personen.

3 Die Belege, die einer Meldung nach Artikel 697j zugrunde liegen, müssen nach der Streichung der Person aus dem Verzeichnis während zehn Jahren aufbewahrt werden.

4 Das Verzeichnis muss so geführt werden, dass in der Schweiz jederzeit darauf zugegriffen werden kann.

Art. 697m

1 Solange der Aktionär seinen Meldepflichten nicht nachgekommen ist, ruhen die Mitgliedschaftsrechte, die mit den Aktien verbunden sind, de- ren Erwerb gemeldet werden muss.

2 Die Vermögensrechte, die mit solchen Aktien verbunden sind, kann der Aktionär erst geltend machen, wenn er seinen Meldepflichten nach- gekommen ist.

3 Kommt der Aktionär seinen Meldepflichten nicht innert eines Monats nach dem Erwerb der Aktien nach, so sind die Vermögensrechte ver- wirkt. Holt er die Meldung zu einem späteren Zeitpunkt nach, so kann er die ab diesem Zeitpunkt entstehenden Vermögensrechte geltend ma- chen.

4 Der Verwaltungsrat stellt sicher, dass keine Aktionäre unter Verlet- zung der Meldepflichten ihre Rechte ausüben.

523

Art. 697n

1 Die Statuten können vorsehen, dass gesellschaftsrechtliche Streitig- keiten durch ein Schiedsgericht mit Sitz in der Schweiz beurteilt wer- den. Wenn die Statuten es nicht anders bestimmen, bindet die Schieds- klausel die Gesellschaft, die Organe der Gesellschaft, die Mitglieder der Organe und die Aktionäre.

2 Für das Verfahren vor dem Schiedsgericht gelten die Bestimmungen des 3. Teils der Zivilprozessordnung

525 ; das zwölfte Kapitel des Bun- desgesetzes vom 18. Dezember 1987

526 über das Internationale Privat- recht ist nicht anwendbar.

3 Die Statuten können die Einzelheiten regeln, insbesondere durch Ver- weisung auf eine Schiedsordnung. Sie stellen jedenfalls sicher, dass Per- sonen, die von den Rechtswirkungen des Schiedsspruchs direkt betrof- fen sein können, über die Einleitung und die Beendigung des Verfahrens informiert werden und sich bei der Bestellung des Schiedsgerichts und als Intervenienten am Verfahren beteiligen können.

Dritter Abschnitt: Organisation der Aktiengesellschaft

A. Die Generalversammlung

Art. 698

1 Oberstes Organ der Aktiengesellschaft ist die Generalversammlung der Aktionäre.

2 Ihr stehen folgende unübertragbare Befugnisse zu: 1. die Festsetzung und Änderung der Statuten; 2. die Wahl der Mitglieder des Verwaltungsrates und der Revisi- onsstelle; 3.

527 die Genehmigung des Lageberichts und der Konzernrechnung; 4. die Genehmigung der Jahresrechnung sowie die Beschlussfas- sung über die Verwendung des Bilanzgewinnes, insbesondere die Festsetzung der Dividende und der Tantieme; 5.

528 die Festsetzung der Zwischendividende und die Genehmigung des dafür erforderlichen Zwischenabschlusses;

528 6.

529 die Beschlussfassung über die Rückzahlung der gesetzlichen Kapitalreserve; 7.

530 die Entlastung der Mitglieder des Verwaltungsrats; 8.

531 die Dekotierung der Beteiligungspapiere der Gesellschaft; 9.

532 die Beschlussfassung über die Gegenstände, die der Generalver- sammlung durch das Gesetz oder die Statuten vorbehalten sind.

3 Bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, stehen ihr folgende weitere unübertragbare Befugnisse zu: 1. die Wahl des Präsidenten des Verwaltungsrats; 2. die Wahl der Mitglieder des Vergütungsausschusses; 3. die Wahl des unabhängigen Stimmrechtsvertreters; 4. die Abstimmung über die Vergütungen des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats.

534

Art. 699

1 Die Generalversammlung wird durch den Verwaltungsrat, nötigenfalls durch die Revisionsstelle einberufen. Das Einberufungsrecht steht auch den Liquidatoren und den Vertretern der Anleihensgläubiger zu.

2 Die ordentliche Generalversammlung findet jährlich innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres statt.

3 Aktionäre können die Einberufung einer Generalversammlung verlan- gen, sofern sie zusammen mindestens über eine der folgenden Beteili- gungen verfügen: 1. bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind: 5 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen; 2. bei anderen Gesellschaften: 10 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen.

4 Sie müssen die Einberufung schriftlich verlangen. Die Verhandlungs- gegenstände und Anträge müssen im Begehren enthalten sein.

5 Entspricht der Verwaltungsrat dem Begehren nicht innert angemesse- ner Frist, längstens aber innert 60 Tagen, so können die Gesuchsteller dem Gericht beantragen, die Einberufung anzuordnen.

Art. 699a

1 Mindestens 20 Tage vor der Generalversammlung sind den Aktionä- ren der Geschäftsbericht und die Revisionsberichte zugänglich zu ma- chen. Sofern die Unterlagen nicht elektronisch zugänglich sind, kann jeder Aktionär verlangen, dass ihm diese rechtzeitig zugestellt werden.

2 Sofern die Unterlagen nicht elektronisch zugänglich sind, kann jeder Aktionär während eines Jahres nach der Generalversammlung verlan- gen, dass ihm der Geschäftsbericht in der von der Generalversammlung genehmigten Form sowie die Revisionsberichte zugestellt werden.

Art. 699b

1 Aktionäre können die Traktandierung von Verhandlungsgegenständen verlangen, sofern sie zusammen mindestens über eine der folgenden Be- teiligungen verfügen: 1. in Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind: 0,5 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen; 2. in anderen Gesellschaften: 5 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen.

2 Unter den gleichen Voraussetzungen können die Aktionäre verlangen, dass Anträge zu Verhandlungsgegenständen in die Einberufung der Ge- neralversammlung aufgenommen werden.

3 Mit der Traktandierung oder den Anträgen können die Aktionäre eine kurze Begründung einreichen. Diese muss in die Einberufung der Ge- neralversammlung aufgenommen werden.

4 Entspricht der Verwaltungsrat einem Begehren nicht, so können die Gesuchsteller dem Gericht beantragen, die Traktandierung von Ver- handlungsgegenständen oder die Aufnahme von Anträgen und entspre- chenden Begründungen in die Einberufung der Generalversammlung anzuordnen.

5 In der Generalversammlung kann jeder Aktionär Anträge im Rahmen der Verhandlungsgegenstände stellen.

537

Art. 700

1 Der Verwaltungsrat teilt den Aktionären die Einberufung der General- versammlung mindestens 20 Tage vor dem Versammlungstag mit.

2 In der Einberufung sind bekanntzugeben: 1. das Datum, der Beginn, die Art und der Ort der Generalver- sammlung; 2. die Verhandlungsgegenstände; 3. die Anträge des Verwaltungsrats und bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, eine kurze Begründung die- ser Anträge; 4. gegebenenfalls die Anträge der Aktionäre samt kurzer Begrün- dung; 5. gegebenenfalls der Name und die Adresse des unabhängigen Stimmrechtsvertreters.

3 Der Verwaltungsrat stellt sicher, dass die Verhandlungsgegenstände die Einheit der Materie wahren, und legt der Generalversammlung alle Informationen vor, die für ihre Beschlussfassung notwendig sind.

4 Er darf die Verhandlungsgegenstände in der Einberufung summarisch darstellen, sofern er den Aktionären weiterführende Informationen auf anderem Weg zugänglich macht.

Art. 701

1 Die Eigentümer oder Vertreter sämtlicher Aktien können, falls kein Widerspruch erhoben wird, eine Generalversammlung ohne Einhaltung der für die Einberufung geltenden Vorschriften abhalten.

2 In dieser Versammlung kann über alle in den Geschäftskreis der Generalversammlung fallenden Gegenstände gültig verhandelt und Beschluss gefasst werden, solange die Eigentümer oder Vertreter sämt- licher Aktien daran teilnehmen.

3 Eine Generalversammlung kann ebenfalls ohne Einhaltung der für die Einberufung geltenden Vorschriften abgehalten werden, wenn die Be- schlüsse auf schriftlichem Weg auf Papier oder in elektronischer Form erfolgen, sofern nicht ein Aktionär oder dessen Vertreter die mündliche Beratung verlangt.

539

Art. 701a

1 Der Verwaltungsrat bestimmt den Tagungsort der Generalversamm- lung.

2 Durch die Festlegung des Tagungsortes darf für keinen Aktionär die Ausübung seiner Rechte im Zusammenhang mit der Generalversamm- lung in unsachlicher Weise erschwert werden.

3 Die Generalversammlung kann an verschiedenen Orten gleichzeitig durchgeführt werden. Die Voten der Teilnehmer müssen in diesem Fall unmittelbar in Bild und Ton an sämtliche Tagungsorte übertragen wer- den.

Art. 701b

1 Die Generalversammlung kann im Ausland durchgeführt werden, wenn die Statuten dies vorsehen und der Verwaltungsrat in der Einbe- rufung einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnet.

2 Bei Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, kann der Verwaltungsrat auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichten, sofern alle Aktionäre damit einver- standen sind.

Art. 701c

542 Der Verwaltungsrat kann vorsehen, dass Aktionäre, die nicht am Ort der Generalversammlung anwesend sind, ihre Rechte auf elektronischem Weg ausüben können. Art 701d

1 Eine Generalversammlung kann mit elektronischen Mitteln ohne Tagungsort durchgeführt werden, wenn die Statuten dies vorsehen und der Verwaltungsrat in der Einberufung einen unabhängigen Stimm- rechtsvertreter bezeichnet.

2 Bei Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, können die Statuten vorsehen, dass auf die Bezeichnung eines unabhän- gigen Stimmrechtsvertreters verzichtet werden kann.

543

Art. 701e

1 Der Verwaltungsrat regelt die Verwendung elektronischer Mittel.

2 Er stellt sicher, dass: 1. die Identität der Teilnehmer feststeht; 2. die Voten in der Generalversammlung unmittelbar übertragen werden; 3. jeder Teilnehmer Anträge stellen und sich an der Diskussion be- teiligen kann; 4. das Abstimmungsergebnis nicht verfälscht werden kann.

Art. 701f

1 Treten während der Generalversammlung technische Probleme auf, sodass die Generalversammlung nicht ordnungsgemäss durchgeführt werden kann, so muss sie wiederholt werden.

2 Beschlüsse, welche die Generalversammlung vor dem Auftreten der technischen Probleme gefasst hat, bleiben gültig.

Art. 702

1 Der Verwaltungsrat trifft die für die Feststellung der Stimmrechte er- forderlichen Anordnungen.

2 Er sorgt für die Führung des Protokolls. Dieses hält fest: 1. das Datum, den Beginn und das Ende sowie die Art und den Ort der Generalversammlung; 2. die Anzahl, die Art, den Nennwert und die Kategorie der vertre- tenen Aktien, unter Angabe der Aktien, die vom unabhängigen Stimmrechtsvertreter, von den Organstimmrechtsvertretern oder von Depotvertretern vertreten werden; 3. die Beschlüsse und die Wahlergebnisse; 4. die in der Generalversammlung gestellten Begehren um Aus- kunft und die darauf erteilten Antworten; 5. die von den Aktionären zu Protokoll gegebenen Erklärungen; 6. relevante technische Probleme, die bei der Durchführung der Generalversammlung auftreten.

3 Das Protokoll muss vom Protokollführer und vom Vorsitzenden der Generalversammlung unterzeichnet werden.

4 Jeder Aktionär kann verlangen, dass ihm das Protokoll innerhalb von 30 Tagen nach der Generalversammlung zugänglich gemacht wird.

5 Bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, sind die Beschlüsse und die Wahlergebnisse unter Angabe der genauen Stimmenverhältnisse innerhalb von 15 Tagen nach der Generalver- sammlung auf elektronischem Weg zugänglich zu machen.

550

Art. 702a

1 Nehmen die Mitglieder des Verwaltungsrats oder der Geschäftsleitung an der Generalversammlung teil, so dürfen sie sich zu jedem Verhand- lungsgegenstand äussern.

2 Der Verwaltungsrat kann zu jedem Verhandlungsgegenstand Anträge stellen.

Art. 703

1 Die Generalversammlung fasst ihre Beschlüsse und vollzieht ihre Wahlen, soweit das Gesetz oder die Statuten es nicht anders bestimmen, mit der Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen.

2 Die Statuten können für den Fall von Stimmengleichheit vorsehen, dass der Vorsitzende den Stichentscheid hat

Art. 704

1 Ein Beschluss der Generalversammlung, der mindestens zwei Drittel der vertretenen Stimmen und die Mehrheit der vertretenen Aktiennenn- werte auf sich vereinigt, ist erforderlich für: 1. die Änderung des Gesellschaftszwecks; 2. die Zusammenlegung von Aktien, soweit dafür nicht die Zu- stimmung aller betroffenen Aktionäre erforderlich ist;

553 3. die Kapitalerhöhung aus Eigenkapital, gegen Sacheinlagen oder durch Verrechnung mit einer Forderung und die Gewährung von besonderen Vorteilen; 4. die Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechts; 5. die Einführung eines bedingten Kapitals, die Einführung eines Kapitalbands oder die Schaffung von Vorratskapital gemäss Ar- tikel 12 des Bankengesetzes vom 8. November 1934

554 6. die Umwandlung von Partizipationsscheinen in Aktien; 7. die Beschränkung der Übertragbarkeit von Namenaktien; 8. die Einführung von Stimmrechtsaktien; 9. den Wechsel der Währung des Aktienkapitals; 10. die Einführung des Stichentscheids des Vorsitzenden in der Ge- neralversammlung; 11. eine Statutenbestimmung zur Durchführung der Generalver- sammlung im Ausland; 12. die Dekotierung der Beteiligungspapiere der Gesellschaft; 13. die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft; 14. die Einführung einer statutarischen Schiedsklausel; 15. der Verzicht auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimm- rechtsvertreters für die Durchführung einer virtuellen General- versammlung bei Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind; 16. die Auflösung der Gesellschaft.

2 Statutenbestimmungen, die für die Fassung bestimmter Beschlüsse grössere Mehrheiten als die vom Gesetz vorgeschriebenen festlegen, können nur mit dem vorgesehenen Mehr eingeführt, geändert oder auf- gehoben werden.

3 Namenaktionäre, die einem Beschluss über die Zweckänderung oder die Einführung von Stimmrechtsaktien nicht zugestimmt haben, sind während sechs Monaten nach dessen Veröffentlichung im Schweizeri- schen Handelsamtsblatt an statutarische Beschränkungen der Übertrag- barkeit der Aktien nicht gebunden.

556

Art. 704a

557 Der Beschluss der Generalversammlung über die Umwandlung von In- haberaktien in Namenaktien kann mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Die Statuten dürfen die Umwandlung nicht erschweren.

Art. 704b

558 Über Anträge zu nicht gehörig angekündigten Verhandlungsgegenstän- den können keine Beschlüsse gefasst werden; ausgenommen sind An- träge auf Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung, auf Durchführung einer Sonderuntersuchung und auf Wahl einer Revi- sionsstelle.

Art. 705

1 Die Generalversammlung kann alle Personen, die sie gewählt hat, ab- berufen.

2 Entschädigungsansprüche der Abberufenen bleiben vorbehalten.

Art. 706

1 Der Verwaltungsrat und jeder Aktionär können Beschlüsse der Gene- ralversammlung, die gegen das Gesetz oder die Statuten verstossen, beim Gericht mit Klage gegen die Gesellschaft anfechten.

2 Anfechtbar sind insbesondere Beschlüsse, die: 1. unter Verletzung von Gesetz oder Statuten Rechte von Aktionä- ren entziehen oder beschränken; 2. in unsachlicher Weise Rechte von Aktionären entziehen oder beschränken; 3. eine durch den Gesellschaftszweck nicht gerechtfertigte Un- gleichbehandlung oder Benachteiligung der Aktionäre bewir- ken;

561 4. die Gewinnstrebigkeit der Gesellschaft ohne Zustimmung sämt- licher Aktionäre aufheben.

5 Das Urteil, das einen Beschluss der Generalversammlung aufhebt, wirkt für und gegen alle Aktionäre.

Art. 706a

1 Das Anfechtungsrecht erlischt, wenn die Klage nicht spätestens zwei Monate nach der Generalversammlung angehoben wird.

2 Ist der Verwaltungsrat Kläger, so bestellt das Gericht einen Vertreter für die Gesellschaft.

565

Art. 706b

566 Nichtig sind insbesondere Beschlüsse der Generalversammlung, die: 1. das Recht auf Teilnahme an der Generalversammlung, das Min- deststimmrecht, die Klagerechte oder andere vom Gesetz zwin- gend gewährte Rechte des Aktionärs entziehen oder beschrän- ken; 2. Kontrollrechte von Aktionären über das gesetzlich zulässige Mass hinaus beschränken oder 3. die Grundstrukturen der Aktiengesellschaft missachten oder die Bestimmungen zum Kapitalschutz verletzen.

567 B. Der Verwaltungsrat

568

Art. 707

1 Der Verwaltungsrat der Gesellschaft besteht aus einem oder mehreren Mitgliedern.

3 Ist an der Gesellschaft eine juristische Person oder eine Handelsgesell- schaft beteiligt, so ist sie als solche nicht als Mitglied des Verwaltungs- rates wählbar; dagegen können an ihrer Stelle ihre Vertreter gewählt werden.

Art. 708

572

Art. 709

1 Bestehen in Bezug auf das Stimmrecht oder die vermögensrechtlichen Ansprüche mehrere Kategorien von Aktien, so ist durch die Statuten den Aktionären jeder Kategorie die Wahl wenigstens eines Vertreters im Verwaltungsrat zu sichern.

2 Die Statuten können besondere Bestimmungen zum Schutz von Min- derheiten oder einzelnen Gruppen von Aktionären vorsehen.

Art. 710

1 Die Amtsdauer der Mitglieder des Verwaltungsrats von Gesellschaf- ten, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, endet spätestens mit dem Abschluss der nächsten ordentlichen Generalversammlung. Die Mit- glieder werden einzeln gewählt.

2 Bei Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, be- trägt die Amtsdauer drei Jahre, sofern die Statuten nichts anderes be- stimmen; die Amtsdauer darf jedoch sechs Jahre nicht übersteigen. Die Mitglieder werden einzeln gewählt, es sei denn, die Statuten sehen es anders vor oder der Vorsitzende der Generalversammlung ordnet es mit Zustimmung aller vertretenen Aktionäre anders an.

3 Wiederwahl ist möglich.

Art. 711

576

Art. 712

1 Bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, wählt die Generalversammlung eines der Mitglieder des Verwaltungsrats zum Präsidenten. Dessen Amtsdauer endet spätestens mit dem Abschluss der nächsten ordentlichen Generalversammlung.

2 Bei Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, wählt der Verwaltungsrat eines seiner Mitglieder zum Präsidenten. Die Statuten können bestimmen, dass der Präsident durch die Generalver- sammlung gewählt wird.

3 Wiederwahl ist möglich.

4 Ist das Amt des Präsidenten vakant, so ernennt der Verwaltungsrat für die verbleibende Amtsdauer einen neuen Präsidenten. Die Statuten können andere Regeln zur Behebung dieses Organisationsmangels vor- sehen.

Art. 713

1 Die Beschlüsse des Verwaltungsrates werden mit der Mehrheit der ab- gegebenen Stimmen gefasst. Der Vorsitzende hat den Stichentscheid, sofern die Statuten nichts anderes vorsehen.

2 Der Verwaltungsrat kann seine Beschlüsse fassen: 1. an einer Sitzung mit Tagungsort; 2. unter Verwendung elektronischer Mittel, in sinngemässer An- wendung der Artikel 701c–701e; 3. auf schriftlichem Weg auf Papier oder in elektronischer Form, sofern nicht ein Mitglied die mündliche Beratung verlangt. Im

578 Fall der Beschlussfassung auf elektronischem Weg ist keine Unterschrift erforderlich; vorbehalten bleibt eine anderslau- tende, schriftliche Festlegung des Verwaltungsrats.

3 Über die Verhandlungen und Beschlüsse ist ein Protokoll zu führen; dieses wird vom Vorsitzenden und vom Protokollführer unterzeich- net.

580

Art. 714

581 Für die Beschlüsse des Verwaltungsrates gelten sinngemäss die glei- chen Nichtigkeitsgründe wie für die Beschlüsse der Generalversamm- lung.

Art. 715

582 Jedes Mitglied des Verwaltungsrates kann unter Angabe der Gründe vom Präsidenten die unverzügliche Einberufung einer Sitzung verlan- gen.

Art. 715a

1 Jedes Mitglied des Verwaltungsrates kann Auskunft über alle Angele- genheiten der Gesellschaft verlangen.

2 In den Sitzungen sind alle Mitglieder des Verwaltungsrates sowie die mit der Geschäftsführung betrauten Personen zur Auskunft verpflichtet.

3 Ausserhalb der Sitzungen kann jedes Mitglied von den mit der Ge- schäftsführung betrauten Personen Auskunft über den Geschäftsgang und, mit Ermächtigung des Präsidenten, auch über einzelne Geschäfte verlangen.

4 Soweit es für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich ist, kann jedes Mitglied dem Präsidenten beantragen, dass ihm Bücher und Akten vor- gelegt werden.

5 Weist der Präsident ein Gesuch auf Auskunft, Anhörung oder Einsicht ab, so entscheidet der Verwaltungsrat.

6 Regelungen oder Beschlüsse des Verwaltungsrates, die das Recht auf Auskunft und Einsichtnahme der Verwaltungsräte erweitern, bleiben vorbehalten.

Art. 716

1 Der Verwaltungsrat kann in allen Angelegenheiten Beschluss fassen, die nicht nach Gesetz oder Statuten der Generalversammlung zugeteilt sind.

2 Der Verwaltungsrat führt die Geschäfte der Gesellschaft, soweit er die Geschäftsführung nicht übertragen hat.

Art. 716a

1 Der Verwaltungsrat hat folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben: 1. die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen; 2. die Festlegung der Organisation; 3. die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist; 4. die Ernennung und Abberufung der mit der Geschäftsführung und der Vertretung betrauten Personen; 5. die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen; 6. die Erstellung des Geschäftsberichtes

586 sowie die Vorbereitung der Generalversammlung und die Ausführung ihrer Beschlüsse; 7.

587 die Einreichung eines Gesuchs um Nachlassstundung und die Benachrichtigung des Gerichts im Falle der Überschuldung; 8.

588 bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind: die Erstellung des Vergütungsberichts.

2 Der Verwaltungsrat kann die Vorbereitung und die Ausführung seiner Beschlüsse oder die Überwachung von Geschäften Ausschüssen oder

588 einzelnen Mitgliedern zuweisen. Er hat für eine angemessene Bericht- erstattung an seine Mitglieder zu sorgen.

Art. 716b

1 Sehen die Statuten nichts anderes vor, so kann der Verwaltungsrat die Geschäftsführung nach Massgabe eines Organisationsreglements ganz oder zum Teil einzelnen Mitgliedern oder Dritten übertragen (Ge- schäftsleitung).

2 Bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, kann die Geschäftsführung einzelnen Mitgliedern des Verwaltungsrats oder an- deren natürlichen Personen übertragen werden. Die Vermögensverwal- tung kann auch juristischen Personen übertragen werden.

3 Das Organisationsreglement ordnet die Geschäftsführung, bestimmt die hierfür erforderlichen Stellen, umschreibt deren Aufgaben und re- gelt insbesondere die Berichterstattung.

4 Der Verwaltungsrat orientiert Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger, die ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen, auf Anfrage hin schriftlich oder in elektronischer Form über die Organisation der Ge- schäftsführung.

5 Soweit die Geschäftsführung nicht übertragen worden ist, steht sie al- len Mitgliedern des Verwaltungsrates gesamthaft zu.

Art. 717

1 Die Mitglieder des Verwaltungsrates sowie Dritte, die mit der Ge- schäftsführung befasst sind, müssen ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt er- füllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren.

2 Sie haben die Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu be- handeln.

Art. 717a

1 Die Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung infor- mieren den Verwaltungsrat unverzüglich und vollständig über sie be- treffende Interessenkonflikte.

2 Der Verwaltungsrat ergreift die Massnahmen, die zur Wahrung der In- teressen der Gesellschaft nötig sind.

Art. 718

1 Der Verwaltungsrat vertritt die Gesellschaft nach aussen. Bestimmen die Statuten oder das Organisationsreglement nichts anderes, so steht die Vertretungsbefugnis jedem Mitglied einzeln zu.

2 Der Verwaltungsrat kann die Vertretung einem oder mehreren Mit- gliedern (Delegierte) oder Dritten (Direktoren) übertragen.

3 Mindestens ein Mitglied des Verwaltungsrates muss zur Vertretung befugt sein.

4 Die Gesellschaft muss durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese Person muss Mitglied des Verwal- tungsrates oder Direktor sein. Sie muss Zugang zum Aktienbuch sowie zum Verzeichnis nach Artikel 697l haben, soweit dieses Verzeichnis nicht von einem Finanzintermediär geführt wird.

594

Art. 718a

1 Die zur Vertretung befugten Personen können im Namen der Gesell- schaft alle Rechtshandlungen vornehmen, die der Zweck der Gesell- schaft mit sich bringen kann.

2 Eine Beschränkung dieser Vertretungsbefugnis hat gegenüber gut- gläubigen Dritten keine Wirkung; ausgenommen sind die im Handels- register eingetragenen Bestimmungen über die ausschliessliche Vertre- tung der Hauptniederlassung oder einer Zweigniederlassung oder über die gemeinsame Vertretung der Gesellschaft.

595

Art. 718b

596 Wird die Gesellschaft beim Abschluss eines Vertrages durch diejenige Person vertreten, mit der sie den Vertrag abschliesst, so muss der Ver- trag schriftlich abgefasst werden. Dieses Erfordernis gilt nicht für Ver- träge des laufenden Geschäfts, bei denen die Leistung der Gesellschaft den Wert von 1000 Franken nicht übersteigt.

Art. 719

Die zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen haben in der Weise zu zeichnen, dass sie der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift beifügen.

Art. 720

598

Art. 721

599 Der Verwaltungsrat kann Prokuristen und andere Bevollmächtigte er- nennen.

Art. 722

601 Die Gesellschaft haftet für den Schaden aus unerlaubten Handlungen, die eine zur Geschäftsführung oder zur Vertretung befugte Person in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtungen begeht.

Art. 723–724

603

Art. 725

1 Der Verwaltungsrat überwacht die Zahlungsfähigkeit der Gesell- schaft.

2 Droht die Gesellschaft zahlungsunfähig zu werden, so ergreift der Ver- waltungsrat Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit. Er trifft, soweit erforderlich, weitere Massnahmen zur Sanierung der Ge- sellschaft oder beantragt der Generalversammlung solche, soweit sie in deren Zuständigkeit fallen. Er reicht nötigenfalls ein Gesuch um Nach- lassstundung ein.

3 Der Verwaltungsrat handelt mit der gebotenen Eile.

Art. 725a

1 Zeigt die letzte Jahresrechnung, dass die Aktiven abzüglich der Ver- bindlichkeiten die Hälfte der Summe aus Aktienkapital, nicht an die Ak- tionäre zurückzahlbarer gesetzlicher Kapitalreserve und gesetzlicher Gewinnreserve nicht mehr decken, so ergreift der Verwaltungsrat Mas- snahmen zur Beseitigung des Kapitalverlusts. Er trifft, soweit erforder- lich, weitere Massnahmen zur Sanierung der Gesellschaft oder beantragt der Generalversammlung solche, soweit sie in deren Zuständigkeit fal- len.

2 Hat die Gesellschaft keine Revisionsstelle, so muss die letzte Jahres- rechnung vor ihrer Genehmigung durch die Generalversammlung über- dies einer eingeschränkten Revision durch einen zugelassenen Revisor unterzogen werden. Der Verwaltungsrat ernennt den zugelassenen Re- visor.

3 Die Revisionspflicht nach Absatz 2 entfällt, wenn der Verwaltungsrat ein Gesuch um Nachlassstundung einreicht.

4 Der Verwaltungsrat und die Revisionsstelle oder der zugelassene Re- visor handeln mit der gebotenen Eile.

Art. 725b

1 Besteht begründete Besorgnis, dass die Verbindlichkeiten der Gesell- schaft nicht mehr durch die Aktiven gedeckt sind, so erstellt der Ver- waltungsrat unverzüglich je einen Zwischenabschluss zu Fortführungs- werten und Veräusserungswerten. Auf den Zwischenabschluss zu Veräusserungswerten kann verzichtet werden, wenn die Annahme der

606 Fortführung gegeben ist und der Zwischenabschluss zu Fortführungs- werten keine Überschuldung aufweist. Ist die Annahme der Fortführung nicht gegeben, so genügt ein Zwischenabschluss zu Veräusserungswer- ten.

2 Der Verwaltungsrat lässt die Zwischenabschlüsse durch die Revisi- onsstelle oder, wenn eine solche fehlt, durch einen zugelassenen Revi- sor prüfen; er ernennt den zugelassenen Revisor.

3 Ist die Gesellschaft gemäss den beiden Zwischenabschlüssen über- schuldet, so benachrichtigt der Verwaltungsrat das Gericht. Dieses er- öffnet den Konkurs oder verfährt nach Artikel 173a des Bundesgesetzes vom 11. April 1889

607 über Schuldbetreibung und Konkurs.

4 Die Benachrichtigung des Gerichts kann unterbleiben: 1. wenn Gesellschaftsgläubiger im Ausmass der Überschuldung im Rang hinter alle anderen Gläubiger zurücktreten und ihre Forderungen stunden, sofern der Rangrücktritt den geschulde- ten Betrag und die Zinsforderungen während der Dauer der Überschuldung umfasst; oder 2. solange begründete Aussicht besteht, dass die Überschuldung innert angemessener Frist, spätestens aber 90 Tage nach Vorlie- gen der geprüften Zwischenabschlüssen, behoben werden kann und dass die Forderungen der Gläubiger nicht zusätzlich gefähr- det werden

5 Verfügt die Gesellschaft über keine Revisionsstelle, so obliegen dem zugelassenen Revisor die Anzeigepflichten der eingeschränkt prüfenden Revisionsstelle.

6 Der Verwaltungsrat und die Revisionsstelle oder der zugelassene Re- visor handeln mit der gebotenen Eile.

Art. 725c

1 Zur Behebung eines Kapitalverlusts nach Artikel 725a oder einer Überschuldung nach Artikel 725b dürfen Grundstücke und Beteiligun- gen, deren wirklicher Wert über die Anschaffungs- oder Herstellungs- kosten gestiegen ist, bis höchstens zu diesem Wert aufgewertet werden. Der Aufwertungsbetrag ist unter der gesetzlichen Gewinnreserve geson- dert als Aufwertungsreserve auszuweisen.

2 Die Aufwertung ist nur zulässig, wenn die Revisionsstelle oder, wenn eine solche fehlt, ein zugelassener Revisor schriftlich bestätigt, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten sind.

3 Die Aufwertungsreserve kann nur durch Umwandlung in Aktien- oder Partizipationskapital sowie durch Wertberichtigung oder Veräusserung der aufgewerteten Aktiven aufgelöst werden.

Art. 726

1 Der Verwaltungsrat kann die von ihm bestellten Ausschüsse, Dele- gierten, Direktoren und andern Bevollmächtigten und Beauftragten je- derzeit abberufen.

2 Die von der Generalversammlung bestellten Bevollmächtigten und Beauftragten können vom Verwaltungsrat jederzeit in ihren Funktionen eingestellt werden, unter sofortiger Einberufung einer Generalver- sammlung.

3 Entschädigungsansprüche der Abberufenen oder in ihren Funktionen Eingestellten bleiben vorbehalten. C.

610 Revisionsstelle

Art. 727

1 Folgende Gesellschaften müssen ihre Jahresrechnung und gegebenen- falls ihre Konzernrechnung durch eine Revisionsstelle ordentlich prüfen lassen: 1. Publikumsgesellschaften; als solche gelten Gesellschaften, die: a. Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert haben, b. Anleihensobligationen ausstehend haben, c. mindestens 20 Prozent der Aktiven oder des Umsatzes zur Konzernrechnung einer Gesellschaft nach Buchstabe a oder b beitragen; 2.

611 Gesellschaften, die zwei der nachstehenden Grössen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschreiten: a. Bilanzsumme von 20 Millionen Franken, b. Umsatzerlös von 40 Millionen Franken, c. 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt; 3. Gesellschaften, die zur Erstellung einer Konzernrechnung ver- pflichtet sind.

611 Erfolgt die Rechnungslegung nicht in Franken, so ist zur Festlegung der Werte gemäss Absatz 1 Ziffer 2 für die Bilanzsumme der Umrech- nungskurs zum Bilanzstichtag und für den Umsatzerlös der Jahres- durchschnittskurs massgebend.

2 Eine ordentliche Revision muss auch dann vorgenommen werden, wenn Aktionäre, die zusammen mindestens 10 Prozent des Aktienkapi- tals vertreten, dies verlangen.

3 Verlangt das Gesetz keine ordentliche Revision der Jahresrechnung, so können die Statuten vorsehen oder kann die Generalversammlung beschliessen, dass die Jahresrechnung ordentlich geprüft wird.

Art. 727a

1 Sind die Voraussetzungen für eine ordentliche Revision nicht gege- ben, so muss die Gesellschaft ihre Jahresrechnung durch eine Revisi- onsstelle eingeschränkt prüfen lassen.

2 Mit der Zustimmung sämtlicher Aktionäre kann auf die einge- schränkte Revision verzichtet werden, wenn die Gesellschaft nicht mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt hat. Der Verzicht gilt nur für künftige Geschäftsjahre und muss vor Beginn des Geschäftsjahres beim Handelsregisteramt angemeldet werden.

613 Der Anmeldung des Verzichts im Handelsregister muss die Jahres- rechnung des zuletzt abgelaufenen Geschäftsjahres beigelegt werden.

3 Der Verwaltungsrat kann die Aktionäre schriftlich um Zustimmung ersuchen. Er kann für die Beantwortung eine Frist von mindestens 20 Tagen ansetzen und darauf hinweisen, dass das Ausbleiben einer Antwort als Zustimmung gilt.

4 Haben die Aktionäre auf eine eingeschränkte Revision verzichtet, so gilt dieser Verzicht auch für die nachfolgenden Jahre. Jeder Aktionär hat jedoch das Recht, spätestens zehn Tage vor der Generalversamm- lung eine eingeschränkte Revision zu verlangen. Die Generalversamm- lung muss diesfalls die Revisionsstelle wählen.

5 Soweit erforderlich passt der Verwaltungsrat die Statuten an und mel- det dem Handelsregister die Löschung oder die Eintragung der Revisi- onsstelle an.

614

Art. 727b

1 Publikumsgesellschaften müssen als Revisionsstelle ein staatlich be- aufsichtigtes Revisionsunternehmen nach den Vorschriften des Revisi- onsaufsichtsgesetzes vom 16. Dezember 2005

615 bezeichnen. Sie müs- sen Prüfungen, die nach den gesetzlichen Vorschriften durch einen zu- gelassenen Revisor oder einen zugelassenen Revisionsexperten vorzu- nehmen sind, ebenfalls von einem staatlich beaufsichtigten Revisions- unternehmen durchführen lassen.

2 Die übrigen Gesellschaften, die zur ordentlichen Revision verpflichtet sind, müssen als Revisionsstelle einen zugelassenen Revisionsexperten nach den Vorschriften des Revisionsaufsichtsgesetzes vom 16. Dezem- ber 2005 bezeichnen. Sie müssen Prüfungen, die nach den gesetzlichen Vorschriften durch einen zugelassenen Revisor vorzunehmen sind, ebenfalls von einem zugelassenen Revisionsexperten durchführen las- sen.

Art. 727c

Die Gesellschaften, die zur eingeschränkten Revision verpflichtet sind, müssen als Revisionsstelle einen zugelassenen Revisor nach den Vor- schriften des Revisionsaufsichtsgesetzes vom 16. Dezember 2005

616 bezeichnen.

Art. 728

1 Die Revisionsstelle muss unabhängig sein und sich ihr Prüfungsurteil objektiv bilden. Die Unabhängigkeit darf weder tatsächlich noch dem Anschein nach beeinträchtigt sein.

2 Mit der Unabhängigkeit nicht vereinbar ist insbesondere: 1. die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat, eine andere Entscheid- funktion in der Gesellschaft oder ein arbeitsrechtliches Verhält- nis zu ihr; 2. eine direkte oder bedeutende indirekte Beteiligung am Aktien- kapital oder eine wesentliche Forderung oder Schuld gegenüber der Gesellschaft; 3. eine enge Beziehung des leitenden Prüfers zu einem Mitglied des Verwaltungsrats, zu einer anderen Person mit Entscheid- funktion oder zu einem bedeutenden Aktionär; 4. das Mitwirken bei der Buchführung sowie das Erbringen ande- rer Dienstleistungen, durch die das Risiko entsteht, als Revisi- onsstelle eigene Arbeiten überprüfen zu müssen;

616 5. die Übernahme eines Auftrags, der zur wirtschaftlichen Abhän- gigkeit führt; 6. der Abschluss eines Vertrags zu nicht marktkonformen Bedin- gungen oder eines Vertrags, der ein Interesse der Revisionsstelle am Prüfergebnis begründet; 7. die Annahme von wertvollen Geschenken oder von besonderen Vorteilen.

3 Die Bestimmungen über die Unabhängigkeit gelten für alle an der Re- vision beteiligten Personen. Ist die Revisionsstelle eine Personengesell- schaft oder eine juristische Person, so gelten die Bestimmungen über die Unabhängigkeit auch für die Mitglieder des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans und für andere Personen mit Entscheidfunktion.

4 Arbeitnehmer der Revisionsstelle, die nicht an der Revision beteiligt sind, dürfen in der zu prüfenden Gesellschaft weder Mitglied des Ver- waltungsrates sein noch eine andere Entscheidfunktion ausüben.

5 Die Unabhängigkeit ist auch dann nicht gegeben, wenn Personen die Unabhängigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllen, die der Revisions- stelle, den an der Revision beteiligten Personen, den Mitgliedern des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans oder anderen Personen mit Entscheidfunktion nahe stehen.

6 Die Bestimmungen über die Unabhängigkeit erfassen auch Unterneh- men, die durch die Gesellschaft oder die Revisionsstelle kontrolliert werden oder die Gesellschaft oder die Revisionsstelle kontrollieren.

617

Art. 728a

1 Die Revisionsstelle prüft, ob: 1. die Jahresrechnung und gegebenenfalls die Konzernrechnung den gesetzlichen Vorschriften, den Statuten und dem gewählten Regelwerk entsprechen; 2. der Antrag des Verwaltungsrats an die Generalversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinnes den gesetzlichen Vorschriften und den Statuten entspricht; 3. ein internes Kontrollsystem existiert; 4.

618 bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, der Vergütungsbericht den gesetzlichen Vorschriften und den Sta- tuten entspricht.

2 Die Revisionsstelle berücksichtigt bei der Durchführung und bei der Festlegung des Umfangs der Prüfung das interne Kontrollsystem.

3 Die Geschäftsführung des Verwaltungsrats ist nicht Gegenstand der Prüfung durch die Revisionsstelle.

Art. 728b

1 Die Revisionsstelle erstattet dem Verwaltungsrat einen umfassenden Bericht mit Feststellungen über die Rechnungslegung, das interne Kon- trollsystem sowie die Durchführung und das Ergebnis der Revision.

2 Die Revisionsstelle erstattet der Generalversammlung schriftlich einen zusammenfassenden Bericht über das Ergebnis der Revision. Dieser Bericht enthält: 1. eine Stellungnahme zum Ergebnis der Prüfung; 2. Angaben zur Unabhängigkeit; 3. Angaben zu der Person, welche die Revision geleitet hat, und zu deren fachlicher Befähigung; 4. eine Empfehlung, ob die Jahresrechnung und die Konzernrech- nung mit oder ohne Einschränkung zu genehmigen oder zurück- zuweisen ist.

3 Beide Berichte müssen von der Person unterzeichnet werden, die die Revision geleitet hat.

Art. 728c

1 Stellt die Revisionsstelle Verstösse gegen das Gesetz, die Statuten oder das Organisationsreglement fest, so meldet sie dies schriftlich dem Verwaltungsrat.

2 Zudem informiert sie die Generalversammlung über Verstösse gegen das Gesetz oder die Statuten, wenn: 1. diese wesentlich sind; oder 2. der Verwaltungsrat auf Grund der schriftlichen Meldung der Revisionsstelle keine angemessenen Massnahmen ergreift.

3 Ist die Gesellschaft offensichtlich überschuldet und unterlässt der Verwaltungsrat die Anzeige, so benachrichtigt die Revisionsstelle das Gericht.

Art. 729

1 Die Revisionsstelle muss unabhängig sein und sich ihr Prüfungsurteil objektiv bilden. Die Unabhängigkeit darf weder tatsächlich noch dem Anschein nach beeinträchtigt sein.

2 Das Mitwirken bei der Buchführung und das Erbringen anderer Dienstleistungen für die zu prüfende Gesellschaft sind zulässig. Sofern das Risiko der Überprüfung eigener Arbeiten entsteht, muss durch ge- eignete organisatorische und personelle Massnahmen eine verlässliche Prüfung sichergestellt werden.

Art. 729a

1 Die Revisionsstelle prüft, ob Sachverhalte vorliegen, aus denen zu schliessen ist, dass: 1. die Jahresrechnung nicht den gesetzlichen Vorschriften und den Statuten entspricht; 2. der Antrag des Verwaltungsrats an die Generalversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinnes nicht den gesetzli- chen Vorschriften und den Statuten entspricht.

2 Die Prüfung beschränkt sich auf Befragungen, analytische Prüfungs- handlungen und angemessene Detailprüfungen.

3 Die Geschäftsführung des Verwaltungsrats ist nicht Gegenstand der Prüfung durch die Revisionsstelle.

Art. 729b

1 Die Revisionsstelle erstattet der Generalversammlung schriftlich einen zusammenfassenden Bericht über das Ergebnis der Revision. Dieser Be- richt enthält: 1. einen Hinweis auf die eingeschränkte Natur der Revision; 2. eine Stellungnahme zum Ergebnis der Prüfung; 3. Angaben zur Unabhängigkeit und gegebenenfalls zum Mitwir- ken bei der Buchführung und zu anderen Dienstleistungen, die für die zu prüfende Gesellschaft erbracht wurden; 4. Angaben zur Person, welche die Revision geleitet hat, und zu deren fachlicher Befähigung.

2 Der Bericht muss von der Person unterzeichnet werden, die die Revi- sion geleitet hat.

Art. 729c

Ist die Gesellschaft offensichtlich überschuldet und unterlässt der Ver- waltungsrat die Anzeige, so benachrichtigt die Revisionsstelle das Gericht.

Art. 730

1 Die Generalversammlung wählt die Revisionsstelle.

2 Als Revisionsstelle können eine oder mehrere natürliche oder juristi- sche Personen oder Personengesellschaften gewählt werden.

3 Finanzkontrollen der öffentlichen Hand oder deren Mitarbeiter können als Revisionsstelle gewählt werden, wenn sie die Anforderungen dieses Gesetzes erfüllen. Die Vorschriften über die Unabhängigkeit gelten sinngemäss.

4 Wenigstens ein Mitglied der Revisionsstelle muss seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine eingetragene Zweigniederlassung in der Schweiz haben.

Art. 730a

1 Die Revisionsstelle wird für ein bis drei Geschäftsjahre gewählt. Ihr Amt endet mit der Abnahme der letzten Jahresrechnung. Eine Wieder- wahl ist möglich.

2 Bei der ordentlichen Revision darf die Person, die die Revision leitet, das Mandat längstens während sieben Jahren ausführen. Sie darf das gleiche Mandat erst nach einem Unterbruch von drei Jahren wieder auf- nehmen.

3 Tritt eine Revisionsstelle zurück, so hat sie den Verwaltungsrat über die Gründe zu informieren; dieser teilt sie der nächsten Generalver- sammlung mit.

4 Die Generalversammlung kann die Revisionsstelle nur aus wichtigen Gründen abberufen.

620

Art. 730b

1 Der Verwaltungsrat übergibt der Revisionsstelle alle Unterlagen und erteilt ihr die Auskünfte, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benö- tigt, auf Verlangen auch schriftlich.

2 Die Revisionsstelle wahrt das Geheimnis über ihre Feststellungen, so- weit sie nicht von Gesetzes wegen zur Bekanntgabe verpflichtet ist. Sie wahrt bei der Berichterstattung, bei der Erstattung von Anzeigen und bei der Auskunftserteilung an die Generalversammlung die Geschäfts- geheimnisse der Gesellschaft.

Art. 730c

1 Die Revisionsstelle muss sämtliche Revisionsdienstleistungen doku- mentieren und Revisionsberichte sowie alle wesentlichen Unterlagen

620 mindestens während zehn Jahren aufbewahren. Elektronische Daten müssen während der gleichen Zeitperiode wieder lesbar gemacht wer- den können.

2 Die Unterlagen müssen es ermöglichen, die Einhaltung der gesetzli- chen Vorschriften in effizienter Weise zu prüfen.

Art. 731

1 Bei Gesellschaften, die verpflichtet sind, ihre Jahresrechnung und ge- gebenenfalls ihre Konzernrechnung durch eine Revisionsstelle prüfen zu lassen, muss der Revisionsbericht vorliegen, bevor die Generalver- sammlung die Jahresrechnung und die Konzernrechnung genehmigt und über die Verwendung des Bilanzgewinns beschliesst.

2 Wird eine ordentliche Revision durchgeführt, so muss die Revisions- stelle an der Generalversammlung anwesend sein. Die Generalver- sammlung kann durch einstimmigen Beschluss auf die Anwesenheit der Revisionsstelle verzichten.

3 Liegt der erforderliche Revisionsbericht nicht vor, so sind die Be- schlüsse zur Genehmigung der Jahresrechnung und der Konzernrech- nung sowie zur Verwendung des Bilanzgewinnes nichtig. Werden die Bestimmungen über die Anwesenheit der Revisionsstelle missachtet, so sind diese Beschlüsse anfechtbar.

Art. 731a

1 Die Statuten und die Generalversammlung können die Organisation der Revisionsstelle eingehender regeln und deren Aufgaben erweitern.

2 Der Revisionsstelle dürfen weder Aufgaben des Verwaltungsrates, noch Aufgaben, die ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen, zugeteilt werden.

3 Die Generalversammlung kann zur Prüfung der Geschäftsführung oder einzelner Teile Sachverständige ernennen. D.

621 Mängel in der Organisation der Gesellschaft

Art. 731b

1 Ein Aktionär oder ein Gläubiger kann dem Gericht bei folgenden Män- geln in der Organisation der Gesellschaft beantragen, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen: 1. Der Gesellschaft fehlt eines der vorgeschriebenen Organe.

621 2. Ein vorgeschriebenes Organ der Gesellschaft ist nicht richtig zusammengesetzt. 3. Die Gesellschaft führt das Aktienbuch oder das Verzeichnis über die ihr gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen nicht vorschriftsgemäss. 4. Die Gesellschaft hat Inhaberaktien ausgegeben, ohne dass sie Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert hat oder die Inhaber- aktien als Bucheffekten ausgestaltet sind. 5. Die Gesellschaft hat an ihrem Sitz kein Rechtsdomizil mehr. Das Gericht kann insbesondere: 1. der Gesellschaft unter Androhung ihrer Auflösung eine Frist an- setzen, binnen deren der rechtmässige Zustand wiederherzustel- len ist; 2. das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen; 3. die Gesellschaft auflösen und ihre Liquidation nach den Vor- schriften über den Konkurs anordnen.

2 Ernennt das Gericht das fehlende Organ oder einen Sachwalter, so be- stimmt es die Dauer, für die die Ernennung gültig ist. Es verpflichtet die Gesellschaft, die Kosten zu tragen und den ernannten Personen einen Vorschuss zu leisten.

3 Liegt ein wichtiger Grund vor, so kann die Gesellschaft vom Gericht die Abberufung von Personen verlangen, die dieses eingesetzt hat.

4 Die zur Liquidation der Gesellschaft nach den Vorschriften über den Konkurs eingesetzten Liquidatoren haben, sobald sie eine Überschul- dung feststellen, das Gericht zu benachrichtigen; es eröffnet den Kon- kurs.

624

Vierter Abschnitt:

625 Vergütungen bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind

Art. 732

1 Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.

2 Andere Gesellschaften können in ihren Statuten vorsehen, dass sie die- sen Abschnitt teilweise oder vollständig anwenden.

Art. 732a Aufgehoben

Art. 733

1 Die Generalversammlung wählt die Mitglieder des Vergütungsaus- schusses einzeln

2 Wählbar sind nur Mitglieder des Verwaltungsrats

3 Die Amtsdauer endet mit dem Abschluss der nächsten ordentlichen Generalversammlung. Wiederwahl ist möglich.

4 Ist der Vergütungsausschuss nicht vollständig besetzt, so ernennt der Verwaltungsrat für die verbleibende Amtsdauer die fehlenden Mitglie- der. Die Statuten können andere Regeln zur Behebung dieses Organisa- tionsmangels vorsehen.

5 Die Statuten regeln die Grundsätze zu den Aufgaben und Zuständig- keiten des Vergütungsausschusses.

Art. 734

1 Der Verwaltungsrat erstellt jährlich einen schriftlichen Vergütungsbe- richt.

2 Die Bestimmungen des zweiunddreissigsten Titels über die Grunds- ätze ordnungsmässiger Rechnungslegung, die Darstellung, Währung und Sprache und die Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher sind für den Vergütungsbericht entsprechend anwendbar.

3 Für die Bekanntgabe und die Veröffentlichung des Vergütungsbe- richts sind die Bestimmungen über die Bekanntmachung und Veröffent- lichung des Geschäftsberichts entsprechend anwendbar.

625

Art. 734a

1 Im Vergütungsbericht sind alle Vergütungen anzugeben, welche die Gesellschaft direkt oder indirekt ausgerichtet hat an: 1. gegenwärtige Mitglieder des Verwaltungsrats; 2. gegenwärtige Mitglieder der Geschäftsleitung; 3. gegenwärtige Mitglieder des Beirats; 4. frühere Mitglieder des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats, sofern sie in einem Zusammenhang mit der früheren Tätigkeit als Organ der Gesellschaft stehen; ausgenom- men sind Leistungen der beruflichen Vorsorge.

2 Als Vergütungen gelten insbesondere: 1. Honorare, Löhne, Bonifikationen und Gutschriften; 2. Tantiemen, Beteiligungen am Umsatz und andere Beteiligungen am Geschäftsergebnis; 3. Dienst- und Sachleistungen; 4. die Zuteilung von Beteiligungspapieren, Wandel- und Options- rechten; 5. Antrittsprämien; 6. Bürgschaften, Garantieverpflichtungen, Pfandbestellungen und andere Sicherheiten; 7. der Verzicht auf Forderungen; 8. Aufwendungen, die Ansprüche auf Vorsorgeleistungen begrün- den oder erhöhen; 9. sämtliche Leistungen für zusätzliche Arbeiten; 10. Entschädigungen im Zusammenhang mit Konkurrenzverboten.

3 Die Angaben zu den Vergütungen umfassen: 1. den Gesamtbetrag für den Verwaltungsrat und den auf jedes Mitglied entfallenden Betrag unter Nennung des Namens und der Funktion des betreffenden Mitglieds; 2. den Gesamtbetrag für die Geschäftsleitung und den höchsten auf ein Mitglied entfallenden Betrag unter Nennung des Na- mens und der Funktion des betreffenden Mitglieds; 3. den Gesamtbetrag für den Beirat und den auf jedes Mitglied ent- fallenden Betrag unter Nennung des Namens und der Funktion des betreffenden Mitglieds; 4. gegebenenfalls die Namen und Funktionen der Mitglieder der Geschäftsleitung, an die Zusatzbeträge bezahlt wurden

Art. 734b

1 Im Vergütungsbericht sind anzugeben: 1. die Darlehen und Kredite, die den gegenwärtigen Mitgliedern des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats ge- währt wurden und noch ausstehen; 2. die Darlehen und Kredite, die früheren Mitgliedern des Verwal- tungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats zu nicht markt- üblichen Bedingungen gewährt wurden und noch ausstehen.

2 Für die Angaben zu den Darlehen und Krediten gilt Artikel 734a Ab- satz 3 sinngemäss.

Art. 734c

1 Im Vergütungsbericht sind gesondert anzugeben: 1. die nicht marktüblichen Vergütungen, welche die Gesellschaft direkt oder indirekt an Personen ausgerichtet hat, die gegenwär- tigen oder früheren Mitgliedern des Verwaltungsrats, der Ge- schäftsleitung oder des Beirats nahestehen; 2. die Darlehen und Kredite, die Personen, die gegenwärtigen oder früheren Mitgliedern des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung oder des Beirats nahestehen, zu nicht marktüblichen Bedingun- gen gewährt wurden und noch ausstehen.

2 Die Namen der nahestehenden Personen müssen nicht angegeben wer- den.

3 Im Übrigen finden die Vorschriften über die Angaben zu Vergütun- gen, Darlehen und Krediten an Mitglieder des Verwaltungsrats, der Ge- schäftsleitung und des Beirats Anwendung.

Art. 734d

Im Vergütungsbericht sind die Beteiligungsrechte an der Gesellschaft sowie die Optionen auf solche Rechte jedes gegenwärtigen Mitglieds des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats mit Ein- schluss der dem Mitglied nahestehenden Personen unter Nennung des Namens und der Funktion des betreffenden Mitglieds anzugeben.

Art. 734e

1 Der Vergütungsbericht nennt die Funktionen der Mitglieder des Ver- waltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats in anderen Unterneh- men gemäss Artikel 626 Absatz 2 Ziffer 1.

2 Die Angaben umfassen den Namen des Mitglieds, die Bezeichnung des Unternehmens und die ausgeübte Funktion.

Art. 734f

626 Sofern nicht jedes Geschlecht mindestens zu 30 Prozent im Verwal- tungsrat und zu 20 Prozent in der Geschäftsleitung vertreten ist, sind im Vergütungsbericht bei Gesellschaften, welche die Schwellenwerte ge- mäss Artikel 727 Absatz 1 Ziffer 2 überschreiten, anzugeben: 1. die Gründe, weshalb die Geschlechter nicht wie vorgesehen ver- treten sind; und 2. die Massnahmen zur Förderung des weniger stark vertretenen Geschlechts.

Art. 735

1 Die Generalversammlung stimmt über die Vergütungen ab, die der Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung und der Beirat direkt oder indirekt von der Gesellschaft erhalten.

2 Die Statuten regeln die Einzelheiten zur Abstimmung. Sie können das weitere Vorgehen bei einer Ablehnung der Vergütungen durch die Ge- neralversammlung regeln.

3 Die folgenden Regeln müssen eingehalten werden: 1. Die Generalversammlung stimmt jährlich über die Vergütungen ab. 2. Die Generalversammlung stimmt gesondert über den Gesamt- betrag der Vergütungen des Verwaltungsrats, der Geschäftslei- tung und des Beirats ab. 3. Die Abstimmung der Generalversammlung hat bindende Wir- kung. 4. Wird prospektiv über variable Vergütungen abgestimmt, so muss der Generalversammlung der Vergütungsbericht zur Kon- sultativabstimmung vorgelegt werden.

Art. 735a

1 Für den Fall, dass die Generalversammlung über die Vergütungen der Geschäftsleitung prospektiv abstimmt, können die Statuten einen Zu- satzbetrag vorsehen für die Vergütungen von Personen, die nach der Abstimmung neu als Mitglieder der Geschäftsleitung ernannt werden.

2 Der Zusatzbetrag darf nur verwendet werden, wenn der von der Gene- ralversammlung beschlossene Gesamtbetrag der Vergütungen der Ge- schäftsleitung bis zur nächsten Abstimmung der Generalversammlung nicht für die Vergütungen der neuen Mitglieder ausreicht.

3 Die Generalversammlung stimmt nicht über den verwendeten Zusatz- betrag ab.

Art. 735b

1 Die Dauer der Verträge, die den Vergütungen für die Mitglieder des Verwaltungsrats zugrunde liegen, darf die Amtsdauer nicht überschrei- ten.

2 Die Dauer befristeter Verträge und die Kündigungsfrist unbefristeter Verträge, die den Vergütungen für die Mitglieder der Geschäftsleitung und des Beirats zugrunde liegen, dürfen höchstens ein Jahr betragen.

Art. 735c

Folgende Vergütungen für gegenwärtige und frühere Mitglieder des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats oder für ihnen nahestehende Personen sind unzulässig: 1. Abgangsentschädigungen, die vertraglich vereinbart oder statu- tarisch vorgesehen sind; nicht als Abgangsentschädigungen gel- ten Vergütungen, die bis zur Beendigung der Verträge geschul- det sind; 2. Entschädigungen aufgrund eines Konkurrenzverbots, die den Durchschnitt der Vergütungen der letzten drei Geschäftsjahre übersteigen, oder aufgrund eines geschäftsmässig nicht begrün- deten Konkurrenzverbots 3. nicht marktübliche Vergütungen im Zusammenhang mit einer früheren Tätigkeit als Organ der Gesellschaft; 4. Antrittsprämien, die keinen nachweisbaren finanziellen Nach- teil kompensieren; 5. Vergütungen, die im Voraus ausgerichtet werden; 6. Provisionen für die Übernahme oder Übertragung von Unter- nehmen oder Teilen davon; 7. Darlehen, Kredite, Vorsorgeleistungen ausserhalb der berufli- chen Vorsorge und erfolgsabhängige Vergütungen, deren Grundsätze in den Statuten nicht vorgesehen sind; 8. die Zuteilung von Beteiligungspapieren, Wandel- und Options- rechten, deren Grundsätze in den Statuten nicht vorgesehen sind.

Art. 735d

Unzulässig sind Vergütungen an Mitglieder des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats oder an ihnen nahestehende Personen für Tätigkeiten in Unternehmen, die durch die Gesellschaft kontrolliert werden, sofern diese Vergütungen: 1. unzulässig wären, wenn sie direkt von der Gesellschaft ausge- richtet würden; 2. in den Statuten der Gesellschaft nicht vorgesehen sind; oder 3. von der Generalversammlung der Gesellschaft nicht gutgeheis- sen worden sind.

Fünfter Abschnitt: Auflösung der Aktiengesellschaft

Art. 736

1 Die Gesellschaft wird aufgelöst: 1. nach Massgabe der Statuten; 2. durch einen Beschluss der Generalversammlung, über den eine öffentliche Urkunde zu errichten ist; 3. durch die Eröffnung des Konkurses; 4.

627 durch Urteil des Gerichts, wenn Aktionäre, die zusammen min- destens 10 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen vertre- ten, aus wichtigen Gründen die Auflösung verlangen; 5. in den übrigen vom Gesetze vorgesehenen Fällen.

2 Bei der Klage auf Auflösung aus wichtigen Gründen kann das Gericht anstelle der Auflösung eine andere sachgemässe und den Beteiligten zu- mutbare Lösung anordnen.

628

Art. 737

1 Die Auflösung einer Gesellschaft muss ins Handelsregister eingetra- gen werden.

2 Die Auflösung durch Urteil ist vom Gericht dem Handelsregisteramt unverzüglich zu melden.

3 Die Auflösung aus anderen Gründen ist von der Gesellschaft beim Handelsregisteramt anzumelden.

629

Art. 738

630 Die aufgelöste Gesellschaft tritt in Liquidation, unter Vorbehalt der Fälle der Fusion, der Aufspaltung und der Übertragung ihres Vermö- gens auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Art. 739

1 Tritt die Gesellschaft in Liquidation, so behält sie die juristische Per- sönlichkeit und führt ihre bisherige Firma, jedoch mit dem Zusatz «in Liquidation», bis die Auseinandersetzung auch mit den Aktionären durchgeführt ist.

2 Die Befugnisse der Organe der Gesellschaft werden mit dem Eintritt der Liquidation auf die Handlungen beschränkt, die für die Durchfüh- rung der Liquidation erforderlich sind, ihrer Natur nach jedoch nicht von den Liquidatoren vorgenommen werden können.

Art. 740

1 Die Liquidation wird durch den Verwaltungsrat besorgt, sofern sie nicht in den Statuten oder durch einen Beschluss der Generalversamm- lung anderen Personen übertragen wird.

2 Die Liquidatoren sind vom Verwaltungsrat zur Eintragung in das Han- delsregister anzumelden, auch wenn die Liquidation vom Verwaltungs- rat besorgt wird.

3 Wenigstens einer der Liquidatoren muss in der Schweiz wohnhaft und zur Vertretung berechtigt sein.

4 Wird die Gesellschaft durch richterliches Urteil aufgelöst, so bestimmt das Gericht die Liquidatoren.

5 Im Falle des Konkurses besorgt die Konkursverwaltung die Liquida- tion nach den Vorschriften des Konkursrechtes. Die Organe der Gesell- schaft behalten die Vertretungsbefugnis nur, soweit eine Vertretung durch sie noch notwendig ist.

633

Art. 741

1 Die Generalversammlung kann die von ihr ernannten Liquidatoren jederzeit abberufen.

2 Auf Antrag eines Aktionärs kann das Gericht, sofern wichtige Gründe vorliegen, Liquidatoren abberufen und nötigenfalls andere ernennen.

Art. 742

1 Die Liquidatoren haben bei der Übernahme ihres Amtes eine Bilanz aufzustellen.

2 Die aus den Geschäftsbüchern ersichtlichen oder in anderer Weise be- kannten Gläubiger sind durch besondere Mitteilung, unbekannte Gläu- biger und solche mit unbekanntem Wohnort durch öffentliche Bekannt- machung im Schweizerischen Handelsamtsblatt und überdies in der von den Statuten vorgesehenen Form von der Auflösung der Gesellschaft in Kenntnis zu setzen und zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern.

Art. 743

1 Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, noch ausstehende Aktienbeträge nötigenfalls einzuziehen, die Aktiven zu verwerten und die Verpflichtungen der Gesellschaft, sofern die Bilanz und der Schuldenruf keine Überschuldung ergeben, zu erfüllen.

2 Sie haben, sobald sie eine Überschuldung feststellen, das Gericht zu benachrichtigen; dieses hat die Eröffnung des Konkurses auszuspre- chen.

3 Sie haben die Gesellschaft in den zur Liquidation gehörenden Rechts- geschäften zu vertreten, können für sie Prozesse führen, Vergleiche und Schiedsverträge abschliessen und, soweit erforderlich, auch neue Ge- schäfte eingehen.

4 Sie dürfen Aktiven auch freihändig verkaufen, wenn die Generalver- sammlung nichts anderes angeordnet hat.

5 Sie haben bei länger andauernder Liquidation jährliche Zwischenab- schlüsse aufzustellen.

6 Die Gesellschaft haftet für den Schaden aus unerlaubten Handlungen, die ein Liquidator in Ausübung seiner geschäftlichen Verrichtungen begeht.

Art. 744

1 Haben bekannte Gläubiger die Anmeldung unterlassen, so ist der Be- trag ihrer Forderungen gerichtlich zu hinterlegen.

2 Ebenso ist für die nicht fälligen und die streitigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft ein entsprechender Betrag zu hinterlegen, sofern nicht den Gläubigern eine gleichwertige Sicherheit bestellt oder die Vertei- lung des Gesellschaftsvermögens bis zur Erfüllung dieser Verbindlich- keiten ausgesetzt wird.

Art. 745

1 Das Vermögen der aufgelösten Gesellschaft wird nach Tilgung ihrer Schulden, soweit die Statuten nichts anderes bestimmen, unter die Ak- tionäre nach Massgabe der einbezahlten Beträge und unter Berücksich- tigung der Vorrechte einzelner Aktienkategorien verteilt.

2 Die Verteilung darf frühestens nach Ablauf eines Jahres vollzogen werden, von dem Tag an gerechnet, an dem der Schuldenruf ergangen ist.

3 Eine Verteilung darf bereits nach Ablauf von drei Monaten erfolgen, wenn ein zugelassener Revisionsexperte bestätigt, dass die Schulden ge- tilgt sind und nach den Umständen angenommen werden kann, dass keine Interessen Dritter gefährdet werden.

637

Art. 746

Nach Beendigung der Liquidation ist das Erlöschen der Firma von den Liquidatoren beim Handelsregisteramt anzumelden.

Art. 747

1 Das Aktienbuch, die Geschäftsbücher und das Verzeichnis nach Arti- kel 697l sowie die diesem zugrunde liegenden Belege müssen während zehn Jahren nach der Löschung der Gesellschaft an einem sicheren Ort aufbewahrt werden. Dieser Ort wird von den Liquidatoren bezeichnet oder, wenn sie sich nicht einigen können, vom Handelsregisteramt.

2 Das Aktienbuch sowie das Verzeichnis sind so aufzubewahren, dass in der Schweiz jederzeit darauf zugegriffen werden kann.

638

Art. 748–750

639

Art. 751

1 Wird das Vermögen einer Aktiengesellschaft vom Bunde, von einem Kanton oder unter Garantie des Kantons von einem Bezirk oder von ei- ner Gemeinde übernommen, so kann mit Zustimmung der Generalver- sammlung vereinbart werden, dass die Liquidation unterbleiben soll.

2 Der Beschluss der Generalversammlung ist nach den Vorschriften über die Auflösung zu fassen und beim Handelsregisteramt anzumel- den.

3 Mit der Eintragung dieses Beschlusses ist der Übergang des Vermö- gens der Gesellschaft mit Einschluss der Schulden vollzogen, und es ist die Firma der Gesellschaft zu löschen.

Sechster Abschnitt: Verantwortlichkeit

Art. 752

640

Art. 753

641 Gründer, Mitglieder des Verwaltungsrates und alle Personen, die bei der Gründung mitwirken, werden sowohl der Gesellschaft als den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden verantwort- lich, wenn sie: 1.

642 in den Statuten, einem Gründungsbericht oder einem Kapitaler- höhungsbericht absichtlich oder fahrlässig Sacheinlagen oder die Gewährung besonderer Vorteile zugunsten von Aktionären und anderen Personen unrichtig oder irreführend angeben, ver- schweigen oder verschleiern oder bei der Genehmigung einer solchen Massnahme in anderer Weise dem Gesetz zuwiderhan- deln;

642 2. absichtlich oder fahrlässig die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister aufgrund einer Bescheinigung oder Ur- kunde veranlassen, die unrichtige Angaben enthält; 3. wissentlich dazu beitragen, dass Zeichnungen zahlungsunfähi- ger Personen angenommen werden.

Art. 754

1 Die Mitglieder des Verwaltungsrates und alle mit der Geschäftsfüh- rung oder mit der Liquidation befassten Personen sind sowohl der Ge- sellschaft als den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten verursachen.

2 Wer die Erfüllung einer Aufgabe befugterweise einem anderen Organ überträgt, haftet für den von diesem verursachten Schaden, sofern er nicht nachweist, dass er bei der Auswahl, Unterrichtung und Überwa- chung die nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat.

Art. 755

1 Alle mit der Prüfung der Jahres- und Konzernrechnung, der Gründung, der Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung befassten Personen sind sowohl der Gesellschaft als auch den einzelnen Aktionären und Gesell- schaftsgläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch ab- sichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten verursachen.

2 Wurde die Prüfung von einer Finanzkontrolle der öffentlichen Hand oder von einem ihrer Mitarbeiter durchgeführt, so haftet das betreffende Gemeinwesen. Der Rückgriff auf die an der Prüfung beteiligten Perso- nen richtet sich nach dem öffentlichen Recht.

645

Art. 756

1 Neben der Gesellschaft sind auch die einzelnen Aktionäre berechtigt, den der Gesellschaft verursachten Schaden einzuklagen. Der Anspruch des Aktionärs geht auf Leistung an die Gesellschaft.

2 Die Generalversammlung kann beschliessen, dass die Gesellschaft die Klage erhebt. Sie kann den Verwaltungsrat oder einen Vertreter mit der Prozessführung betrauen.

647

Art. 757

1 Im Konkurs der geschädigten Gesellschaft sind auch die Gesell- schaftsgläubiger berechtigt, Ersatz des Schadens an die Gesellschaft zu verlangen. Zunächst steht es jedoch der Konkursverwaltung zu, die Ansprüche von Aktionären und Gesellschaftsgläubigern geltend zu machen.

2 Verzichtet die Konkursverwaltung auf die Geltendmachung dieser Ansprüche, so ist hierzu jeder Aktionär oder Gläubiger berechtigt. Das Ergebnis wird vorab zur Deckung der Forderungen der klagenden Gläu- biger gemäss den Bestimmungen des Schuldbetreibungs- und Konkurs- gesetzes vom 11. April 1889

649 verwendet. Am Überschuss nehmen die klagenden Aktionäre im Ausmass ihrer Beteiligung an der Gesellschaft teil; der Rest fällt in die Konkursmasse.

3 Vorbehalten bleibt die Abtretung von Ansprüchen der Gesellschaft ge- mäss Artikel 260 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 1889.

4 In die Berechnung des Schadens der Gesellschaft sind Forderungen von Gesellschaftsgläubigern, die im Rang hinter alle anderen Gläubiger zurückgetreten sind, nicht einzubeziehen.

650

Art. 758

1 Der Entlastungsbeschluss der Generalversammlung wirkt nur für be- kanntgegebene Tatsachen und nur gegenüber der Gesellschaft sowie ge- genüber den Aktionären, die dem Beschluss zugestimmt oder die Aktien seither in Kenntnis des Beschlusses erworben haben.

2 Das Klagerecht der übrigen Aktionäre erlischt zwölf Monate nach dem Entlastungsbeschluss. Die Frist steht während des Verfahrens auf An- ordnung einer Sonderuntersuchung und während deren Durchführung still.

652

Art. 759

1 Sind für einen Schaden mehrere Personen ersatzpflichtig, so ist jede von ihnen insoweit mit den anderen solidarisch haftbar, als ihr der Scha- den aufgrund ihres eigenen Verschuldens und der Umstände persönlich zurechenbar ist.

2 Der Kläger kann mehrere Beteiligte gemeinsam für den Gesamtscha- den einklagen und verlangen, dass das Gericht im gleichen Verfahren die Ersatzpflicht jedes einzelnen Beklagten festsetzt.

3 Der Rückgriff unter mehreren Beteiligten wird vom Gericht in Würdi- gung aller Umstände bestimmt.

Art. 760

1 Der Anspruch auf Schadenersatz gegen die nach den vorstehenden Bestimmungen verantwortlichen Personen verjährt in drei Jahren von dem Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schä- digende Verhalten erfolgte oder aufhörte. Die Frist steht während des Verfahrens auf Anordnung einer Sonderuntersuchung und während de- ren Durchführung still

2 Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadener- satz frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröff- nung des Urteils.

Art. 761

656

Siebenter Abschnitt:

Beteiligung von Körperschaften des öffentlichen Rechts

Art. 762

1 Haben Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Bund, Kanton, Be- zirk oder Gemeinde ein öffentliches Interesse an einer Aktiengesell- schaft, so kann der Körperschaft in den Statuten der Gesellschaft das Recht eingeräumt werden, Vertreter in den Verwaltungsrat oder in die Revisionsstelle abzuordnen, auch wenn sie nicht Aktionärin ist.

2 Bei solchen Gesellschaften sowie bei gemischtwirtschaftlichen Unter- nehmungen, an denen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts als Ak- tionär beteiligt ist, steht das Recht zur Abberufung der von ihr abgeord- neten Mitglieder des Verwaltungsrates und der Revisionsstelle

658 nur ihr selbst zu.

3 Die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abgeordneten Mit- glieder des Verwaltungsrates und der Revisionsstelle haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die von der Generalversammlung gewähl- ten.

4 Für die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abgeordneten Mitglieder haftet die Körperschaft der Gesellschaft, den Aktionären und den Gläubigern gegenüber, unter Vorbehalt des Rückgriffs nach dem Recht des Bundes und der Kantone.

5 Das Recht von Körperschaften des öffentlichen Rechts, Vertreter in den Verwaltungsrat abzuordnen oder abzuberufen, gilt auch bei Gesell- schaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind.

660

Achter Abschnitt:

Ausschluss der Anwendung des Gesetzes auf öffentlich-rechtliche Anstalten

Art. 763

1 Auf Gesellschaften und Anstalten, wie Banken, Versicherungs- oder Elektrizitätsunternehmen, die durch besondere kantonale Gesetze ge- gründet worden sind und unter Mitwirkung öffentlicher Behörden ver- waltet werden, kommen, sofern der Kanton die subsidiäre Haftung für

660 deren Verbindlichkeiten übernimmt, die Bestimmungen über die Akti- engesellschaft auch dann nicht zur Anwendung, wenn das Kapital ganz oder teilweise in Aktien zerlegt ist und unter Beteiligung von Privatper- sonen aufgebracht wird.

2 Auf Gesellschaften und Anstalten, die vor dem 1. Januar 1883 durch besondere kantonale Gesetze gegründet worden sind und unter Mitwir- kung öffentlicher Behörden verwaltet werden, finden die Bestimmun- gen über die Aktiengesellschaft auch dann keine Anwendung, wenn der Kanton die subsidiäre Haftung für die Verbindlichkeiten nicht über- nimmt.

Siebenundzwanzigster Titel:

Die Kommanditaktiengesellschaft

Art. 764

1 Die Kommanditaktiengesellschaft ist eine Gesellschaft, deren Kapital in Aktien zerlegt ist und bei der ein oder mehrere Mitglieder den Ge- sellschaftsgläubigern unbeschränkt und solidarisch gleich einem Kol- lektivgesellschafter haftbar sind.

2 Für die Kommanditaktiengesellschaft kommen, soweit nicht etwas an- deres vorgesehen ist, die Bestimmungen über die Aktiengesellschaft zur Anwendung.

3 Wird ein Kommanditkapital nicht in Aktien zerlegt, sondern in Teile, die lediglich das Mass der Beteiligung mehrerer Kommanditäre regeln, so gelten die Vorschriften über die Kommanditgesellschaft.

Art. 765

1 Die unbeschränkt haftenden Mitglieder bilden die Verwaltung der Kommanditaktiengesellschaft. Ihnen steht die Geschäftsführung und die Vertretung zu. Sie sind in den Statuten zu nennen.

3 Für Änderungen im Bestande der unbeschränkt haftenden Mitglieder bedarf es der Zustimmung der bisherigen Mitglieder und der Änderung der Statuten.

Art. 766

Beschlüsse der Generalversammlung über Umwandlung des Gesell- schaftszweckes, Erweiterung oder Verengerung des Geschäftsbereiches

661 und Fortsetzung der Gesellschaft über die in den Statuten bestimmte Zeit hinaus bedürfen der Zustimmung der Mitglieder der Verwaltung.

Art. 767

1 Den Mitgliedern der Verwaltung kann die Geschäftsführung und Ver- tretung unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der Kollektivge- sellschaft entzogen werden.

2 Mit der Entziehung endigt auch die unbeschränkte Haftbarkeit des Mitgliedes für die künftig entstehenden Verbindlichkeiten der Gesell- schaft.

Art. 768

1 Die Kontrolle, in Verbindung mit der dauernden Überwachung der Geschäftsführung, ist einer Aufsichtsstelle zu übertragen, der durch die Statuten weitere Obliegenheiten zugewiesen werden können.

2 Bei der Bestellung der Aufsichtsstelle haben die Mitglieder der Ver- waltung kein Stimmrecht.

3 Die Mitglieder der Aufsichtsstelle sind in das Handelsregister einzu- tragen.

Art. 769

1 Die Aufsichtsstelle kann namens der Gesellschaft die Mitglieder der Verwaltung zur Rechenschaft ziehen und vor Gericht belangen.

2 Bei arglistigem Verhalten von Mitgliedern der Verwaltung ist die Auf- sichtsstelle zur Durchführung von Prozessen auch dann berechtigt, wenn ein Beschluss der Generalversammlung entgegensteht.

Art. 770

1 Die Gesellschaft wird beendigt durch das Ausscheiden, den Tod, die Handlungsunfähigkeit oder den Konkurs sämtlicher unbeschränkt haf- tender Gesellschafter.

2 Im übrigen gelten für die Auflösung der Kommanditaktiengesellschaft die gleichen Vorschriften wie für die Auflösung der Aktiengesellschaft; doch kann eine Auflösung durch Beschluss der Generalversammlung vor dem in den Statuten festgesetzten Termin nur mit Zustimmung der Verwaltung erfolgen.

662

Art. 771

1 Dem unbeschränkt haftenden Gesellschafter steht das Recht der Kün- digung gleich einem Kollektivgesellschafter zu.

2 Macht einer von mehreren unbeschränkt haftenden Gesellschaftern von seinem Kündigungsrechte Gebrauch, so wird die Gesellschaft, so- fern die Statuten es nicht anders bestimmen, von den übrigen fortge- setzt.

Achtundzwanzigster Titel:

663 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 772

1 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine personenbezogene Kapitalgesellschaft, an der eine oder mehrere Personen oder Handels- gesellschaften beteiligt sind. Ihr Stammkapital ist in den Statuten fest- gelegt. Für ihre Verbindlichkeiten haftet nur das Gesellschaftsvermö- gen.

2 Die Gesellschafter sind mindestens mit je einem Stammanteil am Stammkapital beteiligt. Die Statuten können für sie Nachschuss- und Nebenleistungspflichten vorsehen.

Art. 773

1 Das Stammkapital beträgt mindestens 20 000 Franken.

2 Zulässig ist auch ein Stammkapital in der für die Geschäftstätigkeit wesentlichen ausländischen Währung. Die Bestimmungen des Aktien- rechts über das Aktienkapital in einer ausländischen Währung finden sinngemäss Anwendung

Art. 774

1 Die Stammanteile weisen einen Nennwert auf, der grösser als null ist.

2 Die Stammanteile müssen mindestens zum Nennwert ausgegeben werden.

665

Art. 774a

Die Statuten können die Schaffung von Genussscheinen vorsehen; die Vorschriften des Aktienrechts sind entsprechend anwendbar.

Art. 775

666

Art. 776

Die Statuten müssen Bestimmungen enthalten über: 1. die Firma und den Sitz der Gesellschaft; 2. den Zweck der Gesellschaft; 3. die Höhe des Stammkapitals sowie die Anzahl und den Nenn- wert der Stammanteile; 4.

667 die Form der Mitteilungen der Gesellschaft an ihre Gesellschaf- ter.

Art. 776a

668

Art. 777

1 Die Gesellschaft wird errichtet, indem die Gründer in öffentlicher Urkunde erklären, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu grün- den, darin die Statuten festlegen und die Organe bestellen.

2 In diesem Errichtungsakt zeichnen die Gründer die Stammanteile und stellen fest, dass: 1. sämtliche Stammanteile gültig gezeichnet sind; 2. die Einlagen dem gesamten Ausgabebetrag entsprechen; 3.

669 die gesetzlichen und statutarischen Anforderungen an die Ein- lagen im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Errichtungsakts er- füllt sind; 4. sie die statutarischen Nachschuss- oder Nebenleistungspflichten übernehmen;

669 5.

670 dass keine anderen Sacheinlagen, Verrechnungstatbestände oder besonderen Vorteile bestehen, als die in den Belegen ge- nannten.

Art. 777a

1 Die Zeichnung der Stammanteile bedarf zu ihrer Gültigkeit der An- gabe von Anzahl, Nennwert und Ausgabebetrag sowie gegebenenfalls der Kategorie der Stammanteile.

2 In der Urkunde über die Zeichnung muss hingewiesen werden auf sta- tutarische Bestimmungen über: 1. Nachschusspflichten; 2. Nebenleistungspflichten; 3. Konkurrenzverbote für die Gesellschafter; 4. Vorhand-, Vorkaufs- und Kaufsrechte der Gesellschafter oder der Gesellschaft; 5. Konventionalstrafen.

Art. 777b

1 Im Errichtungsakt muss die Urkundsperson die Belege über die Grün- dung einzeln nennen und bestätigen, dass sie ihr und den Gründern vor- gelegen haben.

2 Dem Errichtungsakt sind folgende Unterlagen beizulegen: 1. die Statuten; 2. der Gründungsbericht; 3. die Prüfungsbestätigung; 4. die Bestätigung über die Hinterlegung von Einlagen in Geld; 5. die Sacheinlageverträge; 6.

671

Art. 777c

1 Bei der Gründung muss für jeden Stammanteil eine dem Ausgabebe- trag entsprechende Einlage vollständig geleistet werden.

2 Im Übrigen sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend an- wendbar für:

671 1.

672 die Angabe der Sacheinlagen, der Verrechnungen und der be- sonderen Vorteile in den Statuten; 2.

673 3. die Leistung und die Prüfung der Einlagen.

Art. 778

Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.

Art. 778a

674

Art. 779

1 Die Gesellschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit durch die Ein- tragung ins Handelsregister.

2 Sie erlangt das Recht der Persönlichkeit auch dann, wenn die Voraus- setzungen für die Eintragung tatsächlich nicht erfüllt sind.

3 Waren bei der Gründung gesetzliche oder statutarische Voraussetzun- gen nicht erfüllt und sind dadurch die Interessen von Gläubigern oder Gesellschaftern in erheblichem Masse gefährdet oder verletzt worden, so kann das Gericht auf Begehren einer dieser Personen die Auflösung der Gesellschaft verfügen.

4 Das Klagerecht erlischt drei Monate nach der Veröffentlichung der Gründung der Gesellschaft im Schweizerischen Handelsamtsblatt.

Art. 779a

1 Personen, die vor der Eintragung ins Handelsregister im Namen der Gesellschaft handeln, haften dafür persönlich und solidarisch.

2 Übernimmt die Gesellschaft innerhalb von drei Monaten nach ihrer Eintragung Verpflichtungen, die ausdrücklich in ihrem Namen einge- gangen werden, so werden die Handelnden befreit, und es haftet nur die Gesellschaft.

674

Art. 780

675 Der Beschluss der Gesellschafterversammlung oder der Geschäftsführer über eine Änderung der Statuten ist öffentlich zu beurkunden und ins Handelsregister einzutragen.

Art. 781

1 Die Gesellschafterversammlung kann die Erhöhung des Stammkapi- tals beschliessen.

2 Die Ausführung des Beschlusses obliegt den Geschäftsführern.

3 Die Zeichnung und die Einlagen richten sich nach den Vorschriften über die Gründung. Der Hinweis auf statutarische Rechte und Pflichten ist nicht erforderlich, wenn der Zeichner bereits Gesellschafter ist. Für den Zeichnungsschein sind zudem die Vorschriften über die Erhöhung des Aktienkapitals entsprechend anwendbar. Ein öffentliches Angebot zur Zeichnung der Stammanteile ist ausgeschlossen.

4 Die Erhöhung des Stammkapitals muss innerhalb von sechs Monaten nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung beim Handelsre- gisteramt zur Eintragung angemeldet werden; sonst fällt der Beschluss dahin.

5 Im Übrigen sind die Vorschriften des Aktienrechts über die ordentli- che Kapitalerhöhung entsprechend anwendbar für: 1. die Form und den Inhalt des Beschlusses der Gesellschafterver- sammlung; 2. das Bezugsrecht der Gesellschafter; 3. die Erhöhung des Stammkapitals aus Eigenkapital; 4. den Kapitalerhöhungsbericht und die Prüfungsbestätigung; 5. die Statutenänderung und die Feststellungen der Geschäftsfüh- rer; 6. die Eintragung der Erhöhung des Stammkapitals ins Handelsre- gister und die Nichtigkeit vorher ausgegebener Urkunden.

Art. 782

1 Die Gesellschafterversammlung kann die Herabsetzung des Stammka- pitals beschliessen.

2 Das Stammkapital darf nur unter 20 000 Franken herabgesetzt werden, sofern es gleichzeitig mindestens bis zu diesem Betrag wieder erhöht wird.

3 Zur Beseitigung einer durch Verluste entstandenen Unterbilanz darf das Stammkapital nur herabgesetzt werden, wenn die Gesellschafter die in den Statuten vorgesehenen Nachschüsse voll geleistet haben.

4 Im Übrigen sind die Vorschriften über die Herabsetzung des Aktien- kapitals entsprechend anwendbar.

Art. 783

1 Die Gesellschaft darf eigene Stammanteile nur dann erwerben, wenn frei verwendbares Eigenkapital in der Höhe der dafür nötigen Mittel vorhanden ist und der gesamte Nennwert dieser Stammanteile zehn Pro- zent des Stammkapitals nicht übersteigt.

2 Werden im Zusammenhang mit einer Übertragbarkeitsbeschränkung, einem Austritt oder einem Ausschluss Stammanteile erworben, so be- trägt die Höchstgrenze 35 Prozent. Die über 10 Prozent des Stammka- pitals hinaus erworbenen eigenen Stammanteile sind innerhalb von zwei Jahren zu veräussern oder durch Kapitalherabsetzung zu vernichten.

3 Ist mit den Stammanteilen, die erworben werden sollen, eine Nach- schusspflicht oder eine Nebenleistungspflicht verbunden, so muss diese vor deren Erwerb aufgehoben werden.

4 Im Übrigen sind für den Erwerb eigener Stammanteile durch die Ge- sellschaft die Vorschriften über eigene Aktien entsprechend anwendbar.

Zweiter Abschnitt: Rechte und Pflichten der Gesellschafter

Art. 784

1 Wird über Stammanteile eine Urkunde ausgestellt, so kann diese nur als Beweisurkunde oder Namenpapier errichtet werden.

2 In die Urkunde müssen dieselben Hinweise auf statutarische Rechte und Pflichten aufgenommen werden wie in die Urkunde über die Zeich- nung der Stammanteile.

Art. 785

1 Die Abtretung von Stammanteilen sowie die Verpflichtung zur Abtre- tung bedürfen der schriftlichen Form.

2 In den Abtretungsvertrag müssen dieselben Hinweise auf statutarische Rechte und Pflichten aufgenommen werden wie in die Urkunde über die Zeichnung der Stammanteile, ausser wenn der Erwerber bereits Gesell- schafter ist.

679

Art. 786

1 Die Abtretung von Stammanteilen bedarf der Zustimmung der Gesell- schafterversammlung. Die Gesellschafterversammlung kann die Zu- stimmung ohne Angabe von Gründen verweigern.

2 Von dieser Regelung können die Statuten abweichen, indem sie: 1. auf das Erfordernis der Zustimmung zur Abtretung verzichten; 2. die Gründe festlegen, die die Verweigerung der Zustimmung zur Abtretung rechtfertigen; 3. vorsehen, dass die Zustimmung zur Abtretung verweigert wer- den kann, wenn die Gesellschaft dem Veräusserer die Über- nahme der Stammanteile zum wirklichen Wert anbietet; 4. die Abtretung ausschliessen; 5. vorsehen, dass die Zustimmung zur Abtretung verweigert wer- den kann, wenn die Erfüllung statutarischer Nachschuss- oder Nebenleistungspflichten zweifelhaft ist und eine von der Gesell- schaft geforderte Sicherheit nicht geleistet wird.

3 Schliessen die Statuten die Abtretung aus oder verweigert die Gesell- schafterversammlung die Zustimmung zur Abtretung, so bleibt das Recht auf Austritt aus wichtigem Grund vorbehalten.

Art. 787

1 Ist für die Abtretung von Stammanteilen die Zustimmung der Gesell- schafterversammlung erforderlich, so wird die Abtretung erst mit dieser Zustimmung rechtswirksam.

2 Lehnt die Gesellschafterversammlung das Gesuch um Zustimmung zur Abtretung nicht innerhalb von sechs Monaten nach Eingang ab, so gilt die Zustimmung als erteilt.

Art. 787a

680 Betreffend die Abtretung von Stammanteilen bei überschuldeten Ge- sellschaften ohne Geschäftstätigkeit und ohne verwertbare Aktiven sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

680

Art. 788

1 Werden Stammanteile durch Erbgang, Erbteilung, eheliches Güter- recht oder Zwangsvollstreckung erworben, so gehen alle Rechte und Pflichten, die damit verbunden sind, ohne Zustimmung der Gesellschaf- terversammlung auf die erwerbende Person über.

2 Für die Ausübung des Stimmrechts und der damit zusammenhängen- den Rechte bedarf die erwerbende Person jedoch der Anerkennung der Gesellschafterversammlung als stimmberechtigter Gesellschafter.

3 Die Gesellschafterversammlung kann ihr die Anerkennung nur ver- weigern, wenn ihr die Gesellschaft die Übernahme der Stammanteile zum wirklichen Wert im Zeitpunkt des Gesuches anbietet. Das Angebot kann auf eigene Rechnung oder auf Rechnung anderer Gesellschafter oder Dritter erfolgen. Lehnt die erwerbende Person das Angebot nicht innerhalb eines Monates nach Kenntnis des wirklichen Wertes ab, so gilt es als angenommen.

4 Lehnt die Gesellschafterversammlung das Gesuch um Anerkennung nicht innerhalb von sechs Monaten ab Eingang ab, so gilt die Anerken- nung als erteilt.

5 Die Statuten können auf das Erfordernis der Anerkennung verzichten.

Art. 789

1 Stellen das Gesetz oder die Statuten auf den wirklichen Wert der Stammanteile ab, so können die Parteien verlangen, dass dieser vom Gericht bestimmt wird.

2 Das Gericht verteilt die Kosten des Verfahrens und der Bewertung nach seinem Ermessen.

Art. 789a

1 Für die Bestellung einer Nutzniessung an einem Stammanteil sind die Vorschriften über die Übertragung der Stammanteile entsprechend an- wendbar.

2 Schliessen die Statuten die Abtretung aus, so ist auch die Bestellung einer Nutzniessung an den Stammanteilen ausgeschlossen.

Art. 789b

1 Die Statuten können vorsehen, dass die Bestellung eines Pfandrechts an Stammanteilen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung be- darf. Diese darf die Zustimmung nur verweigern, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

2 Schliessen die Statuten die Abtretung aus, so ist auch die Bestellung eines Pfandrechts an den Stammanteilen ausgeschlossen.

Art. 790

1 Die Gesellschaft führt über die Stammanteile ein Anteilbuch. Sie muss es so führen, dass in der Schweiz jederzeit darauf zugegriffen werden kann

2 In das Anteilbuch sind einzutragen: 1. die Gesellschafter mit Namen und Adresse; 2. die Anzahl, der Nennwert sowie allenfalls die Kategorien der Stammanteile jedes Gesellschafters; 3. die Nutzniesser mit Namen und Adresse; 4. die Pfandgläubiger mit Namen und Adresse.

3 Gesellschafter, die nicht zur Ausübung des Stimmrechts und der damit zusammenhängenden Rechte befugt sind, müssen als Gesellschafter ohne Stimmrecht bezeichnet werden.

4 Den Gesellschaftern steht das Recht zu, in das Anteilbuch Einsicht zu nehmen.

5 Die Belege, die einer Eintragung zugrunde liegen, müssen während zehn Jahren nach der Streichung der eingetragenen Person aus dem An- teilbuch aufbewahrt werden.

682

Art. 790a

1 Wer allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Stammanteile erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25 Prozent des Stammkapitals oder der Stimmrechte erreicht oder überschreitet, muss der Gesellschaft innert Monatsfrist den Vor- und den Nachnamen und die Adresse der natürlichen Person melden, für die er letztendlich handelt (wirtschaft- lich berechtigte Person).

2 Ist der Gesellschafter eine juristische Person oder Personengesell- schaft, so muss als wirtschaftlich berechtigte Person jede natürliche Per- son gemeldet werden, die den Gesellschafter in sinngemässer Anwen- dung von Artikel 963 Absatz 2 kontrolliert. Gibt es keine solche Person, so muss der Gesellschafter dies der Gesellschaft melden.

3 Ist der Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft, deren Beteiligungs- rechte an einer Börse kotiert sind, wird er von einer solchen Gesellschaft im Sinne von Artikel 963 Absatz 2 kontrolliert oder kontrolliert er in diesem Sinne eine solche Gesellschaft, so muss er nur diese Tatsache sowie die Firma und den Sitz dieser Kapitalgesellschaft melden.

4 Der Gesellschafter muss der Gesellschaft innert 3 Monaten jede Än- derung des Vor- oder des Nachnamens oder der Adresse der wirtschaft- lich berechtigten Person melden.

5 Die Bestimmungen des Aktienrechts betreffend das Verzeichnis über die wirtschaftlich berechtigten Personen (Art. 697l) und die Folgen der Nichteinhaltung der Meldepflichten (Art. 697m) sind sinngemäss an- wendbar.

Art. 791

684 Die Gesellschafter sind mit der Anzahl und dem Nennwert ihrer Stammanteile ins Handelsregister einzutragen.

Art. 792

Steht ein Stammanteil mehreren Berechtigten ungeteilt zu, so: 1. haben diese gemeinsam eine Person zu bezeichnen, die sie ver- tritt; sie können die Rechte aus dem Stammanteil nur durch diese Person ausüben; 2. haften diese für Nachschusspflichten und Nebenleistungspflich- ten solidarisch.

Art. 793

1 Die Gesellschafter sind zur Leistung einer dem Ausgabebetrag ihrer Stammanteile entsprechenden Einlage verpflichtet.

2 Die Einlagen dürfen nicht zurückerstattet werden.

Art. 794

Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet nur das Gesellschafts- vermögen.

684

Art. 795

1 Die Statuten können die Gesellschafter zur Leistung von Nachschüs- sen verpflichten.

2 Sehen die Statuten eine Nachschusspflicht vor, so müssen sie den Be- trag der mit einem Stammanteil verbundenen Nachschusspflicht festle- gen. Dieser darf das Doppelte des Nennwertes des Stammanteils nicht übersteigen.

3 Die Gesellschafter haften nur für die mit den eigenen Stammanteilen verbundenen Nachschüsse.

Art. 795a

1 Die Nachschüsse werden durch die Geschäftsführer eingefordert.

2 Sie dürfen nur eingefordert werden, wenn: 1. die Summe von Stammkapital und gesetzlichen Reserven nicht mehr gedeckt ist; 2. die Gesellschaft ihre Geschäfte ohne diese zusätzlichen Mittel nicht ordnungsgemäss weiterführen kann; 3. die Gesellschaft aus in den Statuten umschriebenen Gründen Ei- genkapital benötigt.

3 Mit Eintritt des Konkurses werden ausstehende Nachschüsse fällig.

Art. 795b

Geleistete Nachschüsse dürfen nur dann ganz oder teilweise zurückbe- zahlt werden, wenn der Betrag durch frei verwendbares Eigenkapital gedeckt ist und ein zugelassener Revisionsexperte dies schriftlich bestä- tigt.

Art. 795c

1 Eine statutarische Nachschusspflicht darf nur dann herabgesetzt oder aufgehoben werden, wenn das Stammkapital und die gesetzlichen Re- serven voll gedeckt sind.

2 Die Vorschriften über die Herabsetzung des Stammkapitals sind ent- sprechend anwendbar.

Art. 795d

1 Für Gesellschafter, die aus der Gesellschaft ausscheiden, besteht die Nachschusspflicht unter Vorbehalt der nachfolgenden Einschränkungen während dreier Jahre weiter. Der Zeitpunkt des Ausscheidens bestimmt sich nach der Eintragung ins Handelsregister.

2 Ausgeschiedene Gesellschafter müssen Nachschüsse nur leisten, wenn die Gesellschaft in Konkurs fällt.

3 Ihre Nachschusspflicht entfällt, soweit sie von einem Rechtsnachfol- ger erfüllt wurde.

4 Die Nachschusspflicht ausgeschiedener Gesellschafter darf nicht er- höht werden.

Art. 796

1 Die Statuten können die Gesellschafter zu Nebenleistungen verpflich- ten.

2 Sie können nur Nebenleistungspflichten vorsehen, die dem Zweck der Gesellschaft, der Erhaltung ihrer Selbstständigkeit oder der Wahrung der Zusammensetzung des Kreises der Gesellschafter dienen.

3 Gegenstand und Umfang wie auch andere nach den Umständen we- sentliche Punkte einer mit einem Stammanteil verbundenen Nebenleis- tungspflicht müssen in den Statuten bestimmt werden. Für die nähere Umschreibung kann auf ein Reglement der Gesellschafterversammlung verwiesen werden.

4 Statutarische Verpflichtungen zur Zahlung von Geld oder zur Leistung anderer Vermögenswerte unterstehen den Bestimmungen über Nach- schüsse, wenn keine angemessene Gegenleistung vorgesehen wird und die Einforderung der Deckung des Eigenkapitalbedarfs der Gesellschaft dient.

Art. 797

Die nachträgliche Einführung oder Erweiterung statutarischer Nach- schuss- oder Nebenleistungspflichten bedarf der Zustimmung aller da- von betroffenen Gesellschafter.

Art. 797a

685 Die Vorschriften des Aktienrechts zum Schiedsgericht sind entspre- chend anwendbar.

Art. 798

686 Die Vorschriften des Aktienrechts über Dividenden, Zwischendividen- den, Bauzinse und Tantiemen sind entsprechend anwendbar.

686

Art. 798a und 798b

687

Art. 799

Für Vorzugsstammanteile sind die Vorschriften des Aktienrechts über Vorzugsaktien entsprechend anwendbar.

Art. 800

Für die Rückerstattung von Leistungen der Gesellschaft an Gesellschaf- ter, Geschäftsführer sowie diesen nahe stehende Personen sind die Vor- schriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

Art. 801

688 Für die Reserven sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar

Art. 801a

1 Der Geschäftsbericht und der Revisionsbericht sind den Gesellschaf- tern spätestens zusammen mit der Einladung zur ordentlichen Gesell- schafterversammlung zuzustellen.

2 Die Gesellschafter können verlangen, dass ihnen nach der Gesellschaf- terversammlung die von ihr genehmigte Fassung des Geschäftsberichts zugestellt wird.

Art. 802

1 Jeder Gesellschafter kann von den Geschäftsführern Auskunft über alle Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen.

2 Hat die Gesellschaft keine Revisionsstelle, so kann jeder Gesellschaf- ter in die Geschäftsbücher und Akten uneingeschränkt Einsicht neh- men.

689 Hat sie eine Revisionsstelle, so besteht ein Recht zur Einsicht- nahme nur, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird.

3 Besteht Gefahr, dass der Gesellschafter die erlangten Kenntnisse zum Schaden der Gesellschaft für gesellschaftsfremde Zwecke verwendet, so können die Geschäftsführer die Auskunft und die Einsichtnahme im er- forderlichen Umfang verweigern; auf Antrag des Gesellschafters ent- scheidet die Gesellschafterversammlung.

4 Verweigert die Gesellschafterversammlung die Auskunft oder die Ein- sicht ungerechtfertigterweise, so ordnet sie das Gericht auf Antrag des Gesellschafters an.

Art. 803

1 Die Gesellschafter sind zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses ver- pflichtet.

2 Sie müssen alles unterlassen, was die Interessen der Gesellschaft be- einträchtigt. Insbesondere dürfen sie nicht Geschäfte betreiben, die ihnen zum besonderen Vorteil gereichen und durch die der Zweck der Gesellschaft beeinträchtigt würde. Die Statuten können vorsehen, dass die Gesellschafter konkurrenzierende Tätigkeiten unterlassen müssen.

3 Die Gesellschafter dürfen Tätigkeiten ausüben, die gegen die Treue- pflicht oder ein allfälliges Konkurrenzverbot verstossen, sofern alle üb- rigen Gesellschafter schriftlich zustimmen. Die Statuten können vorse- hen, dass stattdessen die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich ist.

4 Die besonderen Vorschriften über das Konkurrenzverbot von Ge- schäftsführern bleiben vorbehalten.

Dritter Abschnitt: Organisation der Gesellschaft

Art. 804

1 Oberstes Organ der Gesellschaft ist die Gesellschafterversammlung.

2 Der Gesellschafterversammlung stehen folgende unübertragbare Be- fugnisse zu: 1. die Änderung der Statuten; 2. die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern; 3.

690 die Bestellung und die Abberufung der Mitglieder der Revisi- onsstelle; 4.

691 die Genehmigung des Lageberichts und der Konzernrechnung; 5. die Genehmigung der Jahresrechnung sowie die Beschlussfas- sung über die Verwendung des Bilanzgewinnes, insbesondere die Festsetzung der Dividende und der Tantieme;

692 die Beschlussfassung über die Rückzahlung von Kapitalre- serven; 6. die Festsetzung der Entschädigung der Geschäftsführer; 7. die Entlastung der Geschäftsführer; 8. die Zustimmung zur Abtretung von Stammanteilen beziehungs- weise die Anerkennung als stimmberechtigter Gesellschafter; 9. die Zustimmung zur Bestellung eines Pfandrechts an Stamman- teilen, falls die Statuten dies vorsehen; 10. die Beschlussfassung über die Ausübung statutarischer Vor- hand-, Vorkaufs- oder Kaufsrechte; 11. die Ermächtigung der Geschäftsführer zum Erwerb eigener Stammanteile durch die Gesellschaft oder die Genehmigung ei- nes solchen Erwerbs; 12. die nähere Regelung von Nebenleistungspflichten in einem Reglement, falls die Statuten auf ein Reglement verweisen; 13. die Zustimmung zu Tätigkeiten der Geschäftsführer und der Ge- sellschafter, die gegen die Treuepflicht oder das Konkurrenz- verbot verstossen, sofern die Statuten auf das Erfordernis der Zustimmung aller Gesellschafter verzichten; 14. die Beschlussfassung darüber, ob dem Gericht beantragt werden soll, einen Gesellschafter aus wichtigem Grund auszuschlies- sen; 15. der Ausschluss eines Gesellschafters aus in den Statuten vorge- sehenen Gründen; 16. die Auflösung der Gesellschaft; 17. die Genehmigung von Geschäften der Geschäftsführer, für die die Statuten die Zustimmung der Gesellschafterversammlung fordern; 18. die Beschlussfassung über die Gegenstände, die das Gesetz oder die Statuten der Gesellschafterversammlung vorbehalten oder die ihr die Geschäftsführer vorlegen.

3 Die Gesellschafterversammlung ernennt die Direktoren, die Prokuris- ten sowie die Handlungsbevollmächtigten. Die Statuten können diese Befugnis auch den Geschäftsführern einräumen.

692

Art. 805

1 Die Gesellschafterversammlung wird von den Geschäftsführern, nöti- genfalls durch die Revisionsstelle, einberufen. Das Einberufungsrecht steht auch den Liquidatoren zu.

2 Die ordentliche Versammlung findet alljährlich innerhalb von sechs Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres statt. Ausserordentliche Ver- sammlungen werden nach Massgabe der Statuten und bei Bedarf einbe- rufen.

3 Die Gesellschafterversammlung ist spätestens 20 Tage vor dem Ver- sammlungstag einzuberufen. Die Statuten können diese Frist verlängern oder bis auf zehn Tage verkürzen. Die Möglichkeit einer Universalver- sammlung bleibt vorbehalten.

5 Im Übrigen sind die Vorschriften des Aktienrechts über die General- versammlung entsprechend anwendbar für: 1. die Einberufung; 2.

694 das Einberufungs-, das Traktandierungs- und das Antragsrecht der Gesellschafter;

695 den Tagungsort und die Verwendung elektronischer Mittel; 3. die Verhandlungsgegenstände; 4. die Anträge; 5.

696 die Universalversammlung und die Zustimmung zu einem An- trag; 6. die vorbereitenden Massnahmen; 7. das Protokoll; 8. die Vertretung der Gesellschafter; 9. die unbefugte Teilnahme.

Art. 806

1 Das Stimmrecht der Gesellschafter bemisst sich nach dem Nennwert ihrer Stammanteile. Die Gesellschafter haben je mindestens eine Stimme. Die Statuten können die Stimmenzahl der Besitzer mehrerer Stammanteile beschränken.

2 Die Statuten können das Stimmrecht unabhängig vom Nennwert so festsetzen, dass auf jeden Stammanteil eine Stimme entfällt. In diesem Fall müssen die Stammanteile mit dem tiefsten Nennwert mindestens einen Zehntel des Nennwerts der übrigen Stammanteile aufweisen.

3 Die Bemessung des Stimmrechts nach der Zahl der Stammanteile ist nicht anwendbar für: 1. die Wahl der Mitglieder der Revisionsstelle; 2. die Ernennung von Sachverständigen zur Prüfung der Ge- schäftsführung oder einzelner Teile davon; 3. die Beschlussfassung über die Anhebung einer Verantwortlich- keitsklage.

Art. 806a

1 Bei Beschlüssen über die Entlastung der Geschäftsführer haben Per- sonen, die in irgendeiner Weise an der Geschäftsführung teilgenommen haben, kein Stimmrecht.

2 Bei Beschlüssen über den Erwerb eigener Stammanteile durch die Ge- sellschaft hat der Gesellschafter, der die Stammanteile abtritt, kein Stimmrecht.

3 Bei Beschlüssen über die Zustimmung zu Tätigkeiten der Gesellschaf- ter, die gegen die Treuepflicht oder das Konkurrenzverbot verstossen, hat die betroffene Person kein Stimmrecht.

Art. 806b

Im Falle der Nutzniessung an einem Stammanteil stehen das Stimmrecht und die damit zusammenhängenden Rechte dem Nutzniesser zu. Dieser wird dem Eigentümer ersatzpflichtig, wenn er bei der Ausübung seiner Rechte nicht in billiger Weise auf dessen Interessen Rücksicht nimmt.

Art. 807

1 Die Statuten können Gesellschaftern ein Vetorecht gegen bestimmte Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einräumen. Sie müssen die Beschlüsse umschreiben, für die das Vetorecht gilt.

2 Die nachträgliche Einführung eines Vetorechts bedarf der Zustim- mung aller Gesellschafter.

3 Das Vetorecht kann nicht übertragen werden.

Art. 808

Die Gesellschafterversammlung fasst ihre Beschlüsse und vollzieht ihre Wahlen mit der absoluten Mehrheit der vertretenen Stimmen, soweit das Gesetz oder die Statuten es nicht anders bestimmen.

Art. 808a

Der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung hat den Stichent- scheid. Die Statuten können eine andere Regelung vorsehen.

Art. 808b

1 Ein Beschluss der Gesellschafterversammlung, der mindestens zwei Drittel der vertretenen Stimmen sowie die absolute Mehrheit des gesam- ten Stammkapitals auf sich vereinigt, mit dem ein ausübbares Stimm- recht verbunden ist, ist erforderlich für: 1. die Änderung des Gesellschaftszweckes; 2. die Einführung von stimmrechtsprivilegierten Stammanteilen; 3. die Erschwerung, den Ausschluss oder die Erleichterung der Übertragbarkeit der Stammanteile; 4. die Zustimmung zur Abtretung von Stammanteilen beziehungs- weise die Anerkennung als stimmberechtigter Gesellschafter; 5. die Erhöhung des Stammkapitals; 6. die Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechtes; 6

697 den Wechsel der Währung für das Stammkapital; 7. die Zustimmung zu Tätigkeiten der Geschäftsführer sowie der Gesellschafter, die gegen die Treuepflicht oder das Konkurrenz- verbot verstossen; 8. den Antrag an das Gericht, einen Gesellschafter aus wichtigem Grund auszuschliessen; 9. den Ausschluss eines Gesellschafters aus in den Statuten vorge- sehenen Gründen; 10. die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft;

698 die Einführung einer statutarischen Schiedsklausel; 11. die Auflösung der Gesellschaft.

2 Statutenbestimmungen, die für die Fassung bestimmter Beschlüsse grössere Mehrheiten als die vom Gesetz vorgeschriebenen festlegen, können nur mit dem vorgesehenen Mehr eingeführt, geändert oder auf- gehoben werden

699

Art. 808c

Für die Anfechtung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

Art. 809

1 Alle Gesellschafter üben die Geschäftsführung gemeinsam aus. Die Statuten können die Geschäftsführung abweichend regeln.

2 Als Geschäftsführer können nur natürliche Personen eingesetzt wer- den. Ist an der Gesellschaft eine juristische Person oder eine Handels- gesellschaft beteiligt, so bezeichnet sie gegebenenfalls eine natürliche Person, die diese Funktion an ihrer Stelle ausübt. Die Statuten können dafür die Zustimmung der Gesellschafterversammlung verlangen.

3 Hat die Gesellschaft mehrere Geschäftsführer, so muss die Gesell- schafterversammlung den Vorsitz regeln.

4 Hat die Gesellschaft mehrere Geschäftsführer, so entscheiden diese mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Der Vorsitzende hat den Stichentscheid. Die Statuten können eine andere Regelung der Be- schlussfassung durch die Geschäftsführer vorsehen.

Art. 810

1 Die Geschäftsführer sind zuständig in allen Angelegenheiten, die nicht nach Gesetz oder Statuten der Gesellschafterversammlung zugewiesen sind.

2 Unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen haben die Ge- schäftsführer folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben: 1. die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen; 2. die Festlegung der Organisation im Rahmen von Gesetz und Statuten; 3. die Ausgestaltung des Rechnungswesens und der Finanzkon- trolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist; 4. die Aufsicht über die Personen, denen Teile der Geschäftsfüh- rung übertragen sind, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen; 5.

700 die Erstellung des Geschäftsberichts; 6. die Vorbereitung der Gesellschafterversammlung sowie die Ausführung ihrer Beschlüsse;

700 7.

701 die Einreichung eines Gesuchs um Nachlassstundung und die Benachrichtigung des Gerichts im Falle der Überschuldung.

3 Wer den Vorsitz der Geschäftsführung innehat, beziehungsweise der einzige Geschäftsführer hat folgende Aufgaben: 1. die Einberufung und Leitung der Gesellschafterversammlung; 2. Bekanntmachungen gegenüber den Gesellschaftern; 3. die Sicherstellung der erforderlichen Anmeldungen beim Han- delsregister.

Art. 811

1 Die Statuten können vorsehen, dass die Geschäftsführer der Gesell- schafterversammlung: 1. bestimmte Entscheide zur Genehmigung vorlegen müssen; 2. einzelne Fragen zur Genehmigung vorlegen können.

2 Die Genehmigung der Gesellschafterversammlung schränkt die Haf- tung der Geschäftsführer nicht ein.

Art. 812

1 Die Geschäftsführer sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung be- fasst sind, müssen ihre Aufgabe mit aller Sorgfalt erfüllen und die Inte- ressen der Gesellschaft in guten Treuen wahren.

2 Sie unterstehen der gleichen Treuepflicht wie die Gesellschafter.

3 Sie dürfen keine konkurrenzierenden Tätigkeiten ausüben, es sei denn, die Statuten sehen etwas anderes vor oder alle übrigen Gesellschafter stimmen der Tätigkeit schriftlich zu. Die Statuten können vorsehen, dass stattdessen die Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung er- forderlich ist.

Art. 813

Die Geschäftsführer sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, haben die Gesellschafter unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln.

701

Art. 814

1 Jeder Geschäftsführer ist zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt.

2 Die Statuten können die Vertretung abweichend regeln, jedoch muss mindestens ein Geschäftsführer zur Vertretung befugt sein. Für Einzel- heiten können die Statuten auf ein Reglement verweisen.

3 Die Gesellschaft muss durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese Person muss Geschäftsführer oder Direktor sein. Sie muss Zugang zum Anteilbuch sowie zum Verzeichnis über die wirtschaftlich berechtigten Personen nach Artikel 697l ha- ben.

4 Für den Umfang und die Beschränkung der Vertretungsbefugnis sowie für Verträge zwischen der Gesellschaft und der Person, die sie vertritt, sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

5 Die zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen haben in der Weise zu zeichnen, dass sie der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift beifügen.

703

Art. 815

1 Die Gesellschafterversammlung kann von ihr gewählte Geschäftsfüh- rer jederzeit abberufen.

2 Jeder Gesellschafter kann dem Gericht beantragen, einem Geschäfts- führer die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu entziehen oder zu beschränken, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, namentlich wenn die betreffende Person ihre Pflichten grob verletzt oder die Fähig- keit zu einer guten Geschäftsführung verloren hat.

3 Die Geschäftsführer können Direktoren, Prokuristen oder Handlungs- bevollmächtigte jederzeit in ihrer Funktion einstellen.

4 Sind diese Personen durch die Gesellschafterversammlung eingesetzt worden, so ist unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzube- rufen.

5 Entschädigungsansprüche der abberufenen oder in ihren Funktionen eingestellten Personen bleiben vorbehalten.

703

Art. 816

Für die Beschlüsse der Geschäftsführer gelten sinngemäss die gleichen Nichtigkeitsgründe wie für die Beschlüsse der Generalversammlung der Aktiengesellschaft.

Art. 817

Die Gesellschaft haftet für den Schaden aus unerlaubten Handlungen, die eine zur Geschäftsführung oder zur Vertretung befugte Person in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtungen begeht.

Art. 818

1 Für die Revisionsstelle sind die Vorschriften des Aktienrechts entspre- chend anwendbar.

2 Ein Gesellschafter, der einer Nachschusspflicht unterliegt, kann eine ordentliche Revision der Jahresrechnung verlangen.

Art. 819

Bei Mängeln in der Organisation der Gesellschaft sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

Art. 820

704 Die Bestimmungen des Aktienrechts zur drohenden Zahlungsunfähig- keit, zum Kapitalverlust, zur Überschuldung sowie zur Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen sind entsprechend anwendbar.

Vierter Abschnitt: Auflösung und Ausscheiden

Art. 821

1 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird aufgelöst: 1. wenn ein in den Statuten vorgesehener Auflösungsgrund ein- tritt; 2. wenn die Gesellschafterversammlung dies beschliesst; 3. wenn der Konkurs eröffnet wird; 4. in den übrigen vom Gesetz vorgesehenen Fällen.

2 Beschliesst die Gesellschafterversammlung die Auflösung, so bedarf der Beschluss der öffentlichen Beurkundung.

3 Jeder Gesellschafter kann beim Gericht die Auflösung der Gesell- schaft aus wichtigem Grund verlangen. Das Gericht kann statt auf Auf- lösung auf eine andere sachgemässe und den Beteiligten zumutbare Lö- sung erkennen, so insbesondere auf die Abfindung des klagenden Gesellschafters zum wirklichen Wert seiner Stammanteile.

Art. 821a

1 Für die Folgen der Auflösung sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

2 Die Auflösung einer Gesellschaft muss ins Handelsregister eingetra- gen werden. Die Auflösung durch Urteil ist vom Gericht dem Handels- register unverzüglich zu melden. Die Auflösung aus anderen Gründen muss die Gesellschaft beim Handelsregister anmelden.

Art. 822

1 Ein Gesellschafter kann aus wichtigem Grund beim Gericht auf Be- willigung des Austritts klagen.

2 Die Statuten können den Gesellschaftern ein Recht auf Austritt einräu- men und dieses von bestimmten Bedingungen abhängig machen.

Art. 822a

1 Reicht ein Gesellschafter eine Klage auf Austritt aus wichtigem Grund ein oder erklärt ein Gesellschafter seinen Austritt gestützt auf ein statu- tarisches Austrittsrecht, so müssen die Geschäftsführer unverzüglich die übrigen Gesellschafter informieren.

2 Falls andere Gesellschafter innerhalb von drei Monaten nach Zugang dieser Mitteilung auf Austritt aus wichtigem Grund klagen oder ein sta- tutarisches Austrittsrecht ausüben, sind alle austretenden Gesellschafter im Verhältnis des Nennwerts ihrer Stammanteile gleich zu behandeln. Wurden Nachschüsse geleistet, so ist deren Betrag dem Nennwert zuzu- rechnen.

Art. 823

1 Liegt ein wichtiger Grund vor, so kann die Gesellschaft beim Gericht auf Ausschluss eines Gesellschafters klagen.

2 Die Statuten können vorsehen, dass die Gesellschafterversammlung Gesellschafter aus der Gesellschaft ausschliessen darf, wenn bestimmte Gründe vorliegen.

3 Die Vorschriften über den Anschlussaustritt sind nicht anwendbar.

Art. 824

In einem Verfahren betreffend das Ausscheiden eines Gesellschafters kann das Gericht auf Antrag einer Partei bestimmen, dass einzelne oder alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten der betroffenen Person ruhen.

Art. 825

1 Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so hat er An- spruch auf eine Abfindung, die dem wirklichen Wert seiner Stamman- teile entspricht.

2 Für das Ausscheiden auf Grund eines statutarischen Austrittsrechts können die Statuten die Abfindung abweichend festlegen.

Art. 825a

1 Die Abfindung wird mit dem Ausscheiden fällig, soweit die Gesell- schaft: 1. über verwendbares Eigenkapital verfügt; 2. die Stammanteile der ausscheidenden Person veräussern kann; 3. ihr Stammkapital unter Beachtung der entsprechenden Vor- schriften herabsetzen darf.

2 Ein zugelassener Revisionsexperte muss die Höhe des verwendbaren Eigenkapitals feststellen. Reicht dieses zur Auszahlung der Abfindung nicht aus, so muss er zudem zur Frage Stellung nehmen, wie weit das Stammkapital herabgesetzt werden könnte.

3 Für den nicht ausbezahlten Teil der Abfindung hat der ausgeschiedene Gesellschafter eine unverzinsliche nachrangige Forderung. Diese wird fällig, soweit im jährlichen Geschäftsbericht verwendbares Eigenkapital festgestellt wird.

4 Solange die Abfindung nicht vollständig ausbezahlt ist, kann der aus- geschiedene Gesellschafter verlangen, dass die Gesellschaft eine Revi- sionsstelle bezeichnet und die Jahresrechnung ordentlich revidieren lässt.

Art. 826

1 Jeder Gesellschafter hat Anspruch auf einen Anteil am Liquidations- ergebnis, der dem Verhältnis der Nennwerte seiner Stammanteile zum Stammkapital entspricht. Wurden Nachschüsse geleistet und nicht zu- rückbezahlt, so ist deren Betrag den Stammanteilen der betreffenden Gesellschafter und dem Stammkapital zuzurechnen. Die Statuten kön- nen eine abweichende Regelung vorsehen.

2 Für die Auflösung der Gesellschaft mit Liquidation sind die Vorschrif- ten des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

Fünfter Abschnitt: Verantwortlichkeit

Art. 827

Für die Verantwortlichkeit der Personen, die bei der Gründung mitwir- ken oder mit der Geschäftsführung, der Revision oder der Liquidation befasst sind, sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend an- wendbar.

Neunundzwanzigster Titel: Die Genossenschaft Erster Abschnitt: Begriff und Errichtung

Art. 828

1 Die Genossenschaft ist eine als Körperschaft organisierte Verbindung einer nicht geschlossenen Zahl von Personen oder Handelsgesellschaf- ten, die in der Hauptsache die Förderung oder Sicherung wirtschaftli- cher Interessen ihrer Mitglieder in gemeinsamer Selbsthilfe bezweckt oder die gemeinnützig ausgerichtet ist.

2 Genossenschaften mit einem zum voraus festgesetzten Grundkapital sind unzulässig.

Art. 829

Öffentlich-rechtliche Personenverbände stehen, auch wenn sie genos- senschaftlichen Zwecken dienen, unter dem öffentlichen Recht des Bundes und der Kantone.

Art. 830

706 Die Genossenschaft wird errichtet, indem die Gründer in öffentlicher Urkunde erklären, eine Genossenschaft zu gründen, und darin die Sta- tuten und die Organe festlegen.

Art. 831

1 Bei der Gründung einer Genossenschaft müssen mindestens sieben Mitglieder beteiligt sein.

2 Sinkt in der Folge die Zahl der Genossenschafter unter diese Mindest- zahl, so sind die Vorschriften des Aktienrechts über Mängel in der Or- ganisation der Gesellschaft entsprechend anwendbar.

707

Art. 832

Die Statuten müssen Bestimmungen enthalten über: 1.

708 die Firma und den Sitz der Genossenschaft; 2. den Zweck der Genossenschaft; 3. und 4.

709 5.

710 die Form der Mitteilungen der Genossenschaft an ihre Genos- senschafter.

Art. 833

Zu ihrer Verbindlichkeit bedürfen der Aufnahme in die Statuten: 1. Vorschriften über die Schaffung eines Genossenschaftskapitals durch Genossenschaftsanteile (Anteilscheine); 2. Bestimmungen über nicht durch Einzahlung geleistete Einlagen auf das Genossenschaftskapital (Sacheinlagen), deren Gegen- stand und deren Anrechnungsbetrag, sowie über die Person des einlegenden Genossenschafters; 3.

711 4. von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Vorschriften über den Eintritt in die Genossenschaft und über den Verlust der Mitgliedschaft; 5.

712 Bestimmungen über die persönliche Haftung, die Nachschuss- pflicht und eine Verpflichtung der Genossenschafter zu Geld- oder anderen Leistungen sowie die Art und Höhe der entspre- chenden Leistungen

712 6. von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Vorschriften über die Organisation, die Vertretung, die Abänderung der Sta- tuten und über die Beschlussfassung der Generalversammlung; 7. Beschränkungen und Erweiterungen in der Ausübung des Stimmrechtes; 8.

713 Bestimmungen über die Berechnung und die Verwendung des Bilanzgewinns und des Liquidationsüberschusses.

Art. 834

1 Die Statuten sind schriftlich abzufassen und einer von den Gründern einzuberufenden Versammlung zur Beratung und Genehmigung vorzu- legen.

2 Überdies ist ein schriftlicher Bericht der Gründer über allfällige Sach- einlagen der Versammlung bekanntzugeben und von ihr zu beraten. Die Gründer haben zu bestätigen, dass keine anderen Sacheinlagen, Ver- rechnungstatbestände oder besonderen Vorteile bestehen, als die in den Belegen genannten.

3 Diese Versammlung bestellt auch die notwendigen Organe.

4 Bis zur Eintragung der Genossenschaft in das Handelsregister kann die Mitgliedschaft nur durch Unterzeichnung der Statuten begründet wer- den.

Art. 835

715 Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.

Art. 836

716

Art. 837

1 Die Genossenschaft führt ein Verzeichnis, in dem der Vor- und der Nachname oder die Firma der Genossenschafter sowie die Adresse ein- getragen werden. Sie muss das Verzeichnis so führen, dass in der Schweiz jederzeit darauf zugegriffen werden kann

2 Die Belege, die einer Eintragung zugrunde liegen, müssen während zehn Jahren nach der Streichung des Genossenschafters aus dem Ver- zeichnis aufbewahrt werden.

Art. 838

1 Die Genossenschaft erlangt das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister.

2 Ist vor der Eintragung im Namen der Genossenschaft gehandelt wor- den, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch.

3 Wurden solche Verpflichtungen ausdrücklich im Namen der zu bil- denden Genossenschaft eingegangen und innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der Eintragung in das Handelsregister von der Genossen- schaft übernommen, so werden die Handelnden befreit, und es haftet die Genossenschaft.

Art. 838a

718 Der Beschluss der Generalversammlung oder der Verwaltung über eine Änderung der Statuten ist öffentlich zu beurkunden und ins Handelsre- gister einzutragen.

Zweiter Abschnitt: Erwerb der Mitgliedschaft

Art. 839

1 In eine Genossenschaft können jederzeit neue Mitglieder aufgenom- men werden.

2 Die Statuten können unter Wahrung des Grundsatzes der nicht ge- schlossenen Mitgliederzahl die nähern Bestimmungen über den Eintritt treffen; sie dürfen jedoch den Eintritt nicht übermässig erschweren.

718

Art. 840

1 Zum Beitritt bedarf es einer schriftlichen Erklärung.

2 Besteht bei einer Genossenschaft neben der Haftung des Genossen- schaftsvermögens eine persönliche Haftung oder eine Nachschuss- pflicht der einzelnen Genossenschafter, so muss die Beitrittserklärung diese Verpflichtungen ausdrücklich enthalten.

3 Über die Aufnahme neuer Mitglieder entscheidet die Verwaltung, so- weit nicht nach den Statuten die blosse Beitrittserklärung genügt oder ein Beschluss der Generalversammlung nötig ist.

Art. 841

1 Ist die Zugehörigkeit zur Genossenschaft mit einem Versicherungs- vertrag bei dieser Genossenschaft verknüpft, so wird die Mitgliedschaft erworben mit der Annahme des Versicherungsantrages durch das zu- ständige Organ.

2 Die von einer konzessionierten Versicherungsgenossenschaft mit den Mitgliedern abgeschlossenen Versicherungsverträge unterstehen in gleicher Weise wie die von ihr mit Dritten abgeschlossenen Versiche- rungsverträge den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 2. April 1908

719 über den Versicherungsvertrag.

Dritter Abschnitt: Verlust der Mitgliedschaft

Art. 842

1 Solange die Auflösung der Genossenschaft nicht beschlossen ist, steht jedem Genossenschafter der Austritt frei.

2 Die Statuten können vorschreiben, dass der Austretende zur Bezah- lung einer angemessenen Auslösungssumme verpflichtet ist, wenn nach den Umständen durch den Austritt der Genossenschaft ein erheblicher Schaden erwächst oder deren Fortbestand gefährdet wird.

3 Ein dauerndes Verbot oder eine übermässige Erschwerung des Aus- trittes durch die Statuten oder durch Vertrag sind ungültig.

Art. 843

1 Der Austritt kann durch die Statuten oder durch Vertrag auf höchstens fünf Jahre ausgeschlossen werden.

2 Auch während dieser Frist kann aus wichtigen Gründen der Austritt erklärt werden. Die Pflicht zur Bezahlung einer angemessenen Auslö- sungssumme unter den für den freien Austritt vorgesehenen Vorausset- zungen bleibt vorbehalten.

Art. 844

1 Der Austritt kann nur auf Schluss des Geschäftsjahres und unter Be- obachtung einer einjährigen Kündigungsfrist stattfinden.

2 Den Statuten bleibt vorbehalten, eine kürzere Kündigungsfrist vorzu- schreiben und den Austritt auch im Laufe des Geschäftsjahres zu gestat- ten.

Art. 845

Falls die Statuten dem ausscheidenden Mitglied einen Anteil am Ver- mögen der Genossenschaft gewähren, kann ein dem Genossenschafter zustehendes Austrittsrecht in dessen Konkurse von der Konkursverwal- tung oder, wenn dieser Anteil gepfändet wird, vom Betreibungsamt gel- tend gemacht werden.

Art. 846

1 Die Statuten können die Gründe bestimmen, aus denen ein Genossen- schafter ausgeschlossen werden darf.

2 Überdies kann er jederzeit aus wichtigen Gründen ausgeschlossen werden.

3 Über die Ausschliessung entscheidet die Generalversammlung. Die Statuten können die Verwaltung als zuständig erklären, wobei dem Aus- geschlossenen ein Rekursrecht an die Generalversammlung zusteht. Dem Ausgeschlossenen steht innerhalb drei Monaten die Anrufung des Gerichts offen.

4 Das ausgeschlossene Mitglied kann unter den für den freien Austritt aufgestellten Voraussetzungen zur Entrichtung einer Auslösungssumme verhalten werden.

Art. 847

1 Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tode des Genossenschafters.

2 Die Statuten können jedoch bestimmen, dass die Erben ohne weiteres Mitglieder der Genossenschaft sind.

3 Die Statuten können ferner bestimmen, dass die Erben oder einer unter mehreren Erben auf schriftliches Begehren an Stelle des verstorbenen Genossenschafters als Mitglied anerkannt werden müssen.

4 Die Erbengemeinschaft hat für die Beteiligung an der Genossenschaft einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen.

Art. 848

Ist die Zugehörigkeit zu einer Genossenschaft mit einer Beamtung oder Anstellung verknüpft oder die Folge eines Vertragsverhältnisses, wie bei einer Versicherungsgenossenschaft, so fällt die Mitgliedschaft, so- fern die Statuten es nicht anders ordnen, mit dem Aufhören der Beam- tung oder Anstellung oder des Vertrages dahin.

Art. 849

1 Die Abtretung der Genossenschaftsanteile und, wenn über die Mit- gliedschaft oder den Genossenschaftsanteil eine Urkunde ausgestellt worden ist, die Übertragung dieser Urkunde machen den Erwerber nicht ohne weiteres zum Genossenschafter. Der Erwerber wird erst durch ei- nen dem Gesetz und den Statuten entsprechenden Aufnahmebeschluss Genossenschafter.

2 Solange der Erwerber nicht als Genossenschafter aufgenommen ist, steht die Ausübung der persönlichen Mitgliedschaftsrechte dem Ver- äusserer zu.

3 Ist die Zugehörigkeit zu einer Genossenschaft mit einem Vertrage ver- knüpft, so können die Statuten bestimmen, dass die Mitgliedschaft mit der Übernahme des Vertrages ohne weiteres auf den Rechtsnachfolger übergeht.

Art. 850

1 Die Mitgliedschaft bei einer Genossenschaft kann durch die Statuten vom Eigentum an einem Grundstück oder vom wirtschaftlichen Betrieb eines solchen abhängig gemacht werden.

2 Die Statuten können für solche Fälle vorschreiben, dass mit der Ver- äusserung des Grundstückes oder mit der Übernahme des wirtschaftli- chen Betriebes die Mitgliedschaft ohne weiteres auf den Erwerber oder den Übernehmer übergeht.

3 Die Bestimmung betreffend den Übergang der Mitgliedschaft bei Ver- äusserung des Grundstückes bedarf zu ihrer Gültigkeit gegenüber Drit- ten der Vormerkung im Grundbuche.

Art. 851

Bei Übertragung und Vererbung der Mitgliedschaft gelten für den Rechtsnachfolger die gleichen Austrittsbedingungen wie für das frühere Mitglied.

Vierter Abschnitt:

Rechte und Pflichten der Genossenschafter

Art. 852

1 Die Statuten können vorschreiben, dass für den Ausweis der Mitglied- schaft eine Urkunde ausgestellt wird.

2 Dieser Ausweis kann auch im Anteilschein enthalten sein.

Art. 853

1 Bestehen bei einer Genossenschaft Anteilscheine, so hat jeder der Genossenschaft Beitretende mindestens einen Anteilschein zu überneh- men.

2 Die Statuten können bestimmen, dass bis zu einer bestimmten Höchst- zahl mehrere Anteilscheine erworben werden dürfen.

3 Die Anteilscheine werden auf den Namen des Mitgliedes ausgestellt. Sie können aber nicht als Wertpapiere, sondern nur als Beweisurkunden errichtet werden.

Art. 854

Die Genossenschafter stehen in gleichen Rechten und Pflichten, soweit sich aus dem Gesetz nicht eine Ausnahme ergibt.

Art. 855

Die Rechte, die den Genossenschaftern in den Angelegenheiten der Ge- nossenschaft, insbesondere in Bezug auf die Führung der genossen- schaftlichen Geschäfte und die Förderung der Genossenschaft zustehen, werden durch die Teilnahme an der Generalversammlung oder in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen durch schriftliche Stimmabgabe (Ur- abstimmung) ausgeübt.

Art. 856

1 Spätestens zehn Tage vor der Generalversammlung oder der Urab- stimmung, die über die Genehmigung des Lageberichts, der Konzern- rechnung und der Jahresrechnung zu entscheiden hat, sind diese mit dem Revisionsbericht zur Einsicht der Genossenschafter am Sitz der Genos- senschaft aufzulegen

2 Sofern die Unterlagen nicht elektronisch zugänglich sind, kann jeder Genossenschafter während eines Jahres nach der Generalversammlung verlangen, dass ihm der Geschäftsbericht in der von der Generalver- sammlung genehmigten Form sowie der Revisionsbericht zugestellt werden

722

Art. 857

1 Die Genossenschafter können die Revisionsstelle auf zweifelhafte An- sätze aufmerksam machen und die erforderlichen Aufschlüsse verlan- gen.

2 Eine Einsichtnahme in die Geschäftsbücher und Korrespondenzen ist nur mit ausdrücklicher Ermächtigung der Generalversammlung oder durch Beschluss der Verwaltung und unter Wahrung des Geschäftsge- heimnisses gestattet.

3 Das Gericht kann verfügen, dass die Genossenschaft dem Genossen- schafter über bestimmte, für die Ausübung des Kontrollrechts erhebli- che Tatsachen durch beglaubigte Abschrift aus ihren Geschäftsbüchern oder von Korrespondenzen Auskunft zu erteilen hat. Durch diese Ver- fügung dürfen die Interessen der Genossenschaft nicht gefährdet wer- den.

4 Das Kontrollrecht der Genossenschafter kann weder durch die Statu- ten noch durch Beschlüsse eines Genossenschaftsorgans aufgehoben oder beschränkt werden.

Art. 858

724

Art. 859

1 Ein Jahresgewinn aus dem Betriebe der Genossenschaft fällt, wenn die Statuten es nicht anders bestimmen, in seinem ganzen Umfange in das Genossenschaftsvermögen.

2 Ist eine Verteilung des Jahresgewinns unter die Genossenschafter vor- gesehen, so erfolgt sie, soweit die Statuten es nicht anders ordnen, nach dem Masse der Benützung der genossenschaftlichen Einrichtungen durch die einzelnen Mitglieder.

3 Bestehen Anteilscheine, so darf die auf sie entfallende Quote des Jah- resgewinns den landesüblichen Zinsfuss für langfristige Darlehen ohne besondere Sicherheiten nicht übersteigen.

Art. 860

1 Soweit der Jahresgewinn in anderer Weise als zur Äufnung des Ge- nossenschaftsvermögens verwendet wird, ist davon jährlich ein Zwan- zigstel einem Reservefonds zuzuweisen. Diese Zuweisung hat während mindestens 20 Jahren zu erfolgen; wenn Anteilscheine bestehen, hat die Zuweisung auf alle Fälle so lange zu erfolgen, bis der Reservefonds ei- nen Fünftel des Genossenschaftskapitals ausmacht.

2 Durch die Statuten kann eine weitergehende Äufnung des Reserve- fonds vorgeschrieben werden.

3 Soweit der Reservefonds die Hälfte des übrigen Genossenschaftsver- mögens oder, wenn Anteilscheine bestehen, die Hälfte des Genossen- schaftskapitals nicht übersteigt, darf er nur zur Deckung von Verlusten oder zu Massnahmen verwendet werden, die geeignet sind, in Zeiten schlechten Geschäftsganges die Erreichung des Genossenschaftszwec- kes sicherzustellen.

726

Art. 861

1 Kreditgenossenschaften können in den Statuten von den Bestimmun- gen der vorstehenden Artikel abweichende Vorschriften über die Ver- teilung des Jahresgewinns erlassen, doch sind auch sie gehalten, einen Reservefonds zu bilden und den vorstehenden Bestimmungen gemäss zu verwenden.

2 Dem Reservefonds ist alljährlich mindestens ein Zehntel des Jahres- gewinns zuzuweisen, bis der Fonds die Höhe von einem Zehntel des Genossenschaftskapitals erreicht hat.

3 Wird auf die Genossenschaftsanteile eine Quote des Jahresgewinns verteilt, die den landesüblichen Zinsfuss für langfristige Darlehen ohne besondere Sicherheiten übersteigt, so ist von dem diesen Zinsfuss über- steigenden Betrag ein Zehntel ebenfalls dem Reservefonds zuzuweisen.

726

Art. 862

1 Die Statuten können insbesondere auch Fonds zur Gründung und Un- terstützung von Wohlfahrtseinrichtungen für Angestellte und Arbeiter des Unternehmens sowie für Genossenschafter vorsehen.

727

Art. 863

1 Die dem Gesetz und den Statuten entsprechenden Einlagen in Reserve- und andere Fonds sind in erster Linie von dem zur Verteilung gelangen- den Jahresgewinn in Abzug zu bringen.

2 Soweit die Rücksicht auf das dauernde Gedeihen des Unternehmens es als angezeigt erscheinen lässt, kann die Generalversammlung auch solche Reserveanlagen beschliessen, die im Gesetz oder in den Statuten nicht vorgesehen sind oder über deren Anforderungen hinausgehen.

3 In gleicher Weise können zum Zwecke der Gründung und Unterstüt- zung von Wohlfahrtseinrichtungen für Angestellte, Arbeiter und Genos- senschafter sowie zu andern Wohlfahrtszwecken Beiträge aus dem Jah- resgewinn auch dann ausgeschieden werden, wenn sie in den Statuten nicht vorgesehen sind; solche Beitrage stehen unter den Bestimmungen über die statutarischen Wohlfahrtsfonds.

Art. 864

1 Die Statuten bestimmen, ob und welche Ansprüche an das Genossen- schaftsvermögen den ausscheidenden Genossenschaftern oder deren Er- ben zustehen. Diese Ansprüche sind auf Grund des bilanzmässigen Reinvermögens im Zeitpunkt des Ausscheidens mit Ausschluss der Re- serven zu berechnen.

2 Die Statuten können dem Ausscheidenden oder seinen Erben ein Recht auf gänzliche oder teilweise Rückzahlung der Anteilscheine mit Aus- schluss des Eintrittsgeldes zuerkennen. Sie können die Hinausschiebung der Rückzahlung bis auf die Dauer von drei Jahren nach dem Ausschei- den vorsehen.

3 Die Genossenschaft bleibt indessen auch ohne statutarische Bestim- mung hierüber berechtigt, die Rückzahlung bis auf drei Jahre hinauszu- schieben, sofern ihr durch diese Zahlung ein erheblicher Schaden er- wachsen oder ihr Fortbestand gefährdet würde. Ein allfälliger Anspruch der Genossenschaft auf Bezahlung einer angemessenen Auslösungs- summe wird durch diese Bestimmung nicht berührt.

4 Die Ansprüche des Ausscheidenden oder seiner Erben verjähren in drei Jahren vom Zeitpunkt an gerechnet, auf den die Auszahlung ver- langt werden kann.

Art. 865

1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsan- spruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Er- ben keine Abfindung beanspruchen.

2 Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausschei- den oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Er- ben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.

Art. 866

Die Genossenschafter sind verpflichtet, die Interessen der Genossen- schaft in guten Treuen zu wahren.

Art. 867

1 Die Statuten regeln die Beitrags- und Leistungspflicht.

2 Sind die Genossenschafter zur Einzahlung von Genossenschaftsantei- len oder zu andern Beitragsleistungen verpflichtet, so hat die Genossen- schaft diese Leistungen unter Ansetzung einer angemessenen Frist und mit eingeschriebenem Brief einzufordern.

3 Wird auf die erste Aufforderung nicht bezahlt und kommt der Genos- senschafter auch einer zweiten Zahlungsaufforderung innert Monatsfrist nicht nach, so kann er, sofern ihm dies mit eingeschriebenem Brief an- gedroht worden ist, seiner Genossenschaftsrechte verlustig erklärt wer- den.

4 Sofern die Statuten es nicht anders ordnen, wird der Genossenschafter durch die Verlustigerklärung nicht von fälligen oder durch die Aus- schliessung fällig werdenden Verpflichtungen befreit.

Art. 868

Für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haftet das Genossen- schaftsvermögen. Es haftet ausschliesslich, sofern die Statuten nichts anderes bestimmen.

Art. 869

1 Die Statuten können, ausgenommen bei konzessionierten Versiche- rungsgenossenschaften, die Bestimmung aufstellen, dass nach dem Ge- nossenschaftsvermögen die Genossenschafter persönlich unbeschränkt haften.

2 In diesem Falle haften, soweit die Gläubiger im Genossenschaftskon- kurse zu Verlust kommen, die Genossenschafter für alle Verbindlich- keiten der Genossenschaft solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen. Diese Haftung wird bis zur Beendigung des Konkurses durch die Kon- kursverwaltung geltend gemacht.

Art. 870

1 Die Statuten können, ausgenommen bei konzessionierten Versiche- rungsgenossenschaften, die Bestimmung aufstellen, dass die Genossen- schafter über die Mitgliederbeiträge und Genossenschaftsanteile hinaus für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft nach dem Genossen- schaftsvermögen persönlich, jedoch nur bis zu einem bestimmten Be- trage haften.

2 Wenn Genossenschaftsanteile bestehen, ist der Haftungsbetrag für die einzelnen Genossenschafter nach dem Betrag ihrer Genossenschaftsan- teile zu bestimmen.

3 Die Haftung wird bis zur Beendigung des Konkurses durch die Kon- kursverwaltung geltend gemacht.

Art. 871

1 Die Statuten können die Genossenschafter an Stelle oder neben der Haftung zur Leistung von Nachschüssen verpflichten, die jedoch nur zur Deckung von Bilanzverlusten dienen dürfen.

2 Die Nachschusspflicht kann unbeschränkt sein, sie kann aber auch auf bestimmte Beträge oder im Verhältnis zu den Mitgliederbeiträgen oder den Genossenschaftsanteilen beschränkt werden.

3 Enthalten die Statuten keine Bestimmungen über die Verteilung der Nachschüsse auf die einzelnen Genossenschafter, so richtet sich diese nach dem Betrag der Genossenschaftsanteile oder, wenn solche nicht bestehen, nach Köpfen.

4 Die Nachschüsse können jederzeit eingefordert werden. Im Konkurse der Genossenschaft steht die Einforderung der Nachschüsse der Kon- kursverwaltung zu.

5 Im Übrigen sind die Vorschriften über die Einforderung der Leistun- gen und über die Verlustigerklärung anwendbar.

Art. 872

Bestimmungen der Statuten, welche die Haftung auf bestimmte Zeit oder auf besondere Verbindlichkeiten oder auf einzelne Gruppen von Mitgliedern beschränken, sind ungültig.

Art. 873

1 Im Konkurs einer Genossenschaft mit persönlicher Haftung oder mit Nachschusspflicht der Genossenschafter hat die Konkursverwaltung gleichzeitig mit der Aufstellung des Kollokationsplanes die auf die ein- zelnen Genossenschafter entfallenden vorläufigen Haftungsanteile oder Nachschussbeträge festzustellen und einzufordern.

2 Uneinbringliche Beträge sind auf die übrigen Genossenschafter im gleichen Verhältnis zu verteilen, Überschüsse nach endgültiger Feststel- lung der Verteilungsliste zurückzuerstatten. Der Rückgriff der Genos- senschafter unter sich bleibt vorbehalten.

3 Die vorläufige Feststellung der Verpflichtungen der Genossenschafter und die Verteilungsliste können nach den Vorschriften des Schuldbe- treibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 1889

728 durch Be- schwerde angefochten werden.

4 Das Verfahren wird durch eine Verordnung des Bundesrates gere- gelt.

729

Art. 874

1 Änderungen an den Haftungs- oder Nachschussverpflichtungen der Genossenschafter sowie die Herabsetzung oder Aufhebung der Anteil- scheine können nur auf dem Wege der Statutenrevision vorgenommen werden.

2 Auf die Herabsetzung oder Aufhebung der Anteilscheine finden über- dies die Bestimmungen über die Kapitalherabsetzung bei der Aktienge- sellschaft Anwendung.

3 Von einer Verminderung der Haftung oder der Nachschusspflicht wer- den die vor der Veröffentlichung der Statutenrevision entstandenen Ver- bindlichkeiten nicht betroffen.

4 Die Neubegründung oder Vermehrung der Haftung oder der Nach- schusspflicht wirkt mit der Eintragung des Beschlusses zugunsten aller Gläubiger der Genossenschaft.

730

Art. 875

1 Wer in eine Genossenschaft mit persönlicher Haftung oder mit Nach- schusspflicht der Genossenschafter eintritt, haftet gleich den andern Ge- nossenschaftern auch für die vor seinem Eintritt entstandenen Verbind- lichkeiten.

2 Eine entgegenstehende Bestimmung der Statuten oder Verabredung unter den Genossenschaftern hat Dritten gegenüber keine Wirkung.

Art. 876

1 Wenn ein unbeschränkt oder beschränkt haftender Genossenschafter durch Tod oder in anderer Weise ausscheidet, dauert die Haftung für die vor seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten fort, sofern die Genossenschaft innerhalb eines Jahres oder einer statutarisch festge- setzten längern Frist seit der Eintragung des Ausscheidens in das Han- delsregister in Konkurs gerät.

2 Unter den gleichen Voraussetzungen und für die gleichen Fristen be- steht auch die Nachschusspflicht fort.

3 Wird eine Genossenschaft aufgelöst, so bleiben die Mitglieder in glei- cher Weise haftbar oder zu Nachschüssen verpflichtet, falls innerhalb eines Jahres oder einer statutarisch festgesetzten längere Frist seit der Eintragung der Auflösung in das Handelsregister der Konkurs über die Genossenschaft eröffnet wird.

Art. 877

1 Sind die Genossenschafter für die Genossenschaftsschulden unbe- schränkt oder beschränkt haftbar oder sind sie zu Nachschüssen ver- pflichtet, so hat die Verwaltung jeden Eintritt oder Austritt eines Genos- senschafters innerhalb drei Monaten beim Handelsregisteramt an- zumelden.

2 Überdies steht jedem austretenden oder ausgeschlossenen Mitgliede sowie den Erben eines Mitgliedes die Befugnis zu, die Eintragung des Austrittes, des Ausschlusses oder des Todesfalles von sich aus vorneh- men zu lassen. Das Handelsregisteramt hat der Verwaltung der Genos- senschaft von einer solchen Anmeldung sofort Kenntnis zu geben.

3 Die konzessionierten Versicherungsgenossenschaften sind von der Pflicht zur Anmeldung ihrer Mitglieder beim Handelsregisteramt be- freit.

Art. 878

1 Die Ansprüche der Gläubiger aus der persönlichen Haftung der ein- zelnen Genossenschafter können noch während der Dauer eines Jahres vom Schlusse des Konkursverfahrens an von jedem Gläubiger geltend gemacht werden, sofern sie nicht nach gesetzlicher Vorschrift schon vorher erloschen sind.

2 Der Rückgriff der Genossenschafter unter sich verjährt mit Ablauf von drei Jahren vom Zeitpunkt der Zahlung an, für die er geltend gemacht wird.

731

Fünfter Abschnitt: Organisation der Genossenschaft

Art. 879

1 Oberstes Organ der Genossenschaft ist die Generalversammlung der Genossenschafter.

2 Ihr stehen folgende unübertragbare Befugnisse zu: 1. die Festsetzung und Änderung der Statuten; 2.

732 Wahl der Verwaltung und der Revisionsstelle;

733 die Genehmigung der Jahresrechnung sowie gegebenenfalls die Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns; 3.

734 die Genehmigung des Lageberichts und der Konzernrechnung; 3

735 die Beschlussfassung über die Rückzahlung von Kapitalre- serven; 4. die Entlastung der Verwaltung; 5. die Beschlussfassung über die Gegenstände, die der Generalver- sammlung durch das Gesetz oder die Statuten vorbehalten sind.

Art. 880

Bei Genossenschaften, die mehr als 300 Mitglieder zählen oder bei de- nen die Mehrheit der Mitglieder aus Genossenschaften besteht, können die Statuten bestimmen, dass die Befugnisse der Generalversammlung ganz oder zum Teil durch schriftliche Stimmabgabe (Urabstimmung) der Genossenschafter ausgeübt werden.

735

Art. 881

1 Die Generalversammlung wird durch die Verwaltung oder ein anderes nach den Statuten dazu befugtes Organ, nötigenfalls durch die Revisi- onsstelle einberufen.

736 Das Einberufungsrecht steht auch den Liquida- toren und den Vertretern der Anleihensgläubiger zu.

2 Die Generalversammlung muss einberufen werden, wenn wenigstens der zehnte Teil der Genossenschafter oder, bei Genossenschaften von weniger als 30 Mitgliedern, mindestens drei Genossenschafter die Ein- berufung verlangen.

3 Entspricht die Verwaltung diesem Begehren nicht binnen angemesse- ner Frist, so hat das Gericht auf Antrag der Gesuchsteller die Einberu- fung anzuordnen.

Art. 882

1 Die Generalversammlung ist in der durch die Statuten vorgesehenen Form, jedoch mindestens fünf Tage vor dem Versammlungstag einzu- berufen.

2 Bei Genossenschaften von über 30 Mitgliedern ist die Einberufung wirksam, sobald sie durch öffentliche Auskündigung erfolgt.

Art. 883

1 Bei der Einberufung sind die Verhandlungsgegenstände, bei Abände- rung der Statuten der wesentliche Inhalt der vorgeschlagenen Änderun- gen bekanntzugeben.

2 Über Gegenstände, die nicht in dieser Weise angekündigt worden sind, können Beschlüsse nicht gefasst werden, ausser über einen Antrag auf Einberufung einer weitern Generalversammlung.

3 Zur Stellung von Anträgen und zu Verhandlungen ohne Beschlussfas- sung bedarf es der vorgängigen Ankündigung nicht.

Art. 884

Wenn und solange alle Genossenschafter in einer Versammlung anwe- send sind, können sie, falls kein Widerspruch erhoben wird, Beschlüsse fassen, auch wenn die Vorschriften über die Einberufung nicht einge- halten wurden.

736

Art. 885

Jeder Genossenschafter hat in der Generalversammlung oder in der Urabstimmung eine Stimme.

Art. 886

1 Bei der Ausübung seines Stimmrechts in der Generalversammlung kann sich ein Genossenschafter durch einen andern Genossenschafter vertreten lassen, doch kann kein Bevollmächtigter mehr als einen Ge- nossenschafter vertreten.

2 Bei Genossenschaften mit über 1000 Mitgliedern können die Statuten vorsehen, dass jeder Genossenschafter mehr als einen, höchstens aber neun andere Genossenschafter vertreten darf.

3 Den Statuten bleibt vorbehalten, die Vertretung durch einen hand- lungsfähigen Familienangehörigen zulässig zu erklären.

Art. 887

1 Bei Beschlüssen über die Entlastung der Verwaltung haben Personen, die in irgendeiner Weise an der Geschäftsführung teilgenommen haben, kein Stimmrecht.

737

Art. 888

1 Die Generalversammlung fasst ihre Beschlüsse und vollzieht ihre Wahlen, soweit das Gesetz oder die Statuten es nicht anders bestimmen, mit absoluter Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Dasselbe gilt für Be- schlüsse und Wahlen, die auf dem Wege der Urabstimmung vorgenom- men werden.

2 Für die Auflösung der Genossenschaft sowie für die Abänderung der Statuten bedarf es einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Die Statuten können die Bedingungen für diese Beschlüsse noch erschweren.

738

Art. 889

1 Beschlüsse über die Einführung oder die Vermehrung der persönli- chen Haftung oder der Nachschusspflicht der Genossenschafter bedür- fen der Zustimmung von drei Vierteilen sämtlicher Genossenschafter.

2 Solche Beschlüsse sind für Genossenschafter, die nicht zugestimmt haben, nicht verbindlich, wenn sie binnen drei Monaten seit der Veröf- fentlichung des Beschlusses den Austritt erklären. Dieser Austritt ist wirksam auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Beschlusses.

3 Der Austritt darf in diesem Falle nicht von der Leistung einer Auslö- sungssumme abhängig gemacht werden.

Art. 890

1 Die Generalversammlung ist berechtigt, die Mitglieder der Verwal- tung und der Revisionsstelle sowie andere von ihr gewählte Bevoll- mächtigte und Beauftragte abzuberufen.

2 Auf den Antrag von wenigstens einem Zehntel der Genossenschafter kann das Gericht die Abberufung verfügen, wenn wichtige Gründe vor- liegen, insbesondere wenn die Abberufenen die ihnen obliegenden Pflichten vernachlässigt haben oder zu erfüllen ausserstande waren. Es hat in einem solchen Falle, soweit notwendig, eine Neuwahl durch die zuständigen Genossenschaftsorgane zu verfügen und für die Zwischen- zeit die geeigneten Anordnungen zu treffen.

3 Entschädigungsansprüche der Abberufenen bleiben vorbehalten.

Art. 891

1 Die Verwaltung und jeder Genossenschafter können von der General- versammlung oder in der Urabstimmung gefasste Beschlüsse, die gegen das Gesetz oder die Statuten verstossen, beim Gericht mit Klage gegen die Genossenschaft anfechten. Ist die Verwaltung Klägerin, so bestimmt das Gericht einen Vertreter für die Genossenschaft.

2 Das Anfechtungsrecht erlischt, wenn die Klage nicht spätestens zwei Monate nach der Beschlussfassung angehoben wird.

3 Das Urteil, das einen Beschluss aufhebt, wirkt für und gegen alle Ge- nossenschafter.

Art. 892

1 Genossenschaften, die mehr als 300 Mitglieder zählen oder bei denen die Mehrheit der Mitglieder aus Genossenschaften besteht, können durch die Statuten die Befugnisse der Generalversammlung ganz oder zum Teil einer Delegiertenversammlung übertragen.

2 Zusammensetzung, Wahlart und Einberufung der Delegiertenver- sammlung werden durch die Statuten geregelt.

3 Jeder Delegierte hat in der Delegiertenversammlung eine Stimme, so- fern die Statuten das Stimmrecht nicht anders ordnen.

4 Im Übrigen gelten für die Delegiertenversammlung die gesetzlichen Vorschriften über die Generalversammlung.

Art. 893

1 Die konzessionierten Versicherungsgenossenschaften mit über 1000 Mitgliedern können durch die Statuten die Befugnisse der Generalver- sammlung ganz oder zum Teil der Verwaltung übertragen.

2 Unübertragbar sind die Befugnisse der Generalversammlung zur Ein- führung oder Vermehrung der Nachschusspflicht, zur Auflösung, zur Fusion, zur Spaltung und zur Umwandlung der Rechtsform der Genos- senschaft.

741

Art. 893a

742 Die Vorschriften des Aktienrechts über den Tagungsort und die Ver- wendung elektronischer Mittel bei der Vorbereitung und Durchführung der Generalversammlung sind sinngemäss anwendbar.

Art. 894

1 Die Verwaltung der Genossenschaft besteht aus mindestens drei Per- sonen; die Mehrheit muss aus Genossenschaftern bestehen.

2 Ist an der Genossenschaft eine juristische Person oder eine Handels- gesellschaft beteiligt, so ist sie als solche nicht als Mitglied der Verwal- tung wählbar; dagegen können an ihrer Stelle ihre Vertreter gewählt werden.

Art. 895

743

Art. 896

1 Die Mitglieder der Verwaltung werden auf höchstens vier Jahre ge- wählt, sind aber, wenn die Statuten nicht etwas anderes bestimmen, wie- der wählbar.

2 Bei den konzessionierten Versicherungsgenossenschaften finden für die Amtsdauer der Verwaltung die für die Aktiengesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

Art. 897

Die Statuten können einen Teil der Pflichten und Befugnisse der Ver- waltung einem oder mehreren von dieser gewählten Verwaltungsaus- schüssen übertragen.

Art. 898

1 Die Statuten können die Generalversammlung oder die Verwaltung er- mächtigen, die Geschäftsführung oder einzelne Zweige derselben und die Vertretung an eine oder mehrere Personen, Geschäftsführer oder Di- rektoren zu übertragen, die nicht Mitglieder der Genossenschaft zu sein brauchen.

2 Die Genossenschaft muss durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese Person muss Mitglied der Ver- waltung, Geschäftsführer oder Direktor sein. Diese Person muss Zugang zum Verzeichnis nach Artikel 837 haben.

745

Art. 899

1 Die zur Vertretung befugten Personen sind ermächtigt, im Namen der Genossenschaft alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Zweck der Genossenschaft mit sich bringen kann.

2 Eine Beschränkung dieser Vertretungsbefugnis hat gegenüber gut- gläubigen Dritten keine Wirkung, unter Vorbehalt der im Handelsregis- ter eingetragenen Bestimmungen über die ausschliessliche Vertretung der Hauptniederlassung oder einer Zweigniederlassung oder über die gemeinsame Führung der Firma.

3 Die Genossenschaft haftet für den Schaden aus unerlaubten Handlun- gen, die eine zur Geschäftsführung oder zur Vertretung befugte Person in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtungen begeht.

745

Art. 899a

746 Wird die Genossenschaft beim Abschluss eines Vertrages durch dieje- nige Person vertreten, mit der sie den Vertrag abschliesst, so muss der Vertrag schriftlich abgefasst werden. Dieses Erfordernis gilt nicht für Verträge des laufenden Geschäfts, bei denen die Leistung der Gesell- schaft den Wert von 1000 Franken nicht übersteigt.

Art. 900

Die zur Vertretung der Genossenschaft befugten Personen haben in der Weise zu zeichnen, dass sie der Firma der Genossenschaft ihre Unter- schrift beifügen.

Art. 901

748

Art. 902

1 Die Verwaltung hat die Geschäfte der Genossenschaft mit aller Sorg- falt zu leiten und die genossenschaftliche Aufgabe mit besten Kräften zu fördern.

2 Sie ist insbesondere verpflichtet: 1. die Geschäfte der Generalversammlung vorzubereiten und de- ren Beschlüsse auszuführen; 2. die mit der Geschäftsführung und Vertretung Beauftragten im Hinblick auf die Beobachtung der Gesetze, der Statuten und all- fälliger Reglemente zu überwachen und sich über den Ge- schäftsgang regelmässig unterrichten zu lassen.

3 Die Verwaltung ist dafür verantwortlich, dass: 1. ihre Protokolle und diejenigen der Generalversammlung, die notwendigen Geschäftsbücher sowie das Genossenschafterver- zeichnis geführt werden; 2. der Geschäftsbericht nach den gesetzlichen Vorschriften aufge- stellt und der Revisionsstelle zur Prüfung unterbreitet wird; und

748 3. die Anzeigen an das Handelsregisteramt über Eintritt und Aus- tritt der Genossenschafter gemacht werden.

749

Art. 902a

750 Auf die Rückerstattung von Leistungen sind die Vorschriften des Ak- tienrechts entsprechend anwendbar.

Art. 903

1 Die Bestimmungen des Aktienrechts zur drohenden Zahlungsunfähig- keit, zur Überschuldung sowie zur Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen sind entsprechend anwendbar.

2 Bei Genossenschaften mit Anteilscheinen sind überdies die Bestim- mungen des Aktienrechts über den Kapitalverlust entsprechend an- wendbar.

Art. 904

1 Im Konkurse der Genossenschaft sind die Mitglieder der Verwaltung den Genossenschaftsgläubigern gegenüber zur Rückerstattung aller in den letzten drei Jahren vor Konkursausbruch als Gewinnanteile oder un- ter anderer Bezeichnung gemachten Bezüge verpflichtet, soweit diese ein angemessenes Entgelt für Gegenleistungen übersteigen und bei vor- sichtiger Bilanzierung nicht hätten ausgerichtet werden sollen.

2 Die Rückerstattung ist ausgeschlossen, soweit sie nach den Bestim- mungen über die ungerechtfertigte Bereicherung nicht gefordert werden kann.

3 Das Gericht entscheidet unter Würdigung aller Umstände nach freiem Ermessen.

Art. 905

1 Die Verwaltung kann die von ihr bestellten Ausschüsse, Geschäftsfüh- rer, Direktoren und andern Bevollmächtigten und Beauftragten jederzeit abberufen.

2 Die von der Generalversammlung bestellten Bevollmächtigten und Beauftragten können von der Verwaltung jederzeit in ihren Funktionen eingestellt werden unter sofortiger Einberufung einer Generalversamm- lung.

3 Entschädigungsansprüche der Abberufenen oder in ihren Funktionen Eingestellten bleiben vorbehalten.

Art. 906

1 Für die Revisionsstelle sind die Vorschriften des Aktienrechts entspre- chend anwendbar.

2 Eine ordentliche Revision der Jahresrechnung durch eine Revisions- stelle können verlangen: 1. 10 Prozent der Genossenschafter; 2. Genossenschafter, die zusammen mindestens 10 Prozent des Anteilscheinkapitals vertreten; 3. Genossenschafter, die einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegen.

Art. 907

753 Bei Genossenschaften mit persönlicher Haftung oder Nachschusspflicht der Genossenschafter hat die Revisionsstelle festzustellen, ob das Ge- nossenschafterverzeichnis

754 korrekt geführt wird. Verfügt die Genos- senschaft über keine Revisionsstelle, so muss die Verwaltung das Ge- nossenschafterverzeichnis

755 durch einen zugelassenen Revisor prüfen lassen.

Art. 908

756 Bei Mängeln in der Organisation der Genossenschaft sind die Vorschrif- ten des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

Art. 909 und 910

757

Sechster Abschnitt: Auflösung der Genossenschaft

Art. 911

Die Genossenschaft wird aufgelöst: 1. nach Massgabe der Statuten; 2. durch einen Beschluss der Generalversammlung; 3. durch Eröffnung des Konkurses; 4. in den übrigen vom Gesetze vorgesehenen Fällen.

Art. 912

1 Die Auflösung einer Genossenschaft muss ins Handelsregister einge- tragen werden.

2 Die Auflösung durch Urteil ist vom Gericht dem Handelsregisteramt unverzüglich zu melden.

3 Die Auflösung aus anderen Gründen ist von der Genossenschaft beim Handelsregisteramt anzumelden.

Art. 913

1 Die Genossenschaft wird, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestim- mungen, nach den für die Aktiengesellschaft geltenden Vorschriften li- quidiert.

2 Das nach Tilgung sämtlicher Schulden und Rückzahlung allfälliger Genossenschaftsanteile verbleibende Vermögen der aufgelösten Genos- senschaft darf nur dann unter die Genossenschafter verteilt werden, wenn die Statuten eine solche Verteilung vorsehen.

3 Die Verteilung erfolgt in diesem Falle, wenn die Statuten nicht etwas anderes bestimmen, unter die zur Zeit der Auflösung vorhandenen Ge- nossenschafter oder ihre Rechtsnachfolger nach Köpfen. Der gesetzli- che Abfindungsanspruch der ausgeschiedenen Genossenschafter oder ihrer Erben bleibt vorbehalten.

4 Enthalten die Statuten keine Vorschrift über die Verteilung unter die Genossenschafter, so muss der Liquidationsüberschuss zu genossen- schaftlichen Zwecken oder zur Förderung gemeinnütziger Bestrebun- gen verwendet werden.

5 Der Entscheid hierüber steht, wenn die Statuten es nicht anders ord- nen, der Generalversammlung zu.

758

Art. 914

759

Art. 915

1 Wird das Vermögen einer Genossenschaft vom Bunde, von einem Kanton oder unter Garantie des Kantons von einem Bezirk oder von ei- ner Gemeinde übernommen, so kann mit Zustimmung der Generalver- sammlung vereinbart werden, dass die Liquidation unterbleiben soll.

2 Der Beschluss der Generalversammlung ist nach den Vorschriften über die Auflösung zu fassen und beim Handelsregisteramt anzumel- den.

3 Mit der Eintragung dieses Beschlusses ist der Übergang des Vermö- gens der Genossenschaft mit Einschluss der Schulden vollzogen, und es ist die Firma der Genossenschaft zu löschen.

Siebenter Abschnitt: Verantwortlichkeit

Art. 916

760 Alle mit der Verwaltung, Geschäftsführung, Revision oder Liquidation befassten Personen sind der Genossenschaft für den Schaden verant- wortlich, den sie ihr durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung der ihnen obliegenden Pflichten verursachen.

Art. 917

1 Die Mitglieder der Verwaltung und die Liquidatoren, welche die für den Fall der Überschuldung der Genossenschaft vom Gesetz aufgestell- ten Pflichten absichtlich oder fahrlässig verletzen, haften der Genossen- schaft, den einzelnen Genossenschaftern und den Gläubigern für den entstandenen Schaden.

2 Der Ersatz des Schadens, der den Genossenschaftern und den Gläubi- gern nur mittelbar durch Schädigung der Genossenschaft verursacht wurde, ist nach den für die Aktiengesellschaft aufgestellten Vorschrif- ten geltend zu machen.

760

Art. 918

1 Sind mehrere Personen für denselben Schaden verantwortlich, so haf- ten sie solidarisch.

2 Der Rückgriff unter mehreren Beteiligten wird vom Gericht nach dem Grade des Verschuldens des einzelnen bestimmt.

Art. 919

1 Der Anspruch auf Schadenersatz gegen die nach den vorstehenden Bestimmungen verantwortlichen Personen verjährt in drei Jahren von dem Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schä- digende Verhalten erfolgte oder aufhörte

2 Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadener- satz frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröff- nung des Urteils.

Art. 920

Bei Kreditgenossenschaften und konzessionierten Versicherungsgenos- senschaften richtet sich die Verantwortlichkeit nach den Bestimmungen des Aktienrechts.

Achter Abschnitt: Genossenschaftsverbände

Art. 921

Drei oder mehr Genossenschaften können einen Genossenschaftsver- band bilden und ihn als Genossenschaft ausgestalten.

Art. 922

1 Oberstes Organ des Genossenschaftsverbandes ist, sofern die Statuten es nicht anders ordnen, die Delegiertenversammlung.

2 Die Statuten bestimmen die Zahl der Delegierten der angeschlossenen Genossenschaften.

3 Jeder Delegierte hat, unter Vorbehalt anderer Regelung durch die Sta- tuten, eine Stimme.

Art. 923

Die Verwaltung wird, sofern die Statuten es nicht anders bestimmen, aus Mitgliedern der angeschlossenen Genossenschaften gebildet.

Art. 924

1 Die Statuten können der Verwaltung des Verbandes das Recht einräu- men, die geschäftliche Tätigkeit der angeschlossenen Genossenschaften zu überwachen.

2 Sie können der Verwaltung des Verbandes das Recht verleihen, Be- schlüsse, die von den einzelnen angeschlossenen Genossenschaften ge- fasst worden sind, beim Gericht durch Klage anzufechten.

Art. 925

Der Eintritt in einen Genossenschaftsverband darf für die Mitglieder der eintretenden Genossenschaft keine Verpflichtungen zur Folge haben, denen sie nicht schon durch das Gesetz oder die Statuten ihrer Genos- senschaft unterworfen sind.

Neunter Abschnitt:

Beteiligung von Körperschaften des öffentlichen Rechts

Art. 926

1 Bei Genossenschaften, an denen Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie Bund, Kanton, Bezirk oder Gemeinde, ein öffentliches In- teresse besitzen, kann der Körperschaft in den Statuten der Genossen- schaft das Recht eingeräumt werden, Vertreter in die Verwaltung oder in die Revisionsstelle abzuordnen.

2 Die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abgeordneten Mit- glieder haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die von der Genos- senschaft gewählten.

3 Die Abberufung der von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abgeordneten Mitglieder der Verwaltung und der Revisionsstelle steht

763 nur der Körperschaft selbst zu.

764 Diese haftet gegenüber der Genossen- schaft, den Genossenschaftern und den Gläubiger für diese Mitglieder, unter Vorbehalt des Rückgriffs nach dem Rechte des Bundes und der Kantone.

Vierte Abteilung:

765 Handelsregister, Geschäftsfirmen und kaufmännische Buchführung

Dreissigster Titel:

766 Das Handelsregister

Art. 927

1 Das Handelsregister ist ein Verbund staatlich geführter Datenbanken. Es bezweckt namentlich die Erfassung und die Offenlegung rechtlich relevanter Tatsachen über Rechtseinheiten und dient der Rechtssicher- heit sowie dem Schutz Dritter.

2 Rechtseinheiten im Sinne dieses Titels sind: 1. Einzelunternehmen; 2. Kollektivgesellschaften; 3. Kommanditgesellschaften; 4. Aktiengesellschaften; 5. Kommanditaktiengesellschaften; 6. Gesellschaften mit beschränkter Haftung; 7. Genossenschaften; 8. Vereine; 9. Stiftungen; 10. Kommanditgesellschaften für kollektive Kapitalanlagen; 11. Investmentgesellschaften mit festem Kapital; 12. Investmentgesellschaften mit variablem Kapital; 13. Institute des öffentlichen Rechts; 14. Zweigniederlassungen.

766

Art. 928

1 Die Führung der Handelsregisterämter obliegt den Kantonen. Es steht ihnen frei, das Handelsregister kantonsübergreifend zu führen.

2 Der Bund übt die Oberaufsicht über die Handelsregisterführung aus.

Art. 928a

1 Die Handelsregisterbehörden arbeiten zur Erfüllung ihrer Aufgaben zusammen. Sie erteilen einander diejenigen Auskünfte und übermitteln einander diejenigen Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

2 Sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, teilen Gerichte und Verwal- tungsbehörden des Bundes und der Kantone den Handelsregisterämtern Tatsachen mit, die eine Pflicht zur Eintragung, Änderung oder Lö- schung im Handelsregister begründen. Die Oberaufsichtsbehörde des Bundes über das Handelsregister sorgt dafür, dass die zentrale Datenbank Personen keine Einträge ent- hält, die mit dem Tätigkeitsverbot nach Artikel 67 des Strafgesetz- buchs

767 , Artikel 50 des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 1927

768 oder Artikel 16a Absatz 1 des Jugendstrafgesetzes vom 20. Juni 2003

769 un- vereinbar sind. Sie prüft insbesondere die gemäss Artikel 64a des Straf- registergesetzes vom 17. Juni 2016

770 gemeldeten Tätigkeitsverbote auf ihre Vereinbarkeit mit den in der zentralen Datenbank Personen einge- tragenen Funktionen.

771 Stellt sie eine Unvereinbarkeit fest, so informiert sie das zuständige kantonale Handelsregisteramt.

772 Das kantonale Handelsregisteramt fordert die Rechtseinheit auf, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen.

3 Auskünfte und Mitteilungen erfolgen gebührenfrei.

773

Art. 928b

1 Die Oberaufsichtsbehörde des Bundes über das Handelsregister be- treibt die zentralen Datenbanken über die Rechtseinheiten und die Per- sonen, die in den kantonalen Registern eingetragen sind.

774 Die zentra- len Datenbanken dienen der Verknüpfung der Daten, der Unterscheidung und dem Auffinden der eingetragenen Rechtseinheiten und Personen.

2 Die Datenerfassung für die zentrale Datenbank Rechtseinheiten ob- liegt der Oberaufsichtsbehörde des Bundes über das Handelsregister.

775 Diese macht die öffentlichen Daten der Rechtseinheiten für Einzelab- fragen im Internet gebührenfrei zugänglich.

3 Die Datenerfassung für die zentrale Datenbank Personen obliegt den Handelsregisterämtern. Die Oberaufsichtsbehörde des Bundes über das Handelsregister macht die Daten der natürlichen Personen für Einzelab- fragen im Internet gebührenfrei zugänglich.

4 Der Bund ist für die Sicherheit der Informationssysteme und die Rechtmässigkeit der Datenbearbeitung verantwortlich.

Art. 928c

1 Die Handelsregisterbehörden verwenden zur Identifizierung von na- türlichen Personen systematisch die AHV-Nummer.

2 Sie geben die AHV-Nummer nur anderen Stellen und Institutionen bekannt, die sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Zusam- menhang mit dem Handelsregister benötigen und zur systematischen Verwendung dieser Nummer berechtigt sind.

3 Den in der zentralen Datenbank Personen erfassten natürlichen Perso- nen wird zusätzlich eine nichtsprechende Personennummer zugeteilt.

Art. 929

1 Einträge im Handelsregister müssen wahr sein und dürfen weder zu Täuschungen Anlass geben noch einem öffentlichen Interesse zuwider- laufen.

2 Die Eintragung ins Handelsregister beruht auf einer Anmeldung. Die einzutragenden Tatsachen sind zu belegen.

3 Eintragungen können auch aufgrund eines Urteils oder einer Verfü- gung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde oder von Amtes wegen erfolgen.

Art. 930

Die im Handelsregister eingetragenen Rechtseinheiten erhalten eine Unternehmens-Identifikationsnummer nach dem Bundesgesetz vom 18. Juni 2010

778 über die Unternehmens-Identifikationsnummer.

Art. 931

1 Eine natürliche Person, die ein Gewerbe betreibt, das im letzten Ge- schäftsjahr einen Umsatzerlös von mindestens 100 000 Franken erzielt hat, muss ihr Einzelunternehmen am Ort der Niederlassung ins Handels- register eintragen lassen. Von dieser Pflicht ausgenommen sind die An- gehörigen der freien Berufe sowie die Landwirte, falls sie kein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben.

2 Zweigniederlassungen sind ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie sich befinden.

3 Einzelunternehmen und Zweigniederlassungen, die nicht zur Eintra- gung verpflichtet sind, haben das Recht, sich eintragen zu lassen.

Art. 932

1 Institute des öffentlichen Rechts müssen sich ins Handelsregister ein- tragen lassen, wenn sie überwiegend eine privatwirtschaftliche Er- werbstätigkeit ausüben oder wenn das Recht des Bundes, des Kantons oder der Gemeinde eine Eintragung vorsieht. Sie lassen sich am Ort ein- tragen, an dem sie ihren Sitz haben.

2 Institute des öffentlichen Rechts, die nicht zur Eintragung verpflichtet sind, haben das Recht, sich eintragen zu lassen.

Art. 933

1 Ist eine Tatsache im Handelsregister eingetragen, so muss auch jede Änderung dieser Tatsache eingetragen werden.

2 Eine ausgeschiedene Person hat das Recht, die Löschung ihres Ein- trags anzumelden. Die Verordnung regelt die Einzelheiten.

778

Art. 934

1 Weist eine Rechtseinheit keine Geschäftstätigkeit mehr auf und hat sie keine verwertbaren Aktiven mehr, so löscht das Handelsregisteramt sie aus dem Handelsregister.

2 Das Handelsregisteramt fordert die Rechtseinheit auf, ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Eintrags mitzuteilen. Bleibt diese Aufforde- rung ergebnislos, so fordert es weitere Betroffene durch Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt auf, ein solches Interesse mitzutei- len. Bleibt auch diese Aufforderung ergebnislos, so wird die Rechtsein- heit gelöscht

3 Machen weitere Betroffene ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Eintrags geltend, so überweist das Handelsregisteramt die Angelegen- heit dem Gericht zum Entscheid.

Art. 934a

1 Hat ein Einzelunternehmen kein Rechtsdomizil mehr, so wird es vom Handelsregisteramt nach ergebnisloser Aufforderung im Schweizeri- schen Handelsamtsblatt aus dem Handelsregister gelöscht

2 Hat eine Zweigniederlassung mit Hauptniederlassung in der Schweiz kein Rechtsdomizil mehr, so wird die Zweigniederlassung vom Han- delsregisteramt nach ergebnisloser Aufforderung der Hauptniederlas- sung aus dem Handelsregister gelöscht.

Art. 935

1 Wer ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht, kann dem Gericht beantragen, eine gelöschte Rechtseinheit wieder ins Handelsregister eintragen zu lassen.

2 Ein schutzwürdiges Interesse besteht insbesondere, wenn: 1. nach Abschluss der Liquidation der gelöschten Rechtseinheit nicht alle Aktiven verwertet oder verteilt worden sind; 2. die gelöschte Rechtseinheit in einem Gerichtsverfahren als Par- tei teilnimmt; 3. die Wiedereintragung für die Bereinigung eines öffentlichen Registers erforderlich ist; oder 4. im Fall eines Konkurses die Wiedereintragung der gelöschten Rechtseinheit für den Schluss des Konkursverfahrens erforder- lich ist.

3 Bestehen Mängel in der Organisation der Rechtseinheit, so ergreift das Gericht zusammen mit der Anordnung der Wiedereintragung die erfor- derlichen Massnahmen.

Art. 936

1 Das Handelsregister ist öffentlich. Die Öffentlichkeit umfasst die Ein- träge, die Anmeldungen und die Belege. Die AHV-Versicherten- nummer ist nicht öffentlich.

2 Die Einträge, Statuten und Stiftungsurkunden werden im Internet ge- bührenfrei zugänglich gemacht. Weitere Belege sowie Anmeldungen sind beim jeweiligen Handelsregisteramt einsehbar oder können von diesem auf Anfrage über das Internet zugänglich gemacht werden.

3 In den im Internet zugänglich gemachten Einträgen des Handelsregis- ters ist eine Suche nach bestimmten Kriterien zu ermöglichen.

4 Änderungen im Handelsregister müssen chronologisch nachvollzieh- bar bleiben.

Art. 936a

1 Die Einträge ins Handelsregister werden im Schweizerischen Handel- samtsblatt elektronisch veröffentlicht. Sie werden mit der Veröffentli- chung wirksam.

2 Ebenso erfolgen alle gesetzlich vorgesehenen Veröffentlichungen elektronisch im Schweizerischen Handelsamtsblatt.

Art. 936b

1 Wurde eine Tatsache ins Handelsregister eingetragen, so kann nie- mand einwenden, er habe sie nicht gekannt.

2 Wurde eine Tatsache, deren Eintragung vorgeschrieben ist, nicht ins Handelsregister eingetragen, so kann sie einem Dritten nur entgegenge- halten werden, wenn bewiesen wird, dass sie diesem bekannt war.

3 Wer sich gutgläubig auf eine eingetragene Tatsache verlassen hat, ob- wohl sie unrichtig war, ist in seinem guten Glauben zu schützen, wenn dem keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.

Art. 937

Die Handelsregisterbehörden prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzun- gen für eine Eintragung ins Handelsregister erfüllt sind, insbesondere ob die Anmeldung und die Belege keinen zwingenden Vorschriften wi- dersprechen und den rechtlich vorgeschriebenen Inhalt aufweisen.

Art. 938

1 Das Handelsregisteramt fordert die Beteiligten zur Erfüllung der Ein- tragungspflicht auf und setzt ihnen dazu eine Frist.

2 Kommen die Beteiligten der Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so nimmt es die vorgeschriebenen Eintragungen von Amtes wegen vor.

Art. 939

1 Stellt das Handelsregisteramt Mängel fest in der gesetzlich als zwin- gend vorgeschriebenen Organisation von im Handelsregister eingetra- genen Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, nicht der Aufsicht unterstellten Stiftungen oder Zweigniederlassungen mit Hauptniederlassung im Ausland, so fordert es die betreffende Rechts- einheit auf, den Mangel zu beheben, und setzt ihr dazu eine Frist.

2 Wird der Mangel nicht innerhalb der Frist behoben, so überweist es die Angelegenheit dem Gericht. Dieses ergreift die erforderlichen Mas- snahmen.

3 Bei Stiftungen und Rechtseinheiten, die gemäss Kollektivanlagenge- setz vom 23. Juni 2006

781 der Aufsicht unterstellt sind, wird die Ange- legenheit der Aufsichtsbehörde überwiesen.

Art. 940

Wer vom Handelsregisteramt unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels aufgefordert wird, seine Eintragungspflicht zu erfüllen, und dieser Pflicht nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommt, kann vom Handelsregisteramt mit einer Ordnungsbusse bis zu 5000 Franken be- straft werden.

Art. 941

1 Wer eine Verfügung einer Handelsregisterbehörde veranlasst oder von dieser eine Dienstleistung beansprucht, hat eine Gebühr zu bezahlen.

2 Der Bundesrat regelt die Erhebung der Gebühren im Einzelnen, insbe- sondere: 1. die Bemessungsgrundlage der Gebühren; 2. den Verzicht auf die Gebührenerhebung; 3. die Haftung im Fall einer Mehrheit von Gebührenpflichtigen; 4. die Fälligkeit, Rechnungsstellung und Bevorschussung von Ge- bühren; 5. die Verjährung von Gebührenforderungen;

781 6. den Anteil des Bundes an den Gebühreneinnahmen der Kan- tone.

3 Er beachtet bei der Regelung der Gebühren das Äquivalenzprinzip und das Kostendeckungsprinzip.

Art. 942

1 Verfügungen der Handelsregisterämter können innert 30 Tagen nach deren Eröffnung angefochten werden.

2 Jeder Kanton bezeichnet ein oberes Gericht als einzige Beschwer- deinstanz.

3 Die kantonalen Gerichte teilen ihre Entscheide unverzüglich dem Han- delsregisteramt mit und eröffnen sie der Oberaufsichtsbehörde des Bun- des über das Handelsregister.

782

Art. 943

Der Bundesrat erlässt Vorschriften über: 1. die Führung des Handelsregisters und die Oberaufsicht; 2. die Anmeldung, Eintragung, Änderung, Löschung und Wieder- eintragung; 3. den Inhalt der Einträge; 4. die Belege und deren Prüfung; 5. die Öffentlichkeit und Wirksamkeit; 6. die Organisation des Schweizerischen Handelsamtsblatts und dessen Veröffentlichung; 7. die Zusammenarbeit und Auskunftspflicht; 8. die Verwendung der AHV-Versichertennummer sowie der Per- sonennummer; 9. die zentralen Datenbanken über die Rechtseinheiten und über die Personen; 10. die Modalitäten der elektronischen Übermittlung; 11. die Verfahren.

782

Einunddreissigster Titel: Die Geschäftsfirmen

Art. 944

1 Jede Firma darf, neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentli- chen Inhalt, Angaben enthalten, die zur näheren Umschreibung der da- rin erwähnten Personen dienen oder auf die Natur des Unternehmens hinweisen oder eine Phantasiebezeichnung darstellen, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.

2 Der Bundesrat kann Vorschriften darüber erlassen, in welchem Um- fange nationale und territoriale Bezeichnungen bei der Bildung von Fir- men verwendet werden dürfen.

Art. 945

1 Wer als alleiniger Inhaber ein Geschäft betreibt, muss den wesentli- chen Inhalt seiner Firma aus dem Familiennamen mit oder ohne Vorna- men bilden.

2 Enthält die Firma weitere Familiennamen, so muss aus ihr hervorge- hen, welches der Familienname des Inhabers ist.

3 Der Firma darf kein Zusatz beigefügt werden, der ein Gesellschafts- verhältnis andeutet.

Art. 946

1 Eine im Handelsregister eingetragene Einzelfirma

785 darf von keinem andern Geschäftsinhaber an demselben Orte verwendet werden, selbst dann nicht, wenn er den gleichen Vor- und Familiennamen hat, mit dem die ältere Firma gebildet worden ist.

2 Der neue Geschäftsinhaber hat in einem solchen Falle seinem Namen in der Firma einen Zusatz beizufügen, durch den diese deutlich von der älteren Firma unterschieden wird.

3 Gegenüber einer an einem andern Orte eingetragenen Einzelfirma

786 bleiben die Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb vorbehalten.

786

Art. 947 und 948

787

Art. 949

788

Art. 950

1 Handelsgesellschaften und Genossenschaften können unter Wahrung der allgemeinen Grundsätze der Firmenbildung ihre Firma frei wählen. In der Firma muss die Rechtsform angegeben werden.

2 Der Bundesrat legt fest, welche Abkürzungen der Rechtsformen zu- lässig sind.

Art. 951

790 Die Firma einer Handelsgesellschaft oder einer Genossenschaft muss sich von allen in der Schweiz bereits eingetragenen Firmen von Han- delsgesellschaften und Genossenschaften deutlich unterscheiden.

Art. 952

1 Zweigniederlassungen müssen die gleiche Firma führen wie die Hauptniederlassung; sie dürfen jedoch ihrer Firma besondere Zusätze beifügen, sofern diese nur für die Zweigniederlassung zutreffen.

2 Die Firma der Zweigniederlassung eines Unternehmens, dessen Sitz sich im Auslande befindet, muss überdies den Ort der Hauptniederlas- sung, den Ort der Zweigniederlassung und die ausdrückliche Bezeich- nung als solche enthalten.

Art. 953

791

Art. 954

791 Die bisherige Firma kann beibehalten werden, wenn der darin enthal- tene Name des Geschäftsinhabers oder eines Gesellschafters von Geset- zes wegen oder durch die zuständige Behörde geändert worden ist.

Art. 954a

1 In der Korrespondenz, auf Bestellscheinen und Rechnungen sowie in Bekanntmachungen muss die im Handelsregister eingetragene Firma oder der im Handelsregister eingetragene Name vollständig und unver- ändert angegeben werden.

2 Zusätzlich können Kurzbezeichnungen, Logos, Geschäftsbezeichnun- gen, Enseignes und ähnliche Angaben verwendet werden.

Art. 955

Der Registerführer ist von Amtes wegen verpflichtet, die Beteiligten zur Beobachtung der Bestimmungen über die Firmenbildung anzuhalten.

Art. 955a

794 Die Eintragung einer Firma entbindet den Berechtigten nicht von der Einhaltung anderer bundesrechtlicher Vorschriften, namentlich zum Schutz vor Täuschungen im Geschäftsverkehr.

Art. 956

1 Die im Handelsregister eingetragene und im Schweizerischen Handel- samtsblatt veröffentlichte Firma eines einzelnen Geschäftsinhabers oder einer Handelsgesellschaft oder Genossenschaft steht dem Berechtigten zu ausschliesslichem Gebrauche zu.

2 Wer durch den unbefugten Gebrauch einer Firma beeinträchtigt wird, kann auf Unterlassung der weitern Führung der Firma und bei Verschul- den auf Schadenersatz klagen.

795

Zweiunddreissigster Titel:

796 Kaufmännische Buchführung, Rechnungslegung, weitere Transparenz- und Sorgfaltspflichten

797

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 957

1 Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nach- folgenden Bestimmungen unterliegen: 1. Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Um- satzerlös von mindestens 500 000 Franken im letzten Geschäfts- jahr erzielt haben; 2. juristische Personen.

2 Lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermö- genslage müssen Buch führen: 1. Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als 500 000 Franken Umsatzerlös im letzten Geschäftsjahr; 2. diejenigen Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen; 3. Stiftungen, die nach Artikel 83b Absatz 2 ZGB

798 von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind.

3 Für die Unternehmen nach Absatz 2 gelten die Grundsätze ordnungs- mässiger Buchführung sinngemäss.

Art. 957a

1 Die Buchführung bildet die Grundlage der Rechnungslegung. Sie er- fasst diejenigen Geschäftsvorfälle und Sachverhalte, die für die Darstel- lung der Vermögens-, Finanzierungs- und Ertragslage des Unterneh- mens (wirtschaftliche Lage) notwendig sind.

2 Sie folgt den Grundsätzen ordnungsmässiger Buchführung. Nament- lich sind zu beachten: 1. die vollständige, wahrheitsgetreue und systematische Erfassung der Geschäftsvorfälle und Sachverhalte; 2. der Belegnachweis für die einzelnen Buchungsvorgänge; 3. die Klarheit;

798 4. die Zweckmässigkeit mit Blick auf die Art und Grösse des Unternehmens; 5. die Nachprüfbarkeit.

3 Als Buchungsbeleg gelten alle schriftlichen Aufzeichnungen auf Pa- pier oder in elektronischer oder vergleichbarer Form, die notwendig sind, um den einer Buchung zugrunde liegenden Geschäftsvorfall oder Sachverhalt nachvollziehen zu können.

4 Die Buchführung erfolgt in der Landeswährung oder in der für die Ge- schäftstätigkeit wesentlichen Währung.

5 Sie erfolgt in einer der Landessprachen oder in Englisch. Sie kann schriftlich, elektronisch oder in vergleichbarer Weise geführt werden.

Art. 958

1 Die Rechnungslegung soll die wirtschaftliche Lage des Unternehmens so darstellen, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil bilden können

2 Die Rechnungslegung erfolgt im Geschäftsbericht. Dieser enthält die Jahresrechnung (Einzelabschluss), die sich aus der Bilanz, der Erfolgs- rechnung und dem Anhang zusammensetzt. Die Vorschriften für grös- sere Unternehmen und Konzerne bleiben vorbehalten.

3 Der Geschäftsbericht muss innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres erstellt und dem zuständigen Organ oder den zu- ständigen Personen zur Genehmigung vorgelegt werden. Er ist vom Vorsitzenden des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans und der innerhalb des Unternehmens für die Rechnungslegung zuständigen Per- son zu unterzeichnen.

Art. 958a

1 Die Rechnungslegung beruht auf der Annahme, dass das Unternehmen auf absehbare Zeit fortgeführt wird.

2 Ist die Einstellung der Tätigkeit oder von Teilen davon in den nächsten zwölf Monaten ab Bilanzstichtag beabsichtigt oder voraussichtlich nicht abwendbar, so sind der Rechnungslegung für die betreffenden Unter- nehmensteile Veräusserungswerte zugrunde zu legen. Für die mit der Einstellung verbundenen Aufwendungen sind Rückstellungen zu bil- den.

3 Abweichungen von der Annahme der Fortführung sind im Anhang zu vermerken; ihr Einfluss auf die wirtschaftliche Lage ist darzulegen.

Art. 958b

1 Aufwände und Erträge müssen voneinander in zeitlicher und sachli- cher Hinsicht abgegrenzt werden.

2 Sofern die Nettoerlöse aus Lieferungen und Leistungen oder die Fi- nanzerträge 100 000 Franken nicht überschreiten, kann auf die zeitliche Abgrenzung verzichtet und stattdessen auf Ausgaben und Einnahmen abgestellt werden.

3 Erfolgt die Rechnungslegung nicht in Franken, so ist zur Festlegung des Wertes gemäss Absatz 2 der Jahresdurchschnittskurs massge- bend.

799

Art. 958c

1 Für die Rechnungslegung sind insbesondere die folgenden Grundsätze massgebend: 1. Sie muss klar und verständlich sein. 2. Sie muss vollständig sein. 3. Sie muss verlässlich sein. 4. Sie muss das Wesentliche enthalten. 5. Sie muss vorsichtig sein. 6. Es sind bei der Darstellung und der Bewertung stets die gleichen Massstäbe zu verwenden. 7. Aktiven und Passiven sowie Aufwand und Ertrag dürfen nicht miteinander verrechnet werden.

2 Der Bestand der einzelnen Positionen in der Bilanz und im Anhang ist durch ein Inventar oder auf andere Art nachzuweisen.

3 Die Rechnungslegung ist unter Wahrung des gesetzlichen Mindestin- halts den Besonderheiten des Unternehmens und der Branche anzupas- sen.

Art. 958d

1 Die Bilanz und die Erfolgsrechnung können in Konto- oder in Staffel- form dargestellt werden. Positionen, die keinen oder nur einen unwe- sentlichen Wert aufweisen, brauchen nicht separat aufgeführt zu wer- den.

2 In der Jahresrechnung sind neben den Zahlen für das Geschäftsjahr die entsprechenden Werte des Vorjahres anzugeben.

3 Die Rechnungslegung erfolgt in der Landeswährung oder in der für die Geschäftstätigkeit wesentlichen Währung. Wird nicht die Landes- währung verwendet, so müssen die Werte zusätzlich in der Landeswäh- rung angegeben werden. Die verwendeten Umrechnungskurse sind im Anhang offenzulegen und gegebenenfalls zu erläutern.

4 Die Rechnungslegung erfolgt in einer der Landessprachen oder in Englisch.

Art. 958e

1 Jahresrechnung und Konzernrechnung sind nach der Genehmigung durch das zuständige Organ mit den Revisionsberichten entweder im Schweizerischen Handelsamtsblatt zu veröffentlichen oder jeder Per- son, die es innerhalb eines Jahres nach der Genehmigung verlangt, auf deren Kosten in einer Ausfertigung zuzustellen, wenn das Unterneh- men: 1. Anleihensobligationen ausstehend hat; oder 2. Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert hat.

2 Die übrigen Unternehmen müssen den Gläubigern, die ein schutzwür- diges Interesse nachweisen, Einsicht in den Geschäftsbericht und in die Revisionsberichte gewähren. Im Streitfall entscheidet das Gericht.

3 Nutzt das Unternehmen eine Verzichtsmöglichkeit gemäss Arti- kel 961d Absatz 1, 962 Absatz 3 oder 963a Absatz 1 Ziffer 2, so richten sich die Veröffentlichung und die Einsichtnahme nach den Vorschriften für die eigene Jahresrechnung.

801

Art. 958f

1 Die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege sowie der Geschäftsbe- richt und der Revisionsbericht sind während zehn Jahren aufzubewah- ren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Geschäftsjah- res.

2 Der Geschäftsbericht und der Revisionsbericht sind schriftlich und un- terzeichnet aufzubewahren.

3 Die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege können auf Papier, elektronisch oder in vergleichbarer Weise aufbewahrt werden, soweit dadurch die Übereinstimmung mit den zugrunde liegenden Geschäfts- vorfällen und Sachverhalten gewährleistet ist und wenn sie jederzeit wieder lesbar gemacht werden können.

4 Der Bundesrat erlässt die Vorschriften über die zu führenden Ge- schäftsbücher, die Grundsätze zu deren Führung und Aufbewahrung so- wie über die verwendbaren Informationsträger.

801

Zweiter Abschnitt:

Jahresrechnung und Zwischenabschluss

802

Art. 959

1 Die Bilanz stellt die Vermögens- und Finanzierungslage des Unterneh- mens am Bilanzstichtag dar. Sie gliedert sich in Aktiven und Passiven.

2 Als Aktiven müssen Vermögenswerte bilanziert werden, wenn auf- grund vergangener Ereignisse über sie verfügt werden kann, ein Mittel- zufluss wahrscheinlich ist und ihr Wert verlässlich geschätzt werden kann. Andere Vermögenswerte dürfen nicht bilanziert werden.

3 Als Umlaufvermögen müssen die flüssigen Mittel bilanziert werden sowie andere Aktiven, die voraussichtlich innerhalb eines Jahres ab Bi- lanzstichtag oder innerhalb des normalen Geschäftszyklus zu flüssigen Mitteln werden oder anderweitig realisiert werden. Als Anlagevermö- gen müssen alle übrigen Aktiven bilanziert werden.

4 Als Passiven müssen das Fremd- und das Eigenkapital bilanziert wer- den.

5 Verbindlichkeiten müssen als Fremdkapital bilanziert werden, wenn sie durch vergangene Ereignisse bewirkt wurden, ein Mittelabfluss wahrscheinlich ist und ihre Höhe verlässlich geschätzt werden kann.

6 Als kurzfristig müssen die Verbindlichkeiten bilanziert werden, die voraussichtlich innerhalb eines Jahres ab Bilanzstichtag oder innerhalb des normalen Geschäftszyklus zur Zahlung fällig werden. Als langfris- tig müssen alle übrigen Verbindlichkeiten bilanziert werden.

7 Das Eigenkapital ist der Rechtsform entsprechend auszuweisen und zu gliedern.

Art. 959a

1 Unter den Aktiven müssen ihrem Liquiditätsgrad entsprechend min- destens folgende Positionen einzeln und in der vorgegebenen Reihen- folge ausgewiesen werden: 1. Umlaufvermögen: a. flüssige Mittel und kurzfristig gehaltene Aktiven mit Bör- senkurs, b. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, c. übrige kurzfristige Forderungen, d. Vorräte und nicht fakturierte Dienstleistungen, e. aktive Rechnungsabgrenzungen; 2. Anlagevermögen:

802 a. Finanzanlagen, b. Beteiligungen, c. Sachanlagen, d. immaterielle Werte, e. nicht einbezahltes Grund-, Gesellschafter- oder Stiftungs- kapital.

2 Unter den Passiven müssen ihrer Fälligkeit entsprechend mindestens folgende Positionen einzeln und in der vorgegebenen Reihenfolge aus- gewiesen werden: 1. kurzfristiges Fremdkapital: a. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, b. kurzfristige verzinsliche Verbindlichkeiten, c. übrige kurzfristige Verbindlichkeiten, d. passive Rechnungsabgrenzungen; 2. langfristiges Fremdkapital: a. langfristige verzinsliche Verbindlichkeiten, b. übrige langfristige Verbindlichkeiten, c. Rückstellungen sowie vom Gesetz vorgesehene ähnliche Positionen; 3. Eigenkapital: a. Grund-, Gesellschafter- oder Stiftungskapital, gegebenen- falls gesondert nach Beteiligungskategorien, b. gesetzliche Kapitalreserve, c. gesetzliche Gewinnreserve, d.

803 freiwillige Gewinnreserven, e.

804 eigene Kapitalanteile als Minusposten, f.

805 Gewinnvortrag oder Verlustvortrag als Minusposten, g.

806 Jahresgewinn oder Jahresverlust als Minusposten.

3 Weitere Positionen müssen in der Bilanz oder im Anhang einzeln aus- gewiesen werden, sofern dies für die Beurteilung der Vermögens- oder Finanzierungslage durch Dritte wesentlich oder aufgrund der Tätigkeit des Unternehmens üblich ist.

4 Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber direkt oder indirekt Beteiligten und Organen sowie gegenüber Unternehmen, an denen

806 direkt oder indirekt eine Beteiligung besteht, müssen jeweils gesondert in der Bilanz oder im Anhang ausgewiesen werden.

Art. 959b

1 Die Erfolgsrechnung stellt die Ertragslage des Unternehmens während des Geschäftsjahres dar. Sie kann als Produktionserfolgsrechnung oder als Absatzerfolgsrechnung dargestellt werden.

2 In der Produktionserfolgsrechnung (Gesamtkostenverfahren) müssen mindestens folgende Positionen je einzeln und in der vorgegebenen Rei- henfolge ausgewiesen werden: 1. Nettoerlöse aus Lieferungen und Leistungen; 2. Bestandesänderungen an unfertigen und fertigen Erzeugnissen sowie an nicht fakturierten Dienstleistungen; 3. Materialaufwand; 4. Personalaufwand; 5. übriger betrieblicher Aufwand; 6. Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Positionen des Anlagevermögens; 7. Finanzaufwand und Finanzertrag; 8. betriebsfremder Aufwand und betriebsfremder Ertrag; 9. ausserordentlicher, einmaliger oder periodenfremder Aufwand und Ertrag; 10. direkte Steuern; 11. Jahresgewinn oder Jahresverlust.

3 In der Absatzerfolgsrechnung (Umsatzkostenverfahren) müssen min- destens folgende Positionen je einzeln und in der vorgegebenen Reihen- folge ausgewiesen werden: 1. Nettoerlöse aus Lieferungen und Leistungen; 2. Anschaffungs- oder Herstellungskosten der verkauften Pro- dukte und Leistungen; 3. Verwaltungsaufwand und Vertriebsaufwand; 4. Finanzaufwand und Finanzertrag; 5. betriebsfremder Aufwand und betriebsfremder Ertrag; 6. ausserordentlicher, einmaliger oder periodenfremder Aufwand und Ertrag; 7. direkte Steuern; 8. Jahresgewinn oder Jahresverlust.

4 Bei der Absatzerfolgsrechnung müssen im Anhang zudem der Perso- nalaufwand sowie in einer Position Abschreibungen und Wertberichti- gungen auf Positionen des Anlagevermögens ausgewiesen werden.

5 Weitere Positionen müssen in der Erfolgsrechnung oder im Anhang einzeln ausgewiesen werden, sofern dies für die Beurteilung der Er- tragslage durch Dritte wesentlich oder aufgrund der Tätigkeit des Un- ternehmens üblich ist.

Art. 959c

1 Der Anhang der Jahresrechnung ergänzt und erläutert die anderen Be- standteile der Jahresrechnung. Er enthält: 1. Angaben über die in der Jahresrechnung angewandten Grunds- ätze, soweit diese nicht vom Gesetz vorgeschrieben sind; 2. Angaben, Aufschlüsselungen und Erläuterungen zu Positionen der Bilanz und der Erfolgsrechnung; 3. den Gesamtbetrag der aufgelösten Wiederbeschaffungsreserven und der darüber hinausgehenden stillen Reserven, soweit dieser den Gesamtbetrag der neugebildeten derartigen Reserven über- steigt, wenn dadurch das erwirtschaftete Ergebnis wesentlich günstiger dargestellt wird; 4. weitere vom Gesetz verlangte Angaben.

2 Der Anhang muss weiter folgende Angaben enthalten, sofern diese nicht bereits aus der Bilanz oder der Erfolgsrechnung ersichtlich sind: 1. Firma oder Name sowie Rechtsform und Sitz des Unterneh- mens; 2. eine Erklärung darüber, ob die Anzahl Vollzeitstellen im Jah- resdurchschnitt nicht über 10, über 50 beziehungsweise über 250 liegt; 3. Firma, Rechtsform und Sitz der Unternehmen, an denen direkte oder wesentliche indirekte Beteiligungen bestehen, unter An- gabe des Kapital- und des Stimmenanteils; 4.

807 Anzahl eigener Anteile, die das Unternehmen selbst oder die von ihm kontrollierten Unternehmen (Art. 963) halten; 5. Erwerb und Veräusserung eigener Anteile und die Bedingun- gen, zu denen sie erworben oder veräussert wurden; 6. der Restbetrag der Verbindlichkeiten aus kaufvertragsähnlichen Leasinggeschäften und anderen Leasingverpflichtungen, sofern diese nicht innert zwölf Monaten ab Bilanzstichtag auslaufen oder gekündigt werden können;

807 7. Verbindlichkeiten gegenüber Vorsorgeeinrichtungen; 8. der Gesamtbetrag der für Verbindlichkeiten Dritter bestellten Sicherheiten; 9. je der Gesamtbetrag der zur Sicherung eigener Verbindlichkei- ten verwendeten Aktiven sowie der Aktiven unter Eigentums- vorbehalt; 10. rechtliche oder tatsächliche Verpflichtungen, bei denen ein Mit- telabfluss entweder als unwahrscheinlich erscheint oder in der Höhe nicht verlässlich geschätzt werden kann (Eventualver- bindlichkeit); 11. Anzahl und Wert von Beteiligungsrechten oder Optionen auf solche Rechte für alle Leitungs- und Verwaltungsorgane sowie für die Mitarbeitenden; 12. Erläuterungen zu ausserordentlichen, einmaligen oder perioden- fremden Positionen der Erfolgsrechnung; 13. wesentliche Ereignisse nach dem Bilanzstichtag; 14.

808 bei einem vorzeitigen Rücktritt oder einer Abberufung der Revisionsstelle: die Gründe, die dazu geführt haben; 15.

809 alle Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen, die der Verwaltungsrat innerhalb eines Kapitalbands vorgenommen hat.

3 Einzelunternehmen und Personengesellschaften können auf die Erstel- lung des Anhangs verzichten, wenn sie nicht zur Rechnungslegung nach den Vorschriften für grössere Unternehmen verpflichtet sind. Werden in den Vorschriften zur Mindestgliederung von Bilanz und Erfolgsrech- nung zusätzliche Angaben gefordert und wird auf die Erstellung eines Anhangs verzichtet, so sind diese Angaben direkt in der Bilanz oder in der Erfolgsrechnung auszuweisen.

4 Unternehmen, die Anleihensobligationen ausstehend haben, müssen Angaben zu deren Beträgen, Zinssätzen, Fälligkeiten und zu den weite- ren Konditionen machen.

Art. 960

1 Aktiven und Verbindlichkeiten werden in der Regel einzeln bewertet, sofern sie wesentlich sind und aufgrund ihrer Gleichartigkeit für die Bewertung nicht üblicherweise als Gruppe zusammengefasst werden.

2 Die Bewertung muss vorsichtig erfolgen, darf aber die zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens nicht verhin- dern.

3 Bestehen konkrete Anzeichen für eine Überbewertung von Aktiven oder für zu geringe Rückstellungen, so sind die Werte zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Art. 960a

1 Bei ihrer Ersterfassung müssen die Aktiven höchstens zu den Anschaf- fungs- oder Herstellungskosten bewertet werden.

2 In der Folgebewertung dürfen Aktiven nicht höher bewertet werden als zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Vorbehalten bleiben Bestimmungen für einzelne Arten von Aktiven.

3 Der nutzungs- und altersbedingte Wertverlust muss durch Abschrei- bungen, anderweitige Wertverluste müssen durch Wertberichtigungen berücksichtigt werden. Abschreibungen und Wertberichtigungen müs- sen nach den allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen vor- genommen werden. Sie sind direkt oder indirekt bei den betreffenden Aktiven zulasten der Erfolgsrechnung abzusetzen und dürfen nicht unter den Passiven ausgewiesen werden.

4 Zu Wiederbeschaffungszwecken sowie zur Sicherung des dauernden Gedeihens des Unternehmens dürfen zusätzliche Abschreibungen und Wertberichtigungen vorgenommen werden. Zu den gleichen Zwecken kann davon abgesehen werden, nicht mehr begründete Abschreibungen und Wertberichtigungen aufzulösen.

Art. 960b

1 In der Folgebewertung dürfen Aktiven mit Börsenkurs oder einem an- deren beobachtbaren Marktpreis in einem aktiven Markt zum Kurs oder Marktpreis am Bilanzstichtag bewertet werden, auch wenn dieser über dem Nennwert oder dem Anschaffungswert liegt. Wer von diesem Recht Gebrauch macht, muss alle Aktiven der entsprechenden Positio- nen der Bilanz, die einen beobachtbaren Marktpreis aufweisen, zum Kurs oder Marktpreis am Bilanzstichtag bewerten. Im Anhang muss auf diese Bewertung hingewiesen werden. Der Gesamtwert der entspre- chenden Aktiven muss für Wertschriften und übrige Aktiven mit be- obachtbarem Marktpreis je gesondert offengelegt werden.

2 Werden Aktiven zum Börsenkurs oder zum Marktpreis am Bilanz- stichtag bewertet, so darf eine Wertberichtigung zulasten der Erfolgs- rechnung gebildet werden, um Schwankungen im Kursverlauf Rech- nung zu tragen. Solche Wertberichtigungen sind jedoch nicht zulässig, wenn dadurch sowohl der Anschaffungswert als auch der allenfalls tie- fere Kurswert unterschritten würden. Der Betrag der Schwankungsre- serven ist insgesamt in der Bilanz oder im Anhang gesondert auszuwei- sen.

Art. 960c

1 Liegt in der Folgebewertung von Vorräten und nicht fakturierten Dienstleistungen der Veräusserungswert unter Berücksichtigung noch anfallender Kosten am Bilanzstichtag unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, so muss dieser Wert eingesetzt werden.

2 Als Vorräte gelten Rohmaterial, Erzeugnisse in Arbeit, fertige Erzeug- nisse und Handelswaren.

Art. 960d

1 Als Anlagevermögen gelten Werte, die in der Absicht langfristiger Nutzung oder langfristigen Haltens erworben werden.

2 Als langfristig gilt ein Zeitraum von mehr als zwölf Monaten.

3 Als Beteiligungen gelten Anteile am Kapital eines anderen Unterneh- mens, die langfristig gehalten werden und einen massgeblichen Einfluss vermitteln. Dieser wird vermutet, wenn die Anteile mindestens 20 Pro- zent der Stimmrechte gewähren.

Art. 960e

1 Verbindlichkeiten müssen zum Nennwert eingesetzt werden.

2 Lassen vergangene Ereignisse einen Mittelabfluss in künftigen Ge- schäftsjahren erwarten, so müssen die voraussichtlich erforderlichen Rückstellungen zulasten der Erfolgsrechnung gebildet werden.

3 Rückstellungen dürfen zudem insbesondere gebildet werden für: 1. regelmässig anfallende Aufwendungen aus Garantieverpflich- tungen; 2. Sanierungen von Sachanlagen; 3. Restrukturierungen; 4. die Sicherung des dauernden Gedeihens des Unternehmens.

4 Nicht mehr begründete Rückstellungen müssen nicht aufgelöst wer- den.

Art. 960f

1 Ein Zwischenabschluss ist nach den Vorschriften zur Jahresrechnung zu erstellen und enthält eine Bilanz, eine Erfolgsrechnung und einen Anhang. Die Vorschriften für grössere Unternehmen und Konzerne bleiben vorbehalten.

2 Vereinfachungen oder Verkürzungen sind zulässig, sofern keine Be- einträchtigung der Darstellung des Geschäftsgangs entsteht. Es sind mindestens die Überschriften und Zwischensummen auszuweisen, die in der letzten Jahresrechnung enthalten sind. Zudem enthält der Anhang des Zwischenabschlusses die folgenden Angaben: 1. den Zweck des Zwischenabschlusses; 2. die Vereinfachungen und Verkürzungen, einschliesslich allfäl- liger Abweichungen von den für die letzte Jahresrechnung ver- wendeten Grundsätzen; 3. weitere Faktoren, welche die wirtschaftliche Lage des Unter- nehmens während der Berichtsperiode wesentlich beeinflusst haben, insbesondere Ausführungen zur Saisonalität.

3 Der Zwischenabschluss ist als solcher zu bezeichnen. Er ist vom Vor- sitzenden des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans und der in- nerhalb des Unternehmens für den Zwischenabschluss zuständigen Per- son zu unterzeichnen.

Dritter Abschnitt:

Rechnungslegung für grössere Unternehmen

Art. 961

Unternehmen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind, müssen: 1. zusätzliche Angaben im Anhang der Jahresrechnung machen; 2. als Teil der Jahresrechnung eine Geldflussrechnung erstellen; 3. einen Lagebericht verfassen.

Art. 961a

Im Anhang der Jahresrechnung müssen zusätzlich Angaben gemacht werden: 1. zu den langfristigen verzinslichen Verbindlichkeiten, aufgeteilt nach Fälligkeit innerhalb von einem bis fünf Jahren und nach fünf Jahren;

810 2. zum Honorar der Revisionsstelle je gesondert für Revisions- dienstleistungen und andere Dienstleistungen.

Art. 961b

Die Geldflussrechnung stellt die Veränderung der flüssigen Mittel aus der Geschäftstätigkeit, der Investitionstätigkeit und der Finanzie- rungstätigkeit je gesondert dar.

Art. 961c

1 Der Lagebericht stellt den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sowie gegebenenfalls des Konzerns am Ende des Geschäftsjahres unter Gesichtspunkten dar, die in der Jahresrech- nung nicht zum Ausdruck kommen.

2 Der Lagebericht muss namentlich Aufschluss geben über: 1. die Anzahl Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt; 2. die Durchführung einer Risikobeurteilung; 3. die Bestellungs- und Auftragslage; 4. die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit; 5. aussergewöhnliche Ereignisse; 6. die Zukunftsaussichten.

3 Der Lagebericht darf der Darstellung der wirtschaftlichen Lage in der Jahresrechnung nicht widersprechen.

Art. 961d

1 Auf die zusätzlichen Angaben im Anhang zur Jahresrechnung, die Geldflussrechnung und den Lagebericht kann verzichtet werden, wenn: 1. das Unternehmen einen Abschluss oder eine Konzernrechnung nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellt; oder 2. eine juristische Person, die das Unternehmen kontrolliert, eine Konzernrechnung nach einem anerkannten Standard zur Rech- nungslegung erstellt.

2 Es können eine Rechnungslegung nach den Vorschriften dieses Ab- schnitts verlangen: 1. Gesellschafter, die mindestens 10 Prozent des Grundkapitals vertreten;

812 2. 10 Prozent der Genossenschafter oder 20 Prozent der Vereins- mitglieder; 3. jeder Gesellschafter oder jedes Mitglied, das einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegt.

Vierter Abschnitt:

Abschluss nach anerkanntem Standard zur Rechnungslegung

Art. 962

1 Es müssen zusätzlich zur Jahresrechnung nach diesem Titel einen Ab- schluss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstel- len: 1. Gesellschaften, deren Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert sind, wenn die Börse dies verlangt; 2. Genossenschaften mit mindestens 2000 Genossenschaftern; 3. Stiftungen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revi- sion verpflichtet sind.

2 Es können zudem einen Abschluss nach einem anerkannten Standard verlangen: 1. Gesellschafter, die mindestens 20 Prozent des Grundkapitals vertreten; 2. 10 Prozent der Genossenschafter oder 20 Prozent der Vereins- mitglieder; 3. Gesellschafter oder Mitglieder, die einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegen.

3 Die Pflicht zur Erstellung eines Abschlusses nach einem anerkannten Standard entfällt, wenn eine Konzernrechnung nach einem anerkannten Standard erstellt wird.

4 Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan ist für die Wahl des an- erkannten Standards zuständig, sofern die Statuten, der Gesellschafts- vertrag oder die Stiftungsurkunde keine anderslautenden Vorgaben ent- halten oder das oberste Organ den anerkannten Standard nicht festlegt.

Art. 962a

1 Wird ein Abschluss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungs- legung erstellt, so muss dieser im Abschluss angegeben werden.

2 Der gewählte anerkannte Standard muss in seiner Gesamtheit und für den ganzen Abschluss übernommen werden.

3 Die Einhaltung des anerkannten Standards muss durch einen zugelas- senen Revisionsexperten geprüft werden. Es ist eine ordentliche Revi- sion des Abschlusses durchzuführen.

4 Der Abschluss nach einem anerkannten Standard muss dem obersten Organ anlässlich der Genehmigung der Jahresrechnung vorgelegt wer- den, bedarf aber keiner Genehmigung.

5 Der Bundesrat bezeichnet die anerkannten Standards. Er kann die Vo- raussetzungen festlegen, die für die Wahl eines Standards oder den Wechsel von einem Standard zum andern erfüllt sein müssen.

Fünfter Abschnitt: Konzernrechnung

Art. 963

1 Kontrolliert eine rechnungslegungspflichtige juristische Person ein oder mehrere rechnungslegungspflichtige Unternehmen, so muss sie im Geschäftsbericht für die Gesamtheit der kontrollierten Unternehmen eine konsolidierte Jahresrechnung (Konzernrechnung) erstellen.

2 Eine juristische Person kontrolliert ein anderes Unternehmen, wenn sie: 1. direkt oder indirekt über die Mehrheit der Stimmen im obersten Organ verfügt; 2. direkt oder indirekt über das Recht verfügt, die Mehrheit der Mitglieder des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans zu bestellen oder abzuberufen; oder 3. aufgrund der Statuten, der Stiftungsurkunde, eines Vertrags oder vergleichbarer Instrumente einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.

3 Ein nach Artikel 963b anerkannter Standard kann den Kreis der zu konsolidierenden Unternehmen definieren.

4 Vereine, Stiftungen und Genossenschaften können die Pflicht zur Er- stellung einer Konzernrechnung an ein kontrolliertes Unternehmen übertragen, wenn das betreffende kontrollierte Unternehmen durch Stimmenmehrheit oder auf andere Weise sämtliche weiteren Unterneh- men unter einheitlicher Leitung zusammenfasst und nachweist, dass es die Beherrschung tatsächlich ausübt.

Art. 963a

1 Eine juristische Person ist von der Pflicht zur Erstellung einer Kon- zernrechnung befreit, wenn sie: 1. zusammen mit den kontrollierten Unternehmen zwei der nach- stehenden Grössen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjah- ren nicht überschreitet: a. Bilanzsumme von 20 Millionen Franken, b. Umsatzerlös von 40 Millionen Franken, c. 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt; 2. von einem Unternehmen kontrolliert wird, dessen Konzernrech- nung nach schweizerischen oder gleichwertigen ausländischen Vorschriften erstellt und ordentlich geprüft worden ist; oder 3. die Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung an ein kontrol- liertes Unternehmen nach Artikel 963 Absatz 4 übertragen hat.

2 Eine Konzernrechnung ist dennoch zu erstellen, wenn: 1. dies für eine möglichst zuverlässige Beurteilung der wirtschaft- lichen Lage notwendig ist; 2.

813 Gesellschafter, die mindestens 20 Prozent des Grundkapitals vertreten, oder 10 Prozent der Genossenschafter oder 20 Prozent der Vereinsmitglieder dies verlangen; 3. ein Gesellschafter oder ein Vereinsmitglied, der oder das einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegt, dies verlangt; oder 4. die Stiftungsaufsichtsbehörde dies verlangt.

3 Erfolgt die Rechnungslegung nicht in Franken, so ist zur Festlegung der Werte gemäss Absatz 1 Ziffer 1 für die Bilanzsumme der Umrech- nungskurs zum Bilanzstichtag und für den Umsatzerlös der Jahres- durchschnittskurs massgebend.

814

Art. 963b

1 Die Konzernrechnung folgender Unternehmen muss nach einem aner- kannten Standard zur Rechnungslegung erstellt werden: 1. Gesellschaften, deren Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert sind, wenn die Börse dies verlangt; 2. Genossenschaften mit mindestens 2000 Genossenschaftern; 3. Stiftungen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revi- sion verpflichtet sind.

2 Artikel 962a Absätze 1–3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.

3 Die Konzernrechnung von übrigen Unternehmen untersteht den Grundsätzen ordnungsmässiger Rechnungslegung. Im Anhang zur Kon- zernrechnung nennt das Unternehmen die Bewertungsregeln. Weicht es davon ab, so weist es im Anhang darauf hin und vermittelt in anderer Weise die für den Einblick in die Vermögens-, Finanzierungs- und Er- tragslage des Konzerns nötigen Angaben.

4 Eine Konzernrechnung ist dennoch nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung zu erstellen, wenn: 1. Gesellschafter, die mindestens 20 Prozent des Grundkapitals vertreten oder 10 Prozent der Genossenschafter oder 20 Prozent der Vereinsmitglieder dies verlangen; 2. ein Gesellschafter oder ein Vereinsmitglied, der oder das einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegt, dies verlangt; oder 3. die Stiftungsaufsichtsbehörde dies verlangt.

Art. 964

815

Sechster Abschnitt:

816 Transparenz über nichtfinanzielle Belange

Art. 964a

1 Unternehmen erstatten jährlich einen Bericht über nichtfinanzielle Be- lange, wenn sie: 1. Gesellschaften des öffentlichen Interesses im Sinne von Arti- kel 2 Buchstabe c des Revisionsaufsichtsgesetzes vom 16. De- zember 2005

817 sind; 2. zusammen mit den von ihnen kontrollierten in- oder ausländi- schen Unternehmen, in zwei aufeinanderfolgenden Geschäfts- jahren mindestens 500 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt ha- ben; und 3. zusammen mit den von ihnen kontrollierten in- oder ausländi- schen Unternehmen, mindestens eine der nachstehenden Grös- sen in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschrei- ten:

817 a. Bilanzsumme von 20 Millionen Franken, b. Umsatzerlös von 40 Millionen Franken.

2 Von dieser Pflicht befreit sind Unternehmen, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden: 1. für welches Absatz 1 anwendbar ist; oder 2. das einen gleichwertigen Bericht nach ausländischem Recht er- stellen muss.

Art. 964b

1 Der Bericht über nichtfinanzielle Belange gibt Rechenschaft über Um- weltbelange, insbesondere die CO2-Ziele, über Sozialbelange, Arbeit- nehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte sowie die Bekämp- fung der Korruption. Der Bericht enthält diejenigen Angaben, welche zum Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Unternehmens sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit auf diese Belange erforderlich sind.

2 Der Bericht umfasst insbesondere: 1. eine Beschreibung des Geschäftsmodells; 2. eine Beschreibung der in Bezug auf die Belange gemäss Ab- satz 1 verfolgten Konzepte, einschliesslich der angewandten Sorgfaltsprüfung; 3. eine Darstellung der zur Umsetzung dieser Konzepte ergriffe- nen Massnahmen sowie eine Bewertung der Wirksamkeit dieser Massnahmen; 4. eine Beschreibung der wesentlichen Risiken im Zusammenhang mit den Belangen gemäss Absatz 1 sowie der Handhabung die- ser Risiken durch das Unternehmen; massgebend sind Risiken: a. die sich aus der eigenen Geschäftstätigkeit des Unterneh- mens ergeben, und b. wenn dies relevant und verhältnismässig ist, die sich aus seinen Geschäftsbeziehungen, seinen Erzeugnissen oder seinen Dienstleistungen ergeben; 5. die für die Unternehmenstätigkeit wesentlichen Leistungsindi- katoren in Bezug auf die Belange gemäss Absatz 1.

3 Stützt sich der Bericht auf nationale, europäische oder internationale Regelwerke, wie insbesondere die Leitsätze der Organisation für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), so ist das ange- wandte Regelwerk im Bericht zu nennen. Bei der Anwendung solcher Regelwerke ist sicherzustellen, dass alle Vorgaben dieses Artikels er- füllt sind. Nötigenfalls ist ein ergänzender Bericht zu verfassen.

4 Kontrolliert ein Unternehmen allein oder zusammen mit anderen Un- ternehmen ein oder mehrere andere in- oder ausländische Unternehmen, so umfasst der Bericht alle diese Unternehmen.

5 Verfolgt das Unternehmen in Bezug auf einen oder mehrere Belange gemäss Absatz 1 kein Konzept, so hat es dies im Bericht klar und be- gründet zu erläutern.

6 Der Bericht ist in einer Landessprache oder auf Englisch abzufassen.

Art. 964c

1 Der Bericht über nichtfinanzielle Belange bedarf der Genehmigung und Unterzeichnung durch das oberste Leitungs- oder Verwaltungsor- gan sowie der Genehmigung des für die Genehmigung der Jahresrech- nung zuständigen Organs.

2 Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan stellt sicher, dass der Bericht: 1. umgehend nach der Genehmigung elektronisch veröffentlicht wird; 2. mindestens zehn Jahre lang öffentlich zugänglich bleibt.

3 Für die Führung und Aufbewahrung der Berichte gilt Artikel 958f sinngemäss.

Siebter Abschnitt:

818 Transparenz bei Rohstoffunternehmen

Art. 964d

1 Unternehmen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet und selber oder durch ein von ihnen kontrolliertes Unter- nehmen im Bereich der Gewinnung von Mineralien, Erdöl oder Erdgas oder des Einschlags von Holz in Primärwäldern tätig sind, müssen jähr- lich einen Bericht über die Zahlungen an staatliche Stellen verfassen.

2 Hat das Unternehmen eine konsolidierte Jahresrechnung zu erstellen, so muss es einen konsolidierten Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen verfassen (Konzernzahlungsbericht); dieser ersetzt die Bericht- erstattung der einzelnen Gesellschaften.

3 Ist das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz in den von ihm oder ei- nem anderen Unternehmen mit Sitz im Ausland nach schweizerischen oder gleichwertigen Vorschriften erstellten Konzernzahlungsbericht einbezogen , so muss es keinen separaten Bericht über Zahlungen an

818 staatliche Stellen verfassen. Es muss jedoch im Anhang der Jahresrech- nung angeben, bei welchem anderen Unternehmen es in den Bericht ein- bezogen wurde, und diesen Bericht veröffentlichen.

4 Die Gewinnung umfasst alle Unternehmenstätigkeiten auf den Gebie- ten der Exploration, Prospektion, Entdeckung, Erschliessung und För- derung von Mineralien, Erdöl- und Erdgasvorkommen und des Ein- schlags von Holz in Primärwäldern.

5 Als staatliche Stellen gelten nationale, regionale oder kommunale Be- hörden eines Drittlandes sowie von diesen Behörden kontrollierte Ab- teilungen oder Unternehmen.

Art. 964e

1 Die Zahlungen an staatliche Stellen können in Geld- oder Sachleistun- gen bestehen. Sie umfassen insbesondere folgende Arten von Leistun- gen: 1. Zahlungen für Produktionsansprüche; 2. Steuern auf der Produktion, den Erträgen oder Gewinnen von Unternehmen, ausgenommen Mehrwert- oder Umsatzsteuern und andere Steuern auf dem Verbrauch; 3. Nutzungsentgelte; 4. Dividenden, ausgenommen die an eine staatliche Stelle als Ge- sellschafterin dieses Unternehmens gezahlten Dividenden, so- lange diese unter denselben Bedingungen an die staatliche Stelle wie an die anderen Gesellschafter gezahlt werden; 5. Unterzeichnungs-, Entdeckungs- und Produktionsboni; 6. Lizenz-, Miet- und Zugangsgebühren oder sonstige Gegenleis- tungen für Bewilligungen oder Konzessionen; 7. Zahlungen für die Verbesserung der Infrastruktur.

2 Bei Sachleistungen sind Gegenstand, Wert, Bewertungsmethode und gegebenenfalls Umfang anzugeben.

Art. 964f

1 Der Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen erstreckt sich nur auf Zahlungen, die sich aus der Geschäftstätigkeit in der mineral-, erdöl- oder erdgasgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzein- schlags in Primärwäldern ergeben.

2 Er umfasst alle Zahlungen von mindestens 100 000 Franken pro Ge- schäftsjahr an staatliche Stellen, und zwar sowohl Einzelzahlungen wie auch Zahlungen in mehreren Teilbeträgen, die zusammen mindestens 100 000 Franken erreichen.

3 Anzugeben ist der Betrag der Zahlungen, die insgesamt und aufge- schlüsselt nach Art der Leistung an jede staatliche Stelle und an jedes Projekt geleistet werden.

4 Der Bericht ist schriftlich in einer Landessprache oder in Englisch ab- zufassen und vom obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgan zu geneh- migen.

Art. 964g

1 Der Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen ist innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres elektronisch zu veröf- fentlichen.

2 Er muss mindestens zehn Jahre lang öffentlich zugänglich sein.

3 Der Bundesrat kann Vorschriften zur Struktur der im Bericht verlang- ten Daten erlassen.

Art. 964h

Für die Führung und die Aufbewahrung des Berichts über Zahlungen an staatliche Stellen gilt Artikel 958f entsprechend.

Art. 964i

Der Bundesrat kann im Rahmen eines international abgestimmten Vor- gehens festlegen, dass die Verpflichtungen nach den Artikeln 964d– 964h auch auf Unternehmen Anwendung finden, die mit Rohstoffen handeln.

Achter Abschnitt:

819 Sorgfaltspflichten und Transparenz bezüglich Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit

Art. 964j

1 Unternehmen, deren Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung sich in der Schweiz befindet, müssen in der Lieferkette Sorgfaltspflich- ten einhalten und darüber Bericht erstatten, wenn sie: 1. Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold enthaltende Mineralien oder Metalle aus Konflikt- und Hochrisikogebieten in den freien Ver- kehr der Schweiz überführen oder in der Schweiz bearbeiten; oder

819 2. Produkte oder Dienstleistungen anbieten, bei denen ein begrün- deter Verdacht besteht, dass sie unter Einsatz von Kinderarbeit hergestellt oder erbracht wurden.

2 Der Bundesrat legt jährliche Einfuhrmengen von Mineralien und Metallen fest, bis zu denen ein Unternehmen von der Sorgfalts- und Berichterstattungspflicht befreit ist.

3 Er legt fest, unter welchen Voraussetzungen kleine und mittlere Un- ternehmen sowie Unternehmen mit geringen Risiken im Bereich Kin- derarbeit nicht prüfen müssen, ob ein begründeter Verdacht auf Kinder- arbeit besteht.

4 Er legt fest, unter welchen Voraussetzungen die Unternehmen von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten ausgenommen sind, die sich an ein international anerkanntes gleichwertiges Regelwerk, wie insbe- sondere die Leitsätze der OECD, halten.

Art. 964k

1 Die Unternehmen führen ein Managementsystem und legen darin Fol- gendes fest: 1. die Lieferkettenpolitik für möglicherweise aus Konflikt- und Hochrisikogebieten stammende Mineralien und Metalle; 2. die Lieferkettenpolitik für Produkte oder Dienstleistungen, bei denen ein begründeter Verdacht auf Kinderarbeit besteht; 3. ein System, mit dem die Lieferkette zurückverfolgt werden kann.

2 Sie ermitteln und bewerten die Risiken schädlicher Auswirkungen in ihrer Lieferkette. Sie erstellen einen Risikomanagementplan und treffen Massnahmen zur Minimierung der festgestellten Risiken.

3 Sie lassen die Einhaltung der Sorgfaltspflichten bezüglich der Minera- lien und Metalle durch eine unabhängige Fachperson prüfen.

4 Der Bundesrat erlässt die näheren Vorschriften; er orientiert sich dabei an international anerkannten Regelwerken, wie insbesondere den Leit- sätzen der OECD.

Art. 964l

1 Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan erstattet jährlich Be- richt über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten.

2 Der Bericht ist in einer Landessprache oder auf Englisch abzufassen.

3 Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan stellt sicher, dass der Bericht: 1. innerhalb von sechs Monaten seit Ablauf des Geschäftsjahres elektronisch veröffentlicht wird; 2. mindestens zehn Jahre lang öffentlich zugänglich bleibt.

4 Für die Führung und Aufbewahrung der Berichte gilt Artikel 958f sinngemäss.

5 Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen anbieten, die einen Bericht verfasst haben, müssen für diese Produkte und Dienstleistungen selber keinen Bericht erstellen.

Fünfte Abteilung:

820 Die Wertpapiere Dreiunddreissigster Titel: Die Namen-, Inhaber- und Ordrepapiere

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 965

Wertpapier ist jede Urkunde, mit der ein Recht derart verknüpft ist, dass es ohne die Urkunde weder geltend gemacht noch auf andere übertragen werden kann.

Art. 966

1 Der Schuldner aus einem Wertpapier ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zu leisten verpflichtet.

2 Der Schuldner wird durch eine bei Verfall erfolgte Leistung an den durch die Urkunde ausgewiesenen Gläubiger befreit, wenn ihm nicht Arglist oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.

Art. 967

1 Zur Übertragung des Wertpapiers zu Eigentum oder zu einem be- schränkten dinglichen Recht bedarf es in allen Fällen der Übertragung des Besitzes an der Urkunde.

2 Bei Ordrepapieren bedarf es überdies der Indossierung, bei Namenpa- pieren einer schriftlichen Erklärung, die nicht auf das Wertpapier selbst gesetzt werden muss.

3 Durch Gesetz oder Vertrag kann für die Übertragung die Mitwirkung anderer Personen, wie namentlich des Schuldners, vorgeschrieben wer- den.

820

Art. 968

1 Die Indossierung erfolgt in allen Fällen nach den Vorschriften über den Wechsel.

2 Das ausgefüllte Indossament gilt in Verbindung mit der Übergabe der Urkunde als genügende Form der Übertragung.

Art. 969

Mit der Indossierung und der Übergabe der indossierten Urkunde gehen bei allen übertragbaren Wertpapieren, soweit sich aus dem Inhalt oder der Natur der Urkunde nicht etwas anderes ergibt, die Rechte des Indos- santen auf den Erwerber über.

Art. 970

1 Ein Namen- oder Ordrepapier kann nur mit Zustimmung aller berech- tigten und verpflichteten Personen in ein Inhaberpapier umgewandelt werden. Diese Zustimmung ist auf der Urkunde selbst zu erklären.

2 Der gleiche Grundsatz gilt für die Umwandlung von Inhaberpapieren in Namen- oder Ordrepapiere. Fehlt in diesem Falle die Zustimmung einer der berechtigten oder verpflichteten Personen, so ist die Umwand- lung wirksam, jedoch nur zwischen dem Gläubiger, der sie vorgenom- men hat, und seinem unmittelbaren Rechtsnachfolger.

Art. 971

1 Wird ein Wertpapier vermisst, so kann es durch das Gericht

821 kraftlos erklärt werden.

2 Die Kraftloserklärung kann verlangen, wer zur Zeit des Verlustes oder der Entdeckung des Verlustes an dem Papier berechtigt ist.

Art. 972

1 Nach der Kraftloserklärung kann der Berechtigte sein Recht auch ohne die Urkunde geltend machen oder die Ausstellung einer neuen Urkunde verlangen.

2 Im übrigen kommen für das Verfahren und die Wirkung der Kraftlos- erklärung die bei den einzelnen Arten von Wertpapieren aufgestellten Bestimmungen zur Anwendung.

821

Art. 973

Die besondern Vorschriften über die Wertpapiere, wie namentlich über den Wechsel, den Check und die Pfandtitel, bleiben vorbehalten.

Art. 973a

1 Der Aufbewahrer ist befugt, vertretbare Wertpapiere mehrerer Hinter- leger ungetrennt zu verwahren, es sei denn, ein Hinterleger verlangt aus- drücklich die gesonderte Verwahrung seiner Wertpapiere.

2 Werden vertretbare Wertpapiere einem Aufbewahrer zur Sammelver- wahrung anvertraut, so erwirbt der Hinterleger mit der Einlieferung beim Aufbewahrer Miteigentum nach Bruchteilen an den zum Sammel- bestand gehörenden Wertpapieren gleicher Gattung. Für die Bestim- mung des Bruchteils ist der Nennwert, bei Wertpapieren ohne Nennwert die Stückzahl massgebend.

3 Der Hinterleger hat einen jederzeitigen, von der Mitwirkung oder Zu- stimmung der anderen Hinterleger unabhängigen Anspruch auf Heraus- gabe von Wertpapieren aus dem Sammelbestand im Umfang seines Bruchteils.

Art. 973b

1 Der Schuldner kann Globalurkunden ausgeben oder mehrere vertret- bare Wertpapiere, die einem einzigen Aufbewahrer anvertraut sind, durch eine Globalurkunde ersetzen, sofern die Ausgabebedingungen oder die Gesellschaftsstatuten dies vorsehen oder die Hinterleger dazu ihre Zustimmung erteilt haben.

2 Die Globalurkunde ist ein Wertpapier gleicher Art wie die durch sie verkörperten Einzelrechte. Sie steht im Miteigentum der daran beteilig- ten Hinterleger, und zwar im Verhältnis ihrer Beteiligung. Für die Stel- lung und die Rechte der Miteigentümer an der Globalurkunde gilt Arti- kel 973a Absatz 2 sinngemäss.

824

Art. 973c

1 Der Schuldner kann einfache Wertrechte ausgeben oder vertretbare Wertpapiere oder Globalurkunden, die einem einzigen Aufbewahrer an- vertraut sind, durch einfache Wertrechte ersetzen, sofern die Ausgabe- bedingungen oder seine Statuten dies vorsehen oder die Hinterleger dazu ihre Zustimmung erteilt haben.

2 Der Schuldner führt über die von ihm ausgegebenen Wertrechte ein Buch, in das die Anzahl und Stückelung der ausgegebenen Wertrechte sowie die Gläubiger einzutragen sind. Das Buch ist nicht öffentlich.

3 Die Wertrechte entstehen mit Eintragung in das Buch und bestehen nur nach Massgabe dieser Eintragung.

4 Zur Übertragung von Wertrechten bedarf es einer schriftlichen Abtre- tungserklärung. Ihre Verpfändung richtet sich nach den Vorschriften über das Pfandrecht an Forderungen.

Art. 973d

1 Ein Registerwertrecht ist ein Recht, das gemäss einer Vereinbarung der Parteien: 1. in einem Wertrechteregister gemäss Absatz 2 eingetragen ist; und 2. nur über dieses Wertrechteregister geltend gemacht und auf andere übertragen werden kann.

2 Das Wertrechteregister muss die folgenden Anforderungen erfüllen: 1. Es vermittelt den Gläubigern, nicht aber dem Schuldner, mittels technischer Verfahren die Verfügungsmacht über ihre Rechte. 2. Seine Integrität ist geschützt, indem es durch angemessene tech- nische und organisatorische Massnahmen, wie die gemeinsame Verwaltung durch mehrere voneinander unabhängige Betei- ligte, gegen unbefugte Veränderungen geschützt ist.

828 3. Der Inhalt der Rechte, die Funktionsweise des Registers und die Registrierungsvereinbarung sind im Register oder in damit ver- knüpften Begleitdaten festgehalten. 4. Die Gläubiger können die sie betreffenden Informationen und Registereinträge einsehen sowie die Integrität des sie betreffen- den Registerinhalts ohne Zutun Dritter überprüfen.

3 Der Schuldner hat sicherzustellen, dass das Wertrechteregister dessen Zweck entsprechend organisiert ist. Insbesondere ist sicherzustellen, dass das Register jederzeit gemäss Registrierungsvereinbarung funktio- niert.

Art. 973e

1 Der Schuldner aus einem Registerwertrecht ist nur an den durch das Wertrechteregister ausgewiesenen Gläubiger sowie gegen entspre- chende Anpassung des Registers zu leisten berechtigt und verpflichtet.

2 Er wird durch eine bei Verfall erfolgte Leistung an den durch das Wertrechteregister ausgewiesenen Gläubiger befreit, auch wenn der ausgewiesene nicht der tatsächliche Gläubiger ist, wenn dem Schuldner nicht Arglist oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.

3 Wer in einem Wertrechteregister vom dort ausgewiesenen Gläubiger ein Registerwertrecht erworben hat, ist in seinem Erwerb zu schützen, auch wenn der Veräusserer zur Verfügung nicht befugt war, es sei denn, der Erwerber handelte beim Erwerb bösgläubig oder grobfahrlässig.

4 Der Schuldner kann der Forderung aus einem Registerwertrecht nur Einreden entgegensetzen, die: 1. entweder gegen die Gültigkeit der Registrierung gerichtet sind oder aus dem Wertrechteregister oder dessen Begleitdaten selbst hervorgehen; 2. ihm persönlich gegen den aktuellen Gläubiger des Registerwert- rechts zustehen; oder 3. sich auf die unmittelbare Beziehung des Schuldners zu einem früheren Gläubiger des Registerwertrechts gründen, wenn der aktuelle Gläubiger bei dem Erwerb des Registerwertrechts be- wusst zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat.

829

Art. 973f

1 Die Übertragung des Registerwertrechts untersteht den Regeln der Re- gistrierungsvereinbarung.

2 Wird über den Gläubiger eines Registerwertrechts der Konkurs eröff- net, die Pfändung vollzogen oder die Nachlassstundung bewilligt, so sind seine Verfügungen über Registerwertrechte rechtlich verbindlich und Dritten gegenüber wirksam, wenn sie: 1. vorgängig eingebracht wurden; 2. nach den Regeln des Wertrechteregisters oder eines anderen Handelssystems unwiderruflich wurden; sowie 3. innerhalb von 24 Stunden tatsächlich in das Wertrechteregister eingetragen wurden.

3 Steht in Bezug auf dasselbe Recht dem gutgläubigen Empfänger eines Wertpapiers ein gutgläubiger Empfänger des Registerwertrechts gegen- über, so geht der Erste dem Letzteren vor.

Art. 973g

1 Eine Sicherheit kann auch ohne Übertragung des Registerwertrechts errichtet werden, wenn: 1. die Sicherheit im Wertrechteregister ersichtlich ist; und 2. gewährleistet ist, dass ausschliesslich der Sicherungsnehmer im Falle der Nichtbefriedigung über das Registerwertrecht verfü- gen kann.

2 Im Übrigen richtet sich: 1. das Retentionsrecht an Registerwertrechten nach den für Wert- papiere geltenden Bestimmungen über das Retentionsrecht (Art. 895–898 ZGB

832 ); 2. das Pfandrecht an Registerwertrechten nach den für Wertpa- piere geltenden Bestimmungen über das Pfandrecht an Forde- rungen und anderen Rechten (Art. 899–906 ZGB).

832

Art. 973h

1 Der an einem Registerwertrecht Berechtigte kann verlangen, dass das Gericht das Registerwertrecht kraftlos erklärt, sofern er seine ursprüng- liche Verfügungsmacht sowie deren Verlust glaubhaft macht. Nach der Kraftloserklärung kann er sein Recht auch ausserhalb des Registers gel- tend machen oder auf seine Kosten vom Schuldner die Zuteilung eines neuen Registerwertrechts verlangen. Im Übrigen sind für das Verfahren und die Wirkung der Kraftloserklärung die Artikel 982–986 sinngemäss anwendbar.

2 Die Parteien können eine vereinfachte Kraftloserklärung durch Herab- setzung der Zahl der öffentlichen Aufforderungen oder durch Verkür- zung der Fristen vorsehen.

Art. 973i

1 Der Schuldner aus einem Registerwertrecht oder einem Recht, das als solches angeboten wird, hat jedem Erwerber bekannt zu geben: 1. den Inhalt des Wertrechts; 2. die Funktionsweise des Wertrechteregisters sowie die Massnah- men zum Schutz des Funktionierens und der Integrität des Wert- rechteregisters nach Artikel 973d Absätze 2 und 3.

2 Er haftet für den Schaden, der dem Erwerber durch unrichtige, irrefüh- rende oder den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechende Anga- ben entsteht, sofern er nicht nachweist, dass er die erforderliche Sorgfalt angewendet hat.

3 Vereinbarungen, welche diese Haftung beschränken oder wegbedin- gen, sind nichtig.

Zweiter Abschnitt: Die Namenpapiere

Art. 974

Ein Wertpapier gilt als Namenpapier, wenn es auf einen bestimmten Namen lautet und weder an Ordre gestellt noch gesetzlich als Ordrepa- pier erklärt ist.

834

Art. 975

1 Der Schuldner ist nur demjenigen zu leisten verpflichtet, der Inhaber der Urkunde ist und der sich als die Person oder als Rechtsnachfolger der Person ausweist, auf welche die Urkunde lautet.

2 Leistet der Schuldner ohne diesen Ausweis, so wird er gegenüber ei- nem Dritten, der seine Berechtigung nachweist, nicht befreit.

Art. 976

Hat sich der Schuldner im Namenpapier das Recht vorbehalten, jedem Inhaber der Urkunde leisten zu dürfen, so wird er durch die in gutem Glauben erfolgte Leistung an den Inhaber befreit, auch wenn er den Ausweis über das Gläubigerrecht nicht verlangt hat; er ist indessen nicht verpflichtet, an den Inhaber zu leisten.

Art. 977

1 Die Namenpapiere werden, wenn keine besondern Vorschriften auf- gestellt sind, nach den für die Inhaberpapiere geltenden Bestimmungen kraftlos erklärt.

2 Der Schuldner kann in der Urkunde eine vereinfachte Kraftloserklä- rung durch Herabsetzung der Zahl der öffentlichen Aufforderungen oder durch Verkürzung der Fristen vorsehen, oder sich das Recht vor- behalten, auch ohne Vorweisung der Urkunde und ohne Kraftloserklä- rung gültig zu leisten, wenn der Gläubiger die Entkräftung des Schuld- scheins und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglau- bigten Urkunde ausspricht.

Dritter Abschnitt: Die Inhaberpapiere

Art. 978

1 Ein Wertpapier gilt als Inhaberpapier, wenn aus dem Wortlaut oder der Form der Urkunde ersichtlich ist, dass der jeweilige Inhaber als Be- rechtigter anerkannt wird.

2 Der Schuldner darf jedoch nicht mehr bezahlen, wenn ein gerichtliches oder polizeiliches Zahlungsverbot an ihn erlassen worden ist.

Art. 979

1 Der Schuldner kann der Forderung aus einem Inhaberpapier nur solche Einreden entgegensetzen, die entweder gegen die Gültigkeit der Urkunde gerichtet sind oder aus der Urkunde selbst hervorgehen, sowie solche, die ihm persönlich gegen den jeweiligen Gläubiger zustehen.

2 Einreden, die sich auf die unmittelbaren Beziehungen des Schuldners zu einem früheren Inhaber gründen, sind zulässig, wenn der Inhaber bei dem Erwerb der Urkunde bewusst zum Nachteil des Schuldners gehan- delt hat.

3 Ausgeschlossen ist die Einrede, dass die Urkunde wider den Willen des Schuldners in den Verkehr gelangt sei.

Art. 980

1 Gegen die Forderung aus Inhaberzinscoupons kann der Schuldner die Einrede, dass die Kapitalschuld getilgt sei, nicht erheben.

2 Der Schuldner ist aber berechtigt, bei Bezahlung der Kapitalschuld den Betrag der erst in Zukunft verfallenden Inhaberzinscoupons, die ihm nicht mit dem Haupttitel abgeliefert werden, bis nach Ablauf der für diese Coupons geltenden Verjährungsfrist zurückzubehalten, es sei denn, dass die nicht abgelieferten Coupons kraftlos erklärt worden sind oder dass deren Betrag sichergestellt wird.

Art. 981

1 Inhaberpapiere, wie Aktien, Obligationen, Genussscheine, Coupons- bogen, Bezugsscheine für Couponsbogen, jedoch mit Ausschluss ein- zelner Coupons, werden auf Begehren des Berechtigten durch das Ge- richt kraftlos erklärt.

3 Der Gesuchsteller hat den Besitz und Verlust der Urkunde glaubhaft zu machen.

4 Ist dem Inhaber eines mit Couponsbogen oder Bezugsschein versehe- nen Papiers bloss der Couponsbogen oder Bezugsschein abhanden ge- kommen, so genügt zur Begründung des Begehrens die Vorzeigung des Haupttitels.

Art. 982

1 Dem aus dem Wertpapier Verpflichteten kann auf Verlangen des Ge- suchstellers die Einlösung unter Hinweis auf die Gefahr doppelter Zah- lung verboten werden.

2 Soll ein Couponsbogen kraftlos erklärt werden, so findet auf die wäh- rend des Verfahrens verfallenden einzelnen Coupons die Bestimmung über die Kraftloserklärung der Zinscoupons entsprechende Anwendung.

836

Art. 983

Erachtet der Richter die Darstellung des Gesuchstellers über seinen frühern Besitz und über den Verlust der Urkunde für glaubhaft, so for- dert er durch öffentliche Bekanntmachung den unbekannten Inhaber auf, das Wertpapier innerhalb bestimmter Frist vorzulegen, widrigen- falls die Kraftloserklärung ausgesprochen werde. Die Frist ist auf min- destens sechs Monate festzusetzen; sie läuft vom Tage der ersten Be- kanntmachung an.

Art. 984

1 Die Aufforderung zur Vorlegung der Urkunde ist im Schweizerischen Handelsamtsblatt zu veröffentlichen.

2 In besonderen Fällen kann das Gericht noch in anderer Weise für an- gemessene Veröffentlichung sorgen.

Art. 985

1 Wird das abhanden gekommene Inhaberpapier vorgelegt, so setzt das Gericht dem Gesuchsteller Frist zur Anhebung der Klage auf Heraus- gabe der Urkunde.

2 Klagt der Gesuchsteller nicht binnen dieser Frist, so gibt das Gericht die Urkunde zurück und hebt das Zahlungsverbot auf.

Art. 986

1 Wird das abhanden gekommene Inhaberpapier innert der angesetzten Frist nicht vorgelegt, so kann das Gericht die Urkunde kraftlos erklären oder je nach Umständen weitere Anordnungen treffen.

2 Die Kraftloserklärung eines Inhaberpapiers ist sofort im Schweizeri- schen Handelsamtsblatt, nach Ermessen des Gerichts auch anderweitig zu veröffentlichen.

3 Nach der Kraftloserklärung ist der Gesuchsteller berechtigt, auf seine Kosten die Ausfertigung einer neuen Urkunde oder die Erfüllung der fälligen Leistung zu fordern.

Art. 987

1 Sind einzelne Coupons abhanden gekommen, so hat das Gericht auf Begehren des Berechtigten zu verfügen, dass der Betrag bei Verfall oder, sofern der Coupon bereits verfallen ist, sofort gerichtlich hinter- legt werde.

2 Nach Ablauf von drei Jahren seit dem Verfalltage ist, wenn sich in- zwischen kein Berechtigter gemeldet hat, der Betrag nach Verfügung des Gerichts an den Gesuchsteller herauszugeben.

Art. 988

Bei Banknoten und andern in grösserer Anzahl ausgegebenen, auf Sicht zahlbaren Inhaberpapieren, die zum Umlauf als Ersatzmittel für Geld bestimmt sind und auf feste Beträge lauten, findet eine Kraftloserklä- rung nicht statt.

Art. 989

838 Vorbehalten bleiben die besondern Bestimmungen über den Schuld- brief, der auf den Inhaber lautet.

Vierter Abschnitt: Der Wechsel

A. Wechselfähigkeit

Art. 990

Wer sich durch Verträge verpflichten kann, ist wechselfähig. B. Gezogener Wechsel I. Ausstellung und Form des gezogenen Wechsels

Art. 991

Der gezogene Wechsel enthält: 1. die Bezeichnung als Wechsel im Texte der Urkunde, und zwar in der Sprache, in der sie ausgestellt ist; 2. die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zah- len; 3. den Namen dessen, der zahlen soll (Bezogener); 4. die Angabe der Verfallzeit; 5. die Angabe des Zahlungsortes; 6. den Namen dessen, an den oder an dessen Ordre gezahlt werden soll;

838 7. die Angabe des Tages und des Ortes der Ausstellung; 8. die Unterschrift des Ausstellers.

Art. 992

1 Eine Urkunde, der einer der im vorstehenden Artikel bezeichneten Be- standteile fehlt, gilt nicht als gezogener Wechsel, vorbehaltlich der in den folgenden Absätzen bezeichneten Fälle.

2 Ein Wechsel ohne Angabe der Verfallzeit gilt als Sichtwechsel.

3 Mangels einer besonderen Angabe gilt der bei dem Namen des Bezo- genen angegebene Ort als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Bezogenen.

4 Ein Wechsel ohne Angabe des Ausstellungsortes gilt als ausgestellt an dem Orte, der bei dem Namen des Ausstellers angegeben ist.

Art. 993

1 Der Wechsel kann an die eigene Ordre des Ausstellers lauten.

2 Er kann auf den Aussteller selbst gezogen werden.

3 Er kann für Rechnung eines Dritten gezogen werden.

Art. 994

Der Wechsel kann bei einem Dritten, am Wohnorte des Bezogenen oder an einem anderen Orte zahlbar gestellt werden.

Art. 995

1 In einem Wechsel, der auf Sicht oder auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lautet, kann der Aussteller bestimmen, dass die Wechselsumme zu verzinsen ist. Bei jedem anderen Wechsel gilt der Zinsvermerk als nicht geschrieben.

2 Der Zinsfuss ist im Wechsel anzugeben; fehlt diese Angabe, so gilt der Zinsvermerk als nicht geschrieben.

3 Die Zinsen laufen vom Tage der Ausstellung des Wechsels, sofern nicht ein anderer Tag bestimmt ist.

Art. 996

1 Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe.

2 Ist die Wechselsumme mehrmals in Buchstaben oder mehrmals in Zif- fern angegeben, so gilt bei Abweichungen die geringste Summe.

Art. 997

Trägt ein Wechsel Unterschriften von Personen, die eine Wechselver- bindlichkeit nicht eingehen können, gefälschte Unterschriften, Unter- schriften erdichteter Personen oder Unterschriften, die aus irgendeinem anderen Grunde für die Personen, die unterschrieben haben oder mit de- ren Namen unterschrieben worden ist, keine Verbindlichkeit begründen, so hat dies auf die Gültigkeit der übrigen Unterschriften keinen Einfluss.

Art. 998

Wer auf einem Wechsel seine Unterschrift als Vertreter eines anderen setzt, ohne hierzu ermächtigt zu sein, haftet selbst wechselmässig und hat, wenn er den Wechsel einlöst, dieselben Rechte, die der angeblich Vertretene haben würde. Das gleiche gilt von einem Vertreter, der seine Vertretungsbefugnis überschritten hat.

Art. 999

1 Der Aussteller haftet für die Annahme und die Zahlung des Wechsels.

2 Er kann die Haftung für die Annahme ausschliessen; jeder Vermerk, durch den er die Haftung für die Zahlung ausschliesst, gilt als nicht ge- schrieben.

Art. 1000

Wenn ein Wechsel, der bei der Begebung unvollständig war, den ge- troffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt worden ist, so kann die Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen dem Inhaber nicht entgegenge- setzt werden, es sei denn, dass er den Wechsel in bösem Glauben erwor- ben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. II. Indossament

Art. 1001

1 Jeder Wechsel kann durch Indossament übertragen werden, auch wenn er nicht ausdrücklich an Ordre lautet.

2 Hat der Aussteller in den Wechsel die Worte: «nicht an Ordre» oder einen gleichbedeutenden Vermerk aufgenommen, so kann der Wechsel nur in der Form und mit den Wirkungen einer gewöhnlichen Abtretung übertragen werden.

3 Das Indossament kann auch auf den Bezogenen, gleichviel ob er den Wechsel angenommen hat oder nicht, auf den Aussteller oder auf jeden anderen Wechselverpflichteten lauten. Diese Personen können den Wechsel weiter indossieren.

Art. 1002

1 Das Indossament muss unbedingt sein. Bedingungen, von denen es ab- hängig gemacht wird, gelten als nicht geschrieben.

2 Ein Teilindossament ist nichtig.

3 Ein Indossament an den Inhaber gilt als Blankoindossament.

Art. 1003

1 Das Indossament muss auf den Wechsel oder auf ein mit dem Wechsel verbundenes Blatt (Anhang, Allonge) gesetzt werden. Es muss von dem Indossanten unterschrieben werden.

2 Das Indossament braucht den Indossatar nicht zu bezeichnen und kann selbst in der blossen Unterschrift des Indossanten bestehen (Blankoin- dossament). In diesem letzteren Falle muss das Indossament, um gültig zu sein, auf die Rückseite des Wechsels oder auf den Anhang gesetzt werden.

Art. 1004

1 Das Indossament überträgt alle Rechte aus dem Wechsel.

2 Ist es ein Blankoindossament, so kann der Inhaber: 1. das Indossament mit seinem Namen oder mit dem Namen eines anderen ausfüllen; 2. den Wechsel durch ein Blankoindossament oder an eine be- stimmte Person weiter indossieren; 3. den Wechsel weiter begeben, ohne das Blankoindossament aus- zufüllen und ohne ihn zu indossieren.

Art. 1005

1 Der Indossant haftet mangels eines entgegenstehenden Vermerks für die Annahme und die Zahlung.

2 Er kann untersagen, dass der Wechsel weiter indossiert wird; in diesem Falle haftet er denen nicht, an die der Wechsel weiter indossiert wird.

Art. 1006

1 Wer den Wechsel in Händen hat, gilt als rechtmässiger Inhaber, sofern er sein Recht durch eine ununterbrochene Reihe von Indossamenten nachweist, und zwar auch dann, wenn das letzte ein Blankoindossament ist. Ausgestrichene Indossamente gelten hiebei als nicht geschrieben. Folgt auf ein Blankoindossament ein weiteres Indossament, so wird an- genommen, dass der Aussteller dieses Indossaments den Wechsel durch das Blankoindossament erworben hat.

2 Ist der Wechsel einem früheren Inhaber irgendwie abhanden gekom- men, so ist der neue Inhaber, der sein Recht nach den Vorschriften des vorstehenden Absatzes nachweist, zur Herausgabe des Wechsels nur verpflichtet, wenn er ihn in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.

Art. 1007

Wer aus dem Wechsel in Anspruch genommen wird, kann dem Inhaber keine Einwendungen entgegensetzen, die sich auf seine unmittelbaren Beziehungen zu dem Aussteller oder zu einem früheren Inhaber grün- den, es sei denn, dass der Inhaber bei dem Erwerb des Wechsels bewusst zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat.

Art. 1008

1 Enthält das Indossament den Vermerk «Wert zur Einziehung», «zum Inkasso», «in Prokura» oder einen anderen nur eine Bevollmächtigung ausdrückenden Vermerk, so kann der Inhaber alle Rechte aus dem Wechsel geltend machen; aber er kann ihn nur durch ein weiteres Voll- machtsindossament übertragen.

2 Die Wechselverpflichteten können in diesem Falle dem Inhaber nur solche Einwendungen entgegensetzen, die ihnen gegen den Indossanten zustehen.

3 Die in dem Vollmachtsindossament enthaltene Vollmacht erlischt we- der mit dem Tod noch mit dem Eintritt der Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers.

Art. 1009

1 Enthält das Indossament den Vermerk «Wert zur Sicherheit», «Wert zum Pfande» oder einen anderen eine Verpfändung ausdrückenden Ver- merk, so kann der Inhaber alle Rechte aus dem Wechsel geltend ma- chen; ein von ihm ausgestelltes Indossament hat aber nur die Wirkung eines Vollmachtsindossaments.

2 Die Wechselverpflichteten können dem Inhaber keine Einwendungen entgegensetzen, die sich auf ihre unmittelbaren Beziehungen zu dem In- dossanten gründen, es sei denn, dass der Inhaber bei dem Erwerb des Wechsels bewusst zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat.

Art. 1010

1 Ein Indossament nach Verfall hat dieselben Wirkungen wie ein Indos- sament vor Verfall. Ist jedoch der Wechsel erst nach Erhebung des Pro- testes mangels Zahlung oder nach Ablauf der hiefür bestimmten Frist indossiert worden, so hat das Indossament nur die Wirkungen einer gewöhnlichen Abtretung.

2 Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass ein nicht datiertes Indossament vor Ablauf der für die Erhebung des Protestes bestimmten Frist auf den Wechsel gesetzt worden ist. III. Annahme

Art. 1011

Der Wechsel kann von dem Inhaber oder von jedem, der den Wechsel auch nur in Händen hat, bis zum Verfall dem Bezogenen an seinem Wohnorte zur Annahme vorgelegt werden.

Art. 1012

1 Der Aussteller kann in jedem Wechsel mit oder ohne Bestimmung ei- ner Frist vorschreiben, dass der Wechsel zur Annahme vorgelegt wer- den muss.

2 Er kann im Wechsel die Vorlegung zur Annahme untersagen wenn es sich nicht um einen Wechsel handelt, der bei einem Dritten oder an ei- nem von dem Wohnort des Bezogenen verschiedenen Ort zahlbar ist oder der auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lautet.

3 Er kann auch vorschreiben, dass der Wechsel nicht vor einem be- stimmten Tage zur Annahme vorgelegt werden darf.

4 Jeder Indossant kann, wenn nicht der Aussteller die Vorlegung zur An- nahme untersagt hat, mit oder ohne Bestimmung einer Frist vorschrei- ben, dass der Wechsel zur Annahme vorgelegt werden muss.

Art. 1013

1 Wechsel, die auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lauten, müssen binnen einem Jahre nach dem Tage der Ausstellung zur Annahme vorgelegt werden.

2 Der Aussteller kann eine kürzere oder eine längere Frist bestimmen.

3 Die Indossanten können die Vorlegungsfristen abkürzen.

Art. 1014

1 Der Bezogene kann verlangen, dass ihm der Wechsel am Tage nach der ersten Vorlegung nochmals vorgelegt wird. Die Beteiligten können sich darauf, dass diesem Verlangen nicht entsprochen worden ist, nur berufen, wenn das Verlangen im Protest vermerkt ist.

2 Der Inhaber ist nicht verpflichtet, den zur Annahme vorgelegten Wechsel in der Hand des Bezogenen zu lassen.

Art. 1015

1 Die Annahmeerklärung wird auf den Wechsel gesetzt. Sie wird durch das Wort «angenommen» oder ein gleichbedeutendes Wort ausge- drückt; sie ist vom Bezogenen zu unterschreiben. Die blosse Unter- schrift des Bezogenen auf der Vorderseite des Wechsels gilt als An- nahme.

2 Lautet der Wechsel auf eine bestimmte Zeit nach Sicht oder ist er in- folge eines besonderen Vermerks innerhalb einer bestimmten Frist zur Annahme vorzulegen, so muss die Annahmeerklärung den Tag bezeich- nen, an dem sie erfolgt ist, sofern nicht der Inhaber die Angabe des Ta- ges der Vorlegung verlangt. Ist kein Tag angegeben, so muss der Inha- ber, um seine Rückgriffsrechte gegen die Indossanten und den Aussteller zu wahren, diese Unterlassung rechtzeitig durch einen Protest feststellen lassen.

Art. 1016

1 Die Annahme muss unbedingt sein; der Bezogene kann sie aber auf einen Teil der Wechselsumme beschränken.

2 Wenn die Annahmeerklärung irgendeine andere Abweichung von den Bestimmungen des Wechsels enthält, so gilt die Annahme als verwei- gert. Der Annehmende haftet jedoch nach dem Inhalte seiner Annahme- erklärung.

Art. 1017

1 Hat der Aussteller im Wechsel einen von dem Wohnorte des Bezoge- nen verschiedenen Zahlungsort angegeben, ohne einen Dritten zu be- zeichnen, bei dem die Zahlung geleistet werden soll, so kann der Bezo- gene bei der Annahmeerklärung einen Dritten bezeichnen. Mangels einer solchen Bezeichnung wird angenommen, dass sich der Annehmer verpflichtet hat, selbst am Zahlungsorte zu zahlen.

2 Ist der Wechsel beim Bezogenen selbst zahlbar, so kann dieser in der Annahmeerklärung eine am Zahlungsorte befindliche Stelle bezeich- nen, wo die Zahlung geleistet werden soll.

Art. 1018

1 Der Bezogene wird durch die Annahme verpflichtet, den Wechsel bei Verfall zu bezahlen.

2 Mangels Zahlung hat der Inhaber, auch wenn er der Aussteller ist, ge- gen den Annehmer einen unmittelbaren Anspruch aus dem Wechsel auf alles, was auf Grund der Artikel 1045 und 1046 gefordert werden kann.

Art. 1019

1 Hat der Bezogene die auf den Wechsel gesetzte Annahmeerklärung vor der Rückgabe des Wechsels gestrichen, so gilt die Annahme als ver- weigert. Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Strei- chung vor der Rückgabe des Wechsels erfolgt ist.

2 Hat der Bezogene jedoch dem Inhaber oder einer Person, deren Unter- schrift sich auf dem Wechsel befindet, die Annahme schriftlich mitge- teilt, so haftet er diesen nach dem Inhalt seiner Annahmeerklärung. IV. Wechselbürgschaft

Art. 1020

1 Die Zahlung der Wechselsumme kann ganz oder teilweise durch Wechselbürgschaft gesichert werden.

2 Diese Sicherheit kann von einem Dritten oder auch von einer Person geleistet werden, deren Unterschrift sich schon auf dem Wechsel befin- det.

Art. 1021

1 Die Bürgschaftserklärung wird auf den Wechsel oder auf einen An- hang (Allonge) gesetzt.

2 Sie wird durch die Worte «als Bürge» oder einen gleichbedeutenden Vermerk ausgedrückt; sie ist von dem Wechselbürgen zu unterschrei- ben.

3 Die blosse Unterschrift auf der Vorderseite des Wechsels gilt als Bürg- schaftserklärung, soweit es sich nicht um die Unterschrift des Bezoge- nen oder des Ausstellers handelt.

4 In der Erklärung ist anzugeben, für wen die Bürgschaft geleistet wird; mangels einer solchen Angabe gilt sie für den Aussteller.

Art. 1022

1 Der Wechselbürge haftet in der gleichen Weise wie derjenige, für den er sich verbürgt hat.

2 Seine Verpflichtungserklärung ist auch gültig, wenn die Verbindlich- keit, für die er sich verbürgt hat, aus einem andern Grund als wegen eines Formfehlers nichtig ist.

3 Der Wechselbürge, der den Wechsel bezahlt, erwirbt die Rechte aus dem Wechsel gegen denjenigen, für den er sich verbürgt hat, und gegen alle, die diesem wechselmässig haften. V. Verfall

Art. 1023

1 Ein Wechsel kann gezogen werden: auf Sicht; auf eine bestimmte Zeit nach Sicht; auf eine bestimmte Zeit nach der Ausstellung; auf einen bestimmten Tag.

2 Wechsel mit anderen oder mit mehreren aufeinander folgenden Ver- fallzeiten sind nichtig.

Art. 1024

1 Der Sichtwechsel ist bei der Vorlegung fällig. Er muss binnen einem Jahre nach der Ausstellung zur Zahlung vorgelegt werden. Der Ausstel- ler kann eine kürzere oder eine längere Frist bestimmen. Die Indossan- ten können die Vorlegungsfristen abkürzen.

2 Der Aussteller kann vorschreiben, dass der Sichtwechsel nicht vor ei- nem bestimmten Tage zur Zahlung vorgelegt werden darf. In diesem Fall beginnt die Vorlegungsfrist mit diesem Tage.

Art. 1025

1 Der Verfall eines Wechsels, der auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lautet, richtet sich nach dem in der Annahmeerklärung angegebenen Tage oder nach dem Tage des Protestes.

2 Ist in der Annahmeerklärung ein Tag nicht angegeben und ein Protest nicht erhoben worden, so gilt dem Annehmer gegenüber der Wechsel als am letzten Tage der für die Vorlegung zur Annahme vorgesehenen Frist angenommen.

Art. 1026

1 Ein Wechsel, der auf einen oder mehrere Monate nach der Ausstellung oder nach Sicht lautet, verfällt an dem entsprechenden Tage des Zah- lungsmonats. Fehlt dieser Tag, so ist der Wechsel am letzten Tage des Monats fällig.

2 Lautet der Wechsel auf einen oder mehrere Monate und einen halben Monat nach der Ausstellung oder nach Sicht, so werden die ganzen Mo- nate zuerst gezählt.

3 Ist als Verfallzeit der Anfang, die Mitte oder das Ende eines Monats angegeben, so ist darunter der erste, der fünfzehnte oder der letzte Tag des Monats zu verstehen.

4 Die Ausdrücke «acht Tage» oder «fünfzehn Tage» bedeuten nicht eine oder zwei Wochen, sondern volle acht oder fünfzehn Tage.

5 Der Ausdruck «halber Monat» bedeutet fünfzehn Tage.

Art. 1027

1 Ist ein Wechsel an einem bestimmten Tag an einem Orte zahlbar, des- sen Kalender von dem des Ausstellungsortes abweicht, so ist für den Verfalltag der Kalender des Zahlungsortes massgebend.

2 Ist ein zwischen zwei Orten mit verschiedenem Kalender gezogener Wechsel eine bestimmte Zeit nach der Ausstellung zahlbar, so wird der Tag der Ausstellung in den nach dem Kalender des Zahlungsortes ent- sprechenden Tag umgerechnet und hienach der Verfalltag ermittelt.

3 Auf die Berechnung der Fristen für die Vorlegung von Wechseln fin- det die Vorschrift des vorstehenden Absatzes entsprechende Anwen- dung.

4 Die Vorschriften dieses Artikels finden keine Anwendung wenn sich aus einem Vermerk im Wechsel oder sonst aus dessen Inhalt ergibt, dass etwas anderes beabsichtigt war. VI. Zahlung

Art. 1028

1 Der Inhaber eines Wechsels, der an einem bestimmten Tag oder be- stimmte Zeit nach der Ausstellung oder nach Sicht zahlbar ist, hat den Wechsel am Zahlungstag oder an einem der beiden folgenden Werktage zur Zahlung vorzulegen.

2 Die Einlieferung in eine von der Schweizerischen Nationalbank aner- kannte Abrechnungsstelle steht der Vorlegung zur Zahlung gleich.

839

Art. 1029

1 Der Bezogene kann vom Inhaber gegen Zahlung die Aushändigung des quittierten Wechsels verlangen.

2 Der Inhaber darf eine Teilzahlung nicht zurückweisen.

3 Im Falle der Teilzahlung kann der Bezogene verlangen, dass sie auf dem Wechsel vermerkt und ihm eine Quittung erteilt wird.

Art. 1030

1 Der Inhaber des Wechsels ist nicht verpflichtet, die Zahlung vor Ver- fall anzunehmen.

2 Der Bezogene, der vor Verfall zahlt, handelt auf eigene Gefahr.

3 Wer bei Verfall zahlt, wird von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn ihm nicht Arglist oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Er ist ver- pflichtet, die Ordnungsmässigkeit der Reihe der Indossamente, aber nicht die Unterschriften der Indossanten zu prüfen.

Art. 1031

1 Lautet der Wechsel auf eine Währung, die am Zahlungsorte nicht gilt, so kann die Wechselsumme in der Landeswährung nach dem Werte ge- zahlt werden, den sie am Verfalltage besitzt. Wenn der Schuldner die Zahlung verzögert, so kann der Inhaber wählen, ob die Wechselsumme nach dem Kurs des Verfalltages oder nach dem Kurs des Zahlungstages in die Landeswährung umgerechnet werden soll.

2 Der Wert der fremden Währung bestimmt sich nach den Handelsge- bräuchen des Zahlungsortes. Der Aussteller kann jedoch im Wechsel für die zu zahlende Summe einen Umrechnungskurs bestimmen.

3 Die Vorschriften der beiden ersten Absätze finden keine Anwendung, wenn der Aussteller die Zahlung in einer bestimmten Währung vorge- schrieben hat (Effektivvermerk).

4 Lautet der Wechsel auf eine Geldsorte, die im Lande der Ausstellung dieselbe Bezeichnung, aber einen anderen Wert hat als in dem der Zah- lung, so wird vermutet, dass die Geldsorte des Zahlungsortes gemeint ist.

Art. 1032

Wird der Wechsel nicht innerhalb der im Artikel 1028 bestimmten Frist zur Zahlung vorgelegt, so kann der Schuldner die Wechselsumme bei der zuständigen Behörde auf Gefahr und Kosten des Inhabers hinterle- gen. VII. Rückgriff mangels Annahme und mangels Zahlung

Art. 1033

1 Der Inhaber kann gegen die Indossanten, den Aussteller und die ande- ren Wechselverpflichteten bei Verfall des Wechsels Rückgriff nehmen, wenn der Wechsel nicht bezahlt worden ist.

2 Das gleiche Recht steht dem Inhaber schon vor Verfall zu: 1. wenn die Annahme ganz oder teilweise verweigert worden ist;

840 2. wenn über das Vermögen des Bezogenen, gleichviel ob er den Wechsel angenommen hat oder nicht, der Konkurs eröffnet wor- den ist oder wenn der Bezogene auch nur seine Zahlungen ein- gestellt hat oder wenn eine Zwangsvollstreckung in sein Ver- mögen fruchtlos verlaufen ist; 3. wenn über das Vermögen des Ausstellers eines Wechsels, des- sen Vorlegung zur Annahme untersagt ist, der Konkurs eröffnet worden ist.

Art. 1034

1 Die Verweigerung der Annahme oder der Zahlung muss durch eine öffentliche Urkunde (Protest mangels Annahme oder mangels Zahlung) festgestellt werden.

2 Der Protest mangels Annahme muss innerhalb der Frist erhoben wer- den, die für die Vorlegung zur Annahme gilt. Ist im Falle des Arti- kels 1014 Absatz 1 der Wechsel am letzten Tage der Frist zum ersten Male vorgelegt worden, so kann der Protest noch am folgenden Tage erhoben werden.

3 Der Protest mangels Zahlung muss bei einem Wechsel, der an einem bestimmten Tag oder bestimmte Zeit nach der Ausstellung oder nach Sicht zahlbar ist, an einem der beiden auf den Zahlungstag folgenden Werktage erhoben werden. Bei einem Sichtwechsel muss der Protest mangels Zahlung in den gleichen Fristen erhoben werden, wie sie im vorhergehenden Absatz für den Protest mangels Annahme vorgesehen sind.

4 Ist Protest mangels Annahme erhoben worden, so bedarf es weder der Vorlegung zur Zahlung noch des Protestes mangels Zahlung.

5 Hat der Bezogene, gleichviel ob er den Wechsel angenommen hat oder nicht, seine Zahlungen eingestellt, oder ist eine Zwangsvollstreckung in sein Vermögen fruchtlos verlaufen, so kann der Inhaber nur Rückgriff nehmen, nachdem der Wechsel dem Bezogenen zur Zahlung vorgelegt und Protest erhoben worden ist.

6 Ist über das Vermögen des Bezogenen, gleichviel ob er den Wechsel angenommen hat oder nicht, oder über das Vermögen des Ausstellers eines Wechsels, dessen Vorlegung zur Annahme untersagt ist, Konkurs eröffnet worden, so genügt es zur Ausübung des Rückgriffsrechts, dass der gerichtliche Beschluss über die Eröffnung des Konkurses vorgelegt wird.

Art. 1035

Der Protest muss durch eine hierzu ermächtigte Urkundsperson oder Amtsstelle erhoben werden.

Art. 1036

1 Der Protest enthält: 1. den Namen der Person oder die Firma, für die und gegen die der Protest erhoben wird; 2. die Angabe, dass die Person oder die Firma, gegen die der Pro- test erhoben wird, ohne Erfolg zur Vornahme der wechselrecht- lichen Leistung aufgefordert worden oder nicht anzutreffen ge- wesen ist oder dass ihr Geschäftslokal oder ihre Wohnung sich nicht hat ermitteln lassen; 3. die Angabe des Ortes und des Tages, an dem die Aufforderung vorgenommen oder ohne Erfolg versucht worden ist; 4. die Unterschrift der den Protest erhebenden Person oder Amts- stelle.

2 Wird eine Teilzahlung geleistet, so ist dies im Protest zu vermerken.

3 Verlangt der Bezogene, dem der Wechsel zur Annahme vorgelegt worden ist, die nochmalige Vorlegung am nächsten Tage, so ist auch dies im Protest zu vermerken.

Art. 1037

1 Der Protest ist auf ein besonderes Blatt zu setzen, das mit dem Wechsel verbunden wird.

2 Wird der Protest unter Vorlegung mehrerer Ausfertigungen desselben Wechsels oder unter Vorlegung der Urschrift und einer Abschrift erho- ben, so genügt die Verbindung des Protestes mit einer der Ausfertigun- gen oder dem Originalwechsel.

3 Auf den anderen Ausfertigungen oder der Abschrift ist zu vermerken, dass sich der Protest auf einer der übrigen Ausfertigungen oder auf der Urschrift befindet.

Art. 1038

Ist der Wechsel nur zu einem Teil der Wechselsumme angenommen worden und wird deshalb Protest erhoben, so ist eine Abschrift des Wechsels auszufertigen und der Protest auf diese Abschrift zu setzen.

Art. 1039

Muss eine wechselrechtliche Leistung von mehreren Verpflichteten ver- langt werden, so ist über die Proteste nur eine Urkunde erforderlich.

Art. 1040

1 Die den Protest erhebende Urkundsperson oder Amtsstelle hat eine Abschrift der Protesturkunde zu erstellen.

2 Auf dieser Abschrift sind anzugeben: 1. der Betrag des Wechsels; 2. die Verfallzeit; 3. Ort und Tag der Ausstellung; 4. der Aussteller des Wechsels, der Bezogene sowie der Name der Person oder die Firma, an die oder an deren Ordre gezahlt wer- den soll; 5. wenn eine vom Bezogenen verschiedene Person oder Firma an- gegeben ist, durch die die Zahlung erfolgen soll, der Name die- ser Person oder diese Firma; 6. die Notadressen und Ehrenannehmer.

3 Die Abschriften der Protesturkunden sind durch die den Protest erhe- bende Urkundsperson oder Amtsstelle in der Zeitfolge geordnet aufzu- bewahren.

Art. 1041

Ist der Protest von einer zuständigen Urkundsperson oder Amtsstelle unterschrieben worden, so ist er auch dann gültig, wenn er nicht vor- schriftsgemäss erhoben worden ist oder wenn die darin enthaltenen An- gaben unrichtig sind.

Art. 1042

1 Der Inhaber muss seinen unmittelbaren Vormann und den Aussteller von dem Unterbleiben der Annahme oder der Zahlung innerhalb der vier Werktage benachrichtigen, die auf den Tag der Protesterhebung oder, im Falle des Vermerks «ohne Kosten», auf den Tag der Vorlegung fol- gen. Jeder Indossant muss innerhalb zweier Werktage nach Empfang der Nachricht seinem unmittelbaren Vormanne von der Nachricht, die er erhalten hat, Kenntnis geben und ihm die Namen und Adressen der- jenigen mitteilen, die vorher Nachricht gegeben haben, und so weiter in der Reihenfolge bis zum Aussteller. Die Fristen laufen vom Empfang der vorhergehenden Nachricht.

2 Wird nach Massgabe des vorhergehenden Absatzes einer Person, de- ren Unterschrift sich auf dem Wechsel befindet, Nachricht gegeben, so muss die gleiche Nachricht in derselben Frist ihrem Wechselbürgen ge- geben werden.

3 Hat ein Indossant seine Adresse nicht oder in unleserlicher Form an- gegeben, so genügt es, dass sein unmittelbarer Vormann benachrichtigt wird.

4 Die Nachricht kann in jeder Form gegeben werden, auch durch die blosse Rücksendung des Wechsels.

5 Der zur Benachrichtigung Verpflichtete hat zu beweisen, dass er in der vorgeschriebenen Frist benachrichtigt hat. Die Frist gilt als eingehalten, wenn ein Schreiben, das die Benachrichtigung enthält, innerhalb der Frist zur Post gegeben worden ist.

6 Wer die rechtzeitige Benachrichtigung versäumt, verliert nicht den Rückgriff; er haftet für den etwa durch seine Nachlässigkeit entstande- nen Schaden, jedoch nur bis zur Höhe der Wechselsumme.

Art. 1043

1 Der Aussteller sowie jeder Indossant oder Wechselbürge kann durch den Vermerk «ohne Kosten», «ohne Protest» oder einen gleichbedeu- tenden auf den Wechsel gesetzten und unterzeichneten Vermerk den In- haber von der Verpflichtung befreien, zum Zwecke der Ausübung des Rückgriffs Protest mangels Annahme oder mangels Zahlung erheben zu lassen.

2 Der Vermerk befreit den Inhaber nicht von der Verpflichtung, den Wechsel rechtzeitig vorzulegen und die erforderlichen Nachrichten zu geben. Der Beweis, dass die Frist nicht eingehalten worden ist, liegt demjenigen ob, der sich dem Inhaber gegenüber darauf beruft.

3 Ist der Vermerk vom Aussteller beigefügt, so wirkt er gegenüber allen Wechselverpflichteten; ist er von einem Indossanten oder einem Wech- selbürgen beigefügt, so wirkt er nur diesen gegenüber. Lässt der Inhaber ungeachtet des vom Aussteller beigefügten Vermerks Protest erheben, so fallen ihm die Kosten zur Last. Ist der Vermerk von einem Indossan- ten oder einem Wechselbürgen beigefügt, so sind alle Wechselver- pflichteten zum Ersatze der Kosten eines dennoch erhobenen Protestes verpflichtet.

Art. 1044

1 Alle die einen Wechsel ausgestellt, angenommen, indossiert oder mit einer Bürgschaftserklärung versehen haben, haften dem Inhaber als Ge- samtschuldner.

2 Der Inhaber kann jeden einzeln oder mehrere oder alle zusammen in Anspruch nehmen, ohne an die Reihenfolge gebunden zu sein, in der sie sich verpflichtet haben.

3 Das gleiche Recht steht jedem Wechselverpflichteten zu, der den Wechsel eingelöst hat.

4 Durch die Geltendmachung des Anspruches gegen einen Wechselver- pflichteten verliert der Inhaber nicht seine Rechte gegen die anderen Wechselverpflichteten, auch nicht gegen die Nachmänner desjenigen, der zuerst in Anspruch genommen worden ist.

Art. 1045

1 Der Inhaber kann im Wege des Rückgriffs verlangen: 1. die Wechselsumme, soweit der Wechsel nicht angenommen oder nicht eingelöst worden ist, mit den etwa bedungenen Zin- sen; 2. Zinsen zu sechs vom Hundert seit dem Verfalltage; 3. die Kosten des Protestes und der Nachrichten sowie die anderen Auslagen; 4. eine Provision von höchstens einem Drittel Prozent.

2 Wird der Rückgriff vor Verfall genommen, so werden von der Wech- selsumme Zinsen abgezogen. Diese Zinsen werden auf Grund des öf- fentlich bekanntgemachten Diskontsatzes (Satz der Schweizerischen Nationalbank) berechnet, der am Tage des Rückgriffs am Wohnorte des Inhabers gilt.

Art. 1046

Wer den Wechsel eingelöst hat, kann von seinen Vormännern verlan- gen: 1. den vollen Betrag, den er gezahlt hat; 2. die Zinsen dieses Betrages zu sechs vom Hundert seit dem Tage der Einlösung; 3. seine Auslagen; 4. eine Provision von höchstens 2 Promille.

Art. 1047

1 Jeder Wechselverpflichtete, gegen den Rückgriff genommen wird oder genommen werden kann, ist berechtigt, zu verlangen, dass ihm ge- gen Entrichtung der Rückgriffssumme der Wechsel mit dem Protest und eine quittierte Rechnung ausgehändigt werden.

2 Jeder Indossant, der den Wechsel eingelöst hat, kann sein Indossament und die Indossamente seiner Nachmänner ausstreichen.

Art. 1048

Bei dem Rückgriff nach einer Teilannahme kann derjenige, der den nicht angenommenen Teil der Wechselsumme entrichtet, verlangen, dass dies auf dem Wechsel vermerkt und ihm darüber Quittung erteilt wird. Der Inhaber muss ihm ferner eine beglaubigte Abschrift des Wechsels und den Protest aushändigen, um den weiteren Rückgriff zu ermöglichen.

Art. 1049

1 Wer zum Rückgriff berechtigt ist, kann mangels eines entgegenstehen- den Vermerks den Rückgriff dadurch nehmen, dass er auf einen seiner Vormänner einen neuen Wechsel (Rückwechsel) zieht, der auf Sicht lautet und am Wohnort dieses Vormannes zahlbar ist.

2 Der Rückwechsel umfasst, ausser den in den Artikeln 1045 und 1046 angegebenen Beträgen, die Mäklergebühr und die Stempelgebühr für den Rückwechsel.

3 Wird der Rückwechsel vom Inhaber gezogen, so richtet sich die Höhe der Wechselsumme nach dem Kurse, den ein vom Zahlungsorte des ur- sprünglichen Wechsels auf den Wohnort des Vormannes gezogener Sichtwechsel hat. Wird der Rückwechsel von einem Indossanten gezo- gen, so richtet sich die Höhe der Wechselsumme nach dem Kurse, den ein vom Wohnorte des Ausstellers des Rückwechsels auf den Wohnort des Vormannes gezogener Sichtwechsel hat.

Art. 1050

1 Mit der Versäumung der Fristen für die Vorlegung eines Wechsels, der auf Sicht oder auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lautet, für die Erhebung des Protestes mangels Annahme oder mangels Zah- lung, für die Vorlegung zur Zahlung im Falle des Vermerkes «ohne Kosten» verliert der Inhaber seine Rechte gegen die Indossanten, den Aussteller und alle anderen Wechselverpflichteten, mit Ausnahme des Annehmers.

2 Versäumt der Inhaber die vom Aussteller für die Vorlegung zur An- nahme vorgeschriebene Frist, so verliert er das Recht, mangels An- nahme und mangels Zahlung Rückgriff zu nehmen, sofern nicht der Wortlaut des Vermerkes ergibt, dass der Aussteller nur die Haftung für die Annahme hat ausschliessen wollen.

3 Ist die Frist für die Vorlegung in einem Indossament enthalten, so kann sich nur der Indossant darauf berufen.

Art. 1051

1 Steht der rechtzeitigen Vorlegung des Wechsels oder der rechtzeitigen Erhebung des Protestes ein unüberwindliches Hindernis entgegen (ge- setzliche Vorschrift eines Staates oder ein anderer Fall höherer Gewalt), so werden die für diese Handlungen bestimmten Fristen verlängert.

2 Der Inhaber ist verpflichtet, seinen unmittelbaren Vormann von dem Falle der höheren Gewalt unverzüglich zu benachrichtigen und die Be- nachrichtigung unter Beifügung des Tages und Ortes sowie seiner Un- terschrift auf dem Wechsel oder einem Anhange zu vermerken; im üb- rigen finden die Vorschriften des Artikels 1042 Anwendung.

3 Fällt die höhere Gewalt weg, so muss der Inhaber den Wechsel unver- züglich zur Annahme oder zur Zahlung vorlegen und gegebenenfalls Protest erheben lassen.

4 Dauert die höhere Gewalt länger als 30 Tage nach Verfall, so kann Rückgriff genommen werden, ohne dass es der Vorlegung oder der Pro- testerhebung bedarf.

5 Bei Wechseln, die auf Sicht oder auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lauten, läuft die dreissigtägige Frist von dem Tage, an dem der Inhaber seinen Vormann von dem Falle der höheren Gewalt benachrichtigt hat; diese Nachricht kann schon vor Ablauf der Vorlegungsfrist gegeben werden. Bei Wechseln, die auf bestimmte Zeit nach Sicht lauten, ver- längert sich die dreissigtägige Frist um die im Wechsel angegebene Nachsichtfrist.

6 Tatsachen, die rein persönlich den Inhaber oder denjenigen betreffen, den er mit der Vorlegung des Wechsels oder mit der Protesterhebung beauftragt hat, gelten nicht als Fälle höherer Gewalt.

Art. 1052

1 Soweit der Aussteller eines Wechsels und der Annehmer zum Schaden des Wechselinhabers ungerechtfertigt bereichert sind bleiben sie diesem verpflichtet, auch wenn ihre wechselmässige Verbindlichkeit durch Verjährung oder wegen Unterlassung der zur Erhaltung des Wechselan- spruches gesetzlich vorgeschriebenen Handlungen erloschen ist.

2 Der Bereicherungsanspruch besteht auch gegen den Bezogenen, den Domiziliaten und die Person oder Firma, für deren Rechnung der Aus- steller den Wechsel gezogen hat.

3 Ein solcher Anspruch besteht dagegen nicht gegen die Indossanten, deren wechselmässige Verbindlichkeit erloschen ist. VIII. Übergang der Deckung

Art. 1053

1 Ist über den Aussteller eines Wechsels der Konkurs eröffnet worden, so geht ein allfälliger zivilrechtlicher Anspruch des Ausstellers gegen den Bezogenen auf Rückgabe der Deckung oder Erstattung gutgebrach- ter Beträge auf den Inhaber des Wechsels über.

2 Erklärt der Aussteller auf dem Wechsel, dass er seine Ansprüche aus dem Deckungsverhältnisse abtrete, so stehen diese dem jeweiligen Wechselinhaber zu.

3 Der Bezogene darf, sobald der Konkurs veröffentlicht oder ihm die Abtretung angezeigt ist, nur an den gehörig ausgewiesenen Inhaber ge- gen Rückgabe des Wechsels Zahlung leisten. IX. Ehreneintritt

Art. 1054

1 Der Aussteller sowie jeder Indossant oder Wechselbürge kann eine Person angeben, die im Notfall annehmen oder zahlen soll.

2 Der Wechsel kann unter den nachstehend bezeichneten Voraussetzun- gen zu Ehren eines jeden Wechselverpflichteten, gegen den Rückgriff genommen werden kann, angenommen oder bezahlt werden.

3 Jeder Dritte, auch der Bezogene, sowie jeder aus dem Wechsel bereits Verpflichtete, mit Ausnahme des Annehmers, kann einen Wechsel zu Ehren annehmen oder bezahlen.

4 Wer zu Ehren annimmt oder zahlt, ist verpflichtet, den Wechselver- pflichteten, für den er eintritt, innerhalb zweier Werktage hiervon zu benachrichtigen. Hält er die Frist nicht ein, so haftet er für den etwa durch seine Nachlässigkeit entstandenen Schaden, jedoch nur bis zur Höhe der Wechselsumme.

Art. 1055

1 Die Ehrenannahme ist in allen Fällen zulässig, in denen der Inhaber vor Verfall Rückgriff nehmen kann, es sei denn, dass es sich um einen Wechsel handelt, dessen Vorlegung zur Annahme untersagt ist.

2 Ist auf dem Wechsel eine Person angegeben, die im Notfall am Zah- lungsort annehmen oder zahlen soll, so kann der Inhaber vor Verfall gegen denjenigen, der die Notadresse beigefügt hat, und gegen seine Nachmänner nur Rückgriff nehmen, wenn er den Wechsel der in der Notadresse bezeichneten Person vorgelegt hat und im Falle der Verwei- gerung der Ehrenannahme die Verweigerung durch einen Protest hat feststellen lassen.

3 In den anderen Fällen des Ehreneintritts kann der Inhaber die Ehren- annahme zurückweisen. Lässt er sie aber zu, so verliert er den Rückgriff vor Verfall gegen denjenigen, zu dessen Ehren die Annahme erklärt worden ist, und gegen dessen Nachmänner.

Art. 1056

Die Ehrenannahme wird auf dem Wechsel vermerkt; sie ist von demje- nigen, der zu Ehren annimmt, zu unterschreiben. In der Annahmeerklä- rung ist anzugeben, für wen die Ehrenannahme stattfindet; mangels ei- ner solchen Angabe gilt sie für den Aussteller.

Art. 1057

1 Wer zu Ehren annimmt, haftet dem Inhaber und den Nachmännern desjenigen, für den er eingetreten ist, in der gleichen Weise wie dieser selbst.

2 Trotz der Ehrenannahme können der Wechselverpflichtete, zu dessen Ehren der Wechsel angenommen worden ist, und seine Vormänner vom Inhaber gegen Erstattung des im Artikel 1045 angegebenen Betrags die Aushändigung des Wechsels und gegebenenfalls des erhobenen Protes- tes sowie einer quittierten Rechnung verlangen.

Art. 1058

1 Die Ehrenzahlung ist in allen Fällen zulässig, in denen der Inhaber bei Verfall oder vor Verfall Rückgriff nehmen kann.

2 Die Ehrenzahlung muss den vollen Betrag umfassen, den der Wech- selverpflichtete, für den sie stattfindet, zahlen müsste.

3 Sie muss spätestens am Tage nach Ablauf der Frist für die Erhebung des Protestes mangels Zahlung stattfinden.

Art. 1059

1 Ist der Wechsel von Personen zu Ehren angenommen, die ihren Wohn- sitz am Zahlungsort haben, oder sind am Zahlungsort wohnende Perso- nen angegeben, die im Notfall zahlen sollen, so muss der Inhaber spä- testens am Tage nach Ablauf der Frist für die Erhebung des Protestes mangels Zahlung den Wechsel allen diesen Personen vorlegen und ge- gebenenfalls Protest wegen unterbliebener Ehrenzahlung erheben las- sen.

2 Wird der Protest nicht rechtzeitig erhoben, so werden derjenige, der die Notadresse angegeben hat oder zu dessen Ehren der Wechsel ange- nommen worden ist, und die Nachmänner frei.

Art. 1060

Weist der Inhaber die Ehrenzahlung zurück, so verliert er den Rückgriff gegen diejenigen, die frei geworden wären.

Art. 1061

1 Über die Ehrenzahlung ist auf dem Wechsel eine Quittung auszustel- len, die denjenigen bezeichnet, für den gezahlt wird. Fehlt die Bezeich- nung, so gilt die Zahlung für den Aussteller.

2 Der Wechsel und der etwa erhobene Protest sind dem Ehrenzahler aus- zuhändigen.

Art. 1062

1 Der Ehrenzahler erwirbt die Rechte aus dem Wechsel gegen den Wechselverpflichteten, für den er gezahlt hat, und gegen die Personen, die diesem aus dem Wechsel haften. Er kann jedoch den Wechsel nicht weiter indossieren.

2 Die Nachmänner des Wechselverpflichteten, für den gezahlt worden ist, werden frei.

3 Sind mehrere Ehrenzahlungen angeboten, so gebührt derjenigen der Vorzug, durch welche die meisten Wechselverpflichteten frei werden. Wer entgegen dieser Vorschrift in Kenntnis der Sachlage zu Ehren zahlt, verliert den Rückgriff gegen diejenigen, die sonst frei geworden wären. X. Ausfertigung mehrerer Stücke eines Wechsels (Duplikate), Wechselabschriften (Wechselkopien)

Art. 1063

1 Der Wechsel kann in mehreren gleichen Ausfertigungen (Duplikaten) ausgestellt werden.

2 Diese Ausfertigungen müssen im Texte der Urkunde mit fortlaufenden Nummern versehen sein; andernfalls gilt jede Ausfertigung als beson- derer Wechsel.

3 Jeder Inhaber eines Wechsels kann auf seine Kosten die Übergabe mehrerer Ausfertigungen verlangen, sofern nicht aus dem Wechsel zu ersehen ist, dass er in einer einzigen Ausfertigung ausgestellt worden ist. Zu diesem Zwecke hat sich der Inhaber an seinen unmittelbaren Vor- mann zu wenden, der wieder an seinen Vormann zurückgehen muss, und so weiter in der Reihenfolge bis zum Aussteller. Die Indossanten sind verpflichtet, ihre Indossamente auf den neuen Ausfertigungen zu wiederholen.

Art. 1064

1 Wird eine Ausfertigung bezahlt, so erlöschen die Rechte aus allen Ausfertigungen, auch wenn diese nicht den Vermerk tragen, dass durch die Zahlung auf eine Ausfertigung die anderen ihre Gültigkeit verlieren. Jedoch bleibt der Bezogene aus jeder angenommenen Ausfertigung, die ihm nicht zurückgegeben worden ist, verpflichtet.

2 Hat ein Indossant die Ausfertigungen an verschiedene Personen über- tragen, so haften er und seine Nachmänner aus allen Ausfertigungen, die ihre Unterschrift tragen und nicht herausgegeben worden sind.

Art. 1065

1 Wer eine Ausfertigung zur Annahme versendet, hat auf den anderen Ausfertigungen den Namen dessen anzugeben, bei dem sich die versen- dete Ausfertigung befindet. Dieser ist verpflichtet, sie dem rechtmässi- gen Inhaber einer anderen Ausfertigung auszuhändigen.

2 Wird die Aushändigung verweigert, so kann der Inhaber nur Rückgriff nehmen, nachdem er durch einen Protest hat feststellen lassen: 1. dass ihm die zur Annahme versendete Ausfertigung auf sein Verlangen nicht ausgehändigt worden ist; 2. dass die Annahme oder die Zahlung auch nicht auf eine andere Ausfertigung zu erlangen war.

Art. 1066

1 Jeder Inhaber eines Wechsels ist befugt, Abschriften (Wechselkopien) davon herzustellen.

2 Die Abschrift muss die Urschrift mit den Indossamenten und allen an- deren darauf befindlichen Vermerken genau wiedergeben. Es muss an- gegeben sein, wie weit die Abschrift reicht.

3 Die Abschrift kann auf dieselbe Weise und mit denselben Wirkungen indossiert und mit einer Bürgschaftserklärung versehen werden wie die Urschrift.

Art. 1067

1 In der Abschrift ist der Verwahrer der Urschrift zu bezeichnen. Dieser ist verpflichtet, die Urschrift dem rechtmässigen Inhaber der Abschrift auszuhändigen.

2 Wird die Aushändigung verweigert, so kann der Inhaber gegen die In- dossanten der Abschrift und gegen diejenigen, die eine Bürgschaftser- klärung auf die Abschrift gesetzt haben, nur Rückgriff nehmen, nach- dem er durch einen Protest hat feststellen lassen, dass ihm die Urschrift auf sein Verlangen nicht ausgehändigt worden ist.

3 Enthält die Urschrift nach dem letzten, vor Anfertigung der Abschrift daraufgesetzten Indossament den Vermerk «von hier ab gelten Indossa- mente nur noch auf der Abschrift» oder einen gleichbedeutenden Ver- merk, so ist ein später auf die Urschrift gesetztes Indossament nichtig. XI. Änderungen des Wechsels

Art. 1068

Wird der Text eines Wechsels geändert, so haften diejenigen, die nach der Änderung ihre Unterschrift auf den Wechsel gesetzt haben, entspre- chend dem geänderten Text. Wer früher unterschrieben hat, haftet nach dem ursprünglichen Text. XII. Verjährung

Art. 1069

1 Die wechselmässigen Ansprüche gegen den Annehmer verjähren in drei Jahren vom Verfalltage.

2 Die Ansprüche des Inhabers gegen die Indossanten und gegen den Aussteller verjähren in einem Jahre vom Tage des rechtzeitig erhobenen Protestes oder im Falle des Vermerks «ohne Kosten» vom Verfalltage.

3 Die Ansprüche eines Indossanten gegen andere Indossanten und gegen den Aussteller verjähren in sechs Monaten von dem Tage, an dem der Wechsel vom Indossanten eingelöst oder ihm gegenüber gerichtlich gel- tend gemacht worden ist.

Art. 1070

Die Verjährung wird durch Anhebung der Klage, durch Einreichung des Betreibungsbegehrens, durch Streitverkündung oder durch Eingabe im Konkurse unterbrochen.

Art. 1071

1 Die Unterbrechung der Verjährung wirkt nur gegen den Wechselver- pflichteten, in Ansehung dessen die Tatsache eingetreten ist, welche die Unterbrechung bewirkt.

2 Mit der Unterbrechung der Verjährung beginnt eine neue Verjährungs- frist von gleicher Dauer zu laufen. XIII. Kraftloserklärung

Art. 1072

1 Derjenige, dem ein Wechsel abhanden gekommen ist, kann beim Ge- richt verlangen, dass dem Bezogenen die Bezahlung des Wechsels ver- boten werde.

2 Das Gericht ermächtigt mit dem Zahlungsverbot den Bezogenen, am Verfalltage den Wechselbetrag zu hinterlegen, und bestimmt den Ort der Hinterlegung.

Art. 1073

1 Ist der Inhaber des Wechsels bekannt, so setzt das Gericht dem Ge- suchsteller eine angemessene Frist zur Anhebung der Klage auf Heraus- gabe des Wechsels.

2 Klagt der Gesuchsteller nicht binnen dieser Frist, so hebt das Gericht das dem Bezogenen auferlegte Zahlungsverbot auf.

Art. 1074

1 Ist der Inhaber des Wechsels unbekannt, so kann die Kraftloserklärung des Wechsels verlangt werden.

2 Wer die Kraftloserklärung begehrt, hat den Besitz und Verlust des Wechsels glaubhaft zu machen und entweder eine Abschrift des Wech- sels oder Angaben über dessen wesentlichen Inhalt beizubringen.

Art. 1075

Erachtet das Gericht die Darstellung des Gesuchstellers über den frü- hern Besitz und über den Verlust des Wechsels für glaubhaft, so fordert es durch öffentliche Bekanntmachung den Inhaber auf, innerhalb be- stimmter Frist den Wechsel vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklä- rung ausgesprochen werde.

Art. 1076

1 Die Vorlegungsfrist beträgt mindestens drei Monate und höchstens ein Jahr.

2 Das Gericht ist indessen an die Mindestdauer von drei Monaten nicht gebunden, wenn bei verfallenen Wechseln die Verjährung vor Ablauf der drei Monate eintreten würde.

3 Die Frist läuft bei verfallenen Wechseln vom Tage der ersten öffentli- chen Bekanntmachung, bei noch nicht verfallenen Wechseln vom Ver- fall an.

Art. 1077

1 Die Aufforderung zur Vorlegung des Wechsels ist im Schweizerischen Handelsamtsblatt zu veröffentlichen.

2 In besondern Fällen kann das Gericht noch in anderer Weise für ange- messene Veröffentlichung sorgen.

Art. 1078

1 Wird der abhanden gekommene Wechsel vorgelegt, so setzt das Ge- richt dem Gesuchsteller eine Frist zur Anhebung der Klage auf Heraus- gabe des Wechsels.

2 Klagt der Gesuchsteller nicht binnen dieser Frist, so gibt das Gericht den Wechsel zurück und hebt das dem Bezogenen auferlegte Zahlungs- verbot auf.

Art. 1079

1 Wird der abhanden gekommene Wechsel innert der angesetzten Frist nicht vorgelegt, so hat das Gericht ihn kraftlos zu erklären.

2 Nach der Kraftloserklärung des Wechsels kann der Gesuchsteller sei- nen wechselmässigen Anspruch noch gegen den Annehmenden geltend machen.

Art. 1080

1 Das Gericht kann schon vor der Kraftloserklärung dem Annehmer die Hinterlegung und gegen Sicherstellung selbst die Zahlung des Wechsel- betrages zur Pflicht machen.

2 Die Sicherheit haftet dem gutgläubigen Erwerber des Wechsels. Sie wird frei, wenn der Wechsel kraftlos erklärt wird oder die Ansprüche aus ihm sonst erlöschen. XIV. Allgemeine Vorschriften

Art. 1081

1 Verfällt der Wechsel an einem Sonntag oder einem anderen staatlich anerkannten Feiertag, so kann die Zahlung erst am nächsten Werktage

842 verlangt werden. Auch alle anderen auf den Wechsel bezüglichen Hand- lungen, insbesondere die Vorlegung zur Annahme und die Protesterhe- bung, können nur an einem Werktage stattfinden.

2 Fällt der letzte Tag einer Frist, innerhalb deren eine dieser Handlungen vorgenommen werden muss, auf einen Sonntag oder einen anderen staatlich anerkannten Feiertag

843 , so wird die Frist bis zum nächsten Werktage verlängert. Feiertage, die in den Lauf einer Frist fallen, wer- den bei der Berechnung der Frist mitgezählt.

Art. 1082

Bei der Berechnung der gesetzlichen oder im Wechsel bestimmten Fris- ten wird der Tag, von dem sie zu laufen beginnen, nicht mitgezählt.

Art. 1083

Weder gesetzliche noch richterliche Respekttage werden anerkannt.

Art. 1084

1 Die Vorlegung zur Annahme oder zur Zahlung, die Protesterhebung, das Begehren um Aushändigung einer Ausfertigung des Wechsels so- wie alle übrigen bei einer bestimmten Person vorzunehmenden Hand- lungen müssen in deren Geschäftslokal oder in Ermangelung eines sol- chen in deren Wohnung vorgenommen werden.

2 Geschäftslokal oder Wohnung sind sorgfältig zu ermitteln.

3 Ist jedoch eine Nachfrage bei der Polizeibehörde oder Post stelle des Ortes ohne Erfolg geblieben, so bedarf es keiner weiteren Nachfor- schungen.

Art. 1085

1 Wechselerklärungen müssen eigenhändig unterschrieben sein.

2 Die Unterschrift kann nicht durch eine auf mechanischem Wege be- wirkte Nachbildung der eigenhändigen Schrift, durch Handzeichen, auch wenn sie beglaubigt sind, oder durch eine öffentliche Beurkundung ersetzt werden.

3 Die Unterschrift des Blinden muss beglaubigt sein.

843 XV. Geltungsbereich der Gesetze

Art. 1086

1 Die Fähigkeit einer Person, eine Wechselverbindlichkeit einzugehen, bestimmt sich nach dem Recht des Landes, dem sie angehört. Erklärt dieses Recht das Recht eines anderen Landes für massgebend, so ist das letztere Recht anzuwenden.

2 Wer nach dem im vorstehenden Absatz bezeichneten Recht nicht wechselfähig ist, wird gleichwohl gültig verpflichtet, wenn die Unter- schrift in dem Gebiet eines Landes abgegeben worden ist, nach dessen Recht er wechselfähig wäre.

Art. 1087

1 Die Form einer Wechselerklärung bestimmt sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiete die Erklärung unterschrieben worden ist.

2 Wenn jedoch eine Wechselerklärung, die nach den Vorschriften des vorstehenden Absatzes ungültig ist, dem Recht des Landes entspricht, in dessen Gebiet eine spätere Wechselerklärung unterschrieben worden ist, so wird durch Mängel in der Form der ersten Wechselerklärung die Gültigkeit der späteren Wechselerklärung nicht berührt.

3 Ebenso ist eine Wechselerklärung, die ein Schweizer im Ausland ab- gegeben hat, in der Schweiz gegenüber einem anderen Schweizer gültig, wenn sie den Formerfordernissen des schweizerischen Rechtes genügt.

Art. 1088

Die Form des Protestes und die Fristen für die Protesterhebung sowie die Form der übrigen Handlungen, die zur Ausübung oder Erhaltung der Wechselrechte erforderlich sind, bestimmen sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiet der Protest zu erheben oder die Handlung vor- zunehmen ist.

Art. 1089

Die Fristen für die Ausübung der Rückgriffsrechte werden für alle Wechselverpflichteten durch das Recht des Ortes bestimmt, an dem der Wechsel ausgestellt worden ist.

Art. 1090

1 Die Wirkungen der Verpflichtungserklärungen des Annehmers eines gezogenen Wechsels und des Ausstellers eines eigenen Wechsels be- stimmen sich nach dem Recht des Zahlungsorts.

2 Die Wirkungen der übrigen Wechselerklärungen bestimmen sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiete die Erklärungen unterschrie- ben worden sind.

Art. 1091

Das Recht des Zahlungsortes bestimmt, ob die Annahme eines gezoge- nen Wechsels auf einen Teil der Summe beschränkt werden kann und ob der Inhaber verpflichtet oder nicht verpflichtet ist, eine Teilzahlung anzunehmen.

Art. 1092

Die Zahlung des Wechsels bei Verfall, insbesondere die Berechnung des Verfalltages und des Zahlungstages sowie die Zahlung von Wech- seln, die auf eine fremde Währung lauten, bestimmen sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiete der Wechsel zahlbar ist.

Art. 1093

Der Bereicherungsanspruch gegen den Bezogenen, den Domiziliaten und die Person oder Firma, für deren Rechnung der Aussteller den Wechsel gezogen hat, bestimmt sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiet diese Personen ihren Wohnsitz haben.

Art. 1094

Das Recht des Ausstellungsortes bestimmt, ob der Inhaber eines gezo- genen Wechsels die seiner Ausstellung zugrunde liegende Forderung erwirbt.

Art. 1095

Das Recht des Zahlungsortes bestimmt die Massnahmen, die bei Verlust oder Diebstahl eines Wechsels zu ergreifen sind. C. Eigener Wechsel

Art. 1096

Der eigene Wechsel enthält: 1. die Bezeichnung als Wechsel im Texte der Urkunde, und zwar in der Sprache, in der sie ausgestellt ist; 2. das unbedingte Versprechen, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen; 3. die Angabe der Verfallzeit; 4. die Angabe des Zahlungsortes; 5. den Namen dessen, an den oder an dessen Ordre gezahlt werden soll; 6. die Angabe des Tages und des Ortes der Ausstellung; 7. die Unterschrift des Ausstellers.

Art. 1097

1 Eine Urkunde, der einer der im vorstehenden Artikel bezeichneten Be- standteile fehlt, gilt nicht als eigener Wechsel, vorbehaltlich der in den folgenden Absätzen bezeichneten Fälle.

2 Ein eigener Wechsel ohne Angabe der Verfallzeit gilt als Sichtwech- sel.

3 Mangels einer besonderen Angabe gilt der Ausstellungsort als Zah- lungsort und zugleich als Wohnort des Ausstellers.

4 Ein eigener Wechsel ohne Angabe des Ausstellungsortes gilt als aus- gestellt an dem Orte, der bei dem Namen des Ausstellers angegeben ist.

Art. 1098

1 Für den eigenen Wechsel gelten, soweit sie nicht mit seinem Wesen in Widerspruch stehen, die für den gezogenen Wechsel gegebenen Vor- schriften über: das Indossament (Art. 1001–1010); den Verfall (Art. 1023–1027); die Zahlung (Art. 1028–1032); den Rückgriff mangels Zahlung (Art. 1033–1047, 1049–1051); die Ehrenzahlung (Art. 1054, 1058–1062); die Abschriften (Art. 1066 und 1067); die Änderungen (Art. 1068); die Verjährung (Art. 1069–1071); die Kraftloserklärung (Art. 1072–1080); die Feiertage, die Fristenberechnung, das Verbot der Respekttage, den Ort der Vornahme wechselrechtlicher Handlungen und die Unterschrift (Art. 1081–1085).

2 Ferner gelten für den eigenen Wechsel die Vorschriften über gezogene Wechsel, die bei einem Dritten oder an einem von dem Wohnort des Bezogenen verschiedenen Ort zahlbar sind (Art. 994 und 1017), über den Zinsvermerk (Art. 995), über die Abweichungen bei der Angabe der Wechselsumme (Art. 996), über die Folgen einer ungültigen Unter- schrift (Art. 997) oder die Unterschrift einer Person, die ohne Vertre- tungsbefugnis handelt oder ihre Vertretungsbefugnis überschreitet (Art. 998), und über den Blankowechsel (Art. 1000).

3 Ebenso finden auf den eigenen Wechsel die Vorschriften über die Wechselbürgschaft Anwendung (Art. 1020–1022); im Falle des Artikels 1021 Absatz 4 gilt die Wechselbürgschaft, wenn die Erklärung nicht an- gibt, für wen sie geleistet wird, für den Aussteller des eigenen Wechsels.

Art. 1099

1 Der Aussteller eines eigenen Wechsels haftet in der gleichen Weise wie der Annehmer eines gezogenen Wechsels.

2 Eigene Wechsel, die auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lauten, müs- sen dem Aussteller innerhalb der im Artikel 1013 bezeichneten Fristen zur Sicht vorgelegt werden. Die Sicht ist von dem Aussteller auf dem Wechsel unter Angabe des Tages und Beifügung der Unterschrift zu be- stätigen. Die Nachsichtfrist läuft vom Tage des Sichtvermerks. Weigert sich der Aussteller, die Sicht unter Angabe des Tages zu bestätigen, so ist dies durch einen Protest festzustellen (Art. 1015); die Nachsichtfrist läuft dann vom Tage des Protestes.

Fünfter Abschnitt: Der Check

I. Ausstellung und Form des Checks

Art. 1100

Der Check enthält: 1. die Bezeichnung als Check im Texte der Urkunde, und zwar in der Sprache, in der sie ausgestellt ist; 2. die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zah- len; 3. den Namen dessen, der zahlen soll (Bezogener); 4. die Angabe des Zahlungsortes; 5. die Angabe des Tages und des Ortes der Ausstellung; 6. die Unterschrift des Ausstellers.

Art. 1101

1 Eine Urkunde, in der einer der im vorstehenden Artikel bezeichneten Bestandteile fehlt, gilt nicht als Check, vorbehältlich der in den folgen- den Absätzen bezeichneten Fälle.

2 Mangels einer besonderen Angabe gilt der bei dem Namen des Bezo- genen angegebene Ort als Zahlungsort. Sind mehrere Orte bei dem Na- men des Bezogenen angegeben, so ist der Check an dem an erster Stelle angegebenen Orte zahlbar.

3 Fehlt eine solche und jede andere Angabe, so ist der Check an dem Orte zahlbar, an dem der Bezogene seine Hauptniederlassung hat.

4 Ein Check ohne Angabe des Ausstellungsortes gilt als ausgestellt an dem Orte, der bei dem Namen des Ausstellers angegeben ist.

Art. 1102

1 Auf Checks, die in der Schweiz zahlbar sind kann als Bezogener nur ein Bankier bezeichnet werden.

2 Ein auf eine andere Person gezogener Check gilt nur als Anweisung.

Art. 1103

1 Ein Check darf nur ausgestellt werden, wenn der Aussteller beim Be- zogenen ein Guthaben besitzt und gemäss einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung, wonach der Aussteller das Recht hat, über dieses Guthaben mittels Checks zu verfügen. Die Gültigkeit der Urkunde als Check wird jedoch durch die Nichtbeachtung dieser Vor- schriften nicht berührt.

2 Kann der Aussteller beim Bezogenen nur über einen Teilbetrag verfü- gen, so ist der Bezogene zur Zahlung dieses Teilbetrages verpflichtet.

3 Wer einen Check ausstellt, ohne bei dem Bezogenen für den angewie- senen Betrag verfügungsberechtigt zu sein, hat dem Inhaber des Checks ausser dem verursachten Schaden fünf vom Hundert des nicht gedeck- ten Betrages der angewiesenen Summe zu vergüten.

Art. 1104

Der Check kann nicht angenommen werden. Ein auf den Check gesetz- ter Annahmevermerk gilt als nicht geschrieben.

Art. 1105

1 Der Check kann zahlbar gestellt werden: an eine bestimmte Person, mit oder ohne den ausdrücklichen Vermerk «an Ordre»; an eine bestimmte Person, mit dem Vermerk «nicht an Ordre» oder mit einem gleichbedeutenden Vermerk; an den Inhaber.

2 Ist dem Check eine bestimmte Person mit dem Zusatz «oder Überbrin- ger» oder mit einem gleichbedeutenden Vermerk als Zahlungsempfän- ger bezeichnet, so gilt der Check als auf den Inhaber gestellt.

3 Ein Check ohne Angabe des Nehmers gilt als zahlbar an den Inhaber.

Art. 1106

Ein in den Check aufgenommener Zinsvermerk gilt als nicht geschrie- ben.

Art. 1107

Der Check kann bei einem Dritten, am Wohnort des Bezogenen oder an einem andern Orte zahlbar gestellt werden, sofern der Dritte Bankier ist. II. Übertragung

Art. 1108

1 Der auf eine bestimmte Person zahlbar gestellte Check mit oder ohne den ausdrücklichen Vermerk «an Ordre» kann durch Indossament über- tragen werden.

2 Der auf eine bestimmte Person zahlbar gestellte Check mit dem Ver- merk «nicht an Ordre» oder mit einem gleichbedeutenden Vermerk kann nur in der Form und mit den Wirkungen einer gewöhnlichen Ab- tretung übertragen werden.

3 Das Indossament kann auch auf den Aussteller oder jeden anderen Checkverpflichteten lauten. Diese Personen können den Check weiter indossieren.

Art. 1109

1 Das Indossament muss unbedingt sein. Bedingungen, von denen es abhängig gemacht wird, gelten als nicht geschrieben.

2 Ein Teilindossament ist nichtig.

3 Ebenso ist ein Indossament des Bezogenen nichtig.

4 Ein Indossament an den Inhaber gilt als Blankoindossament.

5 Das Indossament an den Bezogenen gilt nur als Quittung, es sei denn, dass der Bezogene mehrere Niederlassungen hat und das Indossament auf eine andere Niederlassung lautet als diejenige, auf die der Check gezogen worden ist.

Art. 1110

Wer einen durch Indossament übertragbaren Check in Händen hat, gilt als rechtmässiger Inhaber, sofern er sein Recht durch eine ununterbro- chene Reihe von Indossamenten nachweist, und zwar auch dann, wenn das letzte ein Blankoindossament ist. Ausgestrichene Indossamente gel- ten hiebei als nicht geschrieben. Folgt auf ein Blankoindossament ein weiteres Indossament, so wird angenommen, dass der Aussteller dieses Indossaments den Check durch das Blankoindossament erworben hat.

Art. 1111

Ein Indossament auf einem Inhabercheck macht den Indossanten nach den Vorschriften über den Rückgriff haftbar, ohne aber die Urkunde in einen Ordrecheck umzuwandeln.

Art. 1112

Ist der Check einem früheren Inhaber irgendwie abhanden gekommen, so ist der Inhaber, in dessen Hände der Check gelangt ist – sei es, dass es sich um einen Inhabercheck handelt, sei es, dass es sich um einen durch Indossament übertragbaren Check handelt und der Inhaber sein Recht gemäss Artikel 1110 nachweist –, zur Herausgabe des Checks nur verpflichtet, wenn er ihn in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.

Art. 1113

1 Ein Indossament, das nach Erhebung des Protests oder nach Vornahme einer gleichbedeutenden Feststellung oder nach Ablauf der Vorlegungs- frist auf den Check gesetzt wird, hat nur die Wirkungen einer gewöhn- lichen Abtretung.

2 Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass ein nicht datiertes Indossament vor Erhebung des Protests oder vor der Vornahme einer gleichbedeutenden Feststellung oder vor Ablauf der Vorlegungsfrist auf den Check gesetzt worden ist. III. Checkbürgschaft

Art. 1114

1 Die Zahlung der Checksumme kann ganz oder teilweise durch Check- bürgschaft gesichert werden.

2 Diese Sicherheit kann von einem Dritten, mit Ausnahme des Bezoge- nen, oder auch von einer Person geleistet werden, deren Unterschrift sich schon auf dem Check befindet. IV. Vorlegung und Zahlung

Art. 1115

1 Der Check ist bei Sicht zahlbar. Jede gegenteilige Angabe gilt als nicht geschrieben.

2 Ein Check, der vor Eintritt des auf ihm angegebenen Ausstellungsta- ges zur Zahlung vorgelegt wird, ist am Tage der Vorlegung zahlbar.

Art. 1116

1 Ein Check, der in dem Lande der Ausstellung zahlbar ist, muss binnen acht Tagen zur Zahlung vorgelegt werden.

2 Ein Check, der in einem anderen Lande als dem der Ausstellung zahl- bar ist, muss binnen 20 Tagen vorgelegt werden, wenn Ausstellungsort und Zahlungsort sich in demselben Erdteile befinden, und binnen 70 Tagen, wenn Ausstellungsort und Zahlungsort sich in verschiedenen Erdteilen befinden.

3 Hiebei gelten die in einem Lande Europas ausgestellten und in einem an das Mittelmeer grenzenden Lande zahlbaren Checks, ebenso wie die in einem an das Mittelmeer grenzenden Lande ausgestellten und in ei- nem Lande Europas zahlbaren Checks als Checks, die in demselben Erdteile ausgestellt und zahlbar sind.

4 Die vorstehend erwähnten Fristen beginnen an dem Tage zu laufen, der in dem Check als Ausstellungstag angegeben ist.

Art. 1117

Ist ein Check auf einen Ort gezogen, dessen Kalender von dem des Aus- stellungsortes abweicht, so wird der Tag der Ausstellung in den nach dem Kalender des Zahlungsortes entsprechenden Tag umgerechnet.

Art. 1118

Die Einlieferung in eine von der Schweizerischen Nationalbank aner- kannte Abrechnungsstelle steht der Vorlegung zur Zahlung gleich.

844

Art. 1119

1 Ein Widerruf des Checks ist erst nach Ablauf der Vorlegungsfrist wirksam.

2 Wenn der Check nicht widerrufen ist, kann der Bezogene auch nach Ablauf der Vorlegungsfrist Zahlung leisten.

3 Behauptet der Aussteller, dass der Check ihm oder einem Dritten ab- handen gekommen sei, so kann er dem Bezogenen die Einlösung ver- bieten.

Art. 1120

Auf die Wirksamkeit des Checks ist es ohne Einfluss, wenn nach der Begebung des Checks der Aussteller stirbt oder handlungsunfähig wird oder wenn über sein Vermögen der Konkurs eröffnet wird.

844

Art. 1121

Der Bezogene, der einen durch Indossament übertragbaren Check ein- löst, ist verpflichtet, die Ordnungsmässigkeit der Reihe der Indossa- mente, aber nicht die Unterschriften der Indossanten, zu prüfen.

Art. 1122

1 Lautet der Check auf eine Währung, die am Zahlungsorte nicht gilt, so kann die Checksumme in der Landeswährung nach dem Werte gezahlt werden, den sie am Tage der Vorlegung besitzt. Wenn die Zahlung bei Vorlegung nicht erfolgt ist, so kann der Inhaber wählen, ob die Check- summe nach dem Kurs des Vorlegungstages oder nach dem Kurs des Zahlungstages in die Landeswährung umgerechnet werden soll.

2 Der Wert der fremden Währung bestimmt sich nach den Handelsge- bräuchen des Zahlungsortes. Der Aussteller kann jedoch im Check für die zu zahlende Summe einen Umrechnungskurs bestimmen.

3 Die Vorschriften der beiden ersten Absätze finden keine Anwendung, wenn der Aussteller die Zahlung in einer bestimmten Währung vorge- schrieben hat (Effektivvermerk).

4 Lautet der Check auf eine Geldsorte, die im Lande der Ausstellung dieselbe Bezeichnung, aber einen andern Wert hat als in dem der Zah- lung, so wird vermutet, dass die Geldsorte des Zahlungsortes gemeint ist. V. Gekreuzter Check und Verrechnungscheck

Art. 1123

1 Der Aussteller sowie jeder Inhaber können den Check mit den im Ar- tikel 1124 vorgesehenen Wirkungen kreuzen.

2 Die Kreuzung erfolgt durch zwei gleichlaufende Striche auf der Vor- derseite des Checks. Die Kreuzung kann allgemein oder besonders sein.

3 Die Kreuzung ist allgemein, wenn zwischen den beiden Strichen keine Angabe oder die Bezeichnung «Bankier» oder ein gleichbedeutender Vermerk steht; sie ist eine besondere, wenn der Name eines Bankiers zwischen die beiden Striche gesetzt ist.

4 Die allgemeine Kreuzung kann in eine besondere, nicht aber die besondere Kreuzung in eine allgemeine umgewandelt werden.

5 Die Streichung der Kreuzung oder des Namens des bezeichneten Ban- kiers gilt als nicht erfolgt.

Art. 1124

1 Ein allgemein gekreuzter Check darf vom Bezogenen nur an einen Bankier oder an einen Kunden des Bezogenen bezahlt werden.

2 Ein besonders gekreuzter Check darf vom Bezogenen nur an den be- zeichneten Bankier oder, wenn dieser selbst der Bezogene ist, an dessen Kunden bezahlt werden. Immerhin kann der bezeichnete Bankier einen andern Bankier mit der Einziehung des Checks betrauen.

3 Ein Bankier darf einen gekreuzten Check nur von einem seiner Kun- den oder von einem anderen Bankier erwerben. Auch darf er ihn nicht für Rechnung anderer als der vorgenannten Personen einziehen.

4 Befinden sich auf einem Check mehrere besondere Kreuzungen, so darf der Check vom Bezogenen nur dann bezahlt werden, wenn nicht mehr als zwei Kreuzungen vorliegen und die eine zum Zwecke der Ein- ziehung durch Einlieferung in eine Abrechnungsstelle erfolgt ist.

5 Der Bezogene oder der Bankier, der den vorstehenden Vorschriften zuwiderhandelt, haftet für den entstandenen Schaden, jedoch nur bis zur Höhe der Checksumme.

Art. 1125

1 Der Aussteller sowie jeder Inhaber eines Checks kann durch den quer über die Vorderseite gesetzten Vermerk «nur zur Verrechnung» oder durch einen gleichbedeutenden Vermerk untersagen, dass der Check bar bezahlt wird.

2 Der Bezogene darf in diesem Falle den Check nur im Wege der Gut- schrift einlösen (Verrechnung, Überweisung, Ausgleichung). Die Gut- schrift gilt als Zahlung.

3 Die Streichung des Vermerks «nur zur Verrechnung» gilt als nicht er- folgt.

4 Der Bezogene, der den vorstehenden Vorschriften zuwiderhandelt, haftet für den entstandenen Schaden, jedoch nur bis zur Höhe der Checksumme.

Art. 1126

1 Der Inhaber eines Verrechnungschecks ist jedoch befugt, vom Bezo- genen Barzahlung zu verlangen und bei Nichtzahlung Rückgriff zu neh- men, wenn über das Vermögen des Bezogenen der Konkurs eröffnet worden ist oder wenn er seine Zahlungen eingestellt hat oder wenn eine Zwangsvollstreckung in sein Vermögen fruchtlos verlaufen ist.

2 Dasselbe gilt, wenn der Inhaber infolge von Massnahmen, die auf Grund des Bankengesetzes vom 8. November 1934

845 getroffen worden sind, über die Gutschrift beim Bezogenen nicht verfügen kann.

Art. 1127

Der Inhaber eines Verrechnungschecks ist ferner berechtigt, Rückgriff zu nehmen, wenn er nachweist, dass der Bezogene die bedingungslose Gutschrift ablehnt oder dass der Check von der Abrechnungsstelle des Zahlungsortes als zur Ausgleichung von Verbindlichkeiten des Inhabers ungeeignet erklärt worden ist. VI. Rückgriff mangels Zahlung

Art. 1128

Der Inhaber kann gegen die Indossanten, den Aussteller und die anderen Checkverpflichteten Rückgriff nehmen, wenn der rechtzeitig vorgelegte Check nicht eingelöst und die Verweigerung der Zahlung festgestellt worden ist: 1. durch eine öffentliche Urkunde (Protest) oder 2. durch eine schriftliche, datierte Erklärung des Bezogenen auf dem Check, die den Tag der Vorlegung angibt, oder 3. durch eine datierte Erklärung einer Abrechnungsstelle, dass der Check rechtzeitig eingeliefert und nicht bezahlt worden ist.

Art. 1129

1 Der Protest oder die gleichbedeutende Feststellung muss vor Ablauf der Vorlegungsfrist vorgenommen werden.

2 Ist die Vorlegung am letzten Tage der Frist erfolgt, so kann der Protest oder die gleichbedeutende Feststellung auch noch an dem folgenden Werktage vorgenommen werden.

Art. 1130

Der Inhaber kann im Wege des Rückgriffs verlangen: 1. die Checksumme, soweit der Check nicht eingelöst worden ist; 2. Zinsen zu sechs vom Hundert seit dem Tage der Vorlegung; 3. die Kosten des Protestes oder der gleichbedeutenden Feststel- lung und der Nachrichten sowie die anderen Auslagen; 4. eine Provision von höchstens einem Drittel Prozent.

845

Art. 1131

1 Steht der rechtzeitigen Vorlegung des Checks oder der rechtzeitigen Erhebung des Protestes oder der Vornahme einer gleichbedeutenden Feststellung ein unüberwindliches Hindernis entgegen (gesetzliche Vor- schrift eines Staates oder ein anderer Fall höherer Gewalt), so werden die für diese Handlungen bestimmten Fristen verlängert.

2 Der Inhaber ist verpflichtet, seinen unmittelbaren Vormann von dem Falle der höheren Gewalt unverzüglich zu benachrichtigen und die Be- nachrichtigung unter Beifügung des Tages und Ortes sowie seiner Un- terschrift auf dem Check oder einem Anhang zu vermerken; im übrigen finden die Vorschriften des Artikels 1042 Anwendung.

3 Fällt die höhere Gewalt weg, so muss der Inhaber den Check unver- züglich zur Zahlung vorlegen und gegebenenfalls Protest erheben oder eine gleichbedeutende Feststellung vornehmen lassen.

4 Dauert die höhere Gewalt länger als 15 Tage seit dem Tage, an dem der Inhaber selbst vor Ablauf der Vorlegungsfrist seinen Vormann von dem Falle der höheren Gewalt benachrichtigt hat, so kann Rückgriff ge- nommen werden, ohne dass es der Vorlegung oder der Protesterhebung oder einer gleichbedeutenden Feststellung bedarf.

5 Tatsachen, die rein persönlich den Inhaber oder denjenigen betreffen, den er mit der Vorlegung des Checks oder mit der Erhebung des Protes- tes oder mit der Herbeiführung einer gleichbedeutenden Feststellung be- auftragt hat, gelten nicht als Fälle höherer Gewalt. VII. Gefälschter Check

Art. 1132

Der aus der Einlösung eines falschen oder verfälschten Checks sich er- gebende Schaden trifft den Bezogenen, sofern nicht dem in dem Check genannten Aussteller ein Verschulden zur Last fällt, wie namentlich eine nachlässige Verwahrung der ihm überlassenen Checkformulare. VIII. Ausfertigung mehrerer Stücke eines Checks

Art. 1133

Checks, die nicht auf den Inhaber gestellt sind und in einem anderen Lande als dem der Ausstellung oder in einem überseeischen Gebiete des Landes der Ausstellung zahlbar sind, und umgekehrt, oder in dem über- seeischen Gebiete eines Landes ausgestellt und zahlbar sind, oder in dem überseeischen Gebiete eines Landes ausgestellt und in einem ande- ren überseeischen Gebiete desselben Landes zahlbar sind, können in mehreren gleichen Ausfertigungen ausgestellt werden. Diese Ausferti- gungen müssen im Texte der Urkunde mit fortlaufenden Nummern ver- sehen sein; andernfalls gilt jede Ausfertigung als besonderer Check. IX. Verjährung

Art. 1134

1 Die Rückgriffsansprüche des Inhabers gegen die Indossanten, den Aussteller und die anderen Checkverpflichteten verjähren in sechs Mo- naten vom Ablauf der Vorlegungsfrist.

2 Die Rückgriffsansprüche eines Verpflichteten gegen einen andern Checkverpflichteten verjähren in sechs Monaten von dem Tage, an dem der Check von dem Verpflichteten eingelöst oder ihm gegenüber ge- richtlich geltend gemacht worden ist. X. Allgemeine Vorschriften

Art. 1135

In diesem Abschnitt sind unter der Bezeichnung «Bankier» Firmen zu verstehen, die dem Bankengesetz vom 8. November 1934

846 unterste- hen.

Art. 1136

1 Die Vorlegung und der Protest eines Checks können nur an einem Werktage stattfinden.

2 Fällt der letzte Tag einer Frist, innerhalb derer eine auf den Check be- zügliche Handlung, insbesondere die Vorlegung, der Protest oder eine gleichbedeutende Feststellung vorgenommen werden muss, auf einen Sonntag oder einen anderen staatlich anerkannten Feiertag

847 , so wird die Frist bis zum nächsten Werktag verlängert. Feiertage, die in den Lauf einer Frist fallen, werden bei der Berechnung der Frist mitgezählt.

847

Art. 1137

Bei der Berechnung der in diesem Gesetz vorgesehenen Fristen wird der Tag, an dem sie zu laufen beginnen, nicht mitgezählt. XI. Geltungsbereich der Gesetze

Art. 1138

1 Das Recht des Landes, in dem der Check zahlbar ist, bestimmt die Per- sonen, auf die ein Check gezogen werden kann.

2 Ist nach diesem Recht der Check im Hinblick auf die Person des Be- zogenen nichtig, so sind gleichwohl die Verpflichtungen aus Unter- schriften gültig, die in Ländern auf den Check gesetzt worden sind, de- ren Recht die Nichtigkeit aus einem solchen Grunde nicht vorsieht.

Art. 1139

1 Die Form einer Checkerklärung bestimmt sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiete die Erklärung unterschrieben worden ist. Es genügt jedoch die Beobachtung der Form, die das Recht des Zahlung- sortes vorschreibt.

2 Wenn eine Checkerklärung, die nach den Vorschriften des vorstehen- den Absatzes ungültig ist, dem Recht des Landes entspricht, in dessen Gebiet eine spätere Checkerklärung unterschrieben worden ist, so wird durch Mängel in der Form der ersten Checkerklärung die Gültigkeit der späteren Checkerklärung nicht berührt.

3 Ebenso ist eine Checkerklärung, die ein Schweizer im Ausland abge- geben hat, in der Schweiz gegenüber einem anderen Schweizer gültig, wenn sie den Formerfordernissen des schweizerischen Rechts genügt.

Art. 1140

Die Wirkungen der Checkerklärungen bestimmen sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiete die Erklärungen unterschrieben worden sind.

Art. 1141

Das Recht des Landes, in dessen Gebiet der Check zahlbar ist, bestimmt: 1. ob der Check notwendigerweise bei Sicht zahlbar ist oder ob er auf eine bestimmte Zeit nach Sicht gezogen werden kann und welches die Wirkungen sind, wenn auf dem Check ein späterer als der wirkliche Ausstellungstag angegeben ist. 2. die Vorlegungsfrist; 3. ob ein Check angenommen, zertifiziert, bestätigt oder mit einem Visum versehen werden kann, und welches die Wirkungen die- ser Vermerke sind; 4. ob der Inhaber eine Teilzahlung verlangen kann und ob er eine solche annehmen muss; 5. ob ein Check gekreuzt oder mit dem Vermerk «nur zur Verrech- nung» oder mit einem gleichbedeutenden Vermerk versehen werden kann, und welches die Wirkungen der Kreuzung oder des Verrechnungsvermerks oder eines gleichbedeutenden Ver- merks sind; 6. ob der Inhaber besondere Rechte auf die Deckung hat und wel- ches der Inhalt dieser Rechte ist; 7. ob der Aussteller den Check widerrufen oder gegen die Einlö- sung des Checks Widerspruch erheben kann; 8. die Massnahmen, die im Falle des Verlustes oder des Diebstahls des Checks zu ergreifen sind; 9. ob ein Protest oder eine gleichbedeutende Feststellung zur Er- haltung des Rückgriffs gegen die Indossanten, den Aussteller und die anderen Checkverpflichteten notwendig ist.

Art. 1142

Der Bereicherungsanspruch gegen den Bezogenen oder den Domizilia- ten bestimmt sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiet diese Personen ihren Wohnsitz haben. XII. Anwendbarkeit des Wechselrechts

Art. 1143

1 Auf den Check finden die nachstehenden Bestimmungen des Wech- selrechts Anwendung: 1. Artikel 990 über die Wechselfähigkeit; 2. Artikel 993 über Wechsel an eigene Ordre, auf den Aussteller und für Rechnung eines Dritten; 3. Artikel 996–1000 über verschiedene Bezeichnung der Wechsel- summe, Unterschriften von Wechselunfähigen, Unterschrift ohne Ermächtigung, Haftung des Ausstellers und Blankowech- sel; 4. Artikel 1003–1005 über das Indossament; 5. Artikel 1007 über die Wechseleinreden; 6. Artikel 1008 über die Rechte aus dem Vollmachtsindossament; 7. Artikel 1021 und 1022 über Form und Wirkungen der Wechsel- bürgschaft; 8. Artikel 1029 über das Recht auf Quittung und Teilzahlung; 9. Artikel 1035–1037 und 1039–1041 über den Protest; 10. Artikel 1042 über die Benachrichtigung; 11. Artikel 1043 über den Protesterlass; 12. Artikel 1044 über die solidarische Haftung der Wechselver- pflichteten; 13. Artikel 1046 und 1047 über die Rückgriffsforderung bei Einlö- sung des Wechsels und das Recht auf Aushändigung von Wech- sel, Protest und Quittung; 14. Artikel 1052 über den Bereicherungsanspruch; 15. Artikel 1053 über den Übergang der Deckung; 16. Artikel 1064 über das Verhältnis mehrerer Ausfertigungen; 17. Artikel 1068 über Änderungen; 18. Artikel 1070 und 1071 über die Unterbrechung der Verjährung; 19. Artikel 1072–1078 und 1079 Absatz 1 über die Kraftloserklä- rung; 20. Artikel 1083–1085 über den Ausschluss von Respekttagen, den Ort der Vornahme wechselrechtlicher Handlungen und die ei- genhändige Unterschrift; 21. Artikel 1086, 1088 und 1089 über den Geltungsbereich der Ge- setze in Bezug auf Wechselfähigkeit, Handlungen zur Aus- übung und Erhaltung des Wechselrechts und Ausübung der Rückgriffsrechte.

2 In Wegfall kommen bei diesen Artikeln die Bestimmungen, die sich auf die Annahme des Wechsels beziehen.

3 Die Artikel 1042 Absatz 1, 1043 Absätze 1 und 3 und 1047 werden für die Anwendung auf den Check in dem Sinne ergänzt, dass an die Stelle des Protestes die gleichbedeutende Feststellung nach Artikel 1128 Zif- fern 2 und 3 treten kann. XIII. Vorbehalt besondern Rechtes

Art. 1144

Vorbehalten bleiben die besondern Bestimmungen über den Postcheck.

Sechster Abschnitt:

Wechselähnliche und andere Ordrepapiere

Art. 1145

Ein Wertpapier gilt als Ordrepapier, wenn es an Ordre lautet oder vom Gesetze als Ordrepapier erklärt ist.

Art. 1146

1 Wer aus einem Ordrepapier in Anspruch genommen wird, kann sich nur solcher Einreden bedienen, die entweder gegen die Gültigkeit der Urkunde gerichtet sind oder aus der Urkunde selbst hervorgehen, sowie solcher, die ihm persönlich gegen den jeweiligen Gläubiger zustehen.

2 Einreden, die sich auf die unmittelbaren Beziehungen des Schuldners zum Aussteller oder zu einem frühern Inhaber gründen, sind zulässig, wenn der Inhaber bei dem Erwerb des Ordrepapiers bewusst zum Nach- teil des Schuldners gehandelt hat.

Art. 1147

Anweisungen, die im Texte der Urkunde nicht als Wechsel bezeichnet sind, aber ausdrücklich an Ordre lauten und im übrigen den Erforder- nissen des gezogenen Wechsels entsprechen, stehen den gezogenen Wechseln gleich.

Art. 1148

1 Die Anweisung an Ordre ist nicht zur Annahme vorzulegen.

2 Wird sie trotzdem vorgelegt, aber ihre Annahme verweigert, so steht dem Inhaber ein Rückgriffsrecht aus diesem Grunde nicht zu.

Art. 1149

1 Wird die Anweisung an Ordre freiwillig angenommen, so steht der Annehmer der Anweisung dem Annehmer des gezogenen Wechsels gleich.

2 Der Inhaber kann jedoch nicht vor Verfall Rückgriff nehmen, wenn über den Angewiesenen der Konkurs eröffnet worden ist oder wenn der Angewiesene seine Zahlungen eingestellt hat oder wenn eine Zwangs- vollstreckung in sein Vermögen fruchtlos verlaufen ist.

3 Ebenso steht dem Inhaber der Rückgriff vor Verfall nicht zu, wenn über den Anweisenden der Konkurs eröffnet worden ist.

Art. 1150

Die Bestimmungen des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 1889

848 betreffend die Wechselbetreibung finden auf die An- weisung an Ordre keine Anwendung.

Art. 1151

1 Zahlungsversprechen, die im Texte der Urkunde nicht als Wechsel be- zeichnet sind, aber ausdrücklich an Ordre lauten und im übrigen den Erfordernissen des eigenen Wechsels entsprechen, stehen den eigenen Wechseln gleich.

2 Für das Zahlungsversprechen an Ordre gelten jedoch die Bestimmun- gen über die Ehrenzahlung nicht.

3 Die Bestimmungen des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 1889

849 betreffend die Wechselbetreibung finden auf das Zah- lungsversprechen an Ordre keine Anwendung.

Art. 1152

1 Urkunden, in denen der Zeichner sich verpflichtet, nach Ort, Zeit und Summe bestimmte Geldzahlungen zu leisten oder bestimmte Mengen vertretbarer Sachen zu liefern, können, wenn sie ausdrücklich an Ordre lauten, durch Indossament übertragen werden.

2 Für diese Urkunden sowie für andere indossierbare Papiere, wie La- gerscheine, Warrants, Ladescheine, gelten die Vorschriften des Wech- selrechtes über die Form des Indossaments, die Legitimation des Inha- bers, die Kraftloserklärung sowie über die Pflicht des Inhabers zur Herausgabe.

3 Dagegen sind die Bestimmungen über den Wechselrückgriff auf sol- che Papiere nicht anwendbar.

Siebenter Abschnitt: Die Warenpapiere

Art. 1153

Warenpapiere, die von einem Lagerhalter oder Frachtführer als Wertpa- pier ausgestellt werden, müssen enthalten: 1. den Ort und den Tag der Ausstellung und die Unterschrift des Ausstellers;

850 2. den Namen und den Wohnort des Ausstellers; 3. den Namen und den Wohnort des Einlagerers oder des Absen- ders; 4. die Bezeichnung der eingelagerten oder aufgegebenen Ware nach Beschaffenheit, Menge und Merkzeichen; 5. die Gebühren und Löhne, die zu entrichten sind oder die voraus- bezahlt wurden; 6. die besondern Vereinbarungen, die von den Beteiligten über die Behandlung der Ware getroffen worden sind; 7. die Zahl der Ausfertigungen des Warenpapiers; 8. die Angabe des Verfügungsberechtigten mit Namen oder an Or- dre oder als Inhaber.

Art. 1153a

1 Die Parteien können Warenpapiere in der Form von Registerwertrech- ten vorsehen. Die Artikel 1154 und 1155 sind sinngemäss anwendbar.

2 Die Unterschrift des Ausstellers kann entfallen, wenn der Titel ihm auf andere Weise eindeutig zugeordnet werden kann. Der weitere Inhalt des Titels samt dessen Lasten muss im Wertrechteregister selbst oder in da- mit verknüpften Begleitdaten festgehalten werden.

Art. 1154

1 Wird von mehreren Warenpapieren eines für die Pfandbestellung be- stimmt, so muss es als Pfandschein (Warrant) bezeichnet sein und im Übrigen der Gestalt eines Warenpapiers entsprechen.

2 Auf den andern Ausfertigungen ist die Ausstellung des Pfandscheines anzugeben und jede vorgenommene Verpfändung mit Forderungsbetrag und Verfalltag einzutragen.

Art. 1155

1 Scheine, die über lagernde oder verfrachtete Waren ausgestellt wer- den, ohne den gesetzlichen Formvorschriften für Warenpapiere zu ent- sprechen, werden nicht als Wertpapiere anerkannt, sondern gelten nur als Empfangsscheine oder andere Beweisurkunden.

2 Scheine, die von Lagerhaltern ausgegeben werden, ohne dass die zu- ständige Behörde die vom Gesetz verlangte Bewilligung erteilt hat, sind, wenn sie den gesetzlichen Formvorschriften entsprechen, als Wertpa-

851 piere anzuerkennen. Ihre Aussteller unterliegen einer von der zuständi- gen kantonalen Behörde zu verhängenden Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken.

Vierunddreissigster Titel: Anleihensobligationen

Erster Abschnitt: …

Art. 1156

852

Zweiter Abschnitt:

853 Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen

Art. 1157

1 Sind Anleihensobligationen von einem Schuldner, der in der Schweiz seinen Wohnsitz oder eine geschäftliche Niederlassung hat, mit einheit- lichen Anleihensbedingungen unmittelbar oder mittelbar durch öffent- liche Zeichnung ausgegeben, so bilden die Gläubiger von Gesetzes we- gen eine Gläubigergemeinschaft.

2 Sind mehrere Anleihen ausgegeben, so bilden die Gläubiger jedes An- leihens eine besondere Gläubigergemeinschaft.

3 Die Vorschriften dieses Abschnittes sind nicht anwendbar auf Anlei- hen des Bundes, der Kantone, der Gemeinden und anderer Körperschaf- ten und Anstalten des öffentlichen Rechts.

Art. 1158

1 Vertreter, die durch die Anleihensbedingungen bestellt sind, gelten mangels gegenteiliger Bestimmung als Vertreter sowohl der Gläubiger- gemeinschaft wie des Schuldners.

2 Die Gläubigerversammlung kann einen oder mehrere Vertreter der Gläubigergemeinschaft wählen.

3 Mehrere Vertreter üben, wenn es nicht anders bestimmt ist, die Ver- tretung gemeinsam aus.

853

Art. 1159

1 Der Vertreter hat die Befugnisse, die ihm durch das Gesetz, die Anlei- hensbedingungen oder die Gläubigerversammlung übertragen werden.

2 Er verlangt vom Schuldner, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die Einberufung einer Gläubigerversammlung, vollzieht deren Beschlüsse und vertritt die Gemeinschaft im Rahmen der ihn übertragenen Befug- nisse.

3 Soweit der Vertreter zur Geltendmachung von Rechten der Gläubiger ermächtigt ist, sind die einzelnen Gläubiger zur selbständigen Aus- übung ihrer Rechte nicht befugt.

Art. 1160

1 Solange der Schuldner sich mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Anleihen im Rückstande befindet, ist der Vertreter der Gläubi- gergemeinschaft befugt, vom Schuldner alle Aufschlüsse zu verlangen, die für die Gemeinschaft von Interesse sind.

2 Ist eine Aktiengesellschaft, Kommanditaktiengesellschaft, Gesell- schaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft Schuldnerin, so kann der Vertreter unter den gleichen Voraussetzungen an den Verhand- lungen ihrer Organe mit beratender Stimme teilnehmen, soweit Gegen- stände behandelt werden, welche die Interessen der Anleihensgläubiger berühren.

3 Der Vertreter ist zu solchen Verhandlungen einzuladen und hat An- spruch auf rechtzeitige Mitteilung der für die Verhandlungen massge- benden Grundlagen.

Art. 1161

1 Ist für ein Anleihen mit Grundpfandrecht oder mit Fahrnispfand ein Vertreter des Schuldners und der Gläubiger bestellt worden, so stehen ihm die gleichen Befugnisse zu wie dem Pfandhalter nach Grundpfand- recht.

2 Der Vertreter hat die Rechte der Gläubiger, des Schuldners und des Eigentümers der Pfandsache mit aller Sorgfalt und Unparteilichkeit zu wahren.

Art. 1162

1 Die Gläubigerversammlung kann die Vollmacht, die sie einem Vertre- ter erteilt hat, jederzeit widerrufen oder abändern.

2 Die Vollmacht eines durch die Anleihensbedingungen bestellten Ver- treters kann durch einen Beschluss der Gläubigergemeinschaft mit Zu- stimmung des Schuldners jederzeit widerrufen oder abgeändert werden.

3 Das Gericht kann aus wichtigen Gründen auf Antrag eines Anleihens- gläubigers oder des Schuldners die Vollmacht als erloschen erklären.

4 Fällt die Vollmacht aus irgendeinem Grunde dahin, so trifft auf Ver- langen eines Anleihensgläubigers oder des Schuldners das Gericht die zum Schutze der Anleihensgläubiger und des Schuldners notwendigen Anordnungen.

Art. 1163

1 Die Kosten einer in den Anleihensbedingungen vorgesehenen Vertre- tung sind vom Anleihensschuldner zu tragen.

2 Die Kosten einer von der Gläubigergemeinschaft gewählten Vertre- tung werden aus den Leistungen des Anleihensschuldners gedeckt und allen Anleihensgläubigern nach Massgabe des Nennwertes der Obliga- tionen, die sie besitzen, in Abzug gebracht.

Art. 1164

1 Die Gläubigergemeinschaft ist befugt, in den Schranken des Gesetzes die geeigneten Massnahmen zur Wahrung der gemeinsamen Interessen der Anleihensgläubiger, insbesondere gegenüber einer Notlage des Schuldners, zu treffen.

2 Die Beschlüsse der Gläubigergemeinschaft werden von der Gläubiger- versammlung gefasst und sind gültig, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die das Gesetz im Allgemeinen oder für einzelne Massnahmen vor- sieht.

3 Soweit rechtsgültige Beschlüsse der Gläubigerversammlung entge- genstehen, können die einzelnen Anleihensgläubiger ihre Rechte nicht mehr selbständig geltend machen.

4 Die Kosten der Einberufung und der Abhaltung der Gläubigerver- sammlung trägt der Schuldner.

Art. 1165

1 Die Gläubigerversammlung wird durch den Schuldner einberufen.

2 Der Schuldner ist verpflichtet, sie binnen 20 Tagen einzuberufen, wenn Anleihensgläubiger, denen zusammen der zwanzigste Teil des im Umlauf befindlichen Kapitals zusteht, oder der Anleihensvertreter die Einberufung schriftlich und unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangen.

3 Entspricht der Schuldner diesem Begehren nicht, so kann das Gericht die Gesuchsteller ermächtigen, von sich aus eine Gläubigerver- sammlung einzuberufen. Zwingend zuständig ist das Gericht am gegen- wärtigen oder letzten Sitz des Schuldners in der Schweiz.

4 Hat oder hatte der Schuldner nur eine Niederlassung in der Schweiz, so ist das Gericht am Ort dieser Niederlassung zwingend zuständig.

855

Art. 1166

1 Vom Zeitpunkte der ordnungsmässigen Veröffentlichung der Einla- dung zur Gläubigerversammlung an bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens vor der Nachlassbehörde bleiben die fälligen Ansprüche der Anleihensgläubiger gestundet.

2 Diese Stundung gilt nicht als Zahlungseinstellung im Sinne des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 1889

856 ; eine Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung kann nicht verlangt werden.

3 Während der Dauer der Stundung ist der Lauf der Verjährungs- und Verwirkungsfristen, welche durch Betreibung unterbrochen werden können, für die fälligen Ansprüche der Anleihensgläubiger gehemmt.

4 Missbraucht der Schuldner das Recht auf Stundung, so kann sie von der oberen kantonalen Nachlassbehörde auf Begehren eines Anleihens- gläubigers aufgehoben werden.

Art. 1167

1 Stimmberechtigt ist der Eigentümer einer Obligation oder sein Vertre- ter, bei in Nutzniessung stehenden Obligationen jedoch der Nutzniesser oder sein Vertreter. Der Nutzniesser wird aber dem Eigentümer ersatz- pflichtig, wenn er bei der Ausübung des Stimmrechts auf dessen Inte- ressen nicht in billiger Weise Rücksicht nimmt.

2 Obligationen, die im Eigentum oder in der Nutzniessung des Schuld- ners stehen, gewähren kein Stimmrecht. Sind hingegen Obligationen verpfändet, die dem Schuldner gehören, so steht das Stimmrecht dem Pfandgläubiger zu.

3 Ein dem Schuldner an Obligationen zustehendes Pfandrecht oder Re- tentionsrecht schliesst das Stimmrecht ihres Eigentümers nicht aus.

856

Art. 1168

1 Zur Vertretung von Anleihensgläubigern bedarf es, sofern die Vertre- tung nicht auf Gesetz beruht, einer schriftlichen Vollmacht.

2 Die Ausübung der Vertretung der stimmberechtigten Anleihensgläu- biger durch den Schuldner ist ausgeschlossen.

Art. 1169

Der Bundesrat erlässt die Vorschriften über die Einberufung der Gläu- bigerversammlung, die Mitteilung der Tagesordnung, die Ausweise zur Teilnahme an der Gläubigerversammlung, die Leitung der Versamm- lung, die Beurkundung und die Mitteilung der Beschlüsse.

Art. 1170

1 Eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln des im Umlauf befindli- chen Kapitals ist zur Gültigkeit des Beschlusses erforderlich, wenn es sich um folgende Massnahmen handelt: 1. Stundung von Zinsen für die Dauer von höchstens fünf Jahren, mit der Möglichkeit der zweimaligen Verlängerung der Stun- dung um je höchstens fünf Jahre; 2. Erlass von höchstens fünf Jahreszinsen innerhalb eines Zeitrau- mes von sieben Jahren; 3. Ermässigung des Zinsfusses bis zur Hälfte des in den Anleihens- bedingungen vereinbarten Satzes oder Umwandlung eines fes- ten Zinsfusses in einen vom Geschäftsergebnis abhängigen Zinsfuss, beides für höchstens zehn Jahre, mit der Möglichkeit der Verlängerung um höchstens fünf Jahre; 4. Verlängerung der Amortisationsfrist um höchstens zehn Jahre durch Herabsetzung der Annuität oder Erhöhung der Zahl der Rückzahlungsquoten oder vorübergehende Einstellung dieser Leistungen, mit der Möglichkeit der Erstreckung um höchstens fünf Jahre; 5. Stundung eines fälligen oder binnen fünf Jahren verfallenden Anleihens oder von Teilbeträgen eines solchen auf höchstens zehn Jahre, mit der Möglichkeit der Verlängerung um höchstens fünf Jahre; 6. Ermächtigung zu einer vorzeitigen Rückzahlung des Kapitals; 7. Einräumung eines Vorgangspfandrechts für dem Unternehmen neu zugeführtes Kapital sowie Änderung an den für ein Anlei- hen bestellten Sicherheiten oder gänzlicher oder teilweiser Ver- zicht auf solche; 8. Zustimmung zu einer Änderung der Bestimmungen über Be- schränkung der Obligationenausgabe im Verhältnis zum Ak- tienkapital; 9. Zustimmung zu einer gänzlichen oder teilweisen Umwandlung von Anleihensobligationen in Aktien.

2 Diese Massnahmen können miteinander verbunden werden.

Art. 1171

1 Bei einer Mehrheit von Gläubigergemeinschaften kann der Schuldner eine oder mehrere der im vorangehenden Artikel vorgesehenen Mass- nahmen den Gemeinschaften gleichzeitig unterbreiten, im ersten Falle mit dem Vorbehalte, dass die Massnahme nur gültig sein soll, falls sie von allen Gemeinschaften angenommen wird, im zweiten Falle mit dem weitern Vorbehalte, dass die Gültigkeit jeder Massnahme von der An- nahme der übrigen abhängig ist.

2 Die Vorschläge gelten als angenommen, wenn sie die Zustimmung der Vertretung von mindestens zwei Dritteln des im Umlauf befindlichen Kapitals aller dieser Gläubigergemeinschaften zusammen gefunden ha- ben, gleichzeitig von der Mehrheit der Gemeinschaften angenommen worden sind und in jeder Gemeinschaft mindestens die einfache Mehr- heit des vertretenen Kapitals zugestimmt hat.

Art. 1172

1 Für die Feststellung des im Umlauf befindlichen Kapitals fallen An- leihensobligationen, die kein Stimmrecht gewähren, ausser Betracht.

2 Erreicht ein Antrag in der Gläubigerversammlung nicht die erforderli- che Stimmenzahl, so kann der Schuldner die fehlenden Stimmen durch schriftliche und beglaubigte Erklärungen binnen zwei Monaten nach dem Versammlungstage beim Leiter der Versammlung beibringen und dadurch einen gültigen Beschluss herstellen.

Art. 1173

1 Kein Anleihensgläubiger kann durch Gemeinschaftsbeschluss ver- pflichtet werden, andere als die in Artikel 1170 vorgesehenen Eingriffe in die Gläubigerrechte zu dulden oder Leistungen zu machen, die weder in den Anleihensbedingungen vorgesehen noch mit ihm bei der Bege- bung der Obligation vereinbart worden sind.

2 Zu einer Vermehrung der Gläubigerrechte ist die Gläubigergemein- schaft ohne Zustimmung des Schuldners nicht befugt.

Art. 1174

1 Die einer Gemeinschaft angehörenden Gläubiger müssen alle gleich- mässig von den Zwangsbeschlüssen betroffen werden, es sei denn, dass jeder etwa ungünstiger behandelte Gläubiger ausdrücklich zustimmt.

2 Unter Pfandgläubigern darf die bisherige Rangordnung ohne deren Zustimmung nicht abgeändert werden. Vorbehalten bleibt Artikel 1170 Ziffer 7.

3 Zusicherungen oder Zuwendungen an einzelne Gläubiger, durch die sie gegenüber andern der Gemeinschaft angehörenden Gläubigern be- günstigt werden, sind ungültig.

Art. 1175

857 Ein Antrag auf Ergreifung der in Artikel 1170 genannten Massnahmen darf vom Schuldner nur eingebracht und von der Gläubigerversamm- lung nur in Beratung gezogen werden auf Grund eines auf den Tag der Gläubigerversammlung aufgestellten Status oder einer ordnungsgemäss errichteten und gegebenenfalls von der Revisionsstelle als richtig be- scheinigten Bilanz, die auf einen höchstens sechs Monate zurückliegen- den Zeitpunkt abgeschlossen ist.

Art. 1176

1 Die Beschlüsse, die einen Eingriff in Gläubigerrechte enthalten, sind nur wirksam und für die nicht zustimmenden Anleihensgläubiger ver- bindlich, wenn sie von der oberen kantonalen Nachlassbehörde geneh- migt worden sind.

2 Der Schuldner hat sie dieser Behörde innerhalb eines Monats seit dem Zustandekommen zur Genehmigung zu unterbreiten.

3 Die Zeit der Verhandlung wird öffentlich bekanntgemacht mit der An- zeige an die Anleihensgläubiger, dass sie ihre Einwendungen schriftlich oder in der Verhandlung auch mündlich anbringen können.

4 Die Kosten des Genehmigungsverfahrens trägt der Schuldner.

Art. 1177

Die Genehmigung darf nur verweigert werden: 1. wenn die Vorschriften über die Einberufung und das Zustande- kommen der Beschlüsse der Gläubigerversammlung verletzt worden sind;

857 2. wenn der zur Abwendung einer Notlage des Schuldners gefasste Beschluss sich als nicht notwendig herausstellt; 3. wenn die gemeinsamen Interessen der Anleihensgläubiger nicht genügend gewahrt sind; 4. wenn der Beschluss auf unredliche Weise zustande gekommen ist.

Art. 1178

1 Wird die Genehmigung erteilt, so kann sie von jedem Anleihensgläu- biger, der dem Beschluss nicht zugestimmt hat, innerhalb 30 Tagen beim Bundesgericht wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit an- gefochten werden, wobei das für die Rechtspflege in Schuldbetrei- bungs- und Konkurssachen vorgesehene Verfahren Anwendung findet.

2 Ebenso kann der Entscheid, mit dem die Genehmigung verweigert wird, von einem Anleihensgläubiger, der dem Beschluss zugestimmt hat, oder vom Schuldner angefochten werden.

Art. 1179

1 Stellt sich nachträglich heraus, dass der Beschluss der Gläubigerver- sammlung auf unredliche Weise zustande gekommen ist, so kann die obere kantonale Nachlassbehörde auf Begehren eines Anleihensgläubi- gers die Genehmigung ganz oder teilweise widerrufen.

2 Das Begehren ist binnen sechs Monaten, nachdem der Anleihensgläu- biger vom Anfechtungsgrunde Kenntnis erhalten hat, zu stellen.

3 Der Widerruf kann vom Schuldner und von jedem Anleihensgläubiger innerhalb 30 Tagen beim Bundesgericht wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit in dem für die Rechtspflege in Schuldbetrei- bungs- und Konkurssachen vorgesehenen Verfahren angefochten wer- den. Ebenso kann die Verweigerung des Widerrufs von jedem Anlei- hensgläubiger, der den Widerruf verlangt hat, angefochten werden.

Art. 1180

1 Die Zustimmung der Vertretung von mehr als der Hälfte des im Um- lauf befindlichen Kapitals ist erforderlich für den Widerruf und für die Abänderung der einem Anleihensvertreter erteilten Vollmacht.

2 Der gleichen Mehrheit bedarf ein Beschluss, durch welchen einem An- leihensvertreter Vollmacht zur einheitlichen Wahrung der Rechte der Anleihensgläubiger im Konkurs erteilt wird.

Art. 1181

1 Für Beschlüsse, die weder in die Gläubigerrechte eingreifen noch den Gläubigern Leistungen auferlegen, genügt die absolute Mehrheit der vertretenen Stimmen, soweit das Gesetz es nicht anders bestimmt oder die Anleihensbedingungen nicht strengere Bestimmungen aufstellen.

2 Diese Mehrheit berechnet sich in allen Fällen nach dem Nennwert des in der Versammlung vertretenen stimmberechtigten Kapitals.

Art. 1182

Beschlüsse im Sinne der Artikel 1180 und 1181, die das Gesetz oder vertragliche Vereinbarungen verletzen, können von jedem Anleihens- gläubiger der Gemeinschaft, der nicht zugestimmt hat, binnen 30 Tagen, nachdem er von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht angefochten werden.

Art. 1183

1 Gerät ein Anleihensschuldner in Konkurs, so beruft die Konkursver- waltung unverzüglich eine Versammlung der Anleihensgläubiger ein, die dem bereits ernannten oder einem von ihr zu ernennenden Vertreter die Vollmacht zur einheitlichen Wahrung der Rechte der Anleihens- gläubiger im Konkursverfahren erteilt.

2 Kommt kein Beschluss über die Erteilung einer Vollmacht zustande, so vertritt jeder Anleihensgläubiger seine Rechte selbständig.

Art. 1184

1 Im Nachlassverfahren wird unter Vorbehalt der Vorschriften über die pfandversicherten Anleihen ein besonderer Beschluss der Anleihens- gläubiger über die Stellungnahme zum Nachlassvertrag nicht gefasst, und es gelten für ihre Zustimmung ausschliesslich die Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 1889

2 Auf die pfandversicherten Anleihensgläubiger kommen, soweit eine über die Wirkungen des Nachlassverfahrens hinausgehende Einschrän- kung ihrer Gläubigerrechte stattfinden soll, die Bestimmungen über die Gläubigergemeinschaft zur Anwendung.

Art. 1185

1 Auf die Anleihensgläubiger einer Eisenbahn- oder Schifffahrtsunter- nehmung sind die Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnittes unter Vorbehalt der nachfolgenden besondern Vorschriften anwendbar.

2 Das Gesuch um Einberufung einer Gläubigerversammlung ist an das Bundesgericht zu richten.

3 Für die Einberufung der Gläubigerversammlung, die Beurkundung, die Genehmigung und die Ausführung ihrer Beschlüsse ist das Bundes- gericht zuständig.

4 Das Bundesgericht kann nach Eingang des Gesuches um Einberufung einer Gläubigerversammlung eine Stundung mit den in Artikel 1166 vorgesehenen Wirkungen anordnen.

Art. 1186

1 Die Rechte, die das Gesetz der Gläubigergemeinschaft und dem An- leihensvertreter zuweist, können durch die Anleihensbedingungen oder durch besondere Abreden zwischen den Gläubigern und dem Schuldner nur ausgeschlossen, geändert oder beschränkt werden, wenn eine Mehr- heit der Gläubiger weiterhin die Anleihensbedingungen anpassen kann.

2 Soweit Anleihensobligationen gesamthaft oder teilweise ausserhalb der Schweiz öffentlich ausgegeben werden, können anstelle der Bestim- mungen dieses Abschnitts die Bestimmungen einer anderen mit der öf- fentlichen Ausgabe zusammenhängenden Rechtsordnung über die Gläubigergemeinschaft, ihre Vertretung, Versammlung und Beschlüsse für anwendbar erklärt werden.

859

Übergangsbestimmungen des Bundesgesetzes vom 30. März 1911 I. Der Schlusstitel des Zivilgesetzbuches 860 wird abgeändert wie folgt: 861 II. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1912 in Kraft. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 862 betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten. Schlussbestimmungen der Änderung vom 23. März 1962 863 Art. 1 864 Art. 2 865 Art. 3 1 Die Artikel 226f, 226g, 226h, 226i und 226k 866 finden auch auf Ab- zahlungsverträge Anwendung, die vor dem Inkrafttreten dieses Geset- zes abgeschlossen worden sind. 2 Auf Vorauszahlungsverträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Geset- zes abgeschlossen wurden, findet nur Artikel 226k Anwendung. Solche Verträge sind indessen innert Jahresfrist den Bestimmungen des Arti- kels 227b anzupassen, widrigenfalls sie dahinfallen und dem Käufer sein gesamtes Guthaben mit allen ihm gutgeschriebenen Zinsen und Vergünstigungen auszuzahlen ist. Art. 4 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Geset- zes. 866 Übergangsbestimmungen der Änderung vom 16. Dezember 2005 867 Art. 1 1 Der Schlusstitel des Zivilgesetzbuches gilt für dieses Gesetz, soweit die folgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. 2 Die Bestimmungen des neuen Gesetzes werden mit seinem Inkrafttre- ten auf bestehende Gesellschaften anwendbar. Art. 2 1 Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die im Zeitpunkt des In- krafttretens dieses Gesetzes im Handelsregister eingetragen sind, jedoch den neuen Vorschriften nicht entsprechen, müssen innerhalb von zwei Jahren ihre Statuten und Reglemente den neuen Bestimmungen anpas- sen. 2 Bestimmungen der Statuten und Reglemente, die mit dem neuen Recht nicht vereinbar sind, bleiben bis zur Anpassung, längstens aber noch zwei Jahre, in Kraft. 3 Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die im Zeitpunkt des In- krafttretens dieses Gesetzes im Handelsregister eingetragen sind, finden die Artikel 808a und 809 Absatz 4 zweiter Satz erst nach Ablauf der Frist zur Anpassung der Statuten Anwendung. 4 Aktiengesellschaften und Genossenschaften, die im Zeitpunkt des In- krafttretens dieses Gesetzes im Handelsregister eingetragen sind und de- ren Firma den neuen gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht, müssen ihre Firma innerhalb von zwei Jahren den neuen Bestimmungen anpas- sen. Nach Ablauf dieser Frist ergänzt das Handelsregisteramt die Firma von Amtes wegen. Art. 3 1 Wurden in Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Handelsregister eingetragen sind, keine dem Ausgabebetrag aller Stammanteile entsprechenden Einlagen geleistet, so müssen diese innerhalb von zwei Jahren erbracht werden. 2 Bis zur vollständigen Leistung der Einlagen in der Höhe des Stamm- kapitals haften die Gesellschafter nach Artikel 802 des Obligationen- rechts in der Fassung vom 18. Dezember 1936 868 Art. 4 1 Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die einen Nenn- wert aufweisen und in den Passiven der Bilanz ausgewiesen werden, die aber kein Stimmrecht vermitteln (Partizipationsscheine), gelten nach Ablauf von zwei Jahren als Stammanteile mit gleichen Vermögensrech- ten, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist durch Kapitalherabsetzung vernichtet werden. Werden die Anteile vernichtet, so muss den bisheri- gen Partizipanten eine Abfindung in der Höhe des wirklichen Werts aus- gerichtet werden. 2 Die erforderlichen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung können mit der absoluten Mehrheit der vertretenen Stimmen gefasst werden, auch wenn die Statuten etwas anderes vorsehen. 3 Für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die nicht in den Passiven der Bilanz ausgewiesen werden, finden nach dem Inkraft- treten dieses Gesetzes die Vorschriften über die Genussscheine Anwen- dung, dies auch dann, wenn sie als Partizipationsscheine bezeichnet sind. Sie dürfen keinen Nennwert angeben und müssen als Genuss- scheine bezeichnet werden. Die Bezeichnung der Titel und die Statuten sind innerhalb von zwei Jahren anzupassen. Art. 5 Haben Gesellschaften mit beschränkter Haftung vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eigene Stammanteile erworben, so müssen sie diese, so- weit sie 10 Prozent des Stammkapitals übersteigen, innerhalb von zwei Jahren veräussern oder durch Kapitalherabsetzung vernichten. Art. 6 1 Statutarische Verpflichtungen zur Leistung von Nachschüssen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begründet wurden und die das Dop- pelte des Nennwerts der Stammanteile übersteigen, bleiben rechtsgültig und können nur im Verfahren nach Artikel 795c herabgesetzt werden. 2 Im Übrigen finden nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die neuen Vorschriften Anwendung, so namentlich für die Einforderung der Nach- schüsse. Art. 7 Die Bestimmungen dieses Gesetzes zur Revisionsstelle gelten vom ers- ten Geschäftsjahr an, das mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes oder da- nach beginnt. Art. 8 1 Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die das Stimmrecht vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes unabhängig vom Nennwert der Stamman- teile festgelegt haben, müssen die entsprechenden Bestimmungen nicht an die Anforderungen von Artikel 806 anpassen. 2 Bei der Ausgabe neuer Stammanteile muss Artikel 806 Absatz 2 zwei- ter Satz in jedem Fall beachtet werden. Art. 9 Hat eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch blosse Wieder- gabe von Bestimmungen des alten Rechts Vorschriften in die Statuten aufgenommen, die für die Beschlussfassung der Gesellschafterver- sammlung qualifizierte Mehrheiten vorsehen, so kann die Gesellschaf- terversammlung innerhalb von zwei Jahren mit der absoluten Mehrheit der vertretenen Stimmen die Anpassung dieser Bestimmungen an das neue Recht beschliessen. Art. 10 Wurde das Aktienkapital oder das Stammkapital vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zum Zwecke der Sanierung auf null herabgesetzt und anschliessend wieder erhöht, so gehen die Mitgliedschaftsrechte der früheren Aktionäre oder Gesellschafter mit dem Inkrafttreten unter. Art. 11 Die Ausschliesslichkeit von Firmen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im Handelsregister eingetragen wurden, beurteilt sich nach Ar- tikel 951 des Obligationenrechts in der Fassung vom 18. Dezember 1936 869 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 17. Juni 2011 870 Die Bestimmung dieser Änderung gilt vom ersten Geschäftsjahr an, das mit dem Inkrafttreten dieser Änderung oder danach beginnt. 870 Übergangsbestimmungen der Änderung vom 23. Dezember 2011 871 Art. 1 1 Die Bestimmungen des Schlusstitels des Zivilgesetzbuches 872 gelten für dieses Gesetz, soweit die folgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. 2 Die Bestimmungen der Gesetzesänderung vom 23. Dezember 2011 werden mit ihrem Inkrafttreten auf bestehende Unternehmen anwend- bar. Art. 2 1 Die Vorschriften des 32. Titels finden erstmals Anwendung für das Geschäftsjahr, das zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Gesetzesände- rung beginnt. 2 Für die Anwendung der Bestimmungen zur Rechnungslegung von grösseren Unternehmen sind die Bilanzsumme, der Umsatzerlös und die Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt in den zwei vor dem Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung vorangegangenen Geschäftsjahren massge- bend. 3 Die Bestimmungen zur Konzernrechnung finden erstmals Anwendung auf das Geschäftsjahr, das drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Gesetzes- änderung beginnt. Für die Befreiung von der Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung sind die zwei vorangehenden Geschäftsjahre massge- bend. 4 Bei erstmaliger Anwendung der Vorschriften zur Rechnungslegung kann auf die Nennung der Zahlen der Vorjahre verzichtet werden. Bei der zweiten Anwendung müssen nur die Zahlen des Vorjahres angege- ben werden. Werden Zahlen der vorgängigen Geschäftsjahre genannt, so kann auf die Stetigkeit der Darstellung und die Gliederung verzichtet werden. Im Anhang ist auf diesen Umstand hinzuweisen. 872 Übergangsbestimmungen der Änderung vom 12. Dezember 2014 873 Art. 1 1 Die Artikel 1–4 des Schlusstitels des Zivilgesetzbuches 874 gelten für dieses Gesetz, soweit die folgenden Bestimmungen nichts anderes vor- sehen. 2 Die Bestimmungen der Änderung vom 12. Dezember 2014 werden mit ihrem Inkrafttreten auf bestehende Gesellschaften anwendbar. Art. 2 1 Gesellschaften, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung vom 12. Dezember 2014 im Handelsregister eingetragen sind, jedoch den neuen Vorschriften nicht entsprechen, müssen innerhalb von zwei Jah- ren ihre Statuten und Reglemente den neuen Bestimmungen anpassen. 2 Bestimmungen der Statuten und Reglemente, die mit dem neuen Recht nicht vereinbar sind, bleiben bis zur Anpassung, längstens aber noch zwei Jahre in Kraft. Art. 3 1 Personen, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 12. Dezember 2014 bereits Inhaberaktien halten, müssen den Meldepflichten nach- kommen, die nach den Artikeln 697i und 697j beim Aktienerwerb gel- ten. 2 Die Frist für die Verwirkung der Vermögensrechte (Art. 697m Abs. 3) läuft in diesem Fall sechs Monate nach Inkrafttreten der Änderung vom 12. Dezember 2014 ab. Übergangsbestimmungen der Änderung vom 25. September 2015 875 Art. 1 1 Die Artikel 1–4 des Schlusstitels des Zivilgesetzbuches 876 gelten für dieses Gesetz, soweit die folgenden Bestimmungen nichts anderes vor- sehen. 2 Die Bestimmungen der Änderung vom 25. September 2015 werden mit ihrem Inkrafttreten auf bestehende Rechtseinheiten anwendbar. Art. 2 Kollektiv-, Kommandit- und Kommanditaktiengesellschaften, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung vom 25. September 2015 im Handelsregister eingetragen sind und deren Firma den Vorschriften die- ser Änderung vom 25. September 2015 nicht entspricht, können ihre Firma unverändert fortführen, solange die Artikel 947 und 948 des bis- herigen Rechts keine Änderung erfordern. Art. 3 Wurde die Firma einer Kollektiv-, Kommandit- oder Kommanditakti- engesellschaft vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 25. September 2015 ins Handelsregister eingetragen, so beurteilt sich ihre Ausschliess- lichkeit nach Artikel 946 des geltenden und nach Artikel 951 des bishe- rigen Rechts. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 17. März 2017 877 Art. 1 1 Die Artikel 1–4 des Schlusstitels des Zivilgesetzbuches 878 gelten für die Änderung vom 17. März 2017, soweit die folgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. 2 Das neue Recht wird mit seinem Inkrafttreten auf bestehende Rechts- einheiten anwendbar. Art. 2 Institute des öffentlichen Rechts, die vor Inkrafttreten des neuen Rechts errichtet wurden und die eine überwiegend privatwirtschaftliche Er- werbstätigkeit ausüben, müssen sich innert zwei Jahren ins Handelsre- gister eintragen lassen. 878 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 21. Juni 2019 879 Art. 1 1 Die Artikel 1–4 des Schlusstitels des Zivilgesetzbuches 880 gelten für dieses Gesetz, soweit die folgenden Bestimmungen nichts anderes vor- sehen. 2 Die Bestimmungen der Änderung vom 21. Juni 2019 werden mit In- krafttreten auf bestehende Gesellschaften anwendbar. Art. 2 Aktiengesellschaften und Kommanditaktiengesellschaften mit Inhaber- aktien, die Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert haben oder deren Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet sind, müssen vom Handels- registeramt innerhalb einer Frist von 18 Monaten ab dem Inkrafttreten von Artikel 622 Absatz 1 die Eintragung nach Artikel 622 Absatz 2 verlangen. Art. 3 Die Artikel 4–8 gelten für Gesellschaften, die keine Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert haben und deren Inhaberaktien nicht als Buchef- fekten ausgestaltet sind, sowie für Gesellschaften, die keine Eintragung nach Artikel 622 Absatz 2 verlangt haben. Art. 4 1 Haben Aktiengesellschaften und Kommanditaktiengesellschaften 18 Monate nach Inkrafttreten von Artikel 622 Absatz 1 noch Inhaber- aktien, die nicht Gegenstand einer Eintragung nach Artikel 622 Absatz 2 sind, so werden diese von Gesetzes wegen in Namenaktien umge- wandelt. Die Umwandlung wirkt gegenüber jeder Person, unabhängig von allfälligen anderslautenden Statutenbestimmungen oder Handelsre- gistereinträgen und unabhängig davon, ob Aktientitel ausgegeben wor- den sind oder nicht. 2 Das Handelsregisteramt nimmt die sich aus Absatz 1 ergebenden Än- derungen der Einträge von Amtes wegen vor. Es trägt auch eine Bemer- kung ein, dass die Belege vom Eintrag abweichende Angaben enthalten. 3 Die umgewandelten Aktien behalten ihren Nennwert, ihre Liberie- rungsquote und ihre Eigenschaften in Bezug auf das Stimmrecht und die vermögensrechtlichen Ansprüche. Ihre Übertragbarkeit ist nicht be- schränkt. Art. 5 1 Die Aktiengesellschaften und Kommanditaktiengesellschaften, deren Aktien umgewandelt worden sind, müssen bei der nächsten Statutenän- derung die Statuten an die Umwandlung anpassen. 2 Das Handelsregisteramt weist jede Anmeldung zur Eintragung einer anderen Statutenänderung in das Handelsregister zurück, solange diese Anpassung nicht vorgenommen worden ist. 3 Eine Gesellschaft, die börsenkotierte Beteiligungspapiere hat oder de- ren umgewandelte Aktien als Bucheffekten ausgestaltet sind, muss ihre Statuten nicht anpassen, sofern: a. die Generalversammlung beschliesst, die umgewandelten Ak- tien in Inhaberaktien umzuwandeln, ohne die Anzahl, den Nennwert oder die Aktienkategorie zu ändern; und b. die Gesellschaft die Eintragung nach Artikel 622 Absatz 2 verlangt. 4 Hat die Gesellschaft die Statuten nach Absatz 1 an die Umwandlung angepasst oder ist eine Anpassung nach Absatz 3 nicht erforderlich, so löscht das Handelsregisteramt die Bemerkung nach Artikel 4 Absatz 2. Art. 6 1 Nach der Umwandlung von Inhaberaktien in Namenaktien trägt die Gesellschaft die Aktionäre, die ihre in Artikel 697i des bisherigen Rechts vorgesehene Meldepflicht erfüllt haben, in das Aktienbuch ein. 2 Die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre, die der Meldepflicht nicht nachgekommen sind, ruhen, und die Vermögensrechte verwirken. Der Verwaltungsrat stellt sicher, dass keine Aktionäre unter Verletzung die- ser Bestimmung ihre Rechte ausüben. 3 In das Aktienbuch wird eingetragen, dass diese Aktionäre der Melde- pflicht nicht nachgekommen sind und die mit den Aktien verbundenen Rechte nicht ausgeübt werden können. Art. 7 1 Aktionäre, die ihrer Meldepflicht nach Artikel 697i des bisherigen Rechts nicht nachgekommen sind und deren Inhaberaktien nach Artikel 4 in Namenaktien umgewandelt worden sind, können innert fünf Jahren nach Inkrafttreten von Artikel 622 Absatz 1 mit vorgängiger Zustim- mung der Gesellschaft beim Gericht ihre Eintragung in das Aktienbuch der Gesellschaft beantragen. Das Gericht heisst den Antrag gut, wenn der Aktionär seine Aktionärseigenschaft nachweist. 2 Das Gericht entscheidet im summarischen Verfahren. Der Aktionär trägt die Gerichtskosten. 3 Heisst das Gericht den Antrag gut, so nimmt die Gesellschaft die Ein- tragung vor. Die Aktionäre können die ab diesem Zeitpunkt entstehen- den Vermögensrechte geltend machen. Art. 8 1 Aktien von Aktionären, die fünf Jahre nach Inkrafttreten von Artikel 622 Absatz 1 beim Gericht ihre Eintragung in das Aktienbuch der Ge- sellschaft nach Artikel 7 nicht beantragt haben, werden von Gesetzes wegen nichtig. Die Aktionäre verlieren ihre mit den Aktien verbunde- nen Rechte. Die nichtigen Aktien werden durch eigene Aktien ersetzt. 2 Aktionäre, deren Aktien ohne eigenes Verschulden nichtig geworden sind, können unter Nachweis ihrer Aktionärseigenschaft zum Zeitpunkt des Nichtigwerdens der Aktien innerhalb von zehn Jahren nach diesem Zeitpunkt gegenüber der Gesellschaft einen Anspruch auf Entschädi- gung geltend machen. Die Entschädigung entspricht dem wirklichen Wert der Aktien zum Zeitpunkt ihrer Umwandlung nach Artikel 4. Ist der wirkliche Wert der Aktien zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs tiefer als zum Zeitpunkt ihrer Umwandlung, so schuldet die Gesellschaft diesen tieferen Wert. Eine Entschädigung ist ausgeschlos- sen, wenn die Gesellschaft nicht über das erforderliche frei verwendbare Eigenkapital verfügt. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 19. Juni 2020 881 Art. 1 1 Die Artikel 1–4 des Schlusstitels des Zivilgesetzbuches 882 gelten für die Änderung vom 19. Juni 2020, soweit die folgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. 2 Die Bestimmungen des neuen Rechts werden mit seinem Inkrafttreten auf bestehende Gesellschaften anwendbar. 882 Art. 2 1 Gesellschaften, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts im Handelsregister eingetragen sind, jedoch den neuen Vorschriften nicht entsprechen, müssen innerhalb von zwei Jahren ihre Statuten und Reglemente den neuen Bestimmungen anpassen. 2 Bestimmungen der Statuten und Reglemente, die mit dem neuen Recht nicht vereinbar sind, bleiben bis zur Anpassung, längstens aber noch zwei Jahre nach Inkrafttreten des neuen Rechts in Kraft. Art. 3 Für genehmigte Kapitalerhöhungen und Kapitalerhöhungen aus beding- tem Kapital, die vor Inkrafttreten des neuen Rechts beschlossen wurden, kommt das bisherige Recht zur Anwendung. Die Beschlüsse der Gene- ralversammlung können nicht mehr verlängert oder geändert werden. Art. 4 1 Die Pflicht zur Berichterstattung im Vergütungsbericht gemäss Arti- kel 734f gilt für den Verwaltungsrat spätestens ab dem Geschäftsjahr, das fünf Jahre nach Inkrafttreten des neuen Rechts beginnt. 2 Die Pflicht zur Berichterstattung im Vergütungsbericht gemäss Arti- kel 734f gilt für die Geschäftsleitung spätestens ab dem Geschäftsjahr, das zehn Jahre nach Inkrafttreten des neuen Rechts beginnt. Art. 5 Auf einen Konkursaufschub, der vor Inkrafttreten des neuen Rechts be- willigt worden ist, kommt bis zu dessen Abschluss das bisherige Recht zur Anwendung. Art. 6 Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts bestehenden Ver- träge sind innerhalb von zwei Jahren ab Inkrafttreten des neuen Rechts anzupassen. Nach Ablauf dieser Frist sind die Vorschriften des neuen Rechts auf alle Verträge anwendbar. Art. 7 Die Artikel 964d–964h finden erstmals Anwendung auf das Geschäfts- jahr, das ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Rechts beginnt. Übergangsbestimmung zur Änderung vom 19. Juni 2020 883 Die Vorschriften des 6. Abschnitts und des 8. Abschnitts des 32. Titels finden erstmals Anwendung auf das Geschäftsjahr, das ein Jahr nach Inkrafttreten der Änderung vom 19. Juni 2020 beginnt. Schlussbestimmungen zum VIII. Titel und zum VIII . Titel 884 Art. 1 Der Bundesbeschluss vom 30. Juni 1972 885 über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen wird aufgehoben. Art. 2–4 886 Art. 5 1 Die Vorschriften über den Kündigungsschutz bei Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen sind auf alle Miet- und Pachtverhältnisse anwendbar, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gekündigt wer- den. 2 Wurde jedoch ein Miet- oder Pachtverhältnis vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, aber mit Wirkung auf einen Zeitpunkt danach gekün- digt, so beginnen die Fristen für die Anfechtung der Kündigung und das Erstreckungsbegehren (Art. 273) mit dem Inkrafttreten des Gesetzes. Art. 6 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. 886 Schluss- und Übergangsbestimmungen zum X. Titel 887 Art. 1 888 Art. 2 889 Art. 3 890 Art. 4 891 Art. 5 892 Art. 6 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden aufgehoben: 1. Artikel 159 und 463 des Obligationenrechts, 2. Artikel 130 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 893 über die Kranken- und Unfallversicherung, 3. Artikel 20 bis 26, 28, 29 und 69 Absätze 2 und 5 des Bundesge- setzes vom 18. Juni 1914 894 über die Arbeit in den Fabriken, 4. Artikel 4, 8 Absätze 1, 2 und 5, 9 und 19 des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 895 über die Heimarbeit, 895 5. das Bundesgesetz vom 13. Juni 1941 896 über das Anstellungs- verhältnis der Handelsreisenden, 6. das Bundesgesetz vom 1. April 1949 897 über die Beschränkung der Kündigung von Anstellungsverhältnissen bei Militärdienst, 7. Artikel 96 und 97 des Landwirtschaftsgesetzes vom 3. Oktober 898 8. Artikel 32 des Bundesgesetzes vom 25. September 1952 899 über die Erwerbsausfallentschädigung an Wehrpflichtige (Erwerbs- ersatzordnung), 9. Artikel 19 des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 900 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträ- gen, 10. Artikel 49 des Zivilschutzgesetzes 901 11. Artikel 20 Absatz 2 und 59 des Bundesgesetzes vom 20. Sep- tember 1963 902 über die Berufsbildung, 12. Artikel 64 903 und 72 Absatz 2 Buchstabe a des Arbeitsgesetzes vom 13. März 1964 904 Art. 7 1 Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Ar- beitsverträge (Einzelarbeitsverträge, Normalarbeitsverträge und Ge- samtarbeitsverträge) sind innert der Frist von einem Jahr seinen Vor- schriften anzupassen; nach Ablauf dieser Frist sind seine Vorschriften auf alle Arbeitsverträge anwendbar. 2 Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens 905 bestehenden Personalfürsorge- einrichtungen haben bis spätestens zum 1. Januar 1977 ihre Statuten 905 oder Reglemente unter Beachtung der für die Änderung geltenden Formvorschriften den Artikeln 331a, 331b und 331c anzupassen; ab 1. Januar 1977 sind diese Bestimmungen auf alle Personalfürsorgeein- richtungen anwendbar. 906 Art. 8 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Geset- zes. Schlussbestimmungen zum vierten Abschnitt des XIII. Titels 907 Art. 1 1 Auf die beim Inkrafttreten des neuen Rechts bereits bestehenden Agenturverträge finden die Artikel 418d Absatz 1, 418f Absatz 1, 418k Absatz 2, 418o, 418p, 418r und 418s sofort Anwendung. 2 Im übrigen sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts bestehenden Agenturverträge innerhalb der Frist von zwei Jahren seinen Vorschriften anzupassen. Nach Ablauf dieser Frist ist das neue Recht auch auf die früher abgeschlossenen Agenturverträge anwendbar. 3 Auf die beim Inkrafttreten des neuen Rechts bestehenden Agenturver- träge von Agenten, die als solche bloss im Nebenberuf tätig sind, finden die Vorschriften dieses Abschnittes mangels gegenteiliger Abrede nach Ablauf von zwei Jahren ebenfalls Anwendung. Art. 2 908 Art. 3 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Geset- zes. 908 Übergangsbestimmungen zum XX. Titel 1 Die Bestimmungen des neuen Rechts finden Anwendung auf alle Bürgschaften, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingegangen worden sind. 2 Auf Bürgschaften, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingegan- gen worden sind, finden die Bestimmungen des neuen Rechts nur hin- sichtlich der später eintretenden Tatsachen und mit folgenden Ein- schränkungen Anwendung: 1. Nicht anwendbar sind die neuen Artikel 492 Absatz 3, 496 Ab- satz 2, 497 Absätze 3 und 4, 499, 500, 501 Absatz 4, 507 Ab- sätze 4 und 6, 511 Absatz 1. 2. Die Vorschriften der neuen Artikel 493 über die Form und 494 über das Erfordernis der Zustimmung des Ehegatten sind auf altrechtliche Bürgschaften nur anwendbar, soweit sie sich auf nachträgliche Änderungen der Bürgschaft beziehen. 3. Artikel 496 Absatz 1 gilt mit der Massgabe, dass der Bürge nicht nur vor dem Hauptschuldner und vor Verwertung der Grund- pfänder, sondern auch vor Verwertung der übrigen Pfandrechte belangt werden kann, sofern der Hauptschuldner mit seiner Lei- stung im Rückstand und erfolglos gemahnt worden oder seine Zahlungsunfähigkeit offenkundig ist. 4. Für die Mitteilung des Rückstandes gemäss Artikel 505 Ab- satz 1 wird dem Gläubiger eine Frist von sechs Monaten nach Eintritt des Rückstandes, mindestens aber eine solche von drei Monaten seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gewährt. 5. Die Bestimmung des Artikels 505 Absatz 2 findet nur Anwen- dung auf Konkurse, die mindestens drei Monate nach Inkraft- treten des Gesetzes eröffnet, sowie auf Nachlassstundungen, die mindestens drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes bewil- ligt worden sind. 6. Die in Artikel 509 Absatz 3 genannte Frist beginnt für altrecht- liche Bürgschaften erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zu laufen. 3 Die Vorschriften der Artikel 77–80 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 910 bleiben vorbehalten. 4 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Ge- setzes. 911 Schluss- und Übergangsbestimmungen zu den Titeln XXIV–XXXIII 912 Art. 1 Die Vorschriften des Schlusstitels des Zivilgesetzbuches 913 finden auch Anwendung auf dieses Gesetz. Art. 2 1 Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossen- schaften, die im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Han- delsregister eingetragen sind, jedoch den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechen, haben binnen einer Frist von fünf Jahren ihre Statuten den neuen Bestimmungen anzupassen. 2 Während dieser Frist unterstehen sie dem bisherigen Rechte, soweit ihre Statuten den neuen Bestimmungen widersprechen. 3 Kommen die Gesellschaften dieser Vorschrift nicht nach, so sind sie nach Ablauf der Frist durch den Handelsregisterführer von Amtes we- gen als aufgelöst zu erklären. 4 Für Versicherungs- und Kreditgenossenschaften kann der Bundesrat im einzelnen Fall die Anwendbarkeit des alten Rechts verlängern. Der Antrag hierzu muss vor Ablauf von drei Jahren seit Inkrafttreten des Gesetzes gestellt werden. Art. 3 Haben Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Ge- nossenschaften vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Vermögensteile zur Gründung und Unterstützung von Wohlfahrtseinrichtungen für An- gestellte und Arbeiter sowie für Genossenschafter erkennbar gewidmet, so haben sie diese Fonds binnen fünf Jahren den Bestimmungen der Ar- tikel 673 914 und 862 915 anzupassen. Art. 4 916 Art. 5 1 Der Bundesrat ist berechtigt, wenn ausserordentliche wirtschaftliche Verhältnisse es erfordern, Bestimmungen zu erlassen, die den Bilanz- pflichtigen Abweichungen von den in diesem Gesetz aufgestellten Bi- lanzierungsvorschriften gestatten. Ein solcher Beschluss des Bundesra- tes ist zu veröffentlichen. 2 Wenn bei der Aufstellung einer Bilanz ein solcher Bundesratsbe- schluss zur Anwendung gekommen ist, ist dies in der Bilanz zu vermer- ken. Art. 6 917 Art. 7 1 Durch Veränderungen, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes in den Haftungsverhältnissen der Genossenschafter eintreten, werden die Rechte der im Zeitpunkte des Inkrafttretens vorhandenen Gläubiger nicht beeinträchtigt. 2 Genossenschaften, deren Mitglieder lediglich kraft der Vorschrift des Artikels 689 des bisherigen Obligationenrechts 918 persönlich für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haften, stehen während fünf Jah- ren unter den Bestimmungen des bisherigen Rechts. 3 Während dieser Frist können Beschlüsse über ganze oder teilweise Ausschliessung der persönlichen Haftung oder über ausdrückliche Fest- stellung der Haftung in der Generalversammlung mit absoluter Mehr- heit der Stimmen gefasst werden. Die Vorschrift des Artikels 889 Ab- satz 2 über den Austritt findet keine Anwendung. Art. 8 1 Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Firmen, die des- sen Vorschriften nicht entsprechen, dürfen während zwei Jahren von diesem Zeitpunkte an unverändert fortbestehen. 2 Bei irgendwelcher Änderung vor Ablauf dieser Frist sind sie jedoch mit gegenwärtigem Gesetze in Einklang zu bringen. Art. 9 Die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes als Namenpapiere ausgestell- ten Sparkassen- und Depositenhefte, Spareinlage- und Depositen- scheine unterstehen den Vorschriften von Artikel 977 über Kraftloser- klärung von Schuldurkunden auch dann, wenn der Schuldner in der 918 Urkunde sich nicht ausdrücklich vorbehalten hat, ohne Vorweisung der Schuldurkunde und ohne Kraftloserklärung zu leisten. Art. 10 Aktien, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ausgegeben worden sind, können: 1. einen Nennwert unter 100 Franken beibehalten; 2. innerhalb dreier Jahre seit dem Inkrafttreten des Gesetzes bei einer Herabsetzung des Grundkapitals auf einen Nennwert unter 100 Franken gebracht werden. Art. 11 1 Auf den Inhaber lautende Aktien und Interimsscheine, die vor dem In- krafttreten des Gesetzes ausgegeben worden sind, unterstehen den Best- immungen der Artikel 683 und 688 Absätze 1 und 3 nicht. 2 Das Rechtsverhältnis der Zeichner und Erwerber dieser Aktien richtet sich nach dem bisherigen Rechte. Art. 12 Vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgestellte Wechsel und Checks unterstehen in allen Beziehungen dem bisherigen Rechte. Art. 13 Für Fälle, auf die die Bestimmungen der Verordnung vom 20. Februar 1918 919 betreffend die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligatio- nen und der ergänzenden Bundesratsbeschlüsse 920 angewendet worden sind, gelten diese Vorschriften auch fernerhin. Art. 14 921 Art. 15 922 Art. 16 Die Vorschriften des Bankengesetzes vom 8. November 1934 923 bleiben vorbehalten. Art. 17 924 Art. 18 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind die damit im Widerspruch stehenden zivilrechtlichen Bestimmungen des Bundes, insbesondere die dritte Abteilung des Obligationenrechts, betitelt: «Die Handelsgesell- schaften, Wertpapiere und Geschäftsfirmen» (BG vom 14. Juni 1881 925 über das Obligationenrecht, Art. 552–715 und 720–880), aufgehoben. Art. 19 1 Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1937 in Kraft. 2 Ausgenommen ist der Abschnitt über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen (Art. 1157–1182), dessen Inkrafttreten der Bun- desrat festsetzen wird. 3 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragt. Schlussbestimmungen zum XXVI. Titel 927 Art. 1 Der Schlusstitel des Zivilgesetzbuches 928 gilt für dieses Gesetz. 928 Art. 2 1 Aktiengesellschaften und Kommanditaktiengesellschaften, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Handelsregister einge- tragen sind, jedoch den neuen gesetzlichen Vorschriften nicht entspre- chen, müssen innert fünf Jahren ihre Statuten den neuen Bestimmungen anpassen. 2 Gesellschaften die ihre Statuten trotz öffentlicher Aufforderung durch mehrfache Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt und in den kantonalen Amtsblättern nicht innert fünf Jahren den Bestimmun- gen über das Mindestkapital, die Mindesteinlage und die Partizipations- und Genussscheine anpassen, werden auf Antrag des Handelsregister- führers vom Richter aufgelöst. Der Richter kann eine Nachfrist von höchstens sechs Monaten ansetzen. Gesellschaften, die vor dem 1. Ja- nuar 1985 gegründet wurden, sind von der Anpassung ihrer Statutenbe- stimmung über das Mindestkapital ausgenommen. Gesellschaften, de- ren Partizipationskapital am 1. Januar 1985 das Doppelte des Aktienkapitals überstieg, sind von dessen Anpassung an die gesetzliche Begrenzung ausgenommen. 3 Andere statutarische Bestimmungen, die mit dem neuen Recht unver- einbar sind, bleiben bis zur Anpassung, längstens aber noch fünf Jahre, in Kraft. Art. 3 1 Die Artikel 656a, 656b Absätze 2 und 3, 656c und 656d sowie 656g gelten für bestehende Gesellschaften mit dem Inkrafttreten dieses Ge- setzes, auch wenn ihnen die Statuten oder Ausgabebedingungen wider- sprechen. Sie gelten für Titel, die als Partizipationsscheine oder Genuss- scheine bezeichnet sind, einen Nennwert haben und in den Passiven der Bilanz ausgewiesen sind. 2 Die Gesellschaften müssen für die in Absatz 1 genannten Titel innert fünf Jahren die Ausgabebedingungen in den Statuten niederlegen und Artikel 656f anpassen, die erforderlichen Eintragungen in das Handels- register veranlassen und die Titel, die sich im Umlauf befinden und nicht als Partizipationsscheine bezeichnet sind, mit dieser Bezeichnung versehen. 3 Für andere als in Absatz 1 genannte Titel gelten die neuen Vorschriften über die Genussscheine, auch wenn sie als Partizipationsscheine be- zeichnet sind. Innert fünf Jahren müssen sie nach dem neuen Recht be- zeichnet werden und dürfen keinen Nennwert mehr angeben. Die Statu- ten sind entsprechend abzuändern. Vorbehalten bleibt die Umwandlung in Partizipationsscheine. Art. 4 In Ergänzung zu Artikel 685d Absatz 1 kann die Gesellschaft, aufgrund statutarischer Bestimmung, Personen als Erwerber börsenkotierter Na- menaktien ablehnen, soweit und solange deren Anerkennung die Gesell- schaft daran hindern könnte, durch Bundesgesetze geforderte Nach- weise über die Zusammensetzung des Kreises der Aktionäre zu erbringen. Art. 5 Gesellschaften, die in Anwendung von Artikel 10 der Schluss- und Übergangsbestimmungen des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1936 über die Revision der Titel 24–33 des Obligationenrechtes 929 Stimm- rechtsaktien mit einem Nennwert von unter zehn Franken beibehalten haben, sowie Gesellschaften, bei denen der Nennwert der grösseren Ak- tien mehr als das Zehnfache des Nennwertes der kleineren Aktien be- trägt, müssen ihre Statuten dem Artikel 693 Absatz 2 zweiter Satz nicht anpassen. Sie dürfen jedoch keine neuen Aktien mehr ausgeben, deren Nennwert mehr als das Zehnfache des Nennwertes der kleineren Aktien oder weniger als zehn Prozent des Nennwertes der grösseren Aktien be- trägt. Art. 6 Hat eine Gesellschaft durch blosse Wiedergabe v